Harry Liedtke

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Harry Liedtke, Fotografie (um 1922) von Alexander Binder
Harry Liedtke, Fotografie (um 1922) von Alexander Binder

Carl Harry Liedtke (* 12. Oktober 1882 in Königsberg;[1]28. April 1945 in Bad Saarow) war ein deutscher Schauspieler.

Liedtke wurde als siebtes von zwölf Kindern des Kaufmanns Wilhelm Liedtke geboren. Nach dem Tod seines Vaters wuchs er ab 1896 in einem Waisenhaus auf. Nach Besuch des Altstädtischen Gymnasiums und einer kaufmännischen Lehre arbeitete er in einer Kolonialwarenhandlung. Das Kennenlernen von Hans Oberländer, dem Königlichen Theaterintendanten in Berlin, veranlasste Liedtke Schauspielunterricht zu nehmen. Im Herbst 1904 hatte er bereits sein erstes Engagement im Stadttheater Freiberg und verschiedenen anderen Theaterhäusern. 1908 arbeitete er am New German Theatre in New York und 1909 am Deutschen Theater Berlin. 1913/14 spielte er in Mannheim am dortigen Hof- und Nationaltheater, danach am Berliner Residenz-Theater und nach kurzer Militärzeit ab 1916 wieder am Deutschen Theater.

Harry Liedtke hatte 1912 seine erste Rolle im Film Die Rache ist mein. Seine Rollen waren meist jugendliche Charmeure, Gentlemen und leichtsinnige Adlige. Er spielte anfangs in Messter-Produktionen und später mit vielen Größen des deutschen Films. Ab 1916 trat er in den Detektiv-Abenteuerreihen Stuart Webbs und Joe Deebs von Joe May auf. Mit Ernst Lubitsch entwickelte sich eine häufige Zusammenarbeit: Das fidele Gefängnis (1917), Die Augen der Mumie Ma (1918), Carmen (1918), Die Austernprinzessin (1919), Madame Dubarry (1919), Sumurun (1920) und Das Weib des Pharao (1921). In Georg Jacobys sechsteiliger Stummfilm-Reihe Der Mann ohne Namen, der ersten Verfilmung des Bestsellers Peter Voß, der Millionendieb von Ewald Gerhard Seeliger, spielte er die Titelrolle. Liedtke war ein Publikumsliebling und besonders in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre auch in zahlreichen Stummfilmoperetten erfolgreich, beispielsweise 1926 in Försterchristl und 1927 in Der Bettelstudent. In dem ansonsten noch stummen Film Ich küsse Ihre Hand, Madame mit Marlene Dietrich sang er 1929 mit der Stimme von Richard Tauber den berühmten Schlager, der dem Film den Titel gab.

1930 gründete Liedtke ein eigenes Bühnenensemble (darunter: Rudolf Klein-Rogge, Traute Carlsen, Carola Toelle, Max Landa sowie Elisabeth Markus), mit dem er unter anderem 1931 in Österreich (Baden bei Wien) gastierte.[2]

Im Nationalsozialismus war Liedtke mit Baldur von Schirach befreundet und auf der Gottbegnadeten-Liste für Schauspieler, die für die Filmproduktion benötigt wurden resp. die dem nationalsozialistischen Regime wichtig erschienen.[3]

Im Tonfilm konnte sich Liedtke nach Anfangserfolgen (Nie wieder Liebe, Der Page vom Dalmasse-Hotel) nur schwer behaupten. Sein Alter erzwang den Wechsel von Liebhaber- zu Vaterrollen. Eine schauspielerisch anspruchsvollere Rolle erhielt er erst 1942 in Heinz Rühmanns Sophienlund. Seine letzte Rolle wurde die Hauptrolle des Professor Heink in Das Konzert (1944) von Paul Verhoeven.

Liedtke war in erster Ehe von 1907 bis 1916 mit Ernestine Emmeline Johanna Proft verheiratet.[4] Von 1920 bis 1927 war er mit der Schauspielerkollegin Käthe Dorsch (1890–1957)[5] und anschließend mit der Schauspielerin Christa Tordy (1901–1945)[6] verheiratet.

Nach Besetzung von Bad Saarow durch die Rote Armee stellte sich Liedtke am 28. April 1945 in seinem Haus schützend vor seine Ehefrau Christa Tordy, welche die plündernden Sowjetsoldaten vergewaltigen wollten. Daraufhin wurde er von diesen mit einer Bierflasche erschlagen.[7]

Harry Liedtke liegt auf dem Kirchenfriedhof der Dorfkirche Pieskow in Bad Saarow-Pieskow begraben.[8]

Kreuzzug des Weibes“; Filmplakat 1926 von Lipót Sátori im Atelier Georg Pollak

In Berlin-Neukölln wurde der Harry-Liedtke-Pfad nach ihm benannt.[9]

Commons: Harry Liedtke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Landesarchiv Berlin, Geburtsregister Standesamt Königsberg\Preussen II, Nr. 1962/1882
  2. N. Calliano: Theater. In: Badener Zeitung, Nr. 78/1931 (LII. Jahrgang), 30. September 1931, S. 4 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  3. Ernst Klee: Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2007, S. 332 f.
  4. Archiv der Hansestadt Rostock, Heiratsregister Standesamt Rostock, Nr. 396/1907
  5. Landesarchiv Berlin, Heiratsregister (mit Scheidungsvermerk) Nr. 1159 vom 16. Oktober 1920, Standesamt Schöneberg II
  6. Landesarchiv Berlin, Heiratsregister Standesamt Berlin-Charlottenburg III, Nr. 191/1928
  7. Schön, wenn man streuen kann – Treffpunkt der halben Portionen. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1949, S. 34 (online).
  8. knerger.de: Das Grab von Harry Liedtke
  9. Harry-Liedtke-Pfad. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)