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Nachtigall [1]

[632] Nachtigall, 1) (Lusciola), Untergattung der Gattung Sänger (Sylvia) mit gestiefelten, d.h. in langen Schienen besetzten, also nicht getäfelten, langen Läufen. Sie leben u. nisten in der Nähe des Erdbodens; 2) Gemeine Nachtigall (Lusciola s. Curruca luscinia Cuv., Sylvia l. Bechst., Motacilla L.), Art aus der Singvögelfamilie Sänger, Unterabtheilung Grasmücken, 5 Zoll lang, oben braun u. roströthlich, unten weißgrau, Schwanz rostfarben; die Schwungfedern graubraunrostgelb eingefaßt; die zweite kürzer als die vierte, untere Schwanzdeckfedern einfach trüb rostgelblichweiß; Länge des Vogels 6 Zoll. Die Geschlechter sind nur durch ihr Wesen zu unterscheiden. Die N. lebt in ganz Europa (in Deutschland aber[632] nicht am Oberharze, nicht bei Erlangen, Nürnberg, Baireuth u. Altenburg), Mittelasien u. Nordafrika in Laubhölzern u. Gärten, sie baut hier auf Baumstrünken u. dgl., auch wohl auf der Erde ein Nest aus Wurzeln u. Halmen u. legt 4–6 grünlichbraun angelaufene Eier. Die Jungen gleichen den Alten nur wenig, sind rostgrau u. am Kopfe an den Deckfedern gelblichweiß, an der Brust braun gefleckt. Die N. frißt Insecten u. kommt sogleich herbei, wenn man irgendwo die Erde aufgräbt; deshalb stehen sie im Rufe der Neugierde. Die N. zieht im September fort u. kommt in der Mitte Aprils, die Weibchen früher als die Männchen, wieder. Das Männchen der N. singt (schlägt) trefflich, jedoch nur von der Ankunft bis die Weibchen ausgebrütet haben, also von Mitte Aprils bis Johannis; im Zimmer singen sie jedoch früher, oft schon im November, u. hören damit oft erst im September auf. Der Nachtigallenschlag ist höchst abwechselnd, bald flötend, bald klagend, bald gezogen, bald abstoßend; bald zieht sie minutenlang eine Strophe einzelner melancholischer Töne hin, die leise anfangen, allmälig immer stärker werden u. endlich dahinsterbend schließen, bald schmettert sie eine Reihe von Noten hastig her u. schließt dann diese u. viele andere Stanzen ihres Liedes mit den einzelnen Tönen eines aufsteigenden Accordes. Ihr Gesang hat wenigstens 24, zuweilen aber sogar bis 50 Strophen, wenn es ein guter Sänger ist, dabei die kleinern Variationen nicht mitgerechnet. Man unterscheidet nach dem. Schlage Tagvögel, die mehr in freien Gegenden, u. Nachtvögel, die mehr an Bergen leben (erstere die häufigeren), so auch wahre Nachtvögel (Nachtsänger, Nachtschläger), welche die ganze Nacht hindurch singen, u. Repetirvögel, welche einzelne, durch Pausen getrennte Schläge thun. Man hält die N. ihres Gesanges willen im Bauer u. fängt sie dazu entweder alt mit Leimruthen, od. mit einem Bügelnetz (Fallgarn), das man über einer aufgegrabenen Stelle an der Erde aufstellt. Meist ist das Fangen der N-en verboten, od. das Halten derselben mit einer Steuer (Nachtigallensteuer) belegt. Zuweilen zieht man aber auch die Jungen auf u. wählt dabei die am hellsten gefleckten, indem dies Männchen sind Doch muß man neben die Jungen alte, gute Schläger hängen, indem man sonst Stümper zieht. Man hält die N-en am besten in 11/2 Fuß langen, 1 Fuß breiten, 1 Fuß hohen, mit Wachstuch (damit sie sich den Kopf nicht einstoßen) bedeckten Nachtigallenbauern, verhängt diesen u. stellt sie an einem von der Sonne nicht beschienenen Orte auf, da sie so meist am besten schlagen. Man füttert die N-en mit Quark od. Käsematten mit etwas Weizenkleie, geriebenen Mohrrüben u. Semmelkrumen, auch einigen Ameiseneiern, od. (Weizengries, 1/3 Weizenkleie. 1/3 getrocknete Ameiseneier mit süßer Milch gemengt, doch das Futter mit letzter nur angefeuchtet, so daß es nicht naß u. klebrig ist. Die N. ist übrigens in der Gefangenschaft dauerhaft, ja sie soll an 25 Jahr alt werden können. Nach der Mythe wurde Philomele (s.d.) in eine N verwandelt. 3) Der Sprosser (Polnische, Ungarische [im Gegensatz der Sächsischen N., wie die Gemeine N. in Polen heißt], große N., C. luscinia major, Silvia philomela Bechst., Motacilla luscinia major L.), Oberleib schwarzgraubraun, Kehle weiß, schwärzlich eingefaßt, Brust grau gesprengt, Bauch weißlich, Flügel braun, Schwingen rostfarben eingefaßt, Schwanz dunkler als bei der N., untere Schwanzdeckfedern trüb weißlich, auf der Außenfahne quergebändert, zweite Schwungfeder länger als die vierte, Länge des Vogels 61/2 bis fast 7 Zoll. Der Sprosser hat eine stärkere schmetterndere Stimme; singt langsamer, abgebrochener u. minder sein, aber stets des Nachts. Er wohnt in Ungarn, Böhmen, Österreich u. Polen, bes. an Flüssen, u. wird von daher in Norddeutschland bezogen. Alles Übrige wie bei der N.; 4) Italienische N., so v.w. Blaukehlchen; 5) Amerikanische N., so v.w. Spottdrossel; 6) Virginische N., so v.w. Cardinal.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 632-633.
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