Hilbertraumbasis

In einem ${\displaystyle n}$ -dimensionalen ${\displaystyle K}$ -Vektorraum ${\displaystyle V}$  ist eine Basis ${\displaystyle (b_{1},b_{2},\dots ,b_{n})}$  insbesondere dadurch charakterisiert, dass zu ihr eine bijektive Abbildung zwischen dem Vektorraum ${\displaystyle V}$  und dem Modellvektorraum ${\displaystyle K^{n}}$  erzeugt werden kann:

${\displaystyle E\colon K^{n}\to V,\qquad {\text{mit}}\quad x=(x^{1},\dots ,x^{n})^{t}\mapsto E\cdot x=b_{1}x^{1}+b_{2}x^{2}+\dots +b_{n}x^{n}}$ .

Diese Abbildung kodiert wiederum die Basis, denn die Bilder der kanonischen Basisvektoren ${\displaystyle (e_{1},e_{2},\dots ,e_{n})}$  des Spaltenvektorraums ${\displaystyle K^{n}}$  sind gerade die gewählten Basisvektoren von ${\displaystyle V}$ . Die inverse Abbildung zu dieser ordnet jedem Vektor aus ${\displaystyle V}$  seinen Koordinatenvektor bzgl. dieser Basis zu.

In diesem Sinne kann man bijektive Abbildungen von ${\displaystyle K^{n}}$  nach ${\displaystyle V}$  mit Basen von ${\displaystyle V}$  identifizieren. Ist auf ${\displaystyle V}$  eine Norm definiert, so folgt aus der Bijektivität, dass die Koordinaten von Einheitsvektoren weder sehr klein noch sehr groß werden können.

Sei ${\displaystyle {\mathcal {H}}}$  ein Hilbertraum über dem Körper ${\displaystyle \mathbb {K} =\mathbb {R} }$  oder ${\displaystyle \mathbb {K} =\mathbb {C} }$ . Sei weiter ${\displaystyle X\subset {\mathcal {H}}}$  eine (endliche, abzählbare oder gar überabzählbare) Teilmenge des Hilbertraums. Um diese Teilmenge sprachlich von Untervektorräumen zu unterscheiden, wird X System von Vektoren genannt.

Zu jeder endlichen Anzahl von Vektoren aus X kann man ohne Einschränkung Linearkombinationen bilden. Die Koeffizienten einer solchen Linearkombination kann man in einer Funktion ${\displaystyle c\colon X\to \mathbb {K} }$  zusammenfassen, die nur an endlich vielen Stellen von Null verschieden ist. Die Linearkombination hat dann die Gestalt

${\displaystyle \sum _{x\in X}c(x)\;x,\quad {\text{ wobei }}\quad \#\{x:\;c(x)\neq 0\}<\infty }$ .

Auf dem Raum ${\displaystyle \ell ^{\mathrm {fin} }(X)}$  dieser Funktionen mit endlichem Träger kann man ein Skalarprodukt definieren als

${\displaystyle \langle c,\,d\rangle =\sum _{x\in X}c(x){\overline {d(x)}}}$ .

Nur endlich viele Terme sind von Null verschieden, d. h. die Summe ist als solche definiert.

Jedes Skalarprodukt definiert auch eine Norm und damit eine Metrik. Sei mit ${\displaystyle \ell ^{2}(X)}$  die Vervollständigung des Raumes ${\displaystyle \ell ^{fin}(X)}$  bzgl. dieser Topologie bezeichnet. ${\displaystyle \ell ^{2}(X)}$  soll im Folgenden als Koeffizienten- und später als Koordinatenraum dienen. Ist X endlich, so ist dieser Koeffizientenraum isomorph zu einem euklidischen Raum, für X abzählbar ist der Koeffizientenraum isometrisch isomorph zum Folgenraum ${\displaystyle \ell ^{2}(\mathbb {N} ,\mathbb {K} )}$ .

Der Einfachheit halber werden Elemente aus ${\displaystyle \ell ^{2}(X)}$  als Koeffizientenvektoren bezeichnet, die Komponente von c zum „Index“ x ist der Wert c(x). Ein Koeffizientenvektor c heißt endlich, falls der Träger von c endlich ist.

