[go: up one dir, main page]

Constabler

[375] Constabler (Constabel, v. lat. Constabularius), 1) Zeltbruder, Kasernenkamrad; 2) in Zürich im 14. Jahrh. ein Mitglied einer Kriegsgesellschaft, die auch an dem Rathe Theil hatten; vgl. Schweiz (Gesch.); 3) später ein Artillerist, der mit der Bedienung der Geschütze umzugehen wußte, weil diese zuerst nach dem Frieden zurückbehalten u. in Kasernen vereint wurden, s. u. Artillerie III.; 4) auf Kriegsschiffen einer der Leute, welche die Aufsicht über Pulver, Munition, Geschütze etc. haben. Sie sind Gehülfen des Ober-C-s u. werden wieder von den Matrosen, die das Geschütz laden etc., unterstützt, ihr Aufenthaltsort, Constablerskammer, ist zwischen dem 1. u. 2. Deck; 5) (engl. Constable, von Comes stabuli, spr. Constäbel), in England sonst so v. w. Connetable, eine lehnbare Würde, die unter Heinrich III. mit Eduard Stafford, Herzog von Buckingham, der wegen Hochverraths hingerichtet wurde, erlosch; doch gab es seit Eduard I. High-C., welche die Landesbewaffnung unter sich hatten, u. noch jetzt gibt es bei Krönungen u. dgl. einen erwählten Groß-C., eine hohe Ehrenwürde; 6) jetzt in England eine Person, die auf Erhaltung der Polizeiordnung u. der Ruhe zu sehen hat; Vollzieher der Befehle des Friedensrichters. Ohne Waffen führen sie entweder einen 3–4 Fuß langen hölzernen Stab, an dem oben das königliche Wappen befestigt ist, od. (gewöhnlich) einen kleinen 4 Zoll langen messingnen. Wen sie hiermit berühren, muß ihnen zur Hast folgen, u. im Widersetzlichkeitsfalle muß jeder Vorübergehende, von ihnen zu Hülfe gerufen, ihnen beistehn, u. die Achtung vor dem Gesetz ist in England so groß, daß ihnen in der Regel jeder gehorcht. Sie erhalten für jeden ergriffenen bedeutenden Verbrecher 10–15 Pf. Ihre Würde ist weder lebenslänglich, noch eigentlich mit Besoldung verknüpft, sondern sie werden jährlich aus der Gemeinde gewählt od. für einzelne Fälle, wo man viele C-s braucht, wie Volksfeste, öffentliche Aufzüge, od. wenn man Unruhen fürchtet, bes. verpflichtet (Special Constables). Ihr Dienst ist beschwerlich, u. Reiche kaufen sich oft durch eine bedeutende Summe sie ersetzende C-s (Deputy-Constable), für deren Betragen sie jedoch verantwortlich sind. Soldaten, Prediger, Ärzte, Sachwalter etc. sind von dem C-dienst frei. Auch gewährt die Überführung eines todeswürdigen Verbrechens einen Freischein. In London versehen in blaue, bei London mit dem Stadtwappen gestickte, bei Westminster mit Treffen besetzte Röcke, mehr livrée- als uniformmäßig gekleidete, nicht bewaffnete, besoldete C-s (Police Constables) seit dem Ministerium Peel 1829 den Polizeidienst, u. seitdem sind auch die Diebstähle seltener geworden. Freilich sind auch eine ungemeine Anzahl u. in sehr belebten Straßen sieht man oft 2–4 C. an der Kreuzung Wache halten. Eine ähnliche Einrichtung, aber mehr militärisch organisirt, war die in Berlin 1848 von Hinkeldey eingeführte Schutzmannschaft.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 375.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: