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Sympathie

[345] Sympathie bezeichnet in psychischer und physischer Beziehung eine gewisse Übereinstimmung Verschiedener, welche sich in entsprechender Thätigkeit derselben äußert. Am auffälligsten tritt eine solche Sympathie in der Tonwelt auf in der sogenannten Sympathie der Töne. Befinden sich z.B. zwei gleichgestimmte Violinen in der Nähe von einander und wird die G-Saite der einen angestrichen, so tönt alsbald auch die G-Saite der andern. Ebenso geben gestimmte Gläser den Ton, in welchem sie gestimmt sind, von selbst an, wenn derselbe Ton in ihrer Nähe erzeugt wird, u.s.w. Diese Erscheinungen erklären sich dadurch, daß durch die Luft und andere die beiden tönenden Gegenstände verbindende Körper die Schwingungen fortgepflanzt werden, sodaß sie ebenso wie sie das. Hören vermitteln, auch den sympathisirenden Ton erzeugen. Eine andere sich anreihende Erscheinung ist, daß durch einen Ton andere mit ihm verwandte Töne erzeugt werden, welche ein geübtes Ohr im Verklingen des Tons sehr wohl zu unterscheiden vermag. Auch diese Erscheinung erklärt die Akustik und zwar aus den Schwingungsknoten tönender Körper. Wie nun hier bei den tönenden Instrumenten, so treten Erscheinungen der Sympathie auch im Menschen sowol in geistiger als leiblicher Beziehung auf. So spricht man von Sympathie zunächst, wenn zwei Menschen durch dieselben Ereignisse, Erscheinungen und dergl. in ihrem Gemüthe unmittelbar gleichmäßig afficirt werden; noch merkwürdiger aber ist es, daß Menschen, obgleich räumlich getrennt, doch in einer solchen Beziehung zueinander stehen können, daß, wenn der Eine irgendwie afficirt wird, auch der Andere auf eine entsprechende Weise angeregt wird. Die Ahnungen von dem Schicksal entfernter geliebter Personen gehören hierher. Noch auffälliger sind die Erscheinungen des thierischen Magnetismus (s. Magnet). Aberglaube und Betrügerei haben sich eines so dunklen Gebiets bemächtigt, sodaß es schwer, ja bis jetzt noch fast unmöglich ist, über die Wirklichkeit und Beschaffenheit solcher sympathetischen Bezüge ein Urtheil zu fällen. Nicht aber nur zwischen den Menschen hat man sympathetische Beziehungen angenommen, sondern auch zwischen Menschen und Thieren, Pflanzen, Steinen, Weltkörpern, Geistern u.s.w., und hat auf diese Annahme dann den Glauben an die Möglichkeit sympathetischer Curen gebaut. Das Umhängen von Amuleten und Talismanen, das Besprechen der Kranken, das Vornehmen von allerlei Handlungen mit Gegenständen, welche mit dem Kranken in gar keiner Beziehung stehen, gehören hierher. Man kann diese Curen nur als Werke des Aberglaubens betrachten, selbst dann, wenn in einzelnen Fällen wirklich eine Heilung des Leidenden erfolgt ist. Diese nämlich ist stets ein Werk der im Menschen thätigen Naturheilkraft, welche allerdings durch den festen Glauben an bevorstehende Hülfe bedeutend gesteigert werden kann. In solchen Fällen ist das angewandte Mittel selbst ganz gleichgültig, aber desto fördersamer, je weniger es überhaupt geeignet ist, durch sich selbst den menschlichen Organismus zu afficiren. Krankheiten, welche im eigentlichen Seelenleben des Menschen oder im Nervensystem ihren Sitz haben, z.B. Geisteskrankheiten, Epilepsien, Krampfkrankheiten und solche, auf welche das Seelenleben einen bedeutenden Einfluß hat, wie Rose, Leberkrankheiten, Wechselfieber u.a., werden am häufigsten durch sympathetische Curen gehoben werden können. – Eine wahre Sympathie kommt unter den verschiedenen Organen des lebenden Körpers vor, sodaß gewisse Organe afficirt erscheinen, wenn es andere, in keinem directen Zusammenhange mit jenen stehende, sind. Sowol im gefunden Körper als im kranken wird diese Sympathie beobachtet. Die Veränderung der Stimme und das Eintreten des Barthaares bei reisender Mannbarkeit, das Anschwellen der Brüste mit dem Reisen der Frucht im Uterus, das Niesen, wenn die Augen durch Licht gereizt werden, das Lachen als Folge des Kitzels u.s.w. gehören zu den Erscheinungen der Sympathie im gefunden Körper. Viel mannichfaltiger sind dieselben noch im kranken Körper und der Arzt muß auf sie besonders aufmerksam sein, um nicht den Sitz eines Leidens wo anders zu suchen, als wo er wirklich ist. – Sympathetische Tinten s. Tinte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 345.
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