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Guastalla

[748] Guastalla, 1) ehemals selbständiges Herzogthum in Oberitalien, zwischen dem Herzogthum Modena u. der österreichischen Provinz Mantua, davon zum Theil auch durch den Po u. westlich von Parma durch die Enza geschieden; gehört seit 1847 zu Modena u. bildet hier eine Provinz von 5,785 QM. mit 76,300 Ew. – G., vorher zu Cremona, dann zu Mailand gehörig, wurde 1406 mit Montechiarugolo[748] vom Herzog Maria Visconti von Mailand zur Grafschaft erhoben; erster Graf war Guido Torelli, Gemahl der Orsina, Cousine des Herzogs; er erhielt G. erblich u. war ein treuer Kämpfer für den Herzog gegen Parma, Genua, Neapel, Venedig u. erhielt 1431 Casei, Cornale u. Settimo u. den Titel Marquese. Während seiner Abwesenheit führte seine Gemahlin Orsina die Regierung; 1449 st. Guido u. ihm folgten seine Söhne Christoph u. Pietro Guido I., welche bis 1456 gemeinschaftlich regierten; als sie dann theilten, erhielt Christoph Montechiarugolo, das Marquisat Casei u. Cornale u. die Hälfte der Allode von G., Pietro Guido aber die Citadelle von G. nebst den Lehen von Settimo u. Misano. Nach dem Tode Pietros 1460 folgten ihm seine beiden Söhne Guido Galeotto u. Franz Maria unter der Vormundschaft ihrer Mutter Magdalena von Caretto; 1474 wurde Guido majorenn u. übernahm selbst die Regierung, aber seines Bruders Theil wurde 1475 wegen eines Lehnsfehlers für den Herzog von Mailand confiscirt. Zwar erhielt Franz dasselbe 1476 von der Herzogin zurück, aber schon 1477 fiel er bei der Herzogin in Ungnade u. Guido allein erhielt G. Doch 1479 wurde Franz wieder in G. eingesetzt u. zwar als alleiniger Graf, u. Guido erhielt Settimo; nach seinem Tode 1486 folgte ihm sein Sohn Pietro Guido II. u. diesem 1404 sein Bruder Achilles unter Leitung seiner Großmutter Magdalena. Diese machte während der Abwesenheit des Grafen im Krieg eine Verschwörung gegen denselben, doch wurde sie verrathen u. mußte fliehen; Achilles betheiligte sich an den Kriegen zwischen Frankreich u. Italien u. st. 1522. Ihm folgte seine Tochter Lodovica, seit 1517 verheirathet an Ludovico Stanghi; 1524 starb ihr Gemahl, u. bei der spanischen Invasion mußte sie nach Verona fliehen; dort verheirathete sie sich mit Antonio Martinengue, aus einer adeligen Familie von Brescia, von dem sie auf die roheste Weise behandelt wurde. Der Bruder seiner ersten Gemahlin, die er hatte ermorden lassen, erschlug ihn wieder, und nun blieb Lodovica Wittwe. Mit dem Hause Montechiarugolo in Streit verwickelt wegen der Nachfolge in G., vermachte sie 1539 G. dem Vicekonig von Neapel Fernando I. Gonzaga, dem jüngeren Sohne des Herzogs Franz II. von Mantua, u. st. 1569 im Kloster. Fernando machte G. von Mailand unabhängig u. stellte es 1541 unter das Reich; auch die Ansprüche der anderen Grafen auf G. erhielt er abgetreten; 1546 wurde er Gouverneur von Mailand; wegen der Übergabe Mailands an die Franzosen wurde er entsetzt, nachher aber für unschuldig daran erkannt, erhielt er 1555 das Thal S. Severino im Neapolitanischen u. 1556 die Anwartschaft auf die Grafschaft Novellara; später verließ er die Sache des Hauses Österreich u. kämpfte 1557 für Spanien; er st. 1557 in Brüssel. Sein Nachfolger war sein ältester Sohn Ceare Gonzaga, der 1573 mit Don Juan d'Austria einen Zug gegen Algier unternahm u. 1575 starb; Fernando II., sein einziger Sohn, folgte ihm unter Vormundschaft seiner Mutter Camilla Borromeo, bis er 1580 die Regierung selbst antrat; er erbte 1586 von seinem Oheim Andrea die Grafschaft Alessano u. die Markgrafschaft Specchia u. wurde 1592 Gouverneur von Montserrat; 1621 wurde er vom Kaiser Ferdinand II. zum Herzog erhoben u. 1624 zum Reichsgeneralcommissär in Italien ernannt; er st. 1630. u. ihm folgte sein Sohn Cesare II., ein Beförderer der Künste u. Wissenschaften u. selbst Dichter; dieser st. 1632 in Vienne, wohin er vor der Pest geflohen war. Sein Sohn Fernando III. war damals noch minderjährig, aber seine Oheime Anfangs für ihn regierten. Seine Ansprüche auf die Besitzungen seiner Vorfahren