Papier
Papier (von französ.: papier, aus griech.: pápyros Papyrusstaude) ist ein Material, das vorwiegend zum Beschreiben und Bedrucken verwendet wird und größtenteils aus pflanzlichen Fasern besteht. Normalerweise wird es in dünnen Schichten verwendet; es kann aber auch zu massiven Objekten, wie Pappmaché, geformt werden. Heute wird Papier in der Regel aus Holzschliff oder Zellstoff hergestellt.
Der kulturell wichtigste Papiertyp ist das Schreibpapier. Weitere Einsatzgebiete sind beispielsweise Verpackungen aus Pappe, Bastelarbeiten und Wohnungseinrichtungen wie der Tapete. In Japan und China wird Papier in der Inneneinrichtung vielfältiger verwendet, wie beispielsweise die japanischen Shoji, mit durchscheinendem Washi-Papier bespannte Raumteiler.
Geschichte
Frühere Schriftträger
Höhlenzeichnungen sind die ältesten Dokumente, die der Mensch mit Pigmentfarbe auf einen Untergrund gezeichnet hat. Die Sumerer, die Träger der älteste bekannte Hochkultur, schrieben seit etwa 3200 v. Chr. mit Keilschrift auf weiche Tontafeln, die zum Teil bis heute überliefert sind, weil sie durch Zufälle gebrannt wurden. Auch aus Ägypten sind Schriftträger aus anorganischen Materialien bekannt, beispielsweise die Prunkpalette des Königs Narmer (3100 v. Chr.) aus Speckstein.
Es wurden auch schon organische Schriftträger wie Leder, Pergament, Holz, Rinde, Papyrus (Ägypten ab ca. 3000 v. Chr.) und Papier verwendet, von denen wir jedoch nur von Zeichnungen auf haltbarerem Material (etwa Fels) wissen.
Papyrus besteht aus den flach geschlagenen, über Kreuz gelegten und gepressten Stängeln der am gesamten unteren Nil in ruhigen Uferzonen wachsenden Schilfpflanze (Echter Papyrus). Geschrieben wurde darauf mit schwarzer und roter Farbe. Die schwarze Tusche bestand aus Ruß und einer Lösung von Gummi arabicum, die rote Farbe wurde auf Ocker-Basis hergestellt. Das Schreibgerät war ein Pinsel aus Binsen. Zwar gab es auch Papyrus im antiken Griechenland, jedoch war eine Verbreitung über Griechenland hinaus kaum bekannt. Im 3. Jahrhundert ersetzten die Griechen den Pinsel durch eine gespaltene Rohrfeder. Von dem griechischen Wort pápyros leitet sich das Wort Papier ab.
Im Römischen Reich nutzte man sowohl Papyrus als auch Wachstafeln, in letztere wurde der Text mittels eines angespitzten Stöckchens geritzt. Mit einem Schaber konnte man das Wachs wieder glätten und die Tafel erneut beschreiben. Öffentliche Verlautbarungen wurden meist als Inschrift an Tempeln oder Verwaltungsgebäuden angebracht. In Indien verwendete man Blätter von Palmengewächsen und in China Tafeln aus Knochen, Muscheln, Elfenbein. Später bestanden die Tafeln aus anorganischem Material, wie Bronze, Eisen, Gold, Silber, Zinn, Jade, Stein und Ton, sowie aus organischem Material, wie Holz, Bambusstreifen und Seide. Dagegen wurden Pflanzenblätter und Tierhäute nicht als Schriftträger benutzt. Die Orakelknochen wurden mit Griffeln geritzt oder mit Tinte aus Lampenruß und Zinnober beschriftet. Im mittelalterlichen Europa verwendete man Pergament, ein aus Tierhäuten hergestelltes Schreibmaterial.
Erfindung des Papiers
Die vergleichende Datierung von Papierfunden aus einem Grab nahe Xi'an aus den Jahren 1973 bis 1978 belegen, dass diese ältesten Papiere aus der Zeit von 140 bis 87 v. Chr. stammen. Vorlage:Ref Dennoch wird die Erfindung des Papiers üblicherweise Cai Lun aus dem 5. Jahrhundert (späte Han-Dynastie) zugeschrieben. Zu seiner Zeit gab es ein Papier, welches aus Seidenabfällen hergestellt war (Chi). Dem mischte der kaiserliche Hofbeamte Cai Lun noch alte Lumpen und Fischnetze bei und ergänzte es mit Bast des MaulbeerbaumesVorlage:Ref. Die chinesische Erfindung bestand in der neuartigen Zubereitung: Die gesäuberten Fasern und Fasernreste wurden zerstampft, gekocht und gewässert. Anschließend wurden einzelne Lagen mit einem Sieb abgeschöpft, getrocknet, gepresst und geglättet; der entstehende Brei verfilzte die Pflanzenfasern und bildete ein relativ homogenes Papierblatt.
Da Bast ein Material ist, das im Vergleich zu dem heute verwendeten Holz längere Fasern und dadurch eine hohe zeitliche Haltbarkeit hat, war das Papier von Cai Lun nicht nur zum Schreiben verwendbar, sondern auch für Raumdekorationen und Kleidungsstücke. Die Verwendung von Maulbeerbast lag nahe, da der Seidenspinner sich von den Blättern des Maulbeerbaums ernährt und somit dieses Material ein Koppelprodukt aus der Seidenproduktion ist. Wie alt die Verwendung von Bast ist, belegt die Gletschermumie Ötzi (ca. 3.300 v. Chr), die Kleidungsstücke aus Lindenbast trägt.
Verbreitung
Asien und Ozeanien
Bereits im 2. Jahrhundert gab es in China Papiertaschentücher und im Jahr 363 erschien die erste Ausgabe der Pekinger Zeitung, sie wurde 1936 eingestellt.
Im 6. Jahrhundert stellte man Toilettenpapier aus billigstem Reisstrohpapier her. Alleine in Peking wurden jährlich 10 Millionen Päckchen mit 1000 bis 10.000 Blatt produziert. Die Abfälle an Stroh und Kalk bildeten bald große Hügel, Elefanten-Gebirge genannt. Für Zwecke des chinesischen Kaiserhofes stellte die kaiserliche Werkstatt 720.000 Blatt Toilettenpapier her. Für die kaiserliche Familie waren es noch einmal 15.000 Blatt hellgelben, weichen, parfümierten Papiers.
Bekannt ist, dass um das Jahr 300 die Thais die Technik des schwimmenden Siebs zur Papierherstellung verwendeten und um das Jahr 600 die Technik des Schöpfsiebs in Korea und um 625 in Japan verwendet wurden. Die Amtsrobe der japanischen Shintō-Priester, die auf die Adelstracht der Heian-Zeit (794-1185) zurückgeht, besteht aus weißem Papier (Washi) und in Polynesien und Melanesien werden die traditionellen Stoffe aus Tapa-Rindenbaststoff, das vorwiegend aus Maulbeerbaum-Bast besteht, hergestellt.
Papiergeld
Kaiser Gaozong (650 bis 683, Tang-Dynastie) ließ erstmals Papiergeld ausgeben. Auslöser war ein Mangel an Kupfer für die Münzprägung. Seit dem 10. Jahrhundert hatten sich Banknoten in der Song-Dynastie durchgesetzt. Ab etwa 1300 waren sie in Japan, Persien und Indien im Umlauf und ab 1396 in Vietnam unter Kaiser Tran Thuan Tong (1388 - 1398).
Im Jahr 1298 berichtete Marco Polo über die starke Verbreitung des Papiergeldes in China, wo es zu dieser Zeit eine Inflation gab, die den Wert auf ca. 1 % des ursprünglichen Wertes fallen ließ. Im Jahre 1425 (Ming-Dynastie) wurde das Papiergeld allerdings wieder abgeschafft, um die Inflation zu beenden. Um das in Umlaufbringen von Falschgeld zu erschweren wurde Papiergeld zeitweise aus einem Spezialpapier gefertigt, welches Zusätze an Seidenfasern, Insektiziden und Farbstoffen enthielt.
Arabische Welt
Wann genau das erste Papier in der arabischen Welt produziert wurde, ist umstritten. So wird als Datum 750 oder 751 genannt, als vermutlich bei einem Grenzstreit gefangengenommene Chinesen die Technik der Papierherstellung nach Samarkand gebracht haben sollen. Andererseits gibt es Erkenntnisse, die zu der Annahme führen, dass in Samarkand bereits 100 Jahre früher Papier bekannt war und auch hergestellt wurde.
Als Papierrohstoff benutzte man Flachs und Hanf. Bald hatten die Araber eine blühende Papierindustrie aufgebaut.
In Bagdad errichtete man um 795 eine Papiermühle, 870 erschien dort das erste Papierbuch. In den Kanzleien des Kalifen Harun ar-Raschid wurde auf Papier geschrieben. Es folgten Papierwerkstätten in Damaskus, Kairo, in nordafrikanischen Provinzen bis in den Westen.
Die Araber entwickelten die Herstellungstechnik weiter. Das Schöpfsieb aus Metalldraht ermöglichte es nun, Wasserzeichen zu verwenden. Durch Verwendung von Stärke konnte die Leimung (dünner Überzug, um Papier glatter und weniger saugfähig zu machen; die Tinte oder Tusche verläuft weniger stark) deutlich verbessert werden.
Genormte Flächenmaße wurden eingeführt. 500 Bogen waren ein Bündel (rizma), worauf der heute noch in der Papierwirtschaft übliche Begriff Ries zurückgeht.
Vom 8. bis zum 13. Jahrhundert dauerte die hohe Blütezeit des islamischen Reiches. Als Kulturzentrum zog Bagdad Künstler, Philosophen und Wissenschaftler, insbesondere Christen und Juden aus Syrien an.
Europa
Über den Kulturkontakt zwischen dem christlichen Abendland und dem arabischen Orient sowie dem islamischen Spanien gelangte das Schreibmaterial seit dem 12. Jahrhundert nach Europa. In San Felipe (Xativa) bei Valencia gab es nach einem Reisebericht von Al-Idrisi bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts eine blühende Papierwirtschaft, die auch in die Nachbarländer hochwertige Produkte exportierte. Auch nach der Vertreibung der Araber aus Spanien blieb das Gebiet um Valencia bedeutend für die Papierwirtschaft, da hier viel Lein angebaut wurde, welcher ein hervorragender Rohstoff für die Papierherstellung ist.
Mit der Ausbreitung der Schriftlichkeit in immer weitere Bereiche der Kultur (Wirtschaft, Recht, Verwaltung usw.) trat das Papier gegenüber Pergament seit dem 14. Jahrhundert seinen Siegeszug an. Mit dem Buchdruck auf billigerem Papier seit der Mitte des 15. Jahrhunderts war die Rolle des Pergaments als reines Luxusschreibmaterial besiegelt. Allerdings dauerte es bis ins 17. Jahrhundert, bis das Papier das vergleichsweise teure Pergament als Beschreibstoff endgültig verdrängt hatte.
Anfänge der Papierherstellung in einigen Ländern:
1100 Spanien: San Felipe (Xativa) bei Valencia 1109 Siziliens ältestes auf Papier geschriebenes Dokument 1225 Frankreichs ältestes Papierdokument 1228 Kaiser Kaiser Friedrich II. sendet den ältesten auf deutschsprachigem Boden noch vorhanden Brief aus Papier an das Nonnenkloster Göss in Österreich. Das Mandat befindet sich heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. 1231 Für Urkunden verbietet Kaiser Friedrich II. die Verwendung von Papier 1236 Laut der Statuten Paduas sind Urkunden auf Papier ohne Rechtskraft 1246 Das Registerbuch des Passauers Dechanten Behaim aus italienischem Papier ist die älteste deutsche Papierhandschrift 1268 In Italien (Fabriano) wird Papier hergestellt (eventuell auch erst 1276) 1283 Papiermühle in Treviso 1293 Papiermühle in Bologna 1390 Deutschlands erste Papiermühle, die Gleismühl wurde von Ulman Stromer in Nürnberg gegründet.
Weitere Papiermühlen waren: 1393 Ravensburg, 1398 Chemnitz, 1407 Augsburg, 1415 Straßburg, 1420 Lübeck, 1460 Wartenfels, 1468 Kempten. Bis Ende des 16. Jahrhunderts gab es etwa 190 Papiermühlen in Deutschland.1469 St. Pölten in Österreich 1494 Stevenage in England 1573 Klippan in Schweden 1575 Mexiko 1576 Moskau in Russland 1586 Dordrecht in Holland 1690 Germantown in den USA
Die Gleismühl bei Nürnberg
Die erste deutsche Papiermühle entstand 1389/1390 bei Nürnberg. Gegründet wurde die Gleismühl vom Ratsherren und Exportkaufmann Ulman Stromer. Stromer unternahm Geschäftsreisen, u. a. auch in die Lombardei und kam dort mit der Papierherstellung in Berührung. Stromer ließ Mitarbeiter und Erben einen Eid ablegen, die Kunst der Papierherstellung geheim zu halten. Die Gleismühl bestand aus zwei Werkseinheiten. Die kleinere Mühle besaß zwei Wasserräder, die größere verfügte über drei, die mit Wasserkraft angetrieben wurden. Insgesamt wurden 18 Stampfen angetrieben.
1389 bis 1394 leitete Stromer selbst die Papiermühle und verpachtete sie dann gegen eine Pacht von „30 Ries gross Papier“ an Jörg Tirman, seinen Mitarbeiter. Die Schedelsche Weltchronik von 1493 zeigt sie als früheste Darstellung einer Papiermühle auf der Darstellung der Stadt Nürnberg. Die Gleismühl brannte später ab
Vorkolumbisches Amerika
Auch schon im vorkolumbischen Amerika war Pflanzen-Papier bekannt. Bei den Maya hieß dieses Papier Huun und bei den Azteken Amate.
Herstellung und Vermarktung
Unabhängig von der Faserart kann Papier in Handarbeit oder maschinell hergestellt werden.
Papier besteht hauptsächlich aus Zellulosefasern, die wenige Millimeter bis zu einigen Zentimeter lang sind. Die Zellulose wird zunächst weitgehend freigelegt, also von Hemicellulosen, Harzen und anderen Pflanzenbestandteilen getrennt. Der so gewonnene Zellstoff wird mit viel Wasser versetzt und zerfasert. Diesen dünnen Brei nennt der Papiermacher „Stoff“. Wenn dieser in einer dünnen Schicht auf ein feines Sieb gegeben wird, enthält er einen Wassergehalt von über 99 %. Ein Großteil des Wassers tropft ab. Das Sieb muss bewegt werden, so legen sich die Fasern aneinander und bilden ein Vlies, das Papierblatt. Wenn das Papier getrocknet ist, kann die Oberfläche mit Hilfe von Stärke, modifizierter Zellulose (z. B. CMC) oder Polyvinylalkohol geglättet werden (gestrichene Papiere).
Wird auf dieses Sieb ein Muster aus Draht angebracht, lagern sich an dieser Stelle weniger Fasern ab und das Muster ist beim fertigen Papier zumindest in Gegenlicht als Wasserzeichen zu erkennen.
Geschichte der Papierherstellung
In Japan verfeinerte man die Technik und setzte dem Faserbrei Pflanzenschleim der Wurzel des Abelmoschus manihot zu. Die Fasern waren nun gleichmäßiger verteilt, es traten keine Klümpchen mehr auf. Dieses Papier bezeichnet man als Japanpapier.
Zunächst wurde Papier mit dem schwimmenden Sieb geschöpft. Das Bodengitter des Siebes war fest mit dem Rahmen verbunden. Jedes geschöpfte Blatt musste im Sieb trocknen und konnte erst dann herausgenommen werden. Entsprechend viele Siebe waren nötig. Diese Technik gelangte um das Jahr 300 zu den Thai.
Um das Jahr 600 gelangte die weiter entwickelte Technik des Schöpfens mit dem Schöpfsieb nach Korea und später nach Japan. Bei dem Schöpfsieb kann der Rahmen vom Sieb gelöst werden. Das frisch geschöpfte Blatt kann feucht entnommen und zum Trocknen ausgelegt werden. Diese Technik wird heute noch bei handgeschöpftem Papier verwendet. Daraus ergibt sich, dass das Schöpfsieb in der Zeit zwischen 300 und 600 erfunden wurde.
