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Augustīnus,

[123] Augustīnus, 1) Aurelius A., der hervorragendste Kirchenvater des Abendlandes, geb. 13. Nov. 354 in Tagaste in Numidien, gest. 28. Aug. 430 in Hippo. Von seiner frommen Mutter Monika in christlicher Frömmigkeit erzogen, gab sich der l7jährige Jüngling, der in Karthago Rhetorik studierte, einem lockern Leben hin, ohne daß doch die durch die Lektüre der Klassiker (Ciceros »Hortensius«) wachgehaltene Sehnsucht nach Höherm je in ihm erloschen wäre. In der Askese der Manichäer hoffte er Selbstüberwindung, in ihrer Geheimlehre helle Erkenntnis zu finden (374); der auf die Enttäuschung folgenden Verzweiflung an aller Wahrheit entriß ihn die Bekanntschaft mit der neuplatonischen Philosophie und ein neubelebtes Studium der Heiligen Schrift. Seit 383 in Rom, seit 384 in Mailand Lehrer der Rhetorik, erfuhr er an letzterm Orte zu seinem Heil den Einfluß des Ambrosius (s. d.), bekehrte sich und ward in der Osternacht 387 mit seinem natürlichen Sohn Adeodatus von Ambrosius getauft. Im folgenden Jahre kehrte er über Rom in seine Vaterstadt zurück, wo er mit einigen Genossen in einer Art klösterlicher Gemeinschaft in strenger Abgeschiedenheit lebte, bis ihn 391 die Gemeinde von Hippo Regius (Bona) wider seinen Willen zum Presbyter wählte; 395 (oder 396) ward er Bischof. Seitdem wurde die afrikanische Kirche durch die Macht seines Geistes und Wortes regiert. Er bekämpfte mit großem Erfolg alle bereits bestehenden oder neu auftauchenden Häresien, so die Donatisten (s. d.), Manichäer (s. d.), Arianer (s. Arianischer Streit), Pelagianer (s. d.) und Semipelagianer (s. d.), deren Niederlage zugleich den Sieg des afrikanischen Geistes über das übrige Abendland entschied. Augustins Ruhm hatte sich über die ganze Kirche verbreitet, als er in Hippo während der Belagerung dieser Stadt durch die Vandalen starb. Seine Gebeine ruhen seit 1842 neben dem von französischen Bischöfen auf den Ruinen von Hippo errichteten [123] Denkmal des A. Die römische Kirche verehrt ihn als Heiligen. Unstreitig ist A. der für das Abendland einflußreichste unter den Kirchenvätern geworden, teils durch die Konsequenz, womit er Begriff und Interessen der katholischen Kirche wie in der Theologie so in der Praxis durchführte, teils durch die Tiefe seines spekulative und mystische Elemente eigentümlich verarbeitenden Geistes. Darum gilt er nicht bloß als Vater der mittelalterlichen katholischen Scholastik, auch Luther und die Reformatoren haben sich z. T. an ihm, jedenfalls an ihm am meisten unter allen Kirchenvätern, gebildet. In seinem Kampf gegen die Extreme des Manichäismus, des Pelagianismus und Donatismus suchte er die Mitte festzuhalten, indem er sich lediglich auf die beiden Grundideen der Allwirksamkeit göttlicher Gnade und der Kirche als dem Erde und Himmel verbindenden Reiche Gottes stützte. Seine Herleitung des Staates aus der Macht der Sünde und die darauf begründete Forderung der Unterwerfung desselben unter die Kirche war maßgebend für die Auffassung des Verhältnisses beider Institutionen im Papsttum. Eine Darstellung des eignen Lebens mit Strenge und Selbstverleugnung gab A. in seinen oft herausgegebenen »Confessionum libri XII« (deutsch von Rapp, 8. Aufl., Brem. 1889; von Bornemann, Gotha 1889, u. a.; vgl. Harnack, Augustins Konfessionen, Gießen 1888; 2. Aufl. 1894), woran sich die »Retractationum libri II« als eine mildernde Kritik der eignen Werke anschließen. Solcher zählt er hier 93 in 232 Büchern auf, unter denen »De doctrina christiana libri IV«, »De trinitate libri XV« und »De civitate dei libri XXII« die wichtigsten sein mögen. Die beste Gesamtausgabe seiner Werke ist die der Mauriner (s. Benediktiner), die von 1679–1700 in 11 Foliobänden zu Paris erschien. Vgl. Possidius, Vita Augustini (in den meisten Ausgaben der Werke); Wiggers, Versuch einer pragmatischen Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus (Berl. 1821–33, 2 Bde.); Bindemann, Der heil. A. (das. 1844–69, 3 Bde.); Poujoulat, Histoire de saint Augustin (7. Aufl., 1886; deutsch von Hurter, Schaffh. 1846–47); Dorner, A., sein theologisches System etc. (Berl. 1873); Böhringer, Aurelius A. (neue Ausg., Stuttg. 1877–78, 2 Bde.); Reuter, Augustinische Studien (Gotha 1887); v. Hertling, A. (Mainz 1902).

2) Apostel der Angelsachsen, erhielt, von Gregor I. 596 mit einigen andern Benediktinern abgesandt, am Hof des Königs Ethelbert von Kent durch dessen christliche Gemahlin Berta Zutritt sowie die Erlaubnis, im Lande das Evangelium zu predigen. Schon 597 empfing Ethelbert mit dem größten Teil seines Volkes die Taufe. A., von Gregor 601 zum Metropoliten ernannt, nahm seinen Sitz in Canterbury. Gehemmt wurde sein Erfolg durch die Schroffheit, womit er den Bischöfen der altbritischen Kirche die römischen Kultusformen aufzudrängen suchte. Er starb wahrscheinlich 605. Vgl. Bassenge, Die Sendung Augustins zur Bekehrung der Angelsachsen (Leipz. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 123-124.
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