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Askēse

[877] Askēse (griech. Askesis; Aszese), eigentlich Übung; insbes. die enthaltsame, mäßige Lebensweise der griechischen Athleten zur Aneignung und Erhaltung der körperlichen Kraft und Gewandtheit während der Vorbereitung auf die Kampfspiele; auf das sittliche Gebiet übertragen, das zur Erlangung höherer Vollkommenheit auf Entsinnlichung gerichtete Handeln, sowohl die freiwillige Enthaltung von sinnlichen Genüssen als die Ertötung der sinnlichen Empfindungen und des Fleisches überhaupt; im weitern Sinn alles Handeln, das die Erwerbung sittlicher Fertigkeit rein als solcher zum Zweck hat. Die Asketik bildet als Theorie der A. einen Teil der Ethik. Bei fortschreitender Sittlichkeit wird statt einzelner asketischer Handlungsweisen (Tugendmittel) mehr nur eine asketische Tendenz die sittliche Pflichterfüllung begleiten. Als Mittel, deren sich die A. zur Erlangung religiöser und sittlicher Vollkommenheit bedient, gelten, was die religiöse Seite betrifft: 1) die Andacht, welche die Meditation und die Kontemplation in sich schließt, und der sich als Hilfsmittel die asketische oder Erbauungsliteratur darbietet; 2) die Bibelforschung; 3) das Gebet; 4) öffentliche Gottesverehrung, Hausgottesdienst, Erbauungsstunden und Konventikel; 5) der Gebrauch der Sakramente. Auf der sittlichen Seite stehen: 1) die Selbstprüfung und Selbstbeurteilung, gefördert durch Einsamkeit; 2) Umgang mit sittlich gereiften und vorbildlich wirkenden Persönlichkeiten. Herkömmlicherweise sind es besonders drei Grundformen, in denen sich die A. in den Dienst der sittlichen Arbeit zu stellen unternimmt: 1) die formale Übung der Willenskraft zur Beherrschung unwillkürlicher Empfindungen, z. B. des Ekels oder des Abscheues; 2) das Entsagen, dessen bekannteste und natürlichste Art das Fasten ist; aber auch Ehelosigkeit (Zölibat), freiwillige Armut und Gehorsam, welche drei Punkte in der katholischen Kirche als Consilia evangelica empfohlen werden; 3) die eigentliche Selbstpeinigung. Das Mönchtum, in dem die katholische Kirche eine höhere Stufe des sittlichen Lebens sieht, ist nichts andres als die durchgeführte, entwickelte und organisierte A. in diesem engern Sinn, und das Wort A., asketisches Leben, gilt hier als gleichbedeutend mit Mönchs- und Klosterleben. Vgl. Zöckler, A. und Mönchtum (Frankf. 1897, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 877.
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