Der Prozess der Papierherstellung besteht aus rund 60 Arbeitsschritten.
Die benötigten Zellstofffasern wurden bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts aus abgenutzten Leinentextilien gewonnen (Lumpen, Hadern (von althochdt. hadara, „Schafspelz“)) gewonnen. Lumpensammler und -händler versorgten die Papiermühlen mit dem Rohstoff. Lumpen waren zeitweise so begehrt und rar, dass für sie ein Exportverbot bestand, welches auch mit Waffengewalt durchgesetzt wurde. In den Papiermühlen wurden die Hadern in Fetzen geschnitten, manchmal gewaschen, einem Faulungsprozess unterzogen und schließlich in einem Stampfwerk zerfasert. Das Stampfwerk wurde mit Wasserkraft angetrieben.
Die Rohstoffaufbereitung erfolgte noch im 17. Jahrhundert in handwerklich organisierten Betrieben sowie teilweise in größeren Manufakturen mit einen höheren Grad der Arbeitsteilung. Im frühen 18. Jahrhundert wurden halbmechanische Lumpenschneider eingeführt, die zunächst nach dem Fallbeilprinzip sowie später nach dem Scherenprinzip arbeiteten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging man dazu über, die Hadern statt des Faulens und Reinigens mit Chlor zu bleichen. Der Verlust an Fasern war so geringer, es konnten außerdem auch farbige Stoffe verarbeitet werden.
Aus dem dünnen Papierbrei (Stoff) in der Bütte (= Bottich, daher der Name des Büttenpapiers) schöpfte der Papiermacher das Blatt mit Hilfe eines sehr feinmaschigen, flachen, rechteckigen Schöpfsiebes aus Kupfer von Hand. Das Schöpfsieb zeichnet sich durch einen abnehmbaren Rand, den Deckel aus. Die Größe des Papierbogens wurde von der Größe des Siebes bestimmt. Nun drückte der Gautscher den frischen Bogen vom Sieb auf ein Filz ab, während der Schöpfer den nächsten Bogen schöpfte. Nach dem Gautschen wurden die Bögen in großen trockenen Räumen, vornehmlich auf Speichern und Dachböden, zum Trocknen aufgehängt. Anschließend wurde das Papier nochmals gepresst, geglättet, sortiert und verpackt. Handelte es sich um Schreibpapier, wurde es geleimt. Dazu wurde es in Leim getaucht, gepresst und getrocknet. Der Leim hindert die Tinte am Verlaufen. Bei Handarbeit, die heute in der Regel nur bei Fasern - und somit Papier - hoher Qualität angewendet wird, nehmen die Fasern keine bevorzugte Richtung ein (Isotropie).
Der moderne technische Durchbruch begann sich mit der Erfindung des Holländers um 1670 abzuzeichnen. Es handelt sich um eine Maschine, die den Faserbrei (Pulpe), der das Ausgangsmaterial für jede Papierherstellung ist, nicht mehr aus Lumpen, sondern überwiegend alten Seilen, Schiffstauen und Fischernetzen gewinnt. Diese sehr festen Materialien wurden zunächst in der Kapperij, einem Stampfwerk mit wenigen Stempeln und scharfen Schneidmessern, zerkleinert und dann in einem Kollergang weiter zerkleinert. Der Holländer wurde in deutschen Papiermühlen ab etwa 1710 eingesetzt.
Papiermacher
Ein Papiermacher ist ein Handwerker, der Papier herstellt, in der Regel in einer Papiermühle mit entsprechenden Produktionseinrichtungen.
In der größten Zahl der Fälle hat jeder leitende Papiermüller ein Wasserzeichen verwendet, das allein für seine Wirkungszeit typisch war. Da die Papiermacher ein Sonderberuf mit einer ausgeprägten Berufstradition innerhalb bestimmter Familien waren, so ergänzen sich genealogische und Wasserzeichenforschung gegenseitig. Aus diesem Grunde ist das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in der Deutschen Bücherei in Leipzig zugleich Standort einer Papiermacherkartei (siehe Verkartung), in der die Daten von über 8.000 Papiermachern, Papiermühlenbesitzern, Lumpensammlern und Papierhändlern samt ihren Familien erfasst worden sind und einer Kartei der Papiermühlen mit den Papiermachern, die jemals auf ihnen erwähnt worden sind.
Industrialisierung
Der Mangel an Lumpen (Hadern), die für die Papierherstellung notwendig waren, wurde zum Engpass der Papierherstellung. Deshalb suchte man bereits um 1700 nach Alternativen für die Hadern. Der französische Physiker René Antoine Ferchault de Réaumur schrieb 1719 der französischen Akademie der Wissenschaften in Paris:
- „Die amerikanischen Wespen bilden ein sehr feines Papier, ähnlich dem unsrigen. Sie lehren uns, dass es möglich ist, Papier aus Pflanzenfasern herzustellen, ohne Hadern oder Leinen zu brauchen; sie scheinen uns geradezu aufzufordern zu versuchen, ebenfalls ein feines und gutes Papier aus gewissen Hölzern herzustellen. Wenn wir Holzarten ähnlich denen besäßen, welche die amerikanischen Wespen zu ihrer Papierherstellung benutzen, so könnten wir das weißeste Papier herstellen.“
Jacob Christian Schäffer führte umfassende Experimente durch, um Papier aus Pflanzenfasern oder Holz zu gewinnen; in sechs Bänden beschrieb er zwischen 1765 und 1771 seine Versuche und Muster, ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatze derselben, Papier zu machen. Seine Verfahren zur Papierherstellung aus Pappelwolle, Moos, Hopfen, Weinreben, Disteln, Brennnesseln, Kartoffelpflanzen, Torf, Tannenzapfen und Sägespänen ergaben aber kein qualitativ gutes Papier und wurden deshalb von den Papiermüllern nicht verwendet.
1798 erhielt der Franzose Nicolas-Louis Robert ein Patent auf eine Längssiebmaschine, die eine maschinelle Fabrikation des Papiers ermöglichte. Bei dieser Papierschüttelmaschine wurde das Schöpfen des Papierbreis durch dessen Aufgiessen auf ein rotierendes Metallssieb ersetzt.
Friedrich Gottlob Keller erfand Anfang Dezember 1843 das Verfahren zur Herstellung von Papier aus Holzschliff, wobei er auf einem Schleifstein Holz in Faserquerrichtung mit Wasser zu Holzschliff verarbeitete, das zur Herstellung von qualitativ gutem Papier geeignet war. Er verfeinerte das Verfahren bis zum Sommer 1846 durch die Konstruktion von drei Holzschleifermaschinen. Am 11. Oktober 1845 ließ er eine Reihe von Exemplaren der Nummer 41 des Intelligenz- und Wochenblattes für Frankenberg mit Sachsenburg und Umgebung auf seinem Holzschliffpapier drucken.
Die industrielle Auswertung seiner Erfindung blieb Friedrich Gottlob Keller versagt, da ihm die Geldmittel zur technischen Erprobung und die Patentierung des Verfahrens vom Sächsischen Ministerium des Inneren verweigert wurden. So übertrug er am 20. Juni 1846 die Rechte zur Nutzung des Verfahrens gegen ein geringes Entgelt an den vermögenden Papierfabrikanten Heinrich Voelter, der das Kellersche Holzschliffverfahren weiterentwickelte, in die Praxis einführte und durch die Entwicklung von Hilfsmaschinen zur großtechnischen Nutzung gebracht hat.
Seit etwa 1850 wurde der Holzschleifer eingesetzt, mit der die Papierherstellung aus dem preiswerten Rohstoff Holz im industriellen Maßstab möglich wurde; um 1879 arbeiteten allein in Deutschland rund 340 solcher Holzschleifereien.
