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Benutzer:Alpaslan Tugce

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2. Ausgangslage
3. Soziale Benachteiligung der türkeistämmigen Migranten
  3.1 Begriffsbestimmung
  3.2 Entstehung der Bildungsungleichheit
  3.3 Kindheit und Schule
  3.4 Bildungsexpansion
4. Bildungsaufstiege türkeistämmiger "Gastarbeiterkinder"
5. Habitustheorie nach Pierre Bordieu
6. Spährendifferenz: Innen vs. Außen
  6.1 Definition "Sphäre"
  6.2 Selbstpositionierung
  6.3 Sphärendifferenz
7. Habitustransformationen
  7.1 Definition
  7.2 Die Distanzierung vom Herkunftsmilieu
8. Forschung
  8.1 Interviewfragen
  8.2 Transkriptionen
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis

IPK im WS 2013/14

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Name Studiengang vhb Wiki Thema Forschungsland Homepage Video abgeschlossen
Kursleiterin Eva Sondershaus, M.A. Eva Sondershaus
Alpaslan Tugce LA HS, DaF/DaZ Alpaslan Tugce
Spaderna Sabrina LA GS DaF/DaZ Sabrina Spaderna
Baltaci Funda LA HS, DaF/DaZ Funda Baltaci
Peiding Wang BA, DaF/DaZ wangpeiding
Friedl Stefanie LA GS DaF/DaZ Stefanie Friedl
Schmitt Johanna BA, Ger,DaF/DaZ Schmitt Johanna
Wessely Julia BA DaF/DaZ, Anglistik Julia Wessely
Schauer Teresa LA HS DaF/DaZ Teresa Schauer
Turmanidze Salone BA DaF/DaZ Turmanidze Salone
Shuyun Kong BA DaF Shuyun Kong
Maryna Franchuk Ba DaF/DaZ Maryna Franchuk
Lilly Steiglechner LA GS, DaF/DaZ Lilly Steiglechner
Sarah Schmid BA DaF/DaZ, Philosophie Sarah Schmid
Yvonne Wagenbrenner LA GS, Erw. Daf/DaZ Yvonne Wagenbrenner
Nakhjavan-Hammada Narjes BA DaF/DaZ, Philosophie Narjes Hammada
Julia Hawuka BA DaF/DaZ Julia Hawuka
Amelie Kraus BA DaF/DaZ Schulpädagogik Amelie Kraus
Stefanie Mayr BA DaF/DaZ Stefanie Mayr
Eladio Saura Estrada BA DaF/DaZ, Ibero Romanistik Eladio Saura Estrada
Dietz Laura BA HF Kunstpädagogik/ NF DaF/DaZ Laura Dietz


Hypothese: "Trotz sozialer Benachteiligung entwickeln sich die Folgegenerationen der türkeistämmigen Gastarbeiter im Bildungsbereich zum positiven"


1. Einleitung

Es leben in Deutschland rund 15,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, davon sind fast drei Millionen Menschen türkischer Herkunft. Migranten sind in einigen Bereichen nach wie vor schlechter gestellt als ihre deutschen Mitbürger, wie z.B. bei der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse, bei der Erwerbsqoute oder der Schulförderung. Jedoch lehnen viele Migranten auch die deutsche Lebensgewohnheiten ab, was mangelnde Deutschkenntnisse und ein geringes Bildungsniveau zur Folge hat.

Wir beschäftigen uns in unserer Forschung mit der sozialen Benachteiligung und zudem mit der Entwicklung der Türkeistämmigen im Bildungsbereich. Wir haben folgende Hypothese aufgestellt: Trotz sozialer Benachteiligung entwickeln sich die Folgegenerationen der türkeistämmigen Gastarbeiter im Bildungsbereich zum positiven.

Geklärt werden soll, zum einen ob es heute immer noch soziale Benachteiligung gibt oder ob es diese je einmal gab. Zum anderen ob wirklich eine positive Entwicklung im Bildungsbereich stattfindet.



2. Ausgangslage

Anfang der 1960er Jahre fand eine vermehrte Einwanderung aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland statt, welche zunächst als Arbeitsmigration galt. Diese wurde begründet durch die Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen der BRD und der Türkei am 30. Oktober 1961, nachdem 1958 erstmals ungefähr 150 junge Türken nach Deutschland kamen, um eine Berufsausbildung zu machen. Heute leben teilweise Einwanderer aus der Türkei in vierter Generation in Deutschland. Grund für die Einwanderung war unter anderem die Wirtschaftswunderzeit. Während dieser Phase bestand in Deutschland eine Arbeitskräfteknappheit. Dann bekamen 1961 Arbeitssuchende aus der Türkei die Möglichkeit,auf der Grundlage des Anwerbeabkommens, sich von deutschen Unternehmen anwerben zu lassen. Die zweite Phase der Einwanderung war in der Zeit nach dem Anwerbestopp 1973. In dieser Phase erfolgte ein verstärkter Familiennachzug. Durch die instabile politische Lage in der Türkei Ende der 1970er, gab es weitere Einwanderungen, und zwar durch Asyl suchende Asylbewerber. Helmut Kohl, der damals Bundeskanzler war, wollte die Zahl der Türken um 50% reduzieren, weil er der Meinung war die Türken in ihrer gegenwärtigen Zahl zu assimilieren. Diese Remigration von Ausländern wurde finanziell gefördert, war aber nicht erfolgreich. Anfang der 1990er Jahre kam es dann zu einer Reihe von rassistischen Brandanschlägen, die auch türkische Einwandererfamilien betrafen, wie z.B. der Mordanschlag von Mölln, der Brandanschlag von Solingen und die Neonazi-Mordserie, welche vorwiegend türkischstämmige Bürger betraf.


3. Soziale Benachteiligung der türkeistämmigen Migranten

3.1 Begriffsbestimmung

In Bezug auf Bildung kann Chancengleichheit (als Gegenteil von Chancenungleichheit) in zwei Grundmodelle konzipiert werden (vgl. El- Maafani 2013, S. 19):

Bei dem Proporzmodell ist von Chancengleichheit die Rede, wenn eine Gruppe anteilsmäßig auf allen hierarchischen Ebenen des Bildungssystems so vertreten ist wie in der Gesamtbevölkerung.

Bei dem meritokratischen Modell stehen die individuellen Kompetenzen und Leistungen im Vordergrund. Die Bildungskarriere eines Kindes ist bei diesem Modell messbar von dessen Leistung, ohne dass dabei Gruppenzugehörigkeit fokussiert wird(vgl. El- Maafani 2013, S. 19).


3.2 Entstehung der Bildungsungleichheit

Selbst bei gleichen Leistungen hat sie soziale Herkunft einen Effekt auf die Bildungskarriere. Wo Bildungsungleichheit entsteht ist kaum genau herauszustellen, jedoch können vier Bereiche identifiziert werden, die in der Forschung eine besondere Rolle spielen(vgl. El- Maafani 2013, S. 22):

Zunächst sind vor- und außerschulische Aspekte von besonderer Relevanz, denn bereits vor der Einschulung sind sozial bedingte Unterschiede feststellbar(vgl. El- Maafani 2013, S. 22). Die Leistungsrückstände sozial benachteiligter Kinder verschärfen sich während der Sommerferien.

Beim Bildungsübergang, also beim Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen spielt die soziale Herkunft eine ausgeprägte Rolle.

Auch im stratifizierten System setzt sich der Schereneffekt fort, was mit den unterschiedlichen Lehrplänen und Entwicklungsmilieus der verschiedenen Schulformen erklärt wird.

Ob innerhalb von Bildungsinstitutionen Ungleichheit entsteht oder sich verstärkt ist nicht eindeutig feststellbar. Es gibt zahlreiche Studien, jedoch handelt es sich bei diesen um qualitative Studien. Quantitative Studien konnten dies für Deutschland nicht feststellen(vgl. El- Maafani 2013, S. 22)

Aus der empirischen Bildungsforschung lassen sich zwei große Bereiche für Bildungsbenachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten ableiten:

Zum einen herrscht eine herkunftsbezogene Form der Selbstdiskriminierung. Diese entsteht durch Erziehungsverhalten und durch Bildungsentscheidungen in den Familien (vgl. El- Maafani 2013, S. 22).

Zum anderen besteht eine Institutionelle Diskriminierung. Diese entsteht durch die frühe Selektion im stratifizierten Schulsystem und die unterschiedlichen Entwicklungsmilieus in den Schulformen, durch die Lehrerempfehlung bei der Schulzuweisung, durch die Form des Unterrichts und seiner Inhalte sowie durch stereotype Erwartungshaltungen der Lehrkräfte.

Es kann sowohl bei Bildungsentscheidungen in den Familien als auch bei der Leistungsbeurteilung in der Schule ein Herkunftseffekt nachgewiesen werden. Internationale Vergleichsstudien zeigen, dass sich im deutschen Bildungssystem wie in kaum einem anderen soziale Ungleichheiten reproduzieren. Die Deutsche Schule ist nur unzureichend in der Lage, sozial ungleiche Startchancen auszugleichen.


3.3 Kindheit und Schule

Bildungsungleichheit wird mittlerweile über alle Phasen des deutschen Erziehungs- und Bildungssystem untersucht.

In vorschulischen Erziehungs- und Bildungsinstitution werden bei Arbeiterkindern und Kindern mit Migrationshintergrund häufiger Unsicherheiten im Sprachverständnis und nicht ausreichende Deutschkenntnisse festgestellt als bei deutschen Kindern. Diese Lernrückstände sind der familiären Erziehung zuzuschreiben. Es werden öffentliche frühkindliche Erziehungsangebote von unteren Schichten seltener angenommen. Von dem pädagogischen Personal wird bemängelt, dass viele Kinder aus bildungsfernen Familien gar nicht regelmäßig in den Institutionen erscheinen und dass somit keine systematische Förderung bestehender Defizite möglich ist. Gleichzeitig liegen auch Hinweise vor, dass die vergleichsweise schwach ausgeprägte Profession von Erzieherberufen dazu führt, dass sich bisher noch kein professioneller Umgang mit unterschiedlichen Herkünften von Kindern etabliert hat.


In der Primarstufe werden die Kinder erstmals in grundlegende Kulturtechniken eingeführt (Lesen, Rechnen, Schreiben). Desweiteren muss am Ende der Grundschulzeit der weitere Entwicklungsverlauf jedes einzelnen Kindes von Lehrkräften und Eltern antizipiert werden.

Beim Übergang in das mehrgliedrige Schulsystem führt die frühe Selektion zu erhöhter Chancenungleichheit. Zwar besteht die Möglichkeit des Schulwechsels, diese geschieht jedoch nur in wenigen Fällen.

Bei der Finanzierungsstruktur des Schulsystems wird ebenso eine Ungleichheit reproduzierende Selektionslogik deutlich(vgl. El- Maafani 2013, S. 30). Tatsache ist, dass die Primarstufe und Sekundarstufe I deutlich unterfinanziert, und die Sekundarstufe II "überfinanziert" ist. Jedoch bringen Investitionen in der Zeit vor der Einschulung und in der Primarstufe nachweislich die größten Renditen.

Es lässt sich zusammenfassend sagen: Je erziehungsbedürftiger ein Mensch ist , desto weniger beteiligt sich die öffentliche Hand an der Sozialisation und umso stärker liegt die Verantwortung in der Familie(vgl. El- Maafani 2013, S. 30).


3.4 Bildungsexpansion

Hiermit ist der enorme Ausbau des sekundären und tertiären Bildungswesen gemeint. Expansion bedeutet jedoch nicht eine Verbesserung im Hinblick auf eine Chancengleichheit. Es geht hierbei um eine selektive Bildungsexpansion, d.h. höhere Schichten haben am stärksten profitiert, während unterste Schichten noch stärker benachteiligt werden. Es gelten insbesondere die Arbeiterkinder als "Hauptverlierer". Sie erreichen zwar einen mittleren Bildungsabschluss, aber der Abstand zu dem höherem Bildungsniveau hat sich durch die Expansion vergrößert. Es besuchen gerade einmal 7% der Arbeiterkinder eine Universität(vgl. El- Maafani 2013, S. 35).


4. Bildungsaufstiege türkeistämmiger "Gastarbeiterkinder"

Raiser führte eine Studie mit bildungserfolgreichen Migrant/inn/en (2000) durch. Er untersuchte in Berlin studierende Männer und Frauen mit türkischen Migrationshintergund und entwickelte dabei zwei Typen von Aufsteiger/inn/en (vgl. El- Maafani 2013, S. 55):

Kollektivisten: Bei diesem Typ von Aufsteiger wünschen die Eltern eine gute Platzierung der Kinder im Bildungssystem in Deutschland, damit die Rückkehr in die Heimat mit einem Statusgewinn der gesamten Familie einhergeht. Die herkunftsspezifischen Werte wie Fleiß, Disziplin, Gehorsam und Ehre spielen eine zentrale Rolle. Die Eltern der Kollektivisten können kaum praktische Unterstützungsleistung anbieten. Dadurch werden ältere Geschwister zu Mediatoren zwischen den Ansprüchen der Eltern und den Orientierungsversuchen der Kinder. Das Ausbalancieren der Erwartungen der Eltern und der eigenen Individualisierungswünsche lässt eine prekäre Situation entstehen, welche jedoch bewältigt wird. Es setzt die Ablösung von der Familie und dem familiären Umfeld ein. Lehrer oder Mitschüler treten als Unterstützende bei diesen Aufsteigern kaum in Erscheinung.(vgl. El- Maafani 2013, S. 55)

Individualisten: Die Eltern der Individualisten grenzen sich von der ethnischen Community ab. Sie orientieren sich an der deutschen Mittelschicht. Disziplin und Gehorsam spielen hierbei in der Erziehung kaum eine Rolle. Es gibt nur geringere Diskrepanzen zwischen Erwartungen der Schule und der Familie. Die deutschen Mitschüler und Lehrkräfte spielen bei den Individualisten eine weit größere Rolle. Im Falle der Individualisten haben sich bereits die Eltern von den Regelwerken der Herkunftsgesellschaft (zumindest teilweise) distanziert, so dass es ihren Kindern leichter fällt, sich in Deutschland zu platzieren (vgl. El- Maafani 2013, S. 56).


Insgesamt wird jedoch nicht erkennbar, worin die Schwierigkeiten des Bildungsaufstiegs liegen. Jedoch steht fest, dass Bildungsaufstiege von türkeistämmigen Migranten besonders seltene Phänomene sind.

Pott, 2002: "Die meisten Probleme, mit denen Bildungsaufsteiger konfrontiert sind, hängen damit zusammen, dass sie sich mit der fortschreitenden Dauer ihres Aufstiegs zunehmend von ihrem sozialen Herkunftsmilieu entfernen."

Es entstehen Spannungen durch die lange Verweildauer in den Institutionen des Bildungssystems auf der einen Seite und den Kontakt mit der Herkunftsgruppe des Gastarbeitermilieus andereseits.

Distanzierungsprozesse in Bezug auf die Herkunftsfamilie und das Herkunftsmilieu werden also von nahezu allen Studien über Bildungsaufstiege von türkeistämmigen Migranten als weitreichende Problemstellungen konstatiert. Gleichzeitig werden ideelle Unterstützungsleistungen und Zugehörigkeit vielfach als wertvolle Ressourcen für Aufstieg von Migranten beschrieben.

Es entsteht eine komplexe Verflechtung von Loyalität trotz zunehmender Distanzierung von der Familie bzw. die explizite Herstellung einer positiven Beziehung zu den Eltern(vgl. El- Maafani 2013, S. 59).


5. Habitustheorie nach Pierre Bordieu

Warum stellt sich sozialstrukturelle Mobilität vom sozialen "Unten" zum sozialen "Oben" als außergewöhnlich bzw. "unwahrscheinlich" dar?

Um diese Frage zu beantworten ist die Erfassung gesellschaftlicher Strukturen und individueller Lebenswirklichkeiten notwendig, was durch die Habitustheorie von Pierre Bordieu geschah.

Durch Pierre Bordieus Habitustheorie konnte der Dualismus von Individuum und Gesellschaft in der soziologischen Theorie überwunden werden (vgl. Krais, Beate/Gebauer, Gunter 2002).

Der Habitus ist die Grundhaltung eines Menschen zur Welt und zu sich selbst. Er besteht aus den Denk- und Verhaltensstrukturen, die die Möglichkeiten und Grenzen des Denken und Handelns eines Menschen bestimmen, legt fest, was ein Mensch sich zutraut, welche Wahrnehmungskategorien er besitzt, was für ihn denkbar ist, welches Verhalten für ihn so selbstverständlich ist, dass er nicht darüber nachdenkt, welches schwer vorstellbar und durchführbar ist und welches vollkommen unmöglich für ihn erscheint. Die Unterschiede der verschiedenen Habitus' verschiedener Menschen zeigen sich in unterschiedlichen Arten zu essen, sich zu kleiden, sich zu bewegen, aber auch in unterschiedlicher Lebensführung und Lebenszielen, Selbstverständnis, Weltsicht und Selbstbewusstsein bzw. Selbstsicherheit (vgl. Krais, Beate/Gebauer, Gunter, 2002).


6. Entstehung einer Spährendifferenz

6.1 Definition "Sphäre"

Eine sogenannte Sphäre besteht aus zwei unterschiedlichen Positionen und lässt sich unterscheiden zwischen "innerer" und "äußerer" Sphäre (vgl. El-Mafaalani 2013, S. 119). Die innere Sphäre markiert die Lebenswelten Familie, die Verwandtschaft und die ethnische Community. Die äußere Sphäre hingegen bezieht sich auf die "Mehrheitsgesellschaft", d.h. also insbesondere auf die pädagogischen Institutionen und die einheimischen Peers (vgl. El- Maafani 2013, S. 120).


6.2 Selbstpositionierung Die Selbstpositionierung lässt sich anhand eines Fallbeispiels aus dem Buch von El-Maafani, 2013 beschreiben. Es ist "der Fall des Nuri". In der inneren Sphäre macht er als Erstes eine ethnische Unterscheidung, denn er positioniert sich als "türkeistämmiger Ausländer" bzw. betont, dass es vor ihm im Kindergarten "keine anderen Schwarzköpfe gab" (vgl El- Maafani 2013, S. 120). Der Ausdruck "Schwarzköpfe" ist eine negativ konnotierte Bezeichnung für einen türkeistämmigen Migranten. Auffällig ist, dass Nuri hier den Ausdruck der Fremdwahrnehmung, nämlich "Schwarzköpfe" dermaßen verinnerlicht hat, sodass er sich selber selbstverständlich als "Schwarzkopf" wahrnimmt bzw. bezeichnet. Des weiteren unterscheidet er seine inner Sphäre auf der ethnisch- religiösen Ebene. Er erzählt, dass er dem Islam angehört und Alevit ist. Hierbei grenzt er sich von der herrschenden Religion in Deutschland, also dem Christentum ab. Als letztes Unterscheidet Nuri seinen Sozialraum. Er bezeichnet die Straße in der er lebte, als "Kleinistanbul", in der überwiegend die Gastarbeiter wohnten (vgl. El- Maafani 2013, S.120). Anzumerken ist, dass sich Nuris Wortwahl nicht nach der political correctness richtet, sondern nach einer Terminologie, die seine Kindheit prägte und heute nicht mehr verwendet werden sollte.


6.3 Sphärendifferenz

Am Beispiel des Falles "Nuri" ist zu erklären, dass Nuri mit dem Eintritt in die pädagogischen Institutionen, die Differenz zwischen seiner inneren Sphäre und die der äußeren bewusst oder unterbewusst bemerkt hat, da sonst eine Abgrenzung von den Sphären der Einheimischen nicht erfolgen würde. Laut El- Maafani besagen verschiedene empirische Studien, dass tatsächlich mit dem Eintritt in pädagogische Institutionen eine Differenz zweier Handlungssphären entsteht(vgl El-Mafaani 2013, S. 137). Wenn wir wieder beispielsweise den Fall des Nuri betrachten, so sieht man im weiteren Verlauf des Interviews, das El- Malaani durchführte, dass die seine innere Sphäre von Nuri durch den Sozialitätsmodus gekennzeichnet ist, bei dem Autorität, Respekt und Bindung zentrale Charakteristika darstellen. Dies bedeutet das die Kollektive Bindung die zentrale Form der Integration innerhalb der inneren Sphäre ist. Die äußere Sphäre ist geprägt durch abstrakte Beziehungsformen sowie Annerkennungsmodi, d.h. die persönliche Anerkennung ist die zentrale Form der Integration. Das Fazit von empirischen Studien ergibt, dass es weder den Institutionen noch den Eltern gelingt, diese Sphärendifferenz zu kommunikativ überbrücken(vgl. El- Mafaani 2013, S. 137)


7. Habitustranformationen

7.1 Definition

Als Habitustranformation wird der Prozess bezeichnet, bei dem sich die Denk- und Handlungsmuster sowie Selbst- und Weltverhältnisse grundlegend transformieren (vgl. El- Mafaani 2013, S. 152). Einerseits werden bisher handlungsleitende Gewissheiten aufgebrochen, andererseits werden neue Selbst- und Weltverhältnisse gebildet. Diese Transformation der Relation zu sich selbst und zur Wlet, bzw. zur Herkunft, muss dabei in die soziale Praxis eingelassen sein. Als praktische Hinweise für Habitustransformationen können entsprechend Veränderungen und Neujustierungen der sozialen Praxis bzw. des biografischen Handlungsmusters sowie grundlegende Wandlungsprozesse gelten (vgl. El-Mafaani 2013, S.152). Transformationen müssen allerdings keineswegs an einen sozialen Aufstieg, d.h. "von einem sozialen Unten ins soziale Oben gekoppelt sein" (vgl. El-Mafaani, 2013). Verschieden Studien, die sich mit habituellen Veränderungsprozessen befassen, gehen davon, dass es zunächst zu "Krisen" bzw. zu einem "Fremdwerden" gegenüber den ursprünglichen sozialen Bezügen kommt(Rosenberg 2011, S.307). Diese können in Form von "Desintegration" oder "Aus- bzw. Abgrenzungserfahrungen" auftreten (Nohl 2006b, S. 220ff.). Auch "soziokulturelle Milieuunterschiede werden als Ausgangspunkt für Habitustransformationen beschrieben (vgl. Koller 1999, S. 267). Hierbei spielt die Sphärendifferenz, die im vorangegangen Kapitel näher beschrieben worden ist, eine zentrale Rolle. Um diese Habitustransformation besser zu veranschaulichen soll im Folgenden ein weiteres Beispiel aus dem Buch von El-Mafaani "BildungsaufsteigerInnen aus benachteiligten Milieus" gegeben werden.


"Der Fall der Gülcien": Gülcien ist türkeistämmige Migrantin, dessen Eltern als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Die Frage, ob sie widersprüchliche Situationen, also Differenezen erlebt habe, beantwortet sie mit einem "Natürlich" (vgl. El-Mafaani 2013, S. 180). Als Beispiel erzählt sie von ihrer inneren Sphäre, genauer gesagt von ihrer Familie, in der Gastfreundlichkeit oder die indirekte Vorbereitung auf die Hausfrauenrolle, trotz großer Unterstützung auf dem Bildungsweg, eine hohe Priorität hat. Als sie "draußen, bei den Deutschen" sieht, dass es dort im Elternhaus andere höhere Prioritäten gibt, als die Tatsache, ob die Töchter kochen können oder nicht, kam es bei ihr zu Irritationen (vgl. El-Mafaani 2013, S. 180). Auch waren die Familien ihrer "deutschen Freunde" demokratischer als ihre. Gülcien sah diese Tatsache als positiv, besser als die Denkweise, die sie bisher über die Hausfrauenrolle oder über die Werte und Haltungen innerhalb der Familie hatte. Sie erwähnt in ihrem Interview, dass sie ihre Tochter ebenfalls demokratisch erziehen wollen würde (vgl. El-Mafaani 2013, S. 180). Hier wird deutlich, dass Gülcien anfangs zu Irritationen staß, anschließend aber ihre Denkweise änderte. Mit genau diesem schritt erfolgte bei ihr eine sogenannte Habitustransformation.


7.2 Die Distanzierung vom Herkunftsmilieu

Eine Habitustransformation bringt eine gleichzeitige Distanzierung vom Herkunftsmilieu mit sich. Im Interview mit Gülcien, einer Probandin aus dem Buch von El-Mafaani, spricht Gülcien von einer "bikulturellen Identität". Damit bezeichnet sie die Tatsache, dass sie als Migrantin zwischen zwei Kulturen aufgewachsen ist und aus diesen Kulturen, diejenigen Elemente bzw. Denk- und Handlungsmuster übernimmt, die ihr gefallen (vgl. El-Mafaani 2013, S. 181). In der Fachsprache wird dieses Phänomen als "Synthese" bezeichnet (vgl. PPP aus dem Seminar: Kulturelle Identität im Zeitalter der Globalisierung von Eva Sondershaus.) Durch diesen "Mix zweier Kulturen" verändert sie ihre Sichtweise auf bestimmte Selbst- und Weltverhältnisse und löst sich gleichzeitig von den Herkunftsspezifischen. Man könnte auch sagen, dass Gülcien eine Strategie entwickelt, um mit der Sphärendifferenz, die laut Studien unumgänglich ist, umzugehen.


8. Forschung

Um unsere Hypothese zu prüfen, haben wir in unserer Forschung Probanden und Probandinnen aus der ersten, zweiten und dritten Generation der türkeistämmigen Gastarbeiterfamilien ausgewählt. Aus jeder Generation wurden jeweils eine Probandin und ein Proband interviewt. Unsere Fragen richteten sich sowohl auf Umstände, als auch persönliche Erfahrungen. Hiermit wollten wir herausfinden, inwiefern es Faktoren zum Bidungsaufsstieg sein könnten. Die Interviewepersonen bekamen folgende Fragen gestellt:


8.1 Interviewfragen

1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen? 2. Wie lange sind sie schon in Deutschland? 3. Warum kamen Sie nach Deutschland? 4. Sind Sie hier zur Schule gegangen? 5. Welchen Abschluss haben Sie erreicht? 6. Haben Sie jemals einen Beruf erlernt? Wenn ja, welchen? 7. Hätten Sie sich weitergebildet, wenn Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten? Wenn nein, wieso nicht? Wenn ja, was hat Sie daran gehindert? 8. Was wäre Ihr Wunschberuf gewesen? 9. Gab es Situationen, in denen Sie sich benachteiligt gefühlt haben? (Alltag, Beruf, Schule) 10. Wie viele Bekannte in Ihrem Umfeld gab es, die einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen haben? 11. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten? 12. Wie sehen Sie die Entwicklung der nachfolgenden Generationen im Bildungswesen? 13. Was war Ihnen wichtig, was sie Ihren Kindern ermöglichen wollten?


8.2 Transkriptionen


Interviewpartner: männlich, 1. Generation


1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Ü. ist meine Name. K. Ü. Ich bin 69 Jahre alt.

2. Wie lange sind Sie schon in Deutschland?

Ich bin September 1973 hierher gekommen.

3. Warum kamen Sie nach Deutschland?

Ich bin Deutschland gekommen wegen bisschen Abenteuer, bisschen fremde Land kennen und zum Leben und Arbeiten.

4. Sind Sie hier zur Schule gegangen?

Ich war 28 Jahre jung hier gekommen. Deutsche Regierung nennt uns Gastarbeiter. Keine andere Chance gegeben.

5. Welchen Abschluss haben Sie erreicht? Hier oder in der Türkei:

In der Türkei bin ich Lehrerschule gegangen.

6. Haben Sie jemals einen Beruf erlernt? Wenn ja, welchen?

Ich bin nach Bundeswehr Beamten geworden und bis ich hierher gekommen seit 1967-1973 als Standesbeamter gearbeitet.

7. Hätten Sie sich weitergebildet, wenn Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten? Wenn nein, wieso? Wenn ja, was hat sie daran gehindert?

Keine Möglichkeiten weiter zu bilden. Wir sind zum Arbeit hierher gekommen, Regierung keine andere Möglichkeit gegeben. Jede Mensch will etwas zu werden aber damals wir haben begrenzte Möglichkeiten gehabt.

8. Was wäre ihr Traumberuf gewesen?

Bislang meine Leben kein Platz gehabt zu träumen... Kunst, Maler oder Dichter...

9. Gab es Situationen in denen Sie sich benachteiligt gefühlt haben?

Gab es viele... Gastarbeiter haben immer benachteilgt worden. In Amt, von Regierung und so weiter nicht ernst nehmen wenn du persönlich gehst, weil du Sprache nicht sehr gut kannst.

10. Wie viele türkischstämmige Bekannte in ihrem Umfeld gab es, die einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen haben?

Kein Bildungsweg. Alle waren Gastarbeiter.

11. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?

Ich habe meine Wünsche erreicht. Wenn ich die Zeit zurückdrehen werde alle moderne Sachen, wie Handy, Fernsehen, meine Leben fern halten.

12. Wie sehen Sie die Entwicklung der nachfolgenden Generationen im Bildungswesen?

Es ist natürlich besser. Früher waren wir Gastarbeiter. Heute gibt es türkische Ärzte und Lehrer. Das macht mich stolz.

13. Was war Ihnen wichtig, was Sie ihren Kindern ermöglichen wollten?

Ich habe für meine Kinder gelebt. Meine Ziel war Kinder studieren, sie müssen sagen haben, nicht unter bleiben wie ich und Leben lang kämpfen, glückliches Leben führen, ganze Leben lang. Das ist meine Wunsch.


Interviewpartner: weiblich, 1. Generation (Originalinterview auf türkisch)


1. Kendinizi tanitabilirmisiniz? Ben P. Ö., 77 yasindayim. Türkiyede sekiz sene memurluk yaptim Sumerbankda tezgahdar.

2. Nezamandan beri Almanyadasiniz? 21.2.1966 dan beri Almanyadayim…ben memurdum. Westfalen´de orda urfali bi hemseri vardi, terzilik uzerine 6 ay calisdim. Benden önce gelen rum tercumanlar vardi, onlara dedimki hanimi istek etsinler, istek parasini ben verdim, gelincede isterse calisir…yedinci ayda izine gittim… izinden döndügümde Almanya is krizindeyd hanimida benide isden cikardilar. Ismarlama is yapan bir terzi dükkaninda bir sene orda calisdim… 1 sene sonra patron ja izine gideceksin ya da arbeitsamta yazilmalisin…

3. Neden Amanyaya göcettiniz? Memurluktan sonra almanyaya gelmeye karar verdim, gezmeyi cok sevdigim icin, isci olarak geldim.

4. Almanyada okula gittiniz mi? Burda okula gitmedim direk calisdim…

5. Okuldan Dimploma kazandiniz mi? Evet, Orta okul diplomam var…

6. Meselk ögrendiniz mi? Türkiyede terzilik ögrendim, meslegim terzilik.

7. Okula gitme veya kendinizi gelistirme imkaniniz varmiydi burda? Öyle bisey yoktu, daha cok nerde para coksa oraya gidiyorduk… tatillerdede hep gezerdik…

8. Hayalinizdeki mesleginiz ne olurdu? Arastirmaci veya yazar olmayi düsünürdum…simdi yinede gittigim yerde ja dini yerleri ya da turistik yerleri gezerim… Söförlükte yaptim cok seviyorum diye gezmeyi.

9.Bugüne kadar hic haksizliga ugradiniz mi? Cok ugradik, yabanci oldugumuz icin, islyerlerinde cok ugradik, paramizi yani saat ücretimizi az verdiler almanlara nazaran… pazarda felan öyle ugramadik… giyinis tarzimiz normaldi diye.. ama cocuklarimiz okulda haksizliga ugradilar, ev konusundada cok ugradik, vermezlerdi erv bizlere…

10. Cevrenizde sizinle ayni nesilden olup okuyan var miydi? Bir hemseri vardi. 60 yasinda üniversiteye gidiyordu.

11. Zamani geriye alabilseydiniz, ne farkli yapardiniz? Okuyup tahsilli olmak isterdik. Türkiye´ye geri giderdik… Ama simdi aile burda olunca gidilmiyor…

12. Sizden sonraki nesillerde bir gelisme görüyormusunuz? Tabiki cok daha iyiler… Okuyanlar var, sanat ögrenenler var…

13. Cocuklariniz icin ne hedefleriniz vardi? Cocuklarimizin eczaci olmasini istiyorduk…elektirik muhendisi olmalarini felan…. tabiki kendi ayaklarinda dursunlar istioduk yani…



Interviewpartner: männlich, 2. Generation


1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Ja ich kann mich ein bisschen vorstellen…. (lacht) Ich heiße M. B. , bin 51 Jahre alt, komme aus der Türkei, Ort Sanliurfa, bin seit 1971 in Augsburg, bin verheiratet, 4 Kinder.

2. Wie lange sind Sie schon in Deutschland und Ihre Eltern?

Mein Vater hatte sich in der Türkei als Arbeitssuchende gemeldet und hat gehört dass Deutschland Arbeiter braucht, der war dann 1966 in Deutschland, meine Mutter und Geschwister waren in der Türkei bis 1970, dann sin ma Familienzug nach Deutschland gekommen, 1970. Da gabs Wohnungsmangel, dann musst ich wieder alleine in die Türkei zurück zu meinen Großeltern, weil die Wohnfläche hatte nicht ausgereicht. Ein Jahr später bin ich dann wieder nach Deutschland gekommen, weil meine Eltern ne größere Wohnung hatten. Ja… ich bin hier in die Schule gegangen, Grundschule Hauptschule und Berufschule. Wo ich nach Deutschland gekommen bin, war ich 11 Jahre alt, da war ich ein Jahr Grundschule und fünf in der Hauptschule.

3. Was für Klassen waren das?

Hauptsächlich türkische Klassen, türkische Lehrer alle Fächer türkisch Mathe Chemie Geographie, außer Deutsch, zweimal die Woche war Deutschunterricht… oder Dreimal.

4. Welchen Abschluss haben Sie erreicht?

Hauptschulabschluss. Keinen Qualifizierten? Nein, normalen Hauptschulabschluss.

5. Haben Sie jemals einen Beruf erlernt?

Nein, wollte aber konnte ich nich.

6. Wieso nicht?

Weil meine Eltern wollten, dass ich arbeite und zwar Vollzeit, damit ich volles Gehalt habe, weil Ausbildung gabs zu wenig Geld.

7. Was wäre Ihr Wunschberuf gewesen?

Kfz Mechaniker, mein Wunschberuf war es Kfz Mechaniker zu werden.

8. Gab es Situationen, in denen Sie sich benachteiligt gefühlt haben? (Alltag, Beruf, Schule)

Ja, als ich mit 35 eine Umschulung machen wollte, haben sie mich nicht gefördert, sie haben gesagt es kommen keine Klassen zusammen, ich hab mich da gemeldet, keine hat mich benachrichtigt als es wieder Klassen gab, die hätte sich bei mir melden können. z.B. jetzt in der Arbeit wenn es Stellenausschreibungen gibt, und ich mich bewerb, heißt es immer wir haben schon jemand, wird immer jemand anderer bevorzugt, obwohl ich weiß, die haben noch niemanden.. bevorzugt werden hauptsächlich Polen, Russen, Rumänen, wenn keine Deutsche da sind. Bin seit 24 Jahren in der Firma…

9. Wie viele Bekannte in Ihrem Umfeld gab es, die einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen haben?

Ja, mein Klassenkamerad hat Bankkaufmann gelernt, aber der hat sein QA gemacht. Ein Bekannter hat bei Telekom eine Ausbildung, hatte Realschulabschuss. Mein Cousin, hat auch QA gemacht, dann hat er bei der Stadt Augsburg Industriemechaniker gelernt, der wurde aber hier geboren…

10. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?

Alles! (lacht),(seufzt) Eine vernünftige Ausbildung, als Kfz-Mechaniker… und dann weiterbilden als Meister und Techniker... und nicht zu jung heiraten, das würde ich auch nicht machen, das war ein Fehler ohne Ausbildung ohne nichts.. Wenn ich meine Ausbildung gemacht hätte, wäre ich wieder zurück in die Türkei Wieso? Weil ich mich daheim wohl fühle, hier wird man überall wie ein Ausländer behandelt Wo am meisten? Alltag, egal was, egal wo du hinkommst, „schwarzer kopf“ wirst anders behandelt.

11. Wie sehen Sie die Entwicklung der nachfolgenden Generationen im Bildungswesen?

Auf jeden Fall besser. Haben bessere Chancen, weil sie hier aufgewachsen sind und durch unsere Erfahrung vom Leben werden die gefördert, dass die auch nicht die Fehler machen, was wir gemacht haben… und das nützen die auch… teilweise diyelim... ipsiz sapsiz cok dolasan var… (türkisch)

12. Was war Ihnen wichtig, was sie Ihren Kindern ermöglichen wollten?

I wollt meinen Kindern ermöglichen, dass sie ein besseres Leben führen können, deswegen sollten sie studiern und fördern... alle ham se nicht studiert, aber ham eine Ausbildung gemacht.

Zusatzfragen:

13. Was denken Sie, wer ist dafür verantwortlich, dass Sie keine Ausbildung gemacht haben?

Meine Eltern, die haben mich nicht gefördert… im Gegenteil… ja und ich selber auch, weil ich keinen QA gemacht hab.

14. Denken Sie, dass Deutschland ihre Vor- und Einstellungen was Bildung anbelangt, beeinflusst hat?

Ja schon… positiv olarak, weil ohne Ausbildung hier oder ohne Studium, Leben weiterzuführen ist sehr schwierig.

15. Würden Sie auch so denken, wenn sie wieder zurück in die Türkei wandern würden?

Ja, würd ich weiter so denken, auch wenn ich in Türkei bin, ein besseres Leben zu führen, ist Studium oder Ausbildung ein Muss. Burdaki zorluklari gördugum icin böyle dusunuyorum bugün.


Interviewpartner: weiblich, 2. Generation


1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Ich heiße S., bin 42 Jahre alt, habe drei Kinder. Eine 21-jährige Tochter, einen 16-jährigen Sohn und noch eine kleine Tochter, die ist zwei.

2. Wie lange sind Sie schon in Deutschland?

Seit September 1980. Ich war damals 10 Jahre alt.

3. Sind Sie hier zur Schule gegangen?

Ja, ab der 3. Klasse.

4. Welchen Abschluss haben Sie erreicht?

Den Hauptschulabschluss. Danach war ich im Berufsvorbereitungsjahrgang.

5. Haben Sie jemals einen Beruf erlernt? Wenn ja, welchen?

Ich habe viele Berufe erlernt. Mein erster Beruf war Verkäuferin. Dann habe ich in die Türkei geheiratet und war vier Monate dort. Mein Vater wollte aber nicht, dass ich meine Rechte in Deutschland verliere, deswegen sind wir mit meinem damaligen Mann nach Deutschland gezogen. Als ich wieder hier war, habe ich als Kassiererin gearbeitet und als ich dann schwanger wurde, war ich erstmal drei Jahre daheim. Danach habe ich eine Fortbildung zur medizinischen Bademeisterin gemacht und habe in einem Rehabilitationszentrum gearbeitet. Dann kam meine zweite Schwangerschaft. Nach dieser hab ich eine Umschulung zur Altenpflegehelferin. Dann konnte ich für eine kurze Zeit erstmal nicht arbeiten, weil ich wegen meiner Scheidung in Therapie war. Als es mir wieder besser ging, konnte ich aber körperlich meinen alten Beruf nicht mehr ausüben und bin dann in die Modebranche und war dort wieder im Verkauf tätig. Und ja, vor ungefähr drei Jahren wurde ich wieder schwanger. Nebenbei gebe ich noch Volkstanzunterricht. Das mache ich seit 14 Jahren ehrenamtlich und nun auch an einer staatlichen Schule und in Vereinen.

6. Hätten Sie studiert, wenn Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten? Wenn nein, wieso nicht? Wenn ja, was hat Sie gehindert?

Ja aufjedenfall zu 100%, aber naja meine Eltern konnten kein deutsch, wussten nicht was ich für Aufstiegsmöglichkeiten gehabt hätte, sie waren Analphabeten, beherrschten auch die deutsche Sprache nicht und konnten mich vielleicht auch deshalb nicht fördern.

7. Was wäre ihr Wunschberuf gewesen?

Hmm, etwas im Krankenhaus oder allgemein im medizinischen Bereich oder auch Volkstanz professionell zu lernen würde mir sehr gefallen.

8. Gab es je Situationen, in denen Sie sich benachteiligt gefühlt haben?

Nein, noch nie. Ich wurde immer sehr schnell aufgenommen. Hatte als Kind vorwiegend deutsche Freunde, die auch bei mir übernachten durften. Das war was besonderes. Dadurch habe ich auch sehr schnell deutsch gelernt.

9. Wie viele Bekannte in ihrem Umfeld gab es, die einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen haben?

Also die meisten waren Hilfsarbeiter. Ansonsten, hmm.., viele wurden Friseusen. Studiert hat keiner.

10. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?

Ich würde aufjedenfall studieren und sehr spät heiraten.

11. Wie sehen Sie die Entwicklung der nachfolgenden türkischen Generationen im Bildungswesen?

Gut, aber gibt auch viele faule. Also teils teils. Die jetzige Generation muss man immer antreiben und dahinter bleiben. Da hängt vieles von den Eltern ab. Von meiner Zeit bis jetzt hat es sich verbessert. Die Eltern können mittlerweile deutsch. Die Chance habe wir nicht gehabt. Die Kinder die unterstützt werden kommen auch weiter, aber es gibt immer noch solche für die nicht Bildung, sondern Arbeit wichtiger ist, damit die Kinder aufgeräumt sind oder Geld reinbringen.

12. Was war Ihnen wichtig, was Sie ihren Kindern ermöglichen wollten?

Dass sie studieren und das was aus ihnen wird und dass sie ein Ziel haben im Leben.


Interviewpartner: männlich, 3. Generation:


1. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?

Ich heiße E., bin 16 Jahre alt und wohne in einem Dorf (lacht).

2. Wie lange bist du schon in Deutschland?

Seit 16 Jahren... Ich bin hier geboren.

3. Welchen Abschluss hast du bisher erreicht?

Den qualifizierten Hauptschulabschluss und nächstes Jahr hoffentlich die mittlere Reife.

4. Was ist dein Wunschberuf?

Hmm.. weiß ich gar nicht.

5. Gab es Situationen, in denen du dich benachteiligt gefühlt hast, weil du türkisch bist? In der Schule oder im Alltag?

Eigentlich nicht. Aber manchmal hört man halt so Sachen wie Kanake oder scheiß Türke. Es gibt welche, die dann eine rein schlagen oder heulen oder darüber lachen. Und ich bin derjenige der darüber lacht. Und in der Grundschule war mal etwas. Meine Grundschullehrerin hat alle türkischen Jungs zum Psychologen geschickt (lacht).

6. Wie viele türkische Bekannte in deinem Umfeld haben einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen?

Eigentlich schon viele. Es gibt faule und nicht faule. In meiner Klasse sind z.B. fast die Hälfte der Schüler türkisch.

7. Was würdest du ändern, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?

Mich mehr hinsetzen und lernen, aber ich wäre glaub ich trotzdem zu faul. Ich würde mich schon von Anfang an anstrengen, damit ich einen guten Beruf ausüben kann.

8. Wie siehst du die Entwicklung der nachfolgenden Generationen im Bereich der Bildung?

Traurig.. Eigentlich hatte die 1. Generation keine Chancen, ihnen wurden keine Möglichkeiten gegeben und jetzt kann man alles machen was man will wen man bisschen sein Köpfchen anstrengen würde. Wenn man der 1. Generation die Möglichkeiten von heute geben würde, würden sie die Chancen besser nutzen, weil sie anders waren.


Interviewpartner: weiblich, 3. Generation


1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Ich heiße G.B., bin 24 Jahre alt, komme aus der Türkei.

2. Wie lange sind sie schon in Deutschland?

Ich bin hier geboren.

3. Sind Sie hier zur Schule gegangen?

Ja, ich war zwei Jahre im evangelischen Kindergarten, vier Jahre Friedrich- Ebert Grundschule, zwei Jahre in der Hauptschule anschließend… ehm… auf der vierstufigen Bertolt-Brecht Realschule.

4. Welchen Abschluss haben Sie erreicht?

Mittlere Reife.

5. Haben Sie jemals einen Beruf erlernt? Wenn ja, welchen?

Ja, ich habe einen Beruf erlernt. Auf der PTA Schule habe ich meine Ausbildung zur Pharmazeutisch- technischen-Assistentin gemacht.

6. Hätten Sie sich weitergebildet, wenn Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten? Wenn nein, wieso nicht? Wenn ja, was hat Sie daran gehindert?

Ich habe mich schon weitergebildet zur Fach-PTA für Dermopharmazie.

7. Was wäre Ihr Wunschberuf gewesen?

Ach, das war mein Wunschberuf! (lacht).

8. Gab es Situationen, in denen Sie sich benachteiligt gefühlt haben? (Alltag, Beruf, Schule)

Doch schon, ehm wegen halt weil ich Türkin bin halt,hmm mesela nerde… meine Realschullehrerin, BWL Lehrerin hatte was gegen Ausländer

Woran hast du da gemerkt?

Ja im Unterricht, ehm.. hat sie immer die Ausländer aufgerufen weil sie genau wusste, dass die die Antworten nicht wissen.. und dann gabs auch schon die mündliche sechs.

Und sonst?

Ja meine Klassenlehrerin auf der Hauptschule wollte mich nicht auf die Realschule schicken und gab mir kein Übertrittszeugnis, weil sie der festen Überzeugung war ich würde die Realschule nicht schaffen… ja vonwegen ich hätte das Potenzial dazu nicht. Wenn dann sollte ich auf der selben Schule bleiben und den M-Zug machen…. bis mein Vater kam (lacht)... Der hat dann mit der Lehrerin geschimpft, was das soll und dann bekam ich das Übertrittszeugnis.

9. Wie viele Bekannte in Ihrem Umfeld gab es, die einen beruflichen oder schulischen Bildungsweg eingeschlagen haben?

Ja schon, zwei die machen ihren Meister, Bekannte die studieren, unter Anderem meine jüngere Schwester. Auch genauso alt wie ich und dritte Generation… Ich denke auch dass die dritte Generation zunehmend dazu strebt eine Ausbildung abzuschließen, da sie mehr Möglichkeiten bzw. ihnen stehen viele Wege offen im Vergleich zur zweiten Generation.

10. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?

Ich würde auf der Realschule mehr lernen, dann hätt ich nen besseren Realschulabschluss

Aber du hast ja deinen Wunschberuf machen können?

ja trotzdem (grinst)… ja natürlich würd ich gern studieren wollen… FOS... ja das überleg ich mir ab und zu das hätte ich machen können… oder auf die BOS gehen, aber dann hab ich geheiratet…

Und wenn du wieder die Möglichkeit hättest?

Ja, da hätt ich mein Fachabi gemacht und dann studiert…

11. Was war Ihnen wichtig, was sie Ihren Kindern ermöglichen wollten?

Bildung halt, generell, ich würde mich in Bücher einlesen, nicht so wie unsere Eltern pi mal Daumen irgendwie erziehen, sondern von Grund an versuchen dessen Interessen zu fördern.

Mit welchem Ziel?

Ja, dass es später, eigenständig, selbstbewusst selbstsicher auf eigenen Füßen stehen kann, ohne sich minderwertig zu fühlen im Vergleich zu den Deutschen.

12. Wie sehen Sie die Entwicklung der nachfolgenden Generationen im Bildungswesen?

Sehr gut, wird auch immer besser, man hat höhere Ziele wie früher. Früher wollte man nur Geld verdienen und mittlerweile versucht man mindestens mit der Gesellschaft mitzuhalten.

Zusatzfrage:

13. Denken Sie, dass Deutschland ihre Vor- und Einstellungen was Bildung anbelangt, beeinflusst hat?

Ja auf jeden Fall, in der Türkei ist ja das meiste Umfeld, wobei das jetzt ja auch schon besser wird… also in der Türkei MUSS man keine Ausbildung haben als Mädchen, weil dort der Ehemann oftmals nur arbeitet…. und hier ist halt immer mehr der Ehrgeiz da mit den Deutschen mitzuhalten, und in der Türkei z.B. würde dich keiner schief anschauen, wenn man keine Ausbildung hat, hier schon… außerdem ist man stolz als Türkin zu sagen, ich habs so und so weit geschafft…


9. Fazit

Unseren Probanden zu Folge stellen wir fest, dass sich unsere Hypothese bestätigt. Obwohl mittlerweile die vierte Generation der Gastarbeiterfamilien heranwächst, bestätigen unsere Probanden, dass es dennoch Situationen gibt, sei es im Alltag, in der Arbeit oder in der Schule, in denen sich türkeistämmige Migranten benachteiligt fühlen. In den einigen Interviews konnten wir jedoch auch feststellen, dass die Denk- und Verhaltensweise die türkeistämmigen Migranten dermaßen prägte, dass es oft zu Habitustransformationen kam. Selbst in unserer kleinen Forschung bestätigt sich also die Habitustheorie von Pierre Bordieu. Andererseits meinten Probanden aus der ersten sowie zweiten Generation auch, dass bestehende Bildungswege manchmal für sie "geschlossen" waren, auch wenn das offiziell niemals zugegeben werden würde, da es Einzelfälle sind. Trotz allem ist nicht zu bezweifeln, dass sich die türkischen Migranten auf ihrem Bildungsweg immer mehr zum Positiven entwickeln,erfolgreicher werden und sich vornehmen, auch ihre Kinder, also die Folgegenerationen der türkischen Migranten, zu fördern.


10. Literaturverzeichnis


Bohnsack, Ralf (2007): Rekkonstruktive Sozialforschung. Stuttgart: UTB.

El-Mafaalani, Aladin (2012): BildungsaufsteigerInnen aus benachteiligten Milieus. Wiesbaden: Springer VS.

Geißler, Rainer (2011): Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung. Wiesbaden.

Pott, Andreas (2002): Ethnizität und Raum im Aufstiegsprozess. Eine Untersuchung zum Bildungsaufstieg in der zweiten türkischen Migrantengeneration. Opladen.

Raiser, Ulrich (2007): Erfolgreiche Migranten im deutschen Bildungssystem - es gibt sie doch. Lebensläufe von Bildungsaufsteigern von türkischer und griechischer Herkunft. Berlin.

Tepecik, Ebru (2011): Bildungserfolge mit Migrationshintergrund. Biographien bildungserfolgreicher MigrantInnen türkischer Herkunft. Wiesbaden.