Residenz-Theater (Berlin)
Das Residenz-Theater war ein Theater in Berlin von 1871 bis 1932.
Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Residenz-Theater lag in der Blumenstraße 9 (später 8) in der damaligen Stralauer Vorstadt, östlich der historischen Altstadt von Berlin. Das längliche Gebäude zog sich bis in die Wallner-Theater-Straße 16/17 hin. In unmittelbarer Nachbarschaft lagen die Residenz-Lichtspiele in der Blumenstraße 10. Auf dem Gelände befindet sich jetzt das Neubaugebiet an der Singerstraße an der Stadtbezirksgrenze zwischen Mitte und Friedrichshain.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1869 übernahm der Magdeburger Theaterdirektor Otto Nowack das 1844 für die Theatergesellschaft Concordia errichtete Theater in der Blumenstraße 9.[1] Sein Bemühen, es als ein reines Operntheater zu führen, scheiterte schon bald an zu geringer Resonanz.
Seit 1871 hieß es Residenz-Theater. Es wurden nun vor allem Komödien, Schwänke und Singspiele, fast ausschließlich französischer Herkunft, gespielt. Um 1875 erwarb die Schauspielerin Ida Hahn (später Ida von Zedlitz-Neukirch) das Theater mit dem Grundstück und blieb Eigentümerin bis zu ihrem Tod, danach dann die Ida-Claus-Stiftung bis 1932. Die meisten Intendanten inszenierten vereinzelt auch anspruchsvollere Theaterstücke, das Hauptrepertoire blieben aber französische Komödien.
1920/21 nutzten Alfred und Fritz Rotter das Residenz-Theater kurzzeitig als eine ihrer Bühnen. 1932 wurde das Residenz-Theater geschlossen.[2] 1944/1945 wurde das Gebäude schwer beschädigt und danach abgetragen.
Aufführungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Residenz-Theater wurden vor allem französische Komödien gespielt. Daneben gab es einige Inszenierungen moderner anspruchsvollerer Theaterstücke, meist in Sonntagsmatineen mittags oder nachmittags.
- 1869–1889
- 1872 Madeleine Morel von Salomon Hermann Mosenthal, Lustspiel, eine der ersten Inszenierungen des Residenztheaters
- 20. November 1880 Nora oder Ein Puppenheim von Henrik Ibsen, mit Hedwig Niemann
- 9. Januar 1887 Gespenster von Henrik Ibsen
- 5. Mai 1887 Rosmersholm von Henrik Ibsen
- 4. März 1888 Die Wildente von Henrik Ibsen, auch 21. Oktober 1888, 6. März 1889, 26. Dezember 1890
- Freie Bühne 1890–1892
Die Freie Bühne gastierte von 1890 bis 1892 im Residenztheater und gab dort einige Erstaufführungen anspruchsvoller Theaterstücke
- 1. Juni 1890 Das Friedensfest von Gerhart Hauptmann, Uraufführung
- 12. Oktober 1890 Der Vater von August Strindberg, deutsche Erstaufführung
- 30. November 1890 Angèle von Otto Erich Hartleben
- 30. November 1890 Ohne Liebe von Marie von Ebner-Eschenbach, Uraufführung
- 11. Januar 1891 Einsame Menschen von Gerhart Hauptmann, Uraufführung
- 15. Februar 1891 Die Raben von Henry Becque, deutsche Erstaufführung
- 15. März 1891 Doppelselbstmord von Ludwig Anzengruber
- 3. Mai 1891 Thérèse Raquin von Émile Zola
- 3. April 1892 Comtesse Julie von August Strindberg, erste Aufführung in einem Theater, deutsche Erstaufführung, Beginn des modernen Theaters in Deutschland
- 1893–1916
- 22. Januar 1893 Die Gläubiger von August Strindberg, Regie Hans Meery, mit Rosa Bertens, Rudolf Rittner, Josef Jarno, deutsche Erstaufführung
- 22. Januar 1893 Herbstzeichen, Vor dem Tode von August Strindberg, drei Einakter
- 23. April 1893 Jugend von Max Halbe, Uraufführung[3]
- 1899 Der Schlafwagen-Kontrolleur von Alexandre Bisson, Komödie, größter Erfolg des Residenztheaters mit 278 Aufführungen
- 16. September 1900 Nora oder Ein Puppenheim von Henrik Ibsen, Neuinszenierung (nach 1880), auch 26. Oktober 1901
- 11. Oktober 1901 Der Marquis von Keith von Frank Wedekind, Uraufführung
- 1. November 1901 Die Wildente von Henrik Ibsen, Neuinszenierung (nach 1888), auch 11. April 1903
- 9. April 1903 Gespenster von Henrik Ibsen
- Anfang Dezember 1903 Die Pariserin von Henry Becque, deutsche Erstaufführung
- Anfang Dezember 1903 Crainqueville von Anatole France
- 1917–1932
- 18. Oktober 1917 Raskolnikoff von Leo Birinski, Uraufführung
- 1919 Das höhere Leben von Hermann Sudermann, Uraufführung
- Anfang März 1920 Die Raschhoffs von Hermann Sudermann, Uraufführung (?)
- August 1920 Die Freundin von Hermann Sudermann, Uraufführung
- 19. Dezember 1922 Hedda Gabler von Henrik Ibsen
- 20. September 1923 Rosmersholm von Henrik Ibsen, Neuinszenierung (nach 1887)
- 24. April 1924 Hinkemann von Ernst Toller, Erstaufführung der veränderten Fassung
Leiter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otto Nowack, 1869–1870[4]
- Albert Rosenthal, 1871–1875, Direktor und Eigentümer[5]
- Ida Hahn, 1876–1902, Eigentümerin[6]
- Emil Claar, 1876–1879, Intendant
- Otto von Schimmelpfennig, 1879–1880, Direktor[7]
- Heinrich Keppler, 1880–1881[8]
- Emil Naumann, 1881–1884
- Anton Anno, 1884–1887 Direktor[9]
- Sigmund Lautenburg, 1887–1897
- Theodor Brandt, 1897–1898
- Sigmund Lautenburg, 1898–1904
- Richard Alexander, 1904–1912
- Ferry Sikla, 1912
- Eugen Robert, 1914–1918
- Alfred und Fritz Rotter, 1920–
- Max Samst, um 1925
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gerhard Muhle: Die Geschichte des Residenztheaters in Berlin von 1871–87. Dissertation Berlin 1955
- Otto Weddigen: Geschichte der Berliner Theater, Berlin 1899, S. 65f.
- Hans-Rüdiger Merten: Vergessene Theater im alten Berlin. Eine Spurensuche. Trafo-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-89626-599-7.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Curt Meyer: Hundert Jahre „Aktienbudiker“. Ein Beitrag zur Berliner Theatergeschichte. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, 7, 1956, S. 47–51, hier S. 49–50, geht davon aus, dass es verschiedene Gebäude gab (PDF zum Download)
- ↑ Blumenstraße 8. In: Berliner Adreßbuch, 1933, IV. Teil, S. 81. „Residenz-Theater“ (letzter Eintrag).
- ↑ Max Halbe: Scholle und Schicksal, 1940, 8. Kapitel Text (unten), ausführlich zur Geschichte der Aufführung und zum Residenztheater unter Sigmund Lautenburg
- ↑ Otto Weddigen: Geschichte der Berliner Theater, Berlin 1899, S. 65f., mit Theaterleitern von 1869 bis 1898
- ↑ Gerhard Muhle: Die Geschichte des Residenztheaters in Berlin von 1871–87. Dissertation Berlin 1955; auch Adressbücher Berlin 1872 bis 1876
- ↑ Blumenstr. 9. In: Berliner Adreßbuch, 1877, Teil II, S. 37. „Hahn, Frau, Direkt.“ (erste Erwähnung als Eigentümerin und Direktorin).
- ↑ Ludwig Eisenberg: Otto von Schimmelpfennig. In: Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Paul List, Leipzig 1903, S. 635 (daten.digitale-sammlungen.de).
- ↑ Heinrich Keppler. Lebenserinnerungen eines Unvollendeten. München 1895 S. 55, auch S. 50–54, beendete das Direktorat am 1. Juli 1881
- ↑ Ludwig Eisenberg: Anton Anno. In: Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Paul List, Leipzig 1903, S. 28 (daten.digitale-sammlungen.de).
Koordinaten: 52° 30′ 59,1″ N, 13° 25′ 15,8″ O