Die Holzschliffpapiere erwiesen sich aufgrund von Säureresten aus dem Prozess der chemischen Aufschließung durch saures Ammoniumsulfit u. ä. als problematisch; mittel- und langfristig bildet sich im Papier Schwefelsäure, die das Papier braun und brüchig werden lässt oder es gänzlich zerstören kann; daher wird seit den 1980er Jahren für den Druck hochwertiger Publikationen überwiegend ein teureres, aber auch dauerhafteres säurefreies Papier verwendet.
Da die Lebensdauer der auf dem säurehaltigem Papier hergestellten Bücher und Archivalien sehr begrenzt ist, müssen die Archivbestände auf säurefreies Papier umkopiert oder aber in speziellen Geräten entsäuert werden. So hat das Holzschliffpapier nicht nur einen Nutzen für die kostengünstige Herstellung von Papier gebracht, sondern auch einen großen Schaden für die schriftliche Überlieferung des 19. und 20. Jahrhunderts.
Industrielle Herstellung
Rohstoffe
Die für das Papier notwendigen Ausgangsstoffe kann man in vier Gruppen einteilen: Die Zellulose (Halbstoffe), die Leimung, die Füllstoffe und die Farbstoffe (Hilfsstoffe). Die Zellulose ist ein Polysaccharid der Kohlenhydrate mit der angenäherten chemischen Formel (C6H10O5)n und die häufigste organische Verbindung der Welt, aus der fast alle Zellwände von Pflanzen und Hölzern bestehen.
Zellulose kann aus Holz, in geringem Umfange Stroh, Hadern und heute etwa zur Hälfte Altpapier gewonnen werden. Zellulose besteht aus sehr vielen, kettenförmig miteinander verknüpften Glukoseresten. Die einzelnen Zellulosemoleküle sind also kettenförmige Makromoleküle, deren kleinste Glieder Glukoseeinheiten sind. Das Glukosemolekül (C6H12O6), das Monomer der Zellulose, bildet mit einem weiteren Glukosemolekül durch Lösung eines Wassermoleküls eine Zellobiose. Das Aneinanderreihen solcher Zellobiosen zu einer Kette bildet ein Zellstoffmolekül (es entsteht ein Polymer).
Die Kettenmoleküle bilden miteinander Mizellen, das sind Molekülbündel, aus denen sich die Fibrillen aufbauen. Erst eine größere Anzahl Fibrillen bilden die sichtbare Zellulosefaser. Die Molekülbündel bestehen aus kristallinen Bereichen (regelmäßige Molekül-Führung) und amorphen Bereichen (unregelmäßige Molekülführung). Die kristallinen Bereiche sind für die Festigkeit und Steifheit, die amorphen Bereiche für die Flexibilität und Elastizität des Papiers verantwortlich. Die Länge der Kette, d. h. die Anzahl der Monomere, variiert je nach Papierrohstoff und ist für die Qualität und Alterungsbeständigkeit von großer Bedeutung.
Das Fasermaterial zur Papierherstellung nennt der Papiermacher Halbstoff.
Zu 95 % wird Papier heute aus Holz (Holzstoff) hergestellt. Faserbildung und Härte des Holzes spielen bei der Auswahl als Papierrohstoff eine Rolle, nicht jedes Holz ist geeignet. Als besonders geeignet gelten Nadelhölzer wie Fichte, Tanne, Kiefer und Lärche und Laubhölzer wie Buche, Pappel, Birke und Eukalyptus.
Die Verfügbarkeit und die regionalen Gegebenheiten bestimmen, welche Holzart als Primärrohstoff eingesetzt wird. Schnellwüchsige Hölzer, wie z. B. Pappeln kommen dem großen Bedarf entgegen. Zellstoffe aus Laubhölzern haben kürzere und dünnere Fasern als jene aus Nadelhölzern. Entsprechend den späteren Anforderungen an das Papier werden unterschiedliche Mischungen von diesen Kurzfaser- und Langfaserzellstoffen eingesetzt. Während für die Herstellung von graphischen Papieren hohe Anteile von Laubholz verwendet werden, um eine möglichst gleichmäßige Formation zu erreichen, wird für Zeitungsdruckpapiere überwiegend Holzstoff aus Nadelholz verwendet, da dieses eine höhere Reißfestigkeit besitzt. Alle zellulosehaltigen Stoffe sind grundsätzlich zur Papierherstellung geeignet. Zunehmend ist die Bedeutung von Altpapier als Rohstoff. Stroh und Papierabfälle werden in geringen Mengen für weniger wertvolle Papiersorten eingesetzt. Der früher wichtigste Rohstoff, die Hadern (Lumpen), finden heute nur noch in verschwindend geringen Mengen Verwendung.
Einen Anteil von etwa 65 % hat der Sekundärrohstoff Altpapier an den heute in Deutschland eingesetzten Rohstoffen für Papier, Pappe und Kartonagen. Da Altpapier bereits einmal zu Papier verarbeitet wurde, enthält es viele Zusatzstoffe und wurde bereits gemahlen. Die Fasern werden durch die erneute Verarbeitung zu Papier weiter geschädigt, der Anteil der Zusatzstoffe im Verhältnis zu den Faserstoffen nimmt weiter zu.
In Europa und Amerika werden vor allem Weizen und Roggen zur Strohfasergewinnung genutzt, aber auch Grassorten aus Nordafrika (Alfa- und Espartogras) können verwendet werden. In Japan verwendet man auch heute noch Reisstroh, in Indien den schnellwachsenden Bambus.
Für besonders wertvolle, dauerhafte und stark beanspruchte Papiere werden auch heute noch in geringem Umfang Hadern verwendet.
Aufbereitung von Halbstoff
Mechanische Aufbereitung
- Weißer Holzstoff entsteht aus geschliffenen Holzstämmen. Dazu werden geschälte Holzabschnitte mit viel Wasser in Vier-Pressen-Schleifern oder Stetigschleifern zerrieben. (vgl. Holzschleifer) Im gleichen Betrieb wird die stark verdünnte Fasermasse zu Papier verarbeitet oder zum Versand in Pappenform gebracht. Dies geschieht mit Entwässerungsmaschinen.
- Brauner Holzstoff entsteht, wenn Stammabschnitte in großen Kesseln erst gedämpft und dann geschliffen werden.
- Thermomechanischer Holzstoff entsteht aus gehäckselten Holzabfällen und Hackschnitzeln aus Sägereien. Diese werden im TMP-Verfahren (Thermomechanisches-Refiner-Verfahren) bei 130 °C gedämpft. Die Lignin-Verbindungen zwischen den Fasern lockern sich dadurch. Anschließend werden die Holzstücke in Refinern (Druckmahlmaschinen mit geriffelten Mahlscheiben) und Zusatz von Wasser gemahlen. Thermomechanischer Holzstoff hat im Vergleich zum Holzschliff eine gröbere Faserstruktur. Werden außerdem Chemikalien zugesetzt, handelt es sich um das chemo-thermomechanische Verfahren (CTMP). Durch rein mechanische Verfahren gewonnener Holzstoff besteht nicht aus den eigentlichen Fasern, sondern aus zerriebenen und abgeschliffenen Faserverbindungen, diese werden verholzte Fasern genannt. Um die elementaren Fasern zu gewinnen ist eine chemische Aufbereitung des Holzes notwendig.
