Karamagara-Brücke

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Karamagara-BrückeBW
Überführt Römerstraße nach Melitene
Querung von Arapgir Çayı
Ort Nähe Ağın, Provinz Elazığ, Ostanatolien (Türkei)
Konstruktion Spitzbogenbrücke mit Keilsteingewölbe
Anzahl der Öffnungen 1
Lichte Weite 17 m
Bauzeit 5./6. Jh. n. Chr.
Lage
Koordinaten 38° 55′ 30″ N, 38° 39′ 31″ OKoordinaten: 38° 55′ 30″ N, 38° 39′ 31″ O
Karamagara-Brücke (Türkei)
Karamagara-Brücke (Türkei)

Möglicherweise die älteste erhaltene Spitzbogenbrücke; heute im Keban-Stausee versunken

Die Karamagara-Brücke (türkisch: Karamağara Köprüsü, „Brücke der schwarzen Höhle“) ist eine spätrömische Brücke in der antiken Region Kappadokien in der Osttürkei und möglicherweise die älteste bekannte Spitzbogenbrücke.[1][2]

Lage und Zustand

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Die einbögige Brücke überspannt die felsige Schlucht des Arapgir Çayı, eines Nebenflusses des Euphrats, mit einer lichten Weite von 17 m.[1][3] Sie ist seit Fertigstellung der Keban-Talsperre 1975 zusammen mit großen Teilen des Flusstales des Arapgir Çayı in den Fluten des Euphrats untergegangen.[1]

Über die Brücke führte in der Antike die Römerstraße nach Melitene, deren Trasse nahe der Übergangsstelle zu beiden Seiten des Flusses in den Fels geschlagen wurde. Die Bezeichnung Karamağara ("schwarze Höhle") leitet sich vermutlich von den teilweise künstlich erweiterten Felsspalten am südlichen Ufer ab, die in 75 m Höhe über der Brücke in das schwärzliche Gestein gehauen wurden und zu ihrem Schutz dienten. In den Reiseberichten früher europäischer Reisender fand die Brücke recht häufig Erwähnung.[4]

Vor der Flutung wurde die Karamagara-Brücke neben anderen bedrohten antiken Monumente von der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara vermessen und die Untersuchungsergebnisse publiziert.[5] Die Überreste einer weiteren Römerbrücke am Dorf von Bahadın deuten auf die Existenz eines älteren Überganges flussabwärts hin.[4]

Der spitzförmige Bogen ist aus Keilsteinen ohne Mörtelverbindung errichtet.[1] Auf der östlichen, stromabwärts gelegenen Seite läuft eine weitgehend unversehrte christliche Inschrift auf Griechisch fast die gesamte Länge der Bogenrippe entlang, die Psalm 121, Vers 8 der Bibel zitiert:[6] Sie lautet:

Κύριος ὁ Θεὸς φυλ[ά]ξει τὴν εἰσοδ[όν] σου κε τὴν ἐ[ξ]οδόν σου ἀπὸ τοῦ νῦν καὶ ἔως τοῦ αἰῶνος, ἀμὴ[ν], ἀμ[ὴν], ἀ[μὴν].
Kýrios ho Theós phyláxei tēn eisodón sou ke tēn exodón sou apó tou nyn kai héōs tou aiṓnos, amḗn, amḗn, amḗn.
Gott der Herr behüte deinen Eingang und deinen Ausgang von nun an bis in Ewigkeit, amen, amen, amen.

Eine paläographische Untersuchung der griechischen Buchstaben lässt auf eine Bauzeit im 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. schließen.[1][3][4][7][8][9][10] Da der Großteil der römischen Mauerwerkbrücken entweder auf Halbkreis- oder in geringerem Maße Segmentbögen ruhte,[11][12] stellt die Karamagara-Brücke ein gleichermaßen frühes wie seltenes Beispiel für den Gebrauch des Spitzbogens nicht nur im spätantiken Brückenbau, sondern in der Architekturgeschichte überhaupt dar.[2] Neben weiteren spätrömischen und sassanidischen Beispielen vor allem aus dem frühchristlichen Kirchenbau in Syrien und Mesopotamien belegt die Brücke den vorislamischen Ursprung des Spitzbogens in der nahöstlichen Baukunst, den die muslimischen Eroberer nachfolgend übernahmen und weiterentwickelten.[2]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Galliazzo (1995), S. 92
  2. a b c Warren (1991), S. 61–63
  3. a b O’Connor (1993), S. 129
  4. a b c Hild (1977), S. 145
  5. K.A. (1967), S. 54–57
  6. Hild (1977), S. 145 (Hild gibt fälschlicherweise den 120. Psalm als Quelle an.)
  7. Hellenkemper (1977–1999), S. 730–731
  8. Guillou (1993), S. 36
  9. Mango (1976), S. 129
  10. Tunç (1978), S. 108
  11. Galliazzo (1995), S. 429–437
  12. O’Connor (1993), S. 171
  • Doomed by the dam. A survey of the monuments threatened by the creation of the Keban dam flood area. Elaziğ, 18 – 29 October 1966. Middle East Technical University, Ankara 1967, S. 54–57 (Faculty of Architecture. Middle East Technical University. Publication 9, ZDB-ID 263507-0).
  • Vittorio Galliazzo: I ponti romani. Band 1: Esperienze preromane, storia, analisi architettonica e tipologica, ornamenti, rapporti con l’urbanistica, significato. Edizioni Canova, Treviso 1995, ISBN 88-85066-66-6, S. 92, 93 (Abb. 39).
  • André Guillou (Hrsg.): La Civiltà bizantina, oggetti e messagio. Architettura e ambiente di vita. L’Erma di Bretschneider, Rom 1993, ISBN 88-7062-801-9, S. 36, 62 (Abb. 24), (Università degli Studi di Bari. Centro di Studi Bizantini. Corsi di studi 6).
  • Hansgerd Hellenkemper: Brücke: Byzantinischer Brückenbau. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 2, Stuttgart 1977–1999, S. 730–731.
  • Friedrich Hild: Das byzantinische Strassensystem in Kappadokien. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1977, ISBN 3-7001-0168-6, S. 145 (Veröffentlichungen der Kommission für die Tabula Imperii Byzantini 2 = Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Denkschriften 131).
  • Cyril Mango: Byzantine Architecture. H. N. Abrams, New York NY 1976, ISBN 0-8109-1004-7, S. 129 (Abb. 138), (History of World Architecture).
  • Colin O’Connor: Roman Bridges. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-39326-4, S. 129 (Nr. E38).
  • Gülgûn Tunç: Taş Köprülerimiz. Karayolları Genel Müdürlüğü Matbaası, Ankara 1978, S. 108 (T. C. Bayındırlık Bakanlığı Karayolları Genel Müdürlüğü 237).
  • John Warren: Creswell’s Use of the Theory of Dating by the Acuteness of the Pointed Arches in Early Muslim Architecture. In: Muqarnas. 8, 1991, ISSN 0732-2992, S. 59–65.