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Brunnen [1]

[372] Brunnen, 1) einzur Benutzung künstlich gefaßter Wasserquell. Brunnenwasser muß aus Stein, Kies od. festen Erdarten quellen, hell, ohne Farbe, ohne Geruch u. ohne Geschmack sein. Die B. sind A) von der Natur gebildet (Springquellen), welche gefaßt, entweder an Ort u. Stelle od. durch Röhren geleitet an anderen Orten benutzt werden. In letzterem Falle gräbt man nach, bis die Quelle stark genug ist, u. führt dann 4–6 Fuß ins Gevierte eine 2 Fuß dicke Mauer um dieselbe (Brunnenstube, Brunnenkammer), überwölbt diese, versieht sie mit einer Thür u. einem Dache (Brunnendecke, Brunnengehäuse) u. führt um obige Mauer eine 2. Mauer; der Zwischenraum beider Mauern. 1–2 Fuß (Tyonkammer), wird mit fettem Thon ausgestampft, um Unreinigkeiten von der B-stube abzuhalten. Auf der Seite, nach welcher die Röhrenfahrt kommen soll, legt man eine Ausflußröhre ein, die mit einem engen Gitter, um Unreinigkeiten abzuhalten, versehen ist. Eine Abflußröhre führt das überflüssige Wasser ab. Die Röhrenfahrt (Brunnenfahrt, Brunnenleitung) muß wenigstens 3 Fuß tief gelegt werden, damit sie imt Sommer kühl, im Winter vor Frost gesichert ist. Die Ausflußröhre muß etwas höher liegen, als der Ausguß der in die Röhrenfahrt senkrecht eingeschlagenen Röhre (Brunnenstock), in welcher das Wasser zum Ausfluß aufsteigt. Wenn man die Pumpröhre[372] um eine geringe Entfernung von der B-röhre wegleitet, so heißt das eine Verlegung od. ein Schleppwerk. Bei sehr steigenden u. fallenden B-fahrten ist es nöthig, von Zeit zu Zeit senkrecht in die Fahrt eingeschlagene, oben offene, jedoch durch ein leichtes Dach vor der Witterung gesicherte Röhren (Windstöcke), welche die verschlossene, die Röhren leicht aus einander pressende Luft abführen, anzubringen. B) B., wo das Wasser durch Bergbohrer (Brunnengraber) gesucht werden muß. Meist findet man da Quellen, wo viele nur an feuchten Orten wachsende Kräuter stehen, Huflattig, Riedgras etc.; wo bei trockenem Wetter vor Aufgang der Sonne Dünste aufsteigen, wo am Fuße eines Berges die Steine schwitzen, in Vertiefungen benachbarter Anhöhen, in der Nähe eines Flusses etc. Das Brunnenloch ist von Mistgruben entfernt u. an vor Überschwemmung gesicherten Orten anzulegen. Die Ausgrabung (Abteufung) geschieht 8–10 Fuß weit. Man gräbt so lange, bis das Wasser 6–8 Fuß hoch im B. steht, od. macht mit dem Bergbohrer Löcher so tief in den Grund, bis man reines Wasser erhält u. steckt alsdann Röhren hinein. Der B. selbst bekommt 4 Fuß im Lichten, die Mauer 2 Fuß Dicke u. wird 1/2 Fuß breit mit Thon hinterschlagen. Eine eigene Art, die B. auszumauern, wenn man durch Bohren eine Quelle gefunden hat, man aber durch flüchtigen Sand od. zu lockere Erde graben müßte, so daß leicht wieder viel Sand od. Erde nachsinken würde, ist das Sinkwerk. Man macht das B-loch einige Fuß tief, verfertigt dann über demselben einen dreifachen Kranz (Rost) von Eichenholz, führt auf diesem die Einfassungsmauer auf, die durch eigene Schwere u. durch allmäliges Ausgraben der Erde unter ihr immer tiefer in das ausgehöhlte B-loch hinabsinkt. Die Brunnenmauer (Brunnenkessel) wird, nachdem das Brunnenloch mit Bohlen verschalt ist, auf einen Brunnenkranz (Brunnenkasten) aufgeführt, zuweilen der B. auch nur mit einem hölzernen Geländer umgeben od. auch durch eine hölzerne Decke (Brunnendecke, Brunnengehäuse, Brunnenschrank) verwahrt; zur Abführung der Dünste werden bei tiefen B. Luftzüge hinter der Mauer angelegt. Eine eigene Gattung B. sind die Artesischen B. (s. d.). Zum Reinigen der B. ist es nöthig, Kiesel- od. Tuffsteine von Zeit zu Zeit auf den Grund zu schütten. Das Wasser eines B-s muß erst einigemal ausgeleert u. Salz hineingeworfen werden; dasselbe muß geschehen, wenn der B. fertig wird. In Ansehung des Wasserausbringens unterscheidet man: a) Schöpfbrunnen, wo das Wasser durch ein Stirnrad (Brunnenrad), an dessen Welle ein Seil mit 2 Finnen sich befindet, geschöpft wird; b) Schwengelbrunnen, mit einer aufrecht stehenden Säule (Brunnensäule, Brunnenschere), worauf sich ein langer Balken (Schwengel), der am unteren Ende schwerer ist, mit einer langen Stange (Brunnenstange) befindet, an welcher ein eiserner Haken mit einem Eimer ist; c) Pumpbrunnen, bei diesen unterscheidet man Druckwerke (s. d.) u. Saugwerke (s. d.). – Im heißen Asien, bes. in den Wüsten Syriens u. Arabiens, u. in Afrika ersetzten Cisternen die Stelle lebendiger, durch Quellen gefüllter B., doch gab es auch natürliche B. (Beer, Bir), sogar gegrabene, von denen man z.B. in Ägypten Spuren gefunden hat. Noch jetzt sind im Orient B. von höchster Wichtigkeit, u. von ihrem Auffinden u. Verfehlen hängt das Wohl der Karavanen ab. Das Graben derselben gilt daher für höchst verdienstlich u. das Verschütten für ruchlos u. gottlos. In Griechenland gab es Cisternen (Lakkoi) u. Brunnen (Phreata), Danaos soll der Erfinder der letzteren gewesen sein; in der Blüthezeit hatte jede Stadt wenigstens einen Hauptbrunnen, welcher irgend einer Gottheit geheiligt u. nach derselben, od. nach dem Stifter, od. der Lage, od. einer dort vorgefallenen