Chemische Aufbereitung
Holzschnitzel werden in einem Kochprozess chemisch behandelt. Die Fasern werden durch zwölf- bis fünfzehnstündiges Kochen von den Inkrusten, den unerwünschten Holzbestandteilen, Begleitstoffen von Zellulose getrennt. Chemisch betrachtet besteht Holz aus:
- 40 % bis 50 % Zellulose
- 10 % bis 55 % Hemizellulose
- 20 % bis 30 % Lignin
- 6 % bis 12 % sonstigen organischen Stoffen
- 0,3 % bis 0,8 % anorganischen Stoffen
Es gibt Natron-, Sulfit- und Sulfatverfahren, die nach den eingesetzten Kochchemikalien unterschieden werden. Das Organocell-Verfahren ist eine neue Entwicklung. Vor allem enthaltenes Restlignin färbt den Zellstoff nach dem Kochen gelblich bis braun, er muss also gereinigt und gebleicht werden. Restlignin und andere unerwünschte Stoffe werden beim Bleichen herausgelöst, chemische Aufhellung beseitigt Verfärbungen. Der gebleichte Zellstoff (Zellulose) wird entwässert. Er wird nun zu entweder direkt zu Papier verarbeitet oder zu Rollen aufgewickelt. Die Ausbeute ist bei der Zellstoffherstellung geringer als bei der Holzstoffherstellung. Zellstofffasern aber haben den Vorteil, dass sie länger, fester und geschmeidiger sind. Aus Nadelholz gewonnene Zellstofffasern sind ca. 2,5 mm bis 4 mm lang, aus Laubholz gewonnene sind etwa 1 mm lang. Der größte Teil, ca. 85 % des benötigten Zellstoffs, vor allem Sulfatzellstoff, werden aus den skandinavischen Ländern, USA und Kanada importiert. Sulfatzellstoff ist im Vergleich zu Sulfitzellstoff langfaseriger und reißfester, somit wird er hauptsächlich für die Herstellung hochweißer Schreib- und Druckpapiere verwendet. Sulfitzellstoff findet überwiegend Verwendung bei der Herstellung weicher Hygienepapiere.
Der Faserstoff muss gebleicht werden, damit daraus weißes Papier entstehen kann. Traditionel wird der Zellstoff mit Chlor gebleicht. Das führt jedoch zu einer hohen Belastung der Abwässer mit organischen Chlorverbindungen (AOX). Modernere Verfahren ersetzten Chlor durch Chlordioxid und man erhält ECF-Zellstoffe (elemental chlorine free). Aufgrund der höheren Oxidationswirkung und der besseren Selektivität von Chlordioxid sinkt die AOX Belastung um 60-80%. Wird vollständig auf Chlorverbindungen verzichtet und Sauerstoff, Ozon,Peroxoessigsäure und Wasserstoffperoxid verwendet wird der Zellstoff mit TCF (total chlorine free) bezeichnet. Papier aus ECF-Zellstoffen wird als chlorarm bezeichnet, (es sind noch Chlorverbindungen) vorhanden. Chlorarme Druckpapier sind in hochweißer Qualität schon ab einer Flächenmasse von 51 g/m² herstellbar, chlorfreie erst ab 80 g/m².
TCF-Zellstoff hat eine geringere Faserfestigkeit als chlorgebleichter oder ECF. Da er jedoch umweltverträglicher ist, setzt er sich zunehmend durch. Vorwiegend aus Holzstoff hergestelltes Papier nennt man holzhaltig, im Handel mittelfein, da Lignin, Harze, Fette und Gerbstoffe im Faserbrei verbleiben, sind sie von geringerer Qualität als holzfreie Papiere.
Organocell-Verfahren
Das Organocell-Verfahren dient der schwefelfreien und damit umweltfreundlicheren Zellstoffproduktion. In mehreren Kochstufen werden die Holzschnitzel in einem Methanol-Wasser-Gemisch unter Zusatz von Natronlauge bei Temperaturen von bis zu 190 °C unter Druck aufgeschlossen. Dabei lösen sich Lignin und Hemizellulose. Es folgen verschiedene Waschstufen, in denen der Zellstoff von der Kochflüssigkeit befreit wird sowie Bleichen und Entwässern.
Der Zellstoff wird in drei Stufen gebleicht:
- im alkalischen Milieu mit Sauerstoff unter Verwendung von Wasserstoffperoxid
- mit Wasserstoffperoxid oder Chlordioxid
- mit Wasserstoffperoxid
Methanol und Natronlauge, die Kochchemikalien werden in einem Recyclingverfahren, welches parallel zur Zellstoffproduktion abläuft zurückgewonnen. Es werden schwefelfreies Lignin und schwefelfreie Hemizellulose gewonnen, die von der chemischen Industrie verwendet werden können.
Strohzellstoff
Durch Zerkleinern und Kochen in Natronlauge wird aus Stroh der Halbstoff Strohzellstoff oder, bei anderer Aufbereitung, gelber Strohstoff.
Kugelkocher und Pulper
Im Kugelkocher werden Hadern gekocht. Dazu werden sie zunächst sortiert, im Haderndrescher gereinigt. Mit Kalklauge und Soda werden die Hadern unter Dampfdruck von 3 bar bis 5 bar im Kugelkocher gekocht. Dabei werden Farbstoffe zerstört, Fett verseift und Schmutz gelöst. Während des mehrstündigen Kochens lockert sich das Gewebe der Hadern und sie lassen sich anschließend leicht zu Halbstoff zerfasern.
Der Pulper (Stoffauflöser) ist eine Bütte mit rotierendem Propeller. In ihm wird nach Güteklassen sortiertes, zu Ballen gepresstes Altpapier mit viel Wasser zerkleinert und mechanisch aufgelöst. So werden die Fasern des Altpapiers geschont. Ein Arbeitsgang, der früher häufig mit dem Kollergang durchgeführt wurde. Der pumpfähige Faserbrei ist noch verunreinigt. Er gelangt im Pulper in einen Zylinder und wird von einem Rotor zerfasert. Dann wird der grob gelöste Stoff durch ein Sieb gedrückt. In Folge der Zentrifugalkraft werden grobe Verunreinigungen ausgeschieden. An der Zylinderachse sammelt sich der leichte Schmutz. Weitere Fremdstoffe wie Wachse und Druckfarben werden in Spezialanlagen herausgelöst.
De-inking (Entfärbung) von Altpapier
Druckfarben werden mit Hilfe von Chemikalien (Seifen und Natriumsilicat) von den Fasern des Altpapiers gelöst. Durch Einblasen von Luft bildet sich an der Oberfläche des Faserbreis Schaum in welchem sich die Farbbestandteile sammeln und abgeschöpft werden können. Dieses Trennverfahren nennt man Flotation.
Aufbereitung zum Ganzstoff
Der Halbstoff wird durch Mahlung und Mischung zum Ganzstoff verarbeitet. Die Halbstoffe werden in Refinern (Kegelstoffmühle) weiter zerfasert. Als dicker Brei fließt das Halbfertigprodukt im Refiner zwischen einer Messerwalze und seitlich befestigten Grundmessern hindurch. Die Faser werden dabei zerschnitten (rösche Mahlung) oder zerquetscht (schmierige Mahlung), je nach Einstellung der Messer. Die Enden der gequetschten Fasern sind fibrilliert (ausgefranst), was bei der Blattbildung zu einer besseren Verbindung der Fasern führt.
- Weiche, voluminöse, saugfähige und samtige Papiersorten entstehen aus rösch gemahlenen Fasern, z. B. Löschpapier.
- Schmierig gemahlene Fasern führen zu festen harten Papieren mit geringer Saugfähigkeit und wolkiger oder gleichmäßiger Transparenz z. B. transparentes Zeichenpapier aber auch Urkunden- Banknoten- und Schreibmaschinenpapier.
Außerdem können die Fasern bei der Mahlung lang oder kurz gehalten werden, wobei die langen Fasern stärker verfilzen als die kurzen. Es ergeben sich daraus vier verschiedene Möglichkeiten der Mahlung. Faserlänge und Mahlart bestimmen Faser- und Papierqualität. Übliche Kombinationen sind rösch/lang und schmierig/kurz.
Die Messer des Refiners liegen bei der Kurzfasermahlung sehr eng aneinander, Zwischenraum ist fast keiner mehr vorhanden. Das Mischen der verschiedenen Halbstoffe sowie die Zugabe von Füll-, Leim- und Farbstoffen gehört zur Herstellung des Ganzstoffes.
