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Fournier

[808] Fournier (spr. furnjé), 1) Marc, franz. Bühnen dichter, geb. 1818 in Genf aus einer französischen Refugiéfamilie, gest. 5. Jan. 1879 in St.-Mandé, studierte in Genf und begab sich 1838 nach Paris, wo er sich der Schriftstellerei zuwandte. In der Folge widmete er sich ganz dem dramatischen Fach und wurde 1851 Direktor des Theaters der Porte St.-Martin, dessen Leitung er geschickt führte, bis er 1868 den Schwierigkeiten erlag und Bankrott machte. Seine vorzüglichsten Stücke sind: »Les nuits de la Seine« (1852) und die in Gemeinschaft mit andern gearbeiteten Dramen: »Paillasse« (1849; als »Bajazzo und seine Familie« auch in Deutschland als effektvolles Rührstück bekannt), »Manon Lescaut« (1852) und »La bête du bon Dieu« (1854).

2) Edouard, franz. Schriftsteller, geb. 15. Juni 1819 in Orléans, führte in Paris ein stilles Gelehrten leben und starb daselbst 10. Mai 1880. F. hat sich besonders um die Erforschung der Vergangenheit der[808] Stadt Paris verdient gemacht und mit den Schriften: »Paris démoli, mosaïque des ruines« (1853, 3. Aufl. 1883); »Les Lanternes« (I 854); »Énigmes des rues de Paris« (1859, neue Ausg. 1892); »Histoire du Pont-Neuf« (1861, 2 Bde.); »Chroniques et légendes des rues de Paris« (1864, neue Ausg. 1893) und »Paris à travers les âges« (1876). Von seinen sonstigen, ziemlich vielseitigen Werken nennen wir: »La musique chez le peuple« (1847); »Histoire des hôtelleries et des cabarets« (mit Fr. Michel, 1850); »L'esprit des autres« (1855, 8. Aufl. 1886) und »L'esprit dans l'histoire« (1857, 5. Aufl. 1884), Nachweise von »geflügelten Worten«; »L'art de la reliureen France aux derniers siècles« (1864, 2. Aufl. 1888); »La comédie de La Bruyère« (1866, 2 Bde.) und »Le vieux neuf, histoire ancienne des inventions et découvertes modernes« (1859, 2 Bde.; 2. Aufl. 1877). Zu seinen spätern Veröffentlichungen gehören: »Le Théâtre français aux XVI. et XVII. siècles« (1871, 2 Bde.; 2. Aufl. 1874); »Le Théâtre français avant la Renaissance« (1873, 2. Aufl. 1880) und »Les Prussiens chez nous«, ein Pamphlet (1871). Übrigens hat sich F. auch als dramatischer Autor mit mehreren Lustspielen und dem Drama »Gutenberg« (1869) versucht. Nach seinem Tode erschienen noch: »Paris capitale« (1881); »Histoire des enseignes de Paris« und »Études sur la vie et les œuvres de Molière« (1884).

3) August, Historiker, geb. 19. Juni 1850 in Wien, studierte in Wien Geschichte, ward 1864 Hilfsbeamter und 1878 Direktor des Archivs des Ministeriums des Innern, habilitierte sich 1875 für Geschichte an der Universität Wien, ward 1880 außerordentlicher Professor daselbst und 1883 ordentlicher Professor an der deutschen Universität Prag. Im März!891 wurde F. in den Reichsrat, im folgenden Jahr in den böhmischen Landtag gewählt und schloß sich der deutschfortschrittlichen Partei an. Nachdem er 1899 einem Ruf als Professor der Geschichte an die Technische Hochschule in Wien gefolgt war, entsagte er der politischen Laufbahn. 1903 wurde er ordentlicher Professor für Geschichte an der Wiener Universität. Er schrieb: »Abt Johann von Viktring und sein Liber certarum historiarum« (Berl. 1875); »Gentz und Cobenzl. Geschichte der österreichischen Diplomatie von 1801–1805« (Wien 1880); »Napoleon I., eine Biographie« (Leipz. u. Prag 1886–89, 3 Bde.; franz. Ausg., Par. 1890–1892); »Handel und Verkehr in Ungarn und Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts« (Wien 1887); »Eine amtliche Handlungsreise nach Italien im Jahre 1754« (das. 1889); »Der Kongreß von Châtillon. Die Politik im Kriege von 1814« (Wien u. Leipz. 1900). Abhandlungen über die Pragmatische Sanktion, Gerhard von Swieten, Joseph II., den Tugendbund, F. v. Krüdener etc. erschienen in einem Sammelbande: »Historische Studien u. Skizzen« (Leipz. u. Prag 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 808-809.
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