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Théâtre-Français

[459] Théâtre-Français (auch Comédie-Française genannt), das erste Pariser Theater in literarischer Beziehung, ist eine Schöpfung Ludwigs XIV. Durch Kabinettsbefehl vom 21. Okt. 1680 vereinigte er die Truppe des Hôtel de Bourgogne, die den Confrères de la Passion seit 1607 ihren Saal abgemietet hatte, und die Molièresche, die nach dem Tod ihres Meisters (1673) aus ihrem Saal im Palais-Royal hatte weichen müssen und mit der Truppe des Maraistheaters vereinigt worden war (im Theater der Rue Guénégaud), zu einer Truppe, um, wie es in dem Befehle hieß, den Schauspielern die Möglichkeit zu gewähren, sich immer mehr zu vervollkommnen. Er gab ihr das Privilegium, Tragödien und Komödien auszuführen, und bewilligte eine jährliche Unterstützung von 12,000 Frank; die Anzahl der Schauspieler wurde fest bestimmt, die Verwaltung geregelt. Die Schauspieler nannten sich Comédiens ordinaires du roi. 1689 baute sich die Truppe einen eignen Saal in der Straße Fossés St.-Germain (nachmals Rue de l'Ancienne Comédie) und nannte sich von der Zeit an Théâtre de la Comédie-Française; in ihm blieb das Theater bis zum Jahre 1770. In der ersten Hälfte dieser Periode vermochte es die Konkurrenz der Markttheater (Marionetten, Akrobaten, Bänkelsänger etc.) nur mit polizeilicher Hilfe zu überwinden; die Zeit von 1740 aber, wo Voltaires Dramen die Bühne beherrschten, bis 1780 ist die glänzendste Epoche seiner Geschichte. Eine große Anzahl ausgezeichneter Schauspieler fand sich damals zusammen: Grandval, Lekain, Bellecourt, Préville, Molé, Monvel, Brizard, Dugazon, die Damen Dumesnil, Clairon, Dangeville, Contat etc. 1770 siedelte das Theater in die Tuilerien über, zwölf Jahre später in einen neuerbauten Saal, wo sich jetzt das Odéon befindet. Hier fand auch 1784 die berühmte erste Vorstellung von »Figaros Hochzeit« statt. Die Revolution spielte dem T. übel mit; den Versuch, die antirepublikanischen Stücke Layas auszuführen, mußten Schauspieler und Dichter mit Gefängnis büßen; erst nach und nach wurden sie befreit. Zur Ruhe aber kam das T. erst 1803, als es in das Theater am Palais-Royal einziehen durfte. Hier ist es seit der Zeit geblieben; der jährliche Zuschuß wurde auf 100,000 Frank erhöht. Eine feste Organisation erhielt es durch Napoleons pomphaftes Dekret vom 15. Okt. 1812 aus Moskau, das ergänzt und im einzelnen modifiziert wurde durch die Dekrete vom April 1850 und November 1859. Hiernach untersteht die Verwaltung einem Komitee von sechs Mitgliedern, unter der Direktion[459] eines vom Staate bestellten Beamten (des administrateur général, seit 1885 J. Claretie); dieses hat nicht nur die finanziellen Angelegenheiten zu besorgen und die Sociétaires (fest angestellten Mitglieder im Gegensatz zu den Pensionnaires) zu ernennen, sondern wirkt auch als Lesekomitee und hat über Annahme und Zurückweisung der eingereichten Stücke zu entscheiden. Der Zuschuß ist auf 240,000 Frank erhöht worden. – Die Comédie-Française hat stets einige hervorragende Talente aufzuweisen gehabt: neben Talma, der 1784 zuerst auftrat, und der Rachel Félix, die ihr von 1838–55 angehörte, sind die Damen Georges, Mars, Dorval zu nennen und für die jüngstvergangene Periode der ältere und jüngere Coquelin, Monnet-Sully, Got und die dem T. bald untreu gewordene Sarah Bernhardt. Noch jetzt hat das T. als Hauptvorzug ein mustergültiges Zusammenspiel, durch das in Verbindung mit der sorgfältigen Ausstattung, einem unermüdlichen Studium und liebevoller Achtung vor der Überlieferung die glänzendsten Erfolge erzielt werden. Diese Vorzüge kommen nicht allein der Wiederaufführung der Werke der französischen Klassiker zugute, sondern auch dem Drama der neuern Zeit (von Scribe, Dumas fils, Augier u. a.). Vgl. Etienne und Martainville, Histoire du T. (Par. 1802, 4 Bde.); Lemazurier, Galerie historique des acteurs du T. (das. 1810, 2 Bde.); Lucas, Histoire du T. (2. Aufl. 1863, 3 Bde.); Bonnassies, La Comédie-Française, histoire administrative (das. 1874); Chabrol, Histoire et description du Palais-Royal et du T. (das. 1884); Möller van den Bruck, Das T. (Berl. 1905); Lolié, La Comédie-Française, 1658–1907 (Par. 1907); Joannidès, La Comédie-Française. Dictionnaire des pièces et des auteurs (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 459-460.
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