Die einfachste Forderung ist nun, dass es zu jedem Koeffizientenvektor ${\displaystyle c\in \ell ^{2}(X)}$  auch eine Linearkombination des Systems X geben möge. Im Allgemeinen ist aber die „Summe“

${\displaystyle \sum _{x\in X}c(x)\;x}$ 

nicht definiert. Für jedes ${\displaystyle \varepsilon >0}$  gibt es aber Koeffizientenvektoren ${\displaystyle {\tilde {c}}\in \ell ^{2}(X)}$  mit endlichem Träger und einem Abstand ${\displaystyle \|c-{\tilde {c}}\|_{\ell ^{2}(X)}<\varepsilon }$ , für welche diese Linearkombination definiert ist. Die Frage ist nun, wann diese endlichen Linearkombinationen einen gemeinsamen Grenzwert für ${\displaystyle \varepsilon \to 0}$  haben.

X heißt Besselsystem, falls die Abbildung ${\displaystyle {\mathcal {E}}\colon \ell ^{2}(X)\to {\mathcal {H}}}$  mit ${\displaystyle \textstyle {\mathcal {E}}(c)=\sum _{x\in X}c(x)\cdot x}$  stetig ist, d. h. falls es eine Konstante B gibt mit

${\displaystyle \|\sum _{x\in X}c(x)\,x\|_{\mathcal {H}}\leq {\sqrt {B}}\,\|c\|_{\ell ^{2}(X)}}$ .

Bemerkung: Diese Ungleichung muss nur für endliche Koeffizientenfolgen bzw. -funktionen mit endlichem Träger erfüllt sein, um schon für alle Koeffizientenfolgen bzw. -funktionen zu gelten.

Unter diesen Umständen bilden die Bildvektoren ${\displaystyle {\bigl (}{\mathcal {E}}(c_{n}){\bigr )}_{n\in \mathbb {N} }}$  einer Folge endlicher Approximationen ${\displaystyle c_{n}\to c}$  eines Koeffizientenvektors ${\displaystyle c\in \ell ^{2}(X)}$  eine Cauchyfolge im Hilbertraum ${\displaystyle {\mathcal {H}}}$ . Diese Folge besitzt also einen Grenzwert, und dieser ist unabhängig von der gewählten approximierenden Folge.

Da ${\displaystyle {\mathcal {E}}}$  ein linearer Operator zwischen zwei Hilberträumen ist, gibt es einen adjungierten Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}\colon {\mathcal {H}}\to \ell _{2}(X)}$ . Nach Definition eines adjungierten Operators bestimmt sich dieser zu ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}(v)\colon X\to \mathbb {K} \colon \;x\mapsto \langle x,v\rangle }$ . Ist X ein Besselsystem, so erfüllt der adjungierte Operator eine Besselsche Ungleichung: Mit der Konstanten B>0 gilt für beliebige Vektoren ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  die Ungleichung

${\displaystyle \|{\mathcal {E}}^{*}(v)\|^{2}=\sum _{x\in X}|\langle x,v\rangle |^{2}\leq B\,\|v\|^{2}}$ .

In vielen Fällen ist die Definition nicht ausreichend, dass keine nichttriviale Linearkombination aus X der Nullvektor ist. So kann es trotz dieser Eigenschaft der Fall sein, dass es beliebig kleine Linearkombinationen gibt, bei denen der Koeffizientenvektor die Länge 1 hat. Es ist also verschärfend zu fordern, dass X ein Besselsystem ist und es eine untere Schranke A>0 gibt, so dass

${\displaystyle \|{\mathcal {E}}(c)\|_{\mathcal {H}}\geq {\sqrt {A}}\|c\|_{\ell ^{2}(X)}}$ 

für alle Koeffizientenvektoren ${\displaystyle c\in \ell ^{2}(X)}$  gilt.

Ein System X von Vektoren eines Hilbertraumes heißt Rieszsystem, falls es endliche Konstanten ${\displaystyle 0<A<B<\infty }$  gibt, so dass für endliche Koeffizientenvektoren ${\displaystyle c\in \ell ^{2}(X)}$  und damit für alle Koeffizientenvektoren die Ungleichungen

${\displaystyle {\sqrt {A}}\|c\|_{\ell ^{2}(X)}\leq \|\sum _{x\in X}c(x)\,x\|_{\mathcal {H}}\leq {\sqrt {B}}\,\|c\|_{\ell ^{2}(X)}}$ 

erfüllt sind.

Ein Erzeugendensystem X im Hilbertraum kann dadurch charakterisiert werden, dass das orthogonale Komplement von X nur aus dem Nullvektor besteht. Ist X zusätzlich ein Besselsystem, so bilden die Skalarprodukte ${\displaystyle \langle v,\,x\rangle }$  die Komponenten des Vektors ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}(v)}$ . D. h., jeder Vektor ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  mit ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}(v)=0}$  muss der Nullvektor sein.

Wieder ist diese Charakterisierung in vielen Fällen nicht ausreichend, da es möglich wäre, dass ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}(v)}$  auf der Einheitskugel beliebig kleine Werte annimmt. Um dies zu verhindern, fordert man die Existenz einer unteren Schranke A>0 für die Werte auf der Einheitskugel, es sei für alle ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  mit ${\displaystyle \|v\|_{\mathcal {H}}=1}$  die Ungleichung

${\displaystyle \|{\mathcal {E}}^{*}(v)\|_{\ell ^{2}(X)}^{2}=\sum _{x\in X}|\langle v,\,x\rangle |^{2}\geq A}$ 

erfüllt.

Ein System X von Vektoren in einem Hilbertraum heißt Frame (en. für Rahmen), falls es endliche Konstanten ${\displaystyle 0<A<B<\infty }$ , die Framekonstanten, gibt, so dass für jeden Vektor ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  die Ungleichungen

${\displaystyle {\sqrt {A}}\|v\|_{\mathcal {H}}\leq \|{\mathcal {E}}^{*}(v)\|_{\ell ^{2}(X)}\leq {\sqrt {B}}\|v\|_{\mathcal {H}}}$ 

erfüllt sind. Gilt sogar ${\displaystyle A=B}$ , so wird X ein straffer Frame (engl. „tight frame“) genannt.

Insbesondere folgt aus dieser Eigenschaft die Existenz eines stetigen pseudoinversen Operators (s. weiter unten).

Ein System X von Vektoren in einem Hilbertraum heißt Rieszbasis, falls es gleichzeitig ein Rieszsystem und ein Frame ist.

Ein Rieszsystem X spannt einen abgeschlossenen Unterraum im Hilbertraum ${\displaystyle {\mathcal {H}}}$  auf. Zu jedem beliebigen Vektor ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  gibt es eine Bestapproximation in diesem Unterraum, d. h. einen Koeffizientenvektor ${\displaystyle c\in \ell ^{2}(X)}$  für welchen der Abstand ${\displaystyle \|v-{\mathcal {E}}(c)\|_{\mathcal {H}}}$  minimal wird. Dieser Koeffizientenvektor bestimmt sich zu

${\displaystyle c={\mathcal {E}}^{-}(v)=\left(({\mathcal {E}}^{*}\circ {\mathcal {E}})^{-1}\circ {\mathcal {E}}^{*}\right)(v)}$ .

Der in diesem Ausdruck vorkommende inverse Operator existiert, da das Komposit ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}\circ {\mathcal {E}}}$  beschränkt, selbstadjungiert und positiv definit ist. Der inverse Operator kann als Neumann-Reihe konstruiert werden, denn es gilt

${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}\circ {\mathcal {E}}=C\,(I-T)}$ , daher ${\displaystyle ({\mathcal {E}}^{*}\circ {\mathcal {E}})^{-1}={\frac {1}{C}}\left(I+T+\sum _{k=2}^{\infty }T^{k}\right)}$ ,

denn der Term

${\displaystyle T=I-{\tfrac {1}{C}}\left({\mathcal {E}}^{*}\circ {\mathcal {E}}\right)}$ , mit ${\displaystyle C:={\frac {A+B}{2}}}$ ,

hat eine Operatornorm kleiner 1.

Der Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}:{\mathcal {H}}\to \ell ^{2}(X)}$  ist der pseudoinverse Operator zu ${\displaystyle {\mathcal {E}}}$ , es gelten die zwei Identitäten

• ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}\circ {\mathcal {E}}=id_{\ell ^{2}(X)}}$  ist die Identität im Raum der Koeffizientenvektoren und
• ${\displaystyle {\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{-}=pr_{im({\mathcal {E}})}}$  ist der orthogonale Projektor auf das Bild ${\displaystyle im({\mathcal {E}})\subset {\mathcal {H}}}$ .

Als Folge der Frameungleichung ist der Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}:\ell ^{2}(X)\to {\mathcal {H}}}$  surjektiv. Denn das orthogonale Komplement des Bildes ist gerade der Kern von ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{*}:{\mathcal {H}}\to \ell ^{2}(X)}$ , und nach der linken Ungleichung hat jeder Vektor im Kern die Länge Null.

Analog zur Überlegung zum Rieszsystem ist nun der Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{*}}$  selbstadjungiert, beschränkt und positiv definit. Es gibt dessen inversen Operator ${\displaystyle R=({\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{*})^{-1}:{\mathcal {H}}\to {\mathcal {H}}}$ , mit welchem wiederum der pseudoinverse Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}={\mathcal {E}}^{*}\circ R}$  gebildet werden kann. In diesem Fall gelten die Identitäten

• ${\displaystyle {\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{-}=id_{\mathcal {H}}}$  ist die Identität des Hilbertraumes und
• ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}\circ {\mathcal {E}}=pr_{im({\mathcal {E}}^{*})}}$  ist die Projektion auf das Bild des adjungierten Operators, welches gleichzeitig das orthogonale Komplement des Kerns ist, ${\displaystyle im({\mathcal {E}}^{*})=ker({\mathcal {E}})^{\bot }}$ .

Mit einem Frame X kann jeder Vektor ${\displaystyle v\in {\mathcal {H}}}$  als Linearkombination des Systems X dargestellt werden. Oft gibt es mehrere Koeffizientenvektoren, die diese Aufgabe erfüllen. Unter all diesen Koeffizientenvektoren ist ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}(v)}$  der kleinste.

Es gibt zu einem Frame X einen dualen Frame ${\displaystyle RX=\{Rx:\;x\in X\}}$ , wobei R der oben definierte inverse Operator zu ${\displaystyle {\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{*}}$  ist. Dieses System ist tatsächlich ein Frame mit Konstanten ${\displaystyle 0<{\tfrac {1}{B}}\leq {\tfrac {1}{A}}<\infty }$ , er ist dual in dem Sinne, dass die Identität ${\displaystyle v=({\mathcal {E}}\circ {\mathcal {E}}^{-})(v)}$  entwickelt werden kann zu

${\displaystyle v=\sum _{x\in X}\langle x,Rv\rangle \,x=\sum _{x\in X}\langle Rx,v\rangle \,x}$ ,

d. h. die Skalarprodukte mit den Vektoren des dualen Frames ergeben die Komponenten des kleinsten Koeffizientenvektors zu v.

Ein straffer Frame X, dessen Framekonstanten beide gleich 1 sind, wird Parsevalframe genannt, da in ihm die Parsevalsche Gleichung

${\displaystyle \forall v\in {\mathcal {H}}:\;\|v\|^{2}=\sum _{x\in X}|\langle v,x\rangle |^{2}}$ 

gilt. Dies ist äquivalent dazu, dass X sein eigener dualer Frame ist, d. h. jeder Vektor kann entwickelt werden als

${\displaystyle v=\sum _{x\in X}\langle x,v\rangle \,x}$ .

Es gilt der Satz: Sind die Vektoren eines Parsevalframes X allesamt Einheitsvektoren, so ist X schon eine Hilbertbasis.

In einer Rieszbasis stimmen die Konstanten ${\displaystyle 0<A\leq B<\infty }$  der Ungleichung aus der Definition des Rieszsystems mit den Framekonstanten überein und der pseudoinverse Operator ${\displaystyle {\mathcal {E}}^{-}}$  ist tatsächlich schon der inverse Operator zu ${\displaystyle {\mathcal {E}}}$ .

Gilt zusätzlich noch A=B=1, so ist X schon ein vollständiges Orthonormalsystem, d. h. eine Hilbert-Basis. In diesem Fall gilt sowohl die Parsevalsche Gleichung

${\displaystyle \forall v\in H:\;\|v\|^{2}=\sum _{x\in X}|\langle v,x\rangle |^{2}}$ ,

was äquivalent zu

${\displaystyle \forall v\in H:\;v=\sum _{x\in X}\langle v,x\rangle \,x}$ 

ist; als auch

${\displaystyle \forall c\in \ell _{2}(X)\;\forall y\in X:\;c_{y}=\langle \sum _{x\in X}c_{x}\,x,y\rangle }$ ,

äquivalent zu

${\displaystyle \forall c\in \ell _{2}(X):\;\|c\|=\|\sum _{x\in X}c_{x}\,x\|}$ .

• Otto Forster, Joachim Wehler: Skript zur Vorlesung: Fourier-Transformation und Wavelets (nicht mehr verfügbar). LMU München 2000/01, Skript zur Vorlesung: Fourier-Transformation und Wavelets, archive.org