Überhöhte Inkassokosten und übergriffige Praktiken von Schuldeneintreibern sind eine Belastung für Millionen Verbraucher:innen in Deutschland. Selbst bei Kleinforderungen können hohe Summen zustande kommen. Die bestehenden Anreize sorgen dafür, dass Inkasso ein lukratives Geschäft ist und mit wenig Aufwand betrieben werden kann.
Die geltende Rechtslage ist sehr kompliziert, sodass es für Verbraucher:innen meist zu riskant ist, vor Gericht zu gehen. Das zum 01.10.2021 in Kraft getretene Inkassogesetz schafft hier bedauerlicherweise keine Abhilfe.
Aus Sicht des vzbv muss die milliardenschwere Inkassobranche grundsätzlich reformiert werden. Am wichtigsten sind klare und wirksame Kostengrenzen sowie eine zentralisierte, starke und proaktive Aufsicht. Der Gesetzgeber hat die Notwendigkeit letzterer erkannt. Im Jahr 2025 wird die zentrale Aufsicht ihre Arbeit aufnehmen.
Der vzbv fordert
Inkassokosten müssen stärker begrenzt werden; mindestens bei Schulden bis 200 € auf nicht mehr als 15 €.
(Raten-)Zahlungsvereinbarungen dürfen keine zusätzlichen Kosten verursachen.
Zahlungsvereinbarungen dürfen nicht mit Schuldanerkenntnissen oder Lohnabtretungen gekoppelt werden.
Verletzen Inkassounternehmen Informationspflichten, dürfen keine Inkassokosten entstehen.
Quelle: Gert Baumbach - vzbv
Meret Sophie Noll
Referentin Team Recht und Handel
Eine zentrale Aufsicht über Inkassounternehmen stärkt Verbraucherrechte.
Verbraucher:innen sehen sich teilweise bedrohlich formulierten Schreiben von Inkassounternehmen gegenüber. Nicht selten sind die gewählten Formulierungen juristisch nicht zulässig – etwa wenn es heißt, dass der Außendienst kommen werde, um die Wertgegenstände zu pfänden. Aus Sorge zahlen Verbraucher:innen die Kosten oft trotzdem.
Das Hauptproblem ist, dass die Betroffenen die Inkassokosten nicht überprüfen können. Auch wenn die Forderung an sich berechtigt ist, ist die Höhe der Inkassokosten nicht immer angemessen. Immer wieder finden sich auf der Kostenaufstellung „Fantasiekosten“, überhöhte Mahngebühren oder Pauschalbeträge. Die gesetzlichen Regelungen sind kompliziert und Verbraucher:innen können die Rechtmäßigkeit der aufgeführten Kosten nur schwer überprüfen.
Auch liegen nicht selten den Schreiben Ratenzahlungs-Vereinbarungen zur Unterschrift bei, die mit Schuldanerkenntnissen oder Lohnabtretungen gekoppelt sind – was ein solcher Abschluss für Folgen haben kann, ist für Verbraucher:innen meist nicht nachvollziehbar.
Zudem ist für Verbraucher:innen derzeit nicht eindeutig, an wen sie sich wenden können, um sich über Inkassounternehmen zu beschweren.
Es gibt keinen gesetzlichen Anspruchsgrundlage für Inkassokosten. Vielmehr richten sich die Kosten nach der Vergütungsvereinbarung zwischen dem Inkassounternehmen und dessen Vertragspartner – dem Gläubiger, zum Beispiel einem Unternehmen, dem Verbraucher:innen Geld schulden.
Verbraucher:innen müssen Inkasso-Kosten erstatten – allerdings nur, wenn sie tatsächlich angefallen sind und einen bestimmten Höchstsatz nicht überschreiten. Hierfür gelten die Vorschriften im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz als Kostendeckel. Häufig erwecken Inkassounternehmen in ihren Schreiben jedoch bereits durch das Wort „Gebühren“ und die Nennung einer Vielzahl von Normen einen ganz anderen Eindruck.
Welche Vergütung vereinbart wurde, wird quasi nie nachgewiesen, so lange der Fall nicht vor Gericht geht. Das ist intransparent und für Verbraucher:innen nicht nachvollziehbar. Der vzbv fordert daher eine eigene gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit von Inkasso-Kosten.
Die Inkassoreform sollte den Verbraucherschutz im Inkassorecht stärken. Die geringsten Kosten fallen für den sogenannten einfachen Fall an, der dann vorliegt, wenn die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin beglichen wird. Zahlungsfähigen Schuldner:innen ist also geholfen. Die höchsten Kosten fallen an, wenn der Fall „besonders umfangreich oder besonders schwierig“ ist - wann das der Fall ist, ist jedoch nicht definiert. Können Verbraucher:innen nicht sofort zahlen, werden sie schnell mit dem Höchstsatz konfrontiert. Diese Öffnungsklausel muss daher gestrichen werden. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Situation der Preiskrise und steigendem Überschuldungsrisiko.
Unbeachtet geblieben ist auch die Entwicklung hin zu Masseninkasso als üblicher Praxis der Inkassounternehmen. Im Verhältnis zum hohen Automatisierungsgrad, vorformulierten Schreiben und fehlender Prüfung des Anspruchs sind die Kostensätze immer noch sehr hoch. Die grundlegenden Missstände hat die Inkasso-Reform also nicht abgeschafft.
Zunächst müssen Inkassokosten stärker begrenzt werden. Der Großteil der Schulden bewegt sich im niedrigen dreistelligen Bereich. Inkassokosten sollten bei Schulden bis 200 Euro auf maximal 15 Euro begrenzt werden.
Um sicherzustellen, dass nur die tatsächlich anfallenden erstattungsfähigen Aufwendungen des Gläubigers verlangt werden, sollten Inkassounternehmen die getroffene Vergütungsvereinbarung mit dem Gläubiger offenlegen müssen. Auch dürfen Zahlungsvereinbarungen keine zusätzlichen Kosten verursachen und zudem nicht mit Schuldanerkenntnissen oder Lohnabtretungen gekoppelt werden.
Es sollte zudem sichergestellt sein, dass Verbraucher:innen hinsichtlich der Inkassokosten ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, wenn Inkassounternehmen Informationspflichten verletzen. Langfristig betrachtet wäre es wünschenswert, dass Inkassoschreiben so standardisiert sind, dass Verbraucher:innen sie selbst, oder auch mit technischer Unterstützung, überprüfen können.
Für den Fall von Verstößen muss klar sein, an wen sich Verbraucher:innen wenden können, um sich über Inkassounternehmen zu beschweren. Daher begrüßt der vzbv, dass die Aufsicht ab 2025 endlich zentralisiert wird (Interview zur Zentralisierung der Inkasso-Aufsicht hier).
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Gemeinsame Stellungnahme zur Evaluation des „Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ | Januar 2024
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Zu verbraucherzentrale.de
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Quelle: vzbv
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