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Carācas

[676] Carācas (Carracas), 1) ehemals spanisches Generalcapitanat im Norden von Südamerika, umfaßte die Provinzen Caracas, Maracaibo, Tumana, Guyana u. Sta. Marguerita, 12,960 QM., 728,000 Ew. (worunter 291,200 Farbige u. 218,000 Neger); nahm nach dem Südamerikanischen Freiheitskriege den Namen des Föderativstaates Venezuela in der Republik Columbia an; 2) jetzt Provinz der südamerikanischen Republik Venezuela, 1592 QM.; grenzt im N. an das Caraibische Meer, im Q. an die Provinz Barcelona, im S. an die Provinzen Apure u. Guayana (von diesen durch den Orinoco getrennt), im W. an die Provinzen Varinas u. Carabobo; Gebirge: Silla, über 8600 Fuß; See: Tacarigua (See von Valencia, zum Theil nach Carabobo gehörig), außerdem noch mehrere große Lagunas; Flüsse: Orinoco (Grenzfluß gegen Süden), Guayra, Orituco, Manapire, Guarico; Klima: mit Ausnahme einiger Küstenstriche, wo Überschwemmungen Fieber erzeugen, sehr gesund, die Hitze durch die hohen Gebirge gemildert; Boden sehr fruchtbar, höchst üppige Vegetation; Hauptproduct: Cacao (die berühmte Caracascacao), außerdem noch Kaffee, Indigo, Reis, Baumwolle, Vanille u.a. Gewürze, Chinarinde, Rindvieh, Schafe; Haupt beschästigung: Landbau u. Viehzucht; auch Handel (namentlich mit Cacao u.a. Producten) u. Gewerbe (namentlich Manufacturwaaren) blühend; Eintheilung: in 16 Districte, worunter Caracas, La Guayara, Petare, Guarenas, Ocumare, Santa Lucia, Caucagua, Victoria, Turmero, Maracai, Chaguaramas u. San Fernando de Atabapo die bedeutendsten; Einwohner: 243,000, worunter gegen 40,000 Sklaven; 3) District darin, 36 QM., 54,000 Ew.; 4) (San Jago de Leon de C.), Hauptstadt der gleichnamigen Provinz u. der ganzen Republik Venezuela, an der Guayra, 15 Meilen vom Meere entfernt, 2822 Fuß über dem Meeresspiegel am Fuße des über 8600 Fuß hohen Gebirgszuges Silla, wegen seiner hohen Lage sehr gesund, schön gebaut (namentlich seit dem großen Erdbeben von 1812), breite regelmäßige Straßen, schöne öffentliche Plätze, prächtige Kathedrale (250 Fuß lang, 75 Fuß breit, von 24 Säulen getragen, litt 1826 durch ein Erdbeben; hier wurde Bolivars Asche, früher in Santa Marta, 1842 beigesetzt), Pauls- u. m. a. Kirchen, mehrere Klöster, Universität (1778 gestiftet), Gymnasium, Priesterseminar u.a. Unterrichtsanstalten, Kasernen. C. ist der Sitz des Präsidenten der Republik, der obersten Behörden, des Congresses, eines Erzbischofs (unter welchem die Bischöfe von Merida u. Guayana stehen); Gewerbthätigkeit ziemlich bedeutend: Manufacturwaaren, Sattler- u. Tischlerarbeiten; Handel blühend. Der zur Stadt gehörige Hafen La Guayra ist von ihr durch eine 5000 Fuß hohe Gebirgskette getrennt; die Verbindung ist durch einen Kanal hergestellt, welcher durch den Guaprafluß gespeist wird; der kleine Fluß Catucha[676] versieht die öffentlichen u. Privatbrunnen mit Wasser; 50,000 Ew. C. ist der Geburtsort Bolivars. – C., eigentlich S. Jago de Leon de C., wurde von Columbus in den ersten Jahren des 16. Jahrh. gegründet, es wuchs schnell u. war eins der Hauptétablissements der Spanier auf dem Continent von Amerika. Karl V. schenkte 1527 Stadt u. Vicekönigreich als Kronlehn dem augsburger Handelsherrn Barthol. Welser, als Entschädigung für eine Anleihe; dieser schickte dorthin seinen Schwiegersohn Ambr. Dalfinger als Statthalter mit einer Jesuitencommission, 24 deutschen Bergleuten u. einer Compagnie spanischen Soldaten. Da aber die Soldaten u. Handelsagenten sich Bedrückungen gegen die Eingebornen erlaubten, denen weder Dalfinger, noch nach dessen Tode 1541 Welsers Söhne abhelfen konnten, u. die Klagen der Einwohner immer dringender wurden, so zog Spanien 1555 Venezuela wieder zur Krone u. entfernte die Deutschen von dort. 1636 wurde hier ein Erzbisthum errichtet. 1808 fand daselbst ein Aufstand gegen Joseph Napoleon für Ferdinand VII., 19. April 1810 ein Aufstand gegen den Mutterstaat u. 1. Juli 1811 die Versammlung der Staaten statt, wobei der Abfall von dem Mutterlande decretirt wurde. 29. Juli 1811 wurde C. von den Spaniern erobert, die den 4. Aug. 1813 von Bolivar wieder vertrieben wurden; am 26. März 1812 durch ein Erdbeben, bei welchem gegen 12,000 Menschen umkamen, fast ganz zerstört, 14. Juli 1814 wieder von den Spaniern unter dem General Boves genommen, den 4. Juli 1821 ergab es sich an Bolivar. Der Staat C. führte nun den Namen Venezuela, s.d. 1830 verlegte der Präsident Paez den Regierungssitz von C. nach Valencia.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 676-677.
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