im Neapolitanischen wurden im Westfälischen Frieden von Spanien zurückgewiesen. Da sein Sohn Cesare schon 1666 gestorben war, so kam das Herzogthum G. bei seinem Tode 1678 an seinen Schwiegersohn Herzog Karl IV. von Mantua, als Herzog von G. Ferdinand Karl genannt, Gemahl der Anna. Isabella, der älteren Tochter Ferdinands III. Er ließ das Herzogthum durch den Marquis Baldasar Castiglione verwalten, bis 1692 Vincenz von Gonzaga, Graf von St. Paul u. Gemahl der Maria Victoria, der zweiten Tochter des Herzogs Ferdinand III., mit G. belehnt wurde. Im Spanischen Erbfolgekriege erklärte er sich für Österreich, weshalb er vor den Franzosen nach Venedig fliehen mußte, die nun G. am 9. Sept. 1702 einnahmen, u. der König von Spanien setzte den Herzog Karl von Mantua wieder in G. ein. 1706 wurde G. durch die Kaiserlichen von den Franzosen befreit u. Vincenz wieder eingesetzt. 1714 folgte ihm sein Sohn Antonio Fernando; dieser starb 1729, ohne von seiner Gemahlin Theodore, Landgräfin von Hessen-Darmstadt, Kinder zu haben, daher folgte ihm sein blödsinniger Bruder Giuseppe, der bisher in venetianischer Gefangenschaft gewesen war u. nun die Prinzessin Marie Eleonore von Schleswig-Holstein heirathete. Bei dem wieder ausbrechenden Kriege floh der Herzog wieder nach Venedig u. G., auf österreichischer Seite, wurde von den Franzosen u. Sardiniern besetzt. Nach dem Frieden kehrte der Herzog zurück, u. nun erhielt die Herzogin die Regentschaft. 1745 ließ die Königin von Spanien, Isabella, Besitz von G. nehmen, doch wurden die Spanier durch ein österreichisches Heer vertrieben, u. als 1746 Herzog Giuseppe ohne Nachkommen starb, zog Maria Theresia G. als einstmaliges mailändisches Lehn ein. 1748 kam mit österreichischer Bewilligung G. nebst den auf dem linken Poufer gelegenen Herzogthümern Sabionetta u. Bozzolo an den Herzog von Parma, mit dessen übrigen Staaten es 1796 für die Italienische Republik eingezogen wurde. 1805 kam es an Napoleons Schwester Pauline, deren Gemahl, Prinz Borghese, zum Herzog von G. erhoben wurde. 1815 erhielt es die Kaiserin Maria Luise, Gemahlin Napoleons, als Herzogin von Parma, jedoch mit Ausnahme von Sabionetta u. Bozzolo, das an Österreich fiel. Nach dem Tode derselben (17. Dec. 1847) fiel es an den Herzog von Lucca, u. als dieser Lucca an Toscana abtrat, an Modena. 2) Hauptstadt darin, am Einfluß des Crostolo in den Po, in einer sumpfigen Gegend mit vielen Kanälen, mit Mauern umgeben; hat ein altes Schloß, die ehemalige Residenz der Herzöge, Kathedrale u. 8 Kirchen, Bischof, Geistliches Seminar, Lateinische Schule, Mädchenerziehungsanstalt, Musikschule, eine öffentliche Bibliothek, starken Reisbau, Seidenbau u. Leinweberei; 7000 Ew.– G. wurde im 7. Jahrh. von den Longobarden als Guarstalla gegründet u. kam durch die Kaiserin Angelberga im 9. Jahrh. an das Kloster[749] des St. Sixtus zu Placentia; der Erzbischof Landulf von Mailand gab es im 10. Jahrh. an Ubertin, Bruder des Kaisers Otto II., in Lehn; dann kam G. an den Bischof von Reggio, der den Markgraf von Toscana damit belieh; 1102 wurde es durch Mathilde dem Kloster wieder gegeben, u. 1106 hier ein Concil vom Papst Paschal gehalten. Einen Streit der Cremoneser mit dem Abt von G. benutzte Kaiser Friedrich I., um G. 1185 sich selbst zu unterwerfen; 1198 kam es wieder an Cremona; 1307 wurden von Gibert von Corregio die Werke geschleift; 1346 kam es an Mailand, wurde 1406 Sitz einer Grafschaft (s. oben 1) u. 1636 wieder befestigt; es wurde 1702 von den Österreichern besetzt, am 9. Sept. 1702 von den Franzosen eingenommen u. 1706 von den Kaiserlichen wieder genommen; am 19. Mai 1734 von den Kaiserlichen u. am 9. Juli von den Sardiniern besetzt; am 19. Sept. 1734 hier Niederlage der Österreicher unter dem Feldmarschall Graf Königseck durch die französischsardinische Armee unter dem König von Sardinien; am 1. März 1814 Gefecht der Franzosen gegen die Österreicher u. Neapolitaner; Letztere geschlagen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 748-750.
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