Die Strecke wurde Ende Oktober 2023 vorgestellt.[1][2] Die Tour bestand aus acht Etappen an sieben Tagen, begann im niederländischen Rotterdam, führte von dort durch Belgien und den Osten Frankreich zu ihrem Abschluss in Alpe d’Huez. Die Fahrerinnen erreichten Frankreich erst auf der fünften Etappe, die Mehrzahl der Kilometer wurde dennoch im Stammland absolviert. Es war zugleich das erste Mal, dass die Frauen-Tour das Ausland sowie die Alpen besuchte.
Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren begann die Tour diesmal nicht am Schlusstag des Männer-Rennens. Grund dafür waren die Olympischen Spiele 2024 in Paris, mit denen die Tour sonst in Konflikt gestanden hätte; sie begann daher am Tag nach der Schlussfeier der Spiele.
Das Reglement war im Vergleich zum Vorjahr quasi unverändert. Die Gesamtwertung ermittelte sich aus der Addition der gefahrenen Zeiten. Die drei Ersten jeder Etappe (außer Zeitfahren) erhielten 10, 6 bzw. 4 Bonussekunden, und auf den Etappen 4, 5 und 6 gab es unterwegs einen Bonussprint mit 6, 4 bzw. 2 Sekunden Zeitgutschrift. Die Nachwuchswertung bestand aus den Fahrerinnen der Kategorie U23, also der Jahrgänge ab 2002. Die Mannschaftswertung berechnete sich aus den Zeiten der drei besten Fahrerinnen eines Teams auf jeder Etappe, außerdem gab es eine Punktewertung und eine Bergwertung. Das Preisgeld für die Siegerin der Gesamtwertung betrug unverändert 50.000 €.[3]
Die Tabelle zeigt die Führenden in der jeweiligen Wertung bzw. die Trägerinnen der Wertungstrikots oder farbigen Rückennummern am Ende der jeweiligen Etappe an. Eine detailliertere Übersicht über die Platzierungen nach einer Etappe bieten die einzelnen Etappenartikel, die in der ersten Spalte verlinkt sind.
Auf der 2. und 3. Etappe trug Marianne Vos (TVL) als Zweite der Punktewertung das Grüne Trikot in Vertretung von Charlotte Kool (DFP) (Gelbes Trikot).
(b)
Auf der 5. und 6. Etappe trug Shirin van Anrooij (LTK) als Zweite der Nachwuchswertung das Weiße Trikot in Vertretung von Puck Pieterse (FED) (Gepunktetes Trikot).
Die Titelverteidigerin Demi Vollering stand erneut am Start, ebenso Katarzyna Niewiadoma, die im Vorjahr Dritte gewesen war. Die Gewinnerin der Punktewertung und Gesamtzweite von 2023 Lotte Kopecky verzichtete, um sich auf die Olympischen Spiele zu konzentrieren.[4]Elisa Longo Borghini, die zuvor den Giro Donne gewonnen hatte, musste wegen einer Trainingsverletzung passen.[5]
Die erste Etappe begann in Rotterdam und verlief zunächst im Rhein-Maas-Delta. Unterwegs durchquerten die Fahrerinnen hin und zurück den neu gebauten Maasdeltatunnel, der auf diese Weise eingeweiht wurde.[2] Die naturgemäß flache Etappe endete in Den Haag.
Cristina Tonetti gewann als Ausreißerin die einzige Bergwertung, die am Ausgang des Maasdeltatunnels abgenommen wurde, und Marianne Vos siegte im Zwischensprint. Kurz vor dem Ziel verlor Lorena Wiebes, die in der Saison bis dahin die Sprints der WorldTour dominiert hatte, bei einer Kollision ihr Schaltwerk und konnte nicht mehr in den Sprint um den Tagessieg eingreifen; es gewann mit deutlichem Abstand Charlotte Kool vor Anniina Ahtosalo und Elisa Balsamo.[6] Für Diskussionen sorgte das Auftreten des Teams von Tashkent City, bei dem vier von sieben Fahrerinnen während der ersten Etappe aufgaben.[7]
Der zweite Renntag war zweigeteilt. Die erste Hälfte nahm eine knapp 70 km kurze Etappe von Dordrecht nach Rotterdam ein. Sie führte insbesondere über die stark urbanisierte Insel IJsselmonde und war wiederum für Sprinterinnen geeignet.
Ausreißversuche blieben auf dieser Etappe von kurzer Dauer, das Peloton kam geschlossen zum Zielsprint. Team SD Worx bot auf dem Schlusskilometer einen Sprintzug von vier Fahrerinnen auf, um Lorena Wiebes in Position zu bringen, doch Charlotte Kool konnte sie auf den letzten Metern noch knapp überholen. Dritte wurde Marianne Vos.[8]
An die zweite Etappe schloss sich am Nachmittag ein kurzes Einzelzeitfahren über sechs Kilometer in der Innenstadt von Rotterdam an, wobei unter anderem die Erasmusbrug und die Willemsbrug überquert wurden. Es war das erste Mal in der Tour de France Femmes, dass ein Renntag zweigeteilt wurde; in der Tour de France der Männer war dies zuletzt 1991 der Fall gewesen. Dafür war eine Ausnahmegenehmigung der UCI notwendig, da Halbetappen bei längeren Etappenrennen im Reglement nicht mehr vorgesehen sind.[9]
Die vierte Etappe verband mit Valkenburg und Lüttich zwei Radsport-Hochburgen der Niederlande und Belgiens. Zu Beginn zitierte sie mit dem Cauberg und anderen kurzen Steigungen das Amstel Gold Race. Die letzten 35 km ab der Côte de la Redoute waren identisch mit dem Finale von Lüttich–Bastogne–Lüttich. Auf dem sehr hügligen Parcours gab es acht Bergwertungen.
Das Rennen fand bei regnerischen Bedingungen statt. Auf den Anstiegen vor Lüttich sorgte vor allem Fenix-Deceuninck für Tempo, bevor sich auf der Côte de la Roche-aux-Faucons zwei ihrer Fahrerinnen, Puck Pieterse und Pauliena Rooijakkers, zusammen mit Demi Vollering und Katarzyna Niewiadoma vom Feld lösten. Rooijakkers konnte das Tempo nicht halten, die anderen drei kamen gemeinsam zum Zielsprint. Dort kam es zu einer knappen Entscheidung durch Zielfoto: Pieterse siegte vor Vollering und Niewiadoma; eine größere Gruppe folgte eine halbe Minute dahinter. Pieterse übernahm die Führung in der Bergwertung und der Nachwuchswertung.[11]
Die fünfte Etappe führte vom belgischen Bastogne aus nach Süden und endete in Amnéville an der Mosel nördlich von Metz mit einem Bergaufsprint. Sie war trotz fünf kleinerer Bergwertungen als Übergangsetappe zu betrachten.
Die Ausreißergruppe des Tages bestand aus Loes Adegeest, Julie Van de Velde und Fem van Empel, während die in der Punktewertung führende Charlotte Kool schon früh den Kontakt zum Peloton verlor. Die Ausreißer gewannen bis zu drei Minuten Vorsprung, waren aber 6,5 km vor dem Ziel fast wieder eingeholt, als ausgangs eines Kreisverkehrs mehrere Fahrerinnen zu Sturz kamen, darunter die Gesamtführende Demi Vollering. Das Feld wurde dadurch gespalten, und es bildete sich eine kleine Spitzengruppe, deren Sprint Blanka Vas vom Team SD Worx vor Katarzyna Niewiadoma und Liane Lippert gewann. Niewiadoma übernahm das Gelbe Trikot von Vollering, die nach dem Sturz kaum Unterstützung von ihrem Team bekommen und 1:47 Minuten verloren hatte.[12] SD Worx wurde für sein Verhalten gegenüber Vollering vielfach kritisiert, insbesondere Lorena Wiebes, die Vollering zu Fall gebracht hatte und anschließend um den achten Platz gesprintet war.[13][14]
Von Remiremont am Oberlauf der Mosel führte die sechste Etappe zunächst durch die Ausläufer der Vogesen und erwies mit einer Passage durch Mélisey und Lure dem im Vorjahr zurückgetretenen Rennfahrer Thibaut Pinot Reverenz.[2] In der zweiten Etappenhälfte im Jura fanden die ersten ernsthaften Bergwertungen statt. Die Etappe endete in Morteau nahe der Grenze zur Schweiz.
Nach 60 km bildete sich eine Spitzengruppe mit 18 Fahrerinnen, darunter Marianne Vos und Justine Ghekiere. Während Vos den Zwischensprint gewann, sammelte Ghekiere Punkte für die Bergwertung. Beim letzten Anstieg gut 15 km vor dem Ziel wurde die Spitzengruppe vom Feld eingeholt. Auf der Kuppe nach dieser Bergwertung attackierte Cédrine Kerbaol, baute ihren Vorsprung mit einer gewagten Abfahrt auf bis zu 40 Sekunden aus und wurde als erste Französin in der Geschichte der Rundfahrt Etappensiegerin. Den Sprint des Felds gewann Vos vor Liane Lippert. Vos übernahm das Grüne Trikot, Ghekiere das Bergtrikot.[15]
Die siebte und vorletzte Etappe verband den Jura von Champagnole aus mit den Savoyer Alpen bei Le Grand-Bornand. Bereits im Jura gab es von Saint-Claude aus mit dem Col de la Croix de la Serra eine, wenngleich langgezogene, Steigung mit 500 Metern Höhenunterschied. Die Rhone wurde bei Bellegarde überquert. Le Grand-Bornand war 2018 bereits Zielort von La Course by Le Tour de France gewesen, der Vorgänger-Veranstaltung der Tour de France Femmes. Dieses Jahr lag das Ziel allerdings im Ortsteil Le Chinailllon oberhalb des Hauptorts auf halbem Wege zum Col de la Colombière, so dass es auf den letzten 15 km fast ausschließlich bergauf ging.
Nach der ersten Bergwertung bildete sich eine Spitzengruppe, zu der wie am Vortag Marianne Vos und Justine Ghekiere gehörten. Vos gewann den Zwischensprint und sicherte damit ihren Sieg in der Punktewertung ab, zumal ihre beste Konkurrentin Charlotte Kool während der Etappe aufgeben musste. Julie Van de Velde machte zugunsten ihrer Teamkameradin Ghekiere das Tempo in der Spitzengruppe, die daher zwischenzeitlich fünf Minuten Vorsprung erhielt. Ghekiere setzte sich 13 km vor dem Ziel von der Spitzengruppe ab und konnte den Etappensieg holen, zumal sich die Favoritinnen auf den Gesamtsieg hinter her abwechselnd belauerten und fruchtlos gegenseitig angriffen. Die bis dahin weitgehend unbekannte Maëva Squiban nutzte die Unentschlossenheit im Feld und sicherte sich mit einer Solo-Attacke den zweiten Platz. Auf dem Schlusskilometer versuchte Katarzyna Niewiadoma ihre Führung in der Gesamtwertung auszubauen, wurde aber durch Demi Vollering gekontert, die die letzten vier Bonussekunden mitnahm.[16]
Die Entscheidung über die Gesamtwertung fiel auf der letzten Etappe von Le Grand-Bornand nach Alpe d’Huez. Nach dem eher unbedeutenden Col de Tamié bogen die Fahrerinnen in die Maurienne ein und nahmen die Kombination aus Col du Glandon und Alpe d’Huez in Angriff. Der Col du Glandon war mit 1924 m der höchste Punkt der Tour und repräsentierte mit über 1400 Höhenmetern deren größten Anstieg; von Le Bourg-d’Oisans nach Alpe d’Huez waren es rund 1100 Höhenmeter.
Vor Beginn der Etappe hatte Katarzyna Niewiadoma einen Vorsprung von 1:15 Minuten auf die Titelverteidigerin Demi Vollering, dazwischen lagen sechs weitere Fahrerinnen, darunter Pauliena Rooijakkers zwei Sekunden vor Vollering. Früh im Rennen bildete sich eine Ausreißergruppe mit etwa 20 Fahrerinnen, die sich jedoch auf dem Anstieg zum Col du Glandon auflöste und nach und nach vom Feld überholt wurde. Vier Kilometer vor dem Col attackierte Vollering, und nur Rooijakkers konnte ihr Tempo mitgehen, während Niewiadoma abreißen lassen musste. Vollering hatte ihren Rückstand in der Gesamtwertung bald wettgemacht, wartete in der Abfahrt jedoch mehrfach auf Rooijakkers, von der sie sich eine Mitarbeit versprach, die letztere aber weder liefern konnte noch wollte.[17] Im flachen Abschnitt vor Le Bourg-d’Oisans machte Lucinda Brand das Tempo in der Verfolgergruppe zugunsten ihrer Teamkameradin Gaia Realini, wovon auch Niewiadoma profitierte; zu Beginn des Schlussanstiegs hatten die Verfolger nur noch 40 Sekunden Rückstand.
Während des 50 Minuten dauernden Schlussanstiegs blieb die Entscheidung über den Gesamtsieg in der Schwebe. Vollering erhielt nur wenig Hilfe von Rooijakkers, während Niewiadoma zeitweise auf die Kooperation von Realini und Évita Muzic bauen konnte; alle übrigen Fahrerinnen waren bereits deutlich distanziert. Der Rückstand der Niewiadoma-Gruppe wuchs zwischenzeitlich auf etwa 1:20 Minuten an, fiel dann wieder auf 45 Sekunden, bevor Rooijakkers einen erfolglosen Versuch machte, Vollering zu attackieren. Auf der Zielgeraden konnte Vollering Rooijakkers abschütteln und gewann die Etappe sowie zehn Bonussekunden. Muzic überholte Niewiadoma auf der Zielgeraden, letztere konnte den Rückstand auf 1:01 Minuten begrenzen und holte so den Gesamtsieg um gerade vier Sekunden.[18][19]