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Loos [1]

[514] Loos, 1) Mittel für gewisse Fälle in menschlichen Angelegenheiten eine göttliche Entscheidung zu erlangen; dann auch das, was Einem nach göttlicher Schickung zufällt. Der Gebrauch des Looses findet[514] sich schon bei den meisten alten Völkern. Bei den Hebräern wendete man das L. (Noral) an, bes. bei Theilungen (so nach der Eroberung Kanaans, wo die Ländertheile au die Familien durchs L. vertheilt wurden, wobei zwei Gefäße gebraucht wurden, in deren einem die Namen der Ländertheile, in dem andern die der Familien lagen), Übertragung von Ämtern, vor Gericht in Criminal- u. Civilsachen, bei Bezeichnung der beiden Böcke am großen Versöhnungstage. Vgl. M. Mauritius, De sortitione apud Hebraeos, Basel 1692. Die alten Griechen bedienten sich des L. (Kleros), um zu bestimmen, wer von Mehreren etwas ausführen sollte; die Mittel dazu waren Steinchen, Scherben, Reiser etc., welche mit den Namen Aller bezeichnet waren, bei Homer in einen Helm, später in ein besonderes Gesäß (Klerotris) gelegt u. geschüttelt wurden, u. wessen L. beim Schwingen heraussprang, der war der Bestimmte. Aus L-en wurde auch geweissagt, wie die Weissagung der Thriä (s.d.) am Parnassos mittelst Steichen, od. in Dodona nach dem Verfall des alten Orakels mittelst Stäbchen. Die Römer entschieden Vieles durchs L. (Sors); so kommen bei ihnen vor: Sortesdivisoriae, wodurch man erforschte, was einem von mehreren Berechtigten zukam; daher bei Erb-, Provinz- u. Ämtervertheilungen (z.B. beim Loosen um die städtische u. außerstädtische Prätur, entschied die Sors urbana für den Ziehenden, daß er Praetor urbanus, die Sors peregrina, daß er Praetor peregrinus wurde), Richterwahlen in Streitsachen (wo den Parteien, denen die gewählten Richter nicht anstanden, eine Subsortitio, d. h. neue Losung, frei stand), bei Bestimmung, welche Tribus od. Centurie inden Comitien zuerst stimmen sollte (Sors praerogatoria) etc. Häufig wurde das L. auch zum Wahrsagen bei ihnen benutzt; hier waren Stäbe od. Täfelchen aus eichnem Holz mit alten Charakteren bezeichnet, welche von einem Knaben gemischt u. dann gezogen wurden; eine bes. gute Vorbedeutung war es, wenn das L. von selbst herausfiel. Solche Sortes waren in Cäre, Präneste, Falerii, Patavium, sie galten aber in älterer Zeit als fremd, wenigstens nicht geeignet um Staatsangelegenheiten darnach zu entscheiden, u. noch zu Ciceros Zeiten bediente sich kein anständiger Mann derselben, sondern sie galten alle für Betrug, etwa die zu Präneste ausgenommen. Auf griechisch hieß dies Rhabdomantie (Stabweissagung); dagegen war die Rapsodomantie eine solche Loosweissagung, daß man einen Dichter aufschlug u. den ersten begegnenden Vers als L. sich deuten ließ. Da man dazn gewöhnlich den Virgil od. Homer nahm, so nannte man diese L-e Sortes Virgilianae, S. Homericae. Im Mittelalter bediente man sich zu gleicher Zwecke der Bibel u. hatte dazu auch besondere Bücher, Loosbücher (ital. Sorti). In Deutschland finden sich deren bereits im 14. Jahrh., namentlich aber scheinen sie im 16. Jahrh. verbreitet gewesen zu sein. Das älteste gedruckte führt den Titel: Eyn schöne vnd Gotselige Kurczweit eines Christlichen Loßbuchs, nach ordnung eines Alphabets od. A. B. C. In reimen gestelt. etc. (Strasb. 1539, Fol.); diesem folgten ähnliche Bücher von Paul Pombst (1546); Wickram (Weltlich Loßbuch, Strasb. 1557, Mühlh. 1560, Strasb. 1594), Joh. Rasch (1590) u.a.m. sämmtlich in Versen u. mit Holzschnitten. In Prosa abgefaßt sind die späten Bücher der Art, wie Eschenloher's Geistliches Glücksrädlein (1694) u. des Prätorius Abentheuerlicher Glückstopf (1669). Das bedeutendste dieser Art besitzen die Italiener, darunter das Libro delle sorti (zuerst 1473), das Loreno spirito (eigentlich Lorenzo Gualtieri), der Triompho di fortuna des Sigism. Fanti (Vened. 1527), u. vor Allem die Sorti (Vened. 1540 u. ö., herausgegeben von Friedländer, Berl. 1834); des Franc. Marcolini aus Forli. Das älteste französische Buch diese Art, Le dodechedron de fortune (Par. 1556 u. ö.) hat den Dichter Jean Clopinel de Menny (st. um 1322) zum Verfasser. Ein polnisches Loosbuch verso ßte Severin Báczalski. Vgl. Boulenger, De sortibus im 6. Bde. von Grävius Thesaurus antiq. roman., Chrysander, De sortibus, Halle 1740. Auch beiden nordischen Völkern war das Loosen von Wichtigkeit. So gab es bei den Russen, Kuren, Rugiern, Schweden, Dänen, namentlich bei den Germanen, mehre Arten zu loosen. Bei den Germanen schnitt man eine Ruthe von einem fruchttragendem Baum, theilte dieselbe in mehrere Reiser, machte darein Einschnitte u. warf sie auf ein Gewand; dann nahm der Priester od. Familienvater, je nachdem in Staats- od. Privatangelegenheiten die Zukunft befragt wurde, drei solche Reiser auf u. deutete nach Verrichtung eines Gebets daraus. 2) Das erkaufte Recht, od. auch der Schein darüber, an einem Gewinnstspiel od. beim Ausspielen eines Gegenstandes Antheil zu haben, z.B. bei Lotterien, Vogelschießen u. dgl.; 3) ein Theil von Gegenständen, über deren Besitz durch das L. entschieden werden soll; 4) eine Menge zusammengestellte Töpfe von verschiedener Größe, die auf dem Topfmarkt zusammen verkauft werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 514-515.
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