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Nitrofurantoin

organische Verbindung, Arzneistoff

Nitrofurantoin ist ein antibiotischer Arzneistoff zur Behandlung von Harnwegsinfekten.

Strukturformel
Strukturformel von Nitrofurantoin
Allgemeines
Freiname Nitrofurantoin
Andere Namen
  • (E)-1-[(5-Nitrofurfuryliden)­amino]imidazolidin-2,4-dion
  • Furadoxyl
  • (E)-N-(5-Nitro-2-furfuryliden)-1-aminohydantoin
Summenformel C8H6N4O5
Kurzbeschreibung

gelber Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-646-5
ECHA-InfoCard 100.000.587
PubChem 6604200
ChemSpider 4510228
DrugBank DB00698
Wikidata Q422669
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J01XE01

Wirkstoffklasse

Antibiotika, Antiinfektivum der Harnwege

Wirkmechanismus

Bakteriostase

Eigenschaften
Molare Masse 238,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

268 °C[1]

pKS-Wert

7,2[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​317​‐​334
P: 261​‐​280​‐​342+311[1]
Toxikologische Daten

604 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Strukturell handelt es sich um ein synthetisches Nitrofuran-Derivat. Es ist ein Chemotherapeutikum, mit dem bakterielle Erkrankungen der Harnwege therapiert werden.[3] Das Medikament hat ein breites Wirkungsspektrum. Insbesondere bei der Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen ist es Mittel der ersten Wahl, kann jedoch bei langfristiger und hochdosierter Anwendung schwere Nebenwirkungen hervorrufen. Nitrofurantoin ist verschreibungspflichtig.

Wirkmechanismus

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Nitrofurantoin induziert DNA-Strang-Brüche in den prokaryontischen Zellen und wirkt so bakteriostatisch.[4]

Anwendung

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Der Wirkstoff wurde bisher meist als Reserveantibiotikum zur Behandlung von Harnwegsinfekten eingesetzt, wenn diese nicht mit einem anderen Antibiotikum therapiert bzw. andere Antibiotika nicht eingesetzt werden können (z. B. bei Unverträglichkeit). In der aktuellen S3-Leitlinie zur Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird es jedoch aufgrund der günstigen Resistenzlage als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der unkomplizierten Zystitis empfohlen.[5] Die Kapseln werden zu den Mahlzeiten unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen.

Wirkungsspektrum

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Nitrofurantoin entfaltet erst im Harn seine volle Wirkung. Es wirkt gegen:

Folgende Bakterien besitzen eine natürliche Resistenz gegenüber Nitrofurantoin, so dass dieses Antibiotikum bei Infektionen durch diese Erreger nicht wirksam ist:

Häufige Nebenwirkungen

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  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Appetitlosigkeit
  • Müdigkeit

Gelegentliche Nebenwirkungen

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  • allergische Reaktionen der Lunge
  • Husten, Fieber, Schüttelfrost
  • Brustschmerzen
  • Atemnot
  • Augenzittern
  • Benommenheit
  • Schwindel
  • Kraftlosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Schläfrigkeit
  • Lungenfibrose[6]

Selten vorkommende Nebenwirkungen

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  • Leberentzündung
  • Niedergeschlagenheit (Depression)
  • Glücksgefühle
  • Verwirrtheit
  • gutartige Hirndrucksteigerung
  • Blutbildveränderungen (siehe unbedingt dazu die Packungsbeilage)

Nebenwirkungen bei Patienten mit verminderter Nierenfunktion, Blutarmut oder Zuckerkrankheit sowie bei Vitamin-B-Mangel:

  • Störung des Nervensystems (Kribbeln) an Händen und Füßen
  • Entzündungen des Sehnervs

Beschriebene Nebenwirkungen

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  • Juckreiz der Haut
  • Nesselsucht
  • verschiedene Hautausschläge
  • Schuppenbildung
  • Blasenbildung
  • vorübergehender Haarausfall

Sonstiges

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Nitrofurantoin wurde auch kausal mit Pleuraerguss in Verbindung gebracht.[7]

Kontraindikationen

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Nitrofurantoin darf nicht eingenommen werden:

  • Bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Nitrofurantoin oder andere Nitrofurane
  • Bei Patienten mit Nierendysfunktion mit Kreatinin-Clearance unter 60 ml/min oder mit erhöhtem Kreatinin-Plasmaspiegel.
  • Bei Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase Mangel (s. «Schwangerschaft/Stillzeit» im Beipackzettel).
  • Bei akuter Porphyrie.
  • Bei Säuglingen unter 3 Monaten sowie am Ende der Schwangerschaft (während Wehen und Entbindung) wegen der theoretischen Möglichkeit einer hämolytischen Anämie beim Föten oder Neugeborenen (unter 3 Monaten), infolge unreifes Erythrozyten-Enzymsystems.

Oligurie, Anurie. Polyneuropathie, Neuritis. Lungenfibrose.

Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

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Wegen der Alkoholunverträglichkeit sollte während der Therapie mit dem Wirkstoff Nitrofurantoin auf Alkoholgenuss komplett verzichtet werden. Besonders bei Langzeittherapie sollte eine regelmäßige Kontrolle von Blutbild, Leber- und Nierenwerten erfolgen. Zur Kurzzeittherapie ist nach 3 Tagen ein Arztbesuch erforderlich. Hier wird der Harn erneut überprüft.

Kinder sollten das Medikament wenn möglich nicht nehmen. Das Medikament darf nicht bei schwerer Nierenfunktionsstörung eingenommen werden.

Das Arzneimittel sollte sofort abgesetzt werden, wenn eines der folgenden Anzeichen eintritt:

Synthese

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Die Synthese von Nitrofurantoin kann in zwei Schritten erfolgen. Zuerst wird dabei – ausgehend von Chloressigsäure und Hydrazin – das Hydantoin-Derivat 3 synthetisiert:[8]

Synthese von Hydantoin ausgehend von Chloressigsäure und Hydrazin. 
Synthese von Hydantoin ausgehend von Chloressigsäure und Hydrazin.

Hierbei reagieren Chloressigsäure und Hydrazin in einer nucleophilen Substitution zu Aminoglycin (1). Anschließend bildet sich unter Zugabe von Kaliumcyanat N-Amino-N-carbamoylglycin (2), welches dann in einer intramolekularen Kondensation Aminohydantoin (3) ausbildet.
Im zweiten Schritt reagiert (3) in einer weiteren Kondensation mit 5-Nitrofurfural, einem Nitrofuran, wobei das gewünschte Nitrofurantoin (4) entsteht:[8]

Synthese von Nitrofurantoin aus Hydantoin und 5-Nitro-2-carbaldehyd. 
Synthese von Nitrofurantoin aus Hydantoin und 5-Nitro-2-carbaldehyd.

Handelsnamen

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Monopräparate

Furadantin (D, A, CH), Nifurantin (D), Nifuretten (D), Urodin (CH), Uro-Tablinen (D), Uvamin (CH), sowie als Generikum (D, A)

Kombinationspräparate

Nifurantin B6 (D)

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e Datenblatt Nitrofurantoin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 14. Mai 2017 (PDF).
  2. Eintrag zu Nitrofurantoin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Juli 2019.
  3. K. Gupta, T. M. Hooton, P. L. Roberts, W. E. Stamm: Short-course nitrofurantoin for the treatment of acute uncomplicated cystitis in women. In: Archives of internal medicine. Band 167, Nummer 20, November 2007, S. 2207–2212, doi:10.1001/archinte.167.20.2207, PMID 17998493.
  4. Thomas Herdegen, Vicki Wätzig: Kurzlehrbuch Pharmakologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-13-142293-4, S. 592.
  5. Florian M. E. Wagenlehner, Udo Hoyme, Martin Kaase, Reinhard Fünfstück, Kurt G. Naber, Guido Schmiemann: Klinische Leitlinie Unkomplizierte Harnwegsinfektionen (2011). In: Dtsch Arztebl Int. Band 108, Nr. 24, 2011, S. 415–423 (aerzteblatt.de [abgerufen am 20. Juni 2011]).
  6. Jürgen Freyschmidt: Handbuch diagnostische Radiologie. Band 3, Springer, 2003, ISBN 3-540-41421-5, S. 591.
  7. Berthold Jany, Tobias Welte: Pleuraerguss des Erwachsenen – Ursachen, Diagnostik und Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 116, Nr. 21, (Mai) 2019, S. 377–385, hier: S. 380.
  8. a b Axel Kleemann; Jürgen Engel; Bernhard Kutscher; Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances – Syntheses, Patents and Applications of the most relevant APIs., 5. Auflage, Georg Thieme Verlag KG, 2009, ISBN 978-3-13-558405-8, S. 981.