Auf der Papiermaschine wird die Papierbahn gebildet. Folgende Maschinenstationen sind hintereinander geschaltet:
- Stoffauflauf
- Siebpartie
- Nasspressenpartie
- Trockenpartie
- Aufrollung
Blattbildung
Die Blattbildung findet bei der industriellen Papierproduktion auf der Papiermaschine statt. Der Papierbrei, welcher zu 99 % aus Wasser besteht, fließt nach mehrfacher Reinigung aus der Vorratsbütte auf die Siebpartie der Langsiebpapiermaschine. Auf dem endlosen Sieb, welches den Papierbrei transportiert, läuft ein sehr großer Teil des Wassers ab und die Papierstruktur entsteht. Soll das Papier ein Wasserzeichen enthalten, ist dieses in das Sieb eingearbeitet. Maschinell gefertigtes Papier hat zwei verschiedene Seiten: Die Siebseite und die glatte Filz- oder Schönseite. Bei Papieren aus maschineller Produktion verlaufen fast alle Fasern in eine Richtung (vgl. Laufrichtung). Unter dem Sieb angebrachte Sauger tragen zur Entwässerung des Faserstoffs bei. Am Ende des Siebes erreicht die weiche Papierbahn den Filz der ersten Saugpresse/Gautschpresse. In der Nasspresse wird das Papier weiter mechanisch entwässert. Der Nassfilz nimmt das ausgepresste Wasser auf. In der Trockenpartie findet die endgültige Entwässerung statt. Hier läuft die Papierbahn durch eine Anzahl dampfbeheizter Hohlzylinder (Trockenzylinder) und wird anschließend geglättet und aufgerollt.
Der Papierbrei enthält außerdem:
- Füllstoffe
- Neben den Faserstoffen werden bis zu 30 % Füllstoffe dem Ganzstoff hinzugefügt. Diese können sein:
- Durch das Ausfüllen der Zwischenräume zwischen den Fasern machen die Füllstoffe das Papier weicher und geschmeidiger und geben ihm eine glatte Oberfläche.
- Die Zusammensetzung der Füllstoffe bestimmt Transparenz und Opazität eines Papieres sowie die Farbaufnahme beim Druck. Für die Tintenfestigkeit dagegen ist Leim notwendig.
- Farbstoffe
- Auch weiße Papiere enthalten Farbstoffe, die in unterschiedlichen Mengen zugesetzt werden. Auch optische Aufheller zählen zu den Farbstoffen. Es werden vor allem Teerfarbstoffe verwendet.
- Leimstoffe
- Leim macht das Papier beschreibbar, weil es weniger saugfähig und weniger hygroskopisch bzw. hydrophob wird. Als Leimung bezeichnet man daher in der Papiermacherei die Hydrophobierung der Faser. Die Leimstoffe sind chemisch modifizierte Baumharze in Kombination mit Alaun oder Polymere auf Basis von Acrylaten oder Polyurethanen. Heute wird neben verschiedenen Harzen auch häufig ASA (Alkenyl Succinic Acid =alkyliertes Bernsteinsäureanhydrit) und alkylierte Ketendimere (AKD) zur Leimung von Papier eingesetzt. Die früher häufig verwendete saure Leimung mit Harzsäuren und Alaun ist der Hauptgrund dafür, dass so geleimte Papiere zerstört werden, da das Alaun Schwefelsäure freisetzen kann, die wiederum die Cellulose zerstört. Heute wird die Leimung im neutralen oder schwach alkalischen pH-Bereich durchgeführt.
- Eine prinzipielle Unterscheidung wird bei der Leimung zwischen der sog. Masseleimung und der Oberflächenleimung getroffen. Bei der Masseleimung wird das Leimungsmittel schon in die Flotte zugegeben, bei der Oberflächenleimung wird das schon fertige Papier beschichtet. Harze, AKD und ASA sind Masseleimungsmittel, polymere Leimungsmittel sind Oberflächenleimungsmittel
- Nassfestmittel
- Unbehandeltes Papier wird mechanisch sehr unbeständig, wenn es feucht oder nass wird. Um auch im nassen Zustand eine gewisse mechanische Festigkeit zu erhalten, werden dem Papier bei der Herstellung Naßfestmittel zugesetzt. Küchenkrepp dürfte das bekannteste Papier dieser Klasse sein, aber auch Kartons Landkartenpapiere, Papier für Geldnoten enthalten große Mengen Naßfestmittel. Naßfestmittel sind wasserlösliche Polymere, die aus Polyaminen und Epichlorhydrin hergestellt werden und mit dem Papier reagieren. Dabei bilden sich quervernetzungen zwischen den Fasern, die den Papierfilz stabilisieren.
Gestrichenes Papier
Der Herstellung von Papier folgt oft die Veredelung in der Streichmaschine. Die Streichfarbe setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen. Mögliche Elemente sind: hochweißes Kaolin, Kalziumcarbonat, natürliche oder synthetische Bindemittel, Rheologiehilfsmittel und Funktionshilfsmittel.
In der Streichmaschine wird die Streichfarbe im Überschuss mit einer Geschwindigkeit von bis zu 85 km/h durch ein Düsenauftragswerk auf das Papier aufgetragen. Für die optimale Verteilung der Streichfarbe sorgt ein Streichmesser (dynamic blade) mit einer besonderen Klingengeometrie und einem lasergesteuerten Durchbiegungsausgleich des Schaberbalkens. So wird das richtige Streichgewicht erreicht. Für manche Tiefdruckpapiere reicht 1 Teelöffel Streichfarbe zur Veredelung von 1 m² Rohpapier.
Zählmaße und Formate
1877 wurden in Deutschland die Zählmaße dezimal festgelegt:
- 1 Heft = 10 Bogen
- 1 Buch (B) = 10 Heft = 100 Bogen
- 1 Rieß, Ries = 10 Buch = 1 000 Bogen
- 1 Ballen = 10 Rieß = 10 000 Bogen
- 1 Pack = 15 Ballen = 150 000 Bogen
Heute ist ein Ries nach DIN 6730 immer 500 Blatt Papier.
Die bekanntesten international genormten Papierformate sind diejenigen der A-Reihe; in einigen Ländern wie den Vereinigten Staaten und Kanada werden andere Formate verwendet.
Produzenten
Das bei weitem bedeutendste Herstellerland für Papier und Pappe sind die Vereinigten Staaten, gefolgt von China, Japan und Kanada. In Europa sind die drei wichtigsten Produzenten Deutschland, Finnland und Schweden.
Rang | Land | Produktion (in Mio. t) |
Rang | Land | Produktion (in Mio. t) |
|
---|---|---|---|---|---|---|
1 | USA | 80,8 | 11 | Brasilien | 7,8 | |
2 | China | 37,9 | 12 | Indonesien | 7 | |
3 | Japan | 30,5 | 13 | Großbritannien | 6,5 | |
4 | Kanada | 20,1 | 14 | Russische Föd. | 6,3 | |
5 | Deutschland | 19,3 | 15 | Spanien | 5,4 | |
6 | Finnland | 13,1 | 16 | Österreich | 4,6 | |
7 | Schweden | 11,1 | 17 | Indien | 4,1 | |
8 | Südkorea | 10,1 | 18 | Mexiko | 4,1 | |
9 | Frankreich | 9,9 | 19 | Thailand | 3,4 | |
10 | Italien | 9,4 | 20 | Niederlande | 3,3 | |
Quelle: Handelsblatt - Die Welt in Zahlen (2005) |
Die europäische „Pulp & Paper industry“ wächst z. Zt. ähnlich wie in den USA um durchschnittlich 2,5 % jährlich. Zahlen von cepi.org
Papiermarkt
Weltweit werden jährlich über 300 Millionen Tonnen Papier verwendet. Der Papierverbrauch pro Kopf lag im Jahr 2000 in der USA bei über 300 kg, in Westeuropa bei 200 kg und weltweit bei etwa 50 kg. In Deutschland gingen davon jeweils 30 % in Schreibpapiere und Verpackungen, 15 % in Zeitungspapiere und 25 % in Hygiene-Papiere, Pappen, Technische und Spezialpapiere.
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Grundsätzlich ist bei allen Messungen zu beachten, dass die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur einen sehr großen Einfluss auf die Messwerte haben. Deshalb findet die Messung immer in Klimaräumen mit einem nach ISO-Normen festgelegten Normklima (23 °C, 50 % Luftfeuchtigkeit) statt. Meist wird die Papierprobe vor der Messung 24 Stunden lang in dem Raum gelagert, um sie zu akklimatisieren. Da die Messungen von der Flächenmasse (g/m²) des Papieres abhängen, werden sogenannte Laborblätter mit einer nach ISO-Norm festgelegten Flächenmasse verwendet.
Die tatsächliche Dichte von normalem Schreibpapier wird zumeist in der Größenordnung zwischen 700 und 1200 kg/m³ angegeben. Empirische Messungen an Fotokopierpapier in Büroqualität (80g/m²) haben bei Normalbedingungen einen Wert von etwa 800 kg/m³ ergeben. Damit ist ein Blatt knapp ein zehntel Millimeter dick.
Zugfestigkeit
Die Zugfestigkeit ist einer der zentralen physikalischen Werte bei der Papierherstellung, bei Kraftpapier ist sie sogar der wichtigste Wert. Die Maßeinheit der Zugfestigkeit ist N·m/g. Da die Zugfestigkeit vorwiegend von der Flächenmasse abhängt, wird tatsächlich der Zugfestigkeitsindex mit der Maßeinheit: kN/m verglichen.
Zur Bestimmung dieses Wertes wird eine Zerreißprobe gemacht. Dazu werden Papierstreifen einer genormten Länge und Breite mechanisch eingespannt, der sogenannte Reißapparat zieht die Probe auseinander und zeichnet die benötigte Kraft auf. Die im Moment des Zerreißens benötigte Kraft ist die Zugfestigkeit. Um einen Durchschnittswert zu erhalten, werden meist 10 Streifen zerrissen, wovon 5 längs der Laufrichtung und 5 quer zur Laufrichtung der Papiermaschine genommen werden. Als Nebenprodukt dieser Messung werden noch die Bruchdehnung und die Zugbrucharbeit ermittelt. Die Bruchdehnung wird in Prozent angegeben und gibt an, um wieviel Prozent der Papierstreifen sich im Moment des Bruchs verlängert. Die Zugbrucharbeit wird in J/m² angegeben und ist die aufgewendete Zugkraft pro Papierfläche.
Spezifischer Weiterreißwiderstand
Die Maßeinheit des spez. Weiterreißwiderstandes ist mN·m²/g. Diese Maßeinheit gibt an, wie leicht ein Papier, das bereits eingerissen ist, weiterreißt. Dazu wird das Papier mit einem Schnitt versehen und in das Reißfestigkeitsprüfgerät (nach Elmendorf) eingespannt. Durch einen Knopfdruck wird ein blockiertes Pendel ausgelöst, welches die Probe im Zuge der Pendelbewegung zerreißt und dabei die Kraft misst.
Berstwiderstand
Der Berstwiderstand gibt die benötigte Kraft an, um ein Papier zum Bersten zu bringen. Die Maßeinheit des Berstwiderstandes lautet kPa. Dazu wird das Normblatt in den Prüfapparat eingespannt und eine Membran mit genormter Fläche drückt mit ansteigender Kraft gegen das Papier. Die Kraft die beim Durchstoßen des Papiers aufgewendet wird, ist der Berstwiderstand.
Porosität
Die Porosität gibt an wie viel Luft ein Papier durchlässt. Die Maßeinheit der Porosität lautet Gurley. Dazu wird das Normblatt in den Prüfapparat eingespannt und der Prüfapparat drückt 100 mL Luft mit 1,23 kPa durch eine Prüffläche von 6,42 cm² und misst die dafür benötigte Zeit. Eine Zeitdauer von einer Sekunde entspricht dabei einem Gurley.
Laufrichtung
Während bei der Papierherstellung von Hand die Fasern gleichmäßig in allen Richtungen liegen, tritt bei der maschinellen Papierherstellung, die auf einem Endlossieb erfolgt, eine (teilweise) Ausrichtung der Fasern längs des Bandes auf. Man spricht von der Laufrichtung des Papiers und unterscheidet zwischen der Maschinenrichtung (in Laufrichtung) und der Querrichtung (quer zur Laufrichtung). Man spricht dabei auch von Schmalbahn (Long Grain) und Breitbahn (Short Grain) Angabe in Katalogen und auf Riesetiketten: Das Maß quer zur Laufrichtung wird unterstrichen oder fett ausgezeichnet oder zuerst genannt. Üblich sind auch die Abkürzungen SB (Schmalbahn)und BB (Breitbahn) oder ein Pfeil, der die Laufrichtung markiert.
In Abhängigkeit von der vorherrschenden Faserrichtung beeinflussen Feuchtigkeit, Temperatur und Alterung das Papier. Bei einer ungleichmäßigen Ausrichtung ändert somit jede Karte im Laufe der Zeit und mit dem Wechsel der Witterung bzw. des Raumklimas ihren genauen Maßstab unterschiedlich in den beiden Richtungen. Nur durch spezielle bzw. geschichtete Papiersorten kann dieser Effekt bei maschinell produzierten Papieren verringert werden.
Bei der Herstellung von Büchern (und anderen gebundenen Gegenständen) ist darauf zu achten, dass die Laufrichtung aller Seiten (und des Buchdeckels) parallel zum Buchrücken verläuft, da Papier sich immer quer zur Laufrichtung ausdehnt. Andernfalls bricht das Buch leicht an der Bindung auseinander bzw. lässt sich schlecht durchblättern.
Durch das Aufeinanderkleben mehrerer Papierschichten abwechselnder Laufrichtung erhält man sehr starres Papier (vergleichbar zum Sperrholz), wie beispielsweise der mindestens dreilagige Bristol-Karton.
Alterungsbeständigkeit
Die Anforderungen bezüglich der Alterungsbeständigkeit von Büchern sind in den sogenannten Frankfurter Forderungen der Deutschen Bibliothek und der Gesellschaft für das Buch, sowie in der US-Norm ANSI/NISO Z 39.48-1992 und ISO-Norm 9706 fixiert.
Verwendung
Beschriftung
Beim Beschriften wird ein Farbstoff (z. B. Tinte, Toner und Druckfarbe) mit einem Gerät auf Papier aufgetragen. Dies kann von Hand mit einer Schreibmaschine, einem Füllfederhalter, einem Bleistift oder einem Federkiel geschehen. Seit der Erfindung des Buchdrucks gibt es Maschinen, die einen Text seitenweise auf Papier übertragen können. Dies ist mit einer Druckmaschine millionenfach und z. B. mit einem Laserdrucker für nur wenige Seiten möglich. Während zu Anfangs noch der zur Verfügung stehende Rohstoff die Eigenschaften des Papiers bestimmte, kann heute Papier den Anforderungen angepasst werden. Bilderdruckpapier zum Kunstdruck, zum Zeitungsdruck ein billiges, reißfestes Papier und als Kopierpapier holzfreies, ungestrichenes Papier.
Bildende Kunst
Pappmaché ist ein Gemisch aus Papier, Bindemittel und Kreide oder Ton, das im 18. Jahrhundert als Ersatz für Stuck in der Innenausstattung verwendet wurde. So gab es in Ludwigslust eine Manufaktur, in der aus alten Akten Deckenverzierungen, Büsten, etc. und sogar Statuen, die wenige Monate im Freien aufgestellt werden konnten, hergestellt wurden. Heute findet man Papier im Modellbau, in der japanischen Papierfaltkunst Origami und bei Collagen und Assemblagen. Aquarellpapier für Aquarelle hat eine Flächenmasse von bis zu 850 g/m² und Fotopapier muß speziell beschichtet werden, um als Träger der Farbstoffe für z. B. Tintenstrahldrucker oder die Fotos zu dienen.
Technische und Spezialpapiere
Pappe hat eine Flächenmasse von mindestens 600 g/m² und 1,5 mm Dicke. Dünneres Material, ab 130 g/m², heißt Karton und wird vorwiegend als Kartonage verwendet. Mit einer Kunststoffbeschichtung und eventuell einer Aluminiumfolie als Zwischenlage kann sie als Getränkekarton sogar Flüssigkeiten verpacken. Die verbreitetste Pappe ist die Wellpappe, die in den vielfältigsten Sorten vorkommt. Pappe und Kartons werden vorwiegend aus Recyclingpapier produziert, da es hierbei nicht so sehr auf die Farbe des Materials ankommt. Das Papier mit der größten, relativen Zugfestigkeit wird Kraftpapier genannt. Es besteht zu beinahe 100 % aus langfaserigen Zellstofffasern von Nadelhölzern. Es wird z. B. für Papiersäcke verwendet. Es gibt Kabelisolierpapiere, Medizinische Papiere, Klebezettel, Zigarettenpapier und Thermopapiere. Papiere finden sich ebenfalls in Metallpapierkondensatoren und Elektrolytkondensatoren, wo sie als Isolator oder Träger des flüssigen Elektrolyts dienen.
Fliegen mit Papier
Es gibt Flugdrachen aus Papier in China seitdem es dieses Material gibt. Der 1783 erbaute Montgolfière, der Gebrüder Montgolfier, war ein Heißluftballon aus Leinwand, der mit einer dünnen Papierschicht luftdicht verkleidet war. Im Zweiten Weltkrieg produzierte Japan ca. 10.000 Ballonbomben aus Papier, die mit Lack gasdicht gemacht wurden und Brand- und Sprengsätzen (5 Kg bis 15 kg) über den Pazifik nach Amerika transportierten. Im Flugzeugmodellbau wird Papier als Bespannung (Spannpapier) von Tragflächen in Holm-Rippen-Bauweise und für Flugzeugrümpfe verwendet, indem es aufgeklebt, mit Spannlack getränkt und, wenn es nach dem Trocknen die nötige Oberflächenspannung hat, überlackiert wird.
Umweltaspekte
Bei der Papierproduktion ist vor allem der Verbrauch an Holz, Wasser und Energie problematisch. 10 % bis 15 % des weltweit eingeschlagenen Holzes werden zu Papier verarbeitet. Vornehmlich wird allerdings sogenanntes „Durchforstungsholz“, Sturmholz, oder Sägerestholz verwendet. Problematisch ist dies vor allem dann, wenn dafür Urwälder abgeholzt werden, wie es z. B. in Kanada und im russischen Karelien geschieht. Das Holz wird meist durch Kahlschläge “geerntet”. Dabei wird die Lebensgemeinschaft Wald zerstört, denn Tiere, Flechten und Moose können ohne schützende Bäume nicht überleben. In den großen papierproduzierenden Industrieländern steht der Begriff der nachhaltigen Forstwirtschaft (1 Baum fällen, 2 werden nachgepflanzt) mittlerweile an erster Stelle.
Kahlschläge werden meist mit Wirtschaftswäldern bepflanzt, die in der Regel aus art- und altersgleichen Bäumen bestehen und nur wenige Tier- und Pflanzenarten beheimaten. Der große Flächenbedarf für solche Forste beschleunigt das Abholzen der Primärwälder oder anderer ursprünglicher Vegetation. Zellstofffabriken in Brasilien und Indonesien etwa legen ihre Eukalyptus- und Akazienplantagen häufig auf ehemaligen Regenwaldflächen an.
Der hohe Wasserverbrauch stellte die Papierindustrie bereits vor 1900 vor Probleme. Deshalb setzten früh Bemühungen ein, den Verbrauch zu reduzieren, vor allem durch die mehrfache Nutzung des Wassers. In den Papiermühlen benötigte man - ohne jeden Wasserkreislauf - rund 1.200 Liter pro Kilogramm Papier, um 1900 waren es 600 bis 800 Liter, heute ist es zumindest technisch möglich, mit knapp 2 Litern auszukommen.
In enger Verbindung mit dem Wasserbrauch steht die Frage der Abwässer. Mit der Industrialisierung erreichten die Probleme ganz neue Dimensionen. Durch Chlorbleiche und Zellstofferzeugung fielen bisher unbekannte Schadstoffe an, und die Menge der Abwässer stieg gewaltig. Nach bundesdeutschen Vorschriften dürfen Abwässer aus Zellstofffabriken eine Belastung bis 70 Kilogramm CSB pro Tonne Zellstoff aufweisen (CSB: chemischer Sauerstoffbedarf, das heißt Menge an Sauerstoff, die zur Oxidation der organischen Verschmutzungen erforderlich ist), bei der Papierherstellung sind 2 bis 12 Kilogramm CSB pro Tonne üblich. Zum Vergleich: Seit 1997 gelten für Abwässer aus kommunalen Kläranlagen als Grenzwerte 0,075 bis 0,15 Kilogramm CSB pro Tonne, je nach Verschmutzung der ungeklärten Abwässer. Aus diesem Grund besitzen die meisten Papierfabriken eigene 3-stufige (mechanisch, biologisch, chemisch) Kläranlagen, die das eingesetzte Wasser reinigen und anschließend in den Vorfluter einleiten.
Der Energieverbrauch liegt pro Kilogramm Papier bei etwa 8 kWh Energie.
Schädlinge und Konservierung
Ein bedeutsamer tierischer Schädling ist das Silberfischchen, wobei es das Papier entweder oberflächlich frisst oder gar Löcher macht. Natürliche Gegenspieler sind der Bücherskorpion und die Speispinnen. Ein weiterer tierischer Schädling sind die Bücherläuse, die sich parthenogenetisch fortpflanzen und somit schnell massenhaft feucht gewordene Papiere befallen können. Unter den Pilzen ist der Schimmelpilz von großer Bedeutung, der beispielsweise in Folge von Wasserschäden auftreten kann. Ein wichtiger Schritt bei der Konservierung von nass gewordenem Papier ist die umgehende Gefriertrocknung.
Zur Konservierung von Papierprodukten wurden schon automatisierte Anlagen gebaut, um so „saures“ Papier zu neutralisieren und puffern und so dem Säurefraß entgegen zu wirken.
Papiermuseen
- Deutsches Museum München: Daueraustellung Papier
- Österreichisches Papiermacher-Museum, Museumsplatz 1, A-4662 Steyrermühl, Tel: 0043 7613 3951. (siehe Laakirchen)
- Rheinisches Industriemuseum Bergisch Gladbach, Papiermühle Alte Dombach, Kürtener Straße, D-51465 Bergisch Gladbach.
- Basler Papiermühle, St. Alban-Tal 35 - 37, CH-4052 Basel, Tel: 0041 - 61 - 27 29 652
- Museum für Papier, Schrift und Druck in der Schweiz. Historische Papiermühle (1453) mit Ausstellungen zu Papier, Schrift und Druck. Werkstätten in Betrieb: Papierschöpferei, Schriftguss, Maschinensatz, Setzerei, Druckerei und Buchbinderei.
- Weitere Papiermuseen
Siehe auch
Papiertheater | Papierspaltverfahren
Literatur
- Wilhelm Sandermann: Papier, eine Kulturgeschichte. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1997 ISBN 3-540-55313-4
- Sabine Schachtner: Größer, schneller, mehr: Zur Geschichte der industriellen Papierproduktion und ihrer Entwicklung in Bergisch Gladbach. Rheinland-Verlag, Köln 1996 ISBN 3-7927-1561-9
- Uwe Baufeldt, Hans Rösner, Jürgen Scheuermann und Hans Walk: Informationen übertragen und drucken, Lehr- und Arbeitsbuch für das Berufsfeld Drucktechnik. 14. Auflage, Verlag Beruf + Schule, Itzehoe 2000, ISBN 3-88013-606-8
- Lothar Göttsching (Hrsg.): Papier in unserer Welt. Econ Verlag, Düsseldorf Wien New York 1990 ISBN 3-430-13252-5
- Andreas Pingel Keuth „Papierherstellung“ Chemie in unserer Zeit 6/2005 Seite 403 - 409
- Wolfgang Walenski: Das PapierBuch. Verlag Beruf + Schule, Itzehoe 1999 ISBN 3-88013-584-3
- Victor Thiel: Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein Entwurf. In: Archivalische Zeitschrift 41/Dritte Folge 8, 1932, S. 106-151
Weblinks
- Industriemuseum „Alte Dombach“ in Bergisch Gladbach, Papierherstellung
- Historische Papiermühlen mit Vorführung: Homburg und Basel
- Älteste, noch im Betrieb stehende Papiermühle des Waldviertels
- Kleine Papiergeschichte - vom Papyrus zum Papier des 20.Jahrhunderts
- Umfangreiches Papierlexikon, Papiergeschichte
- Papierherstellung als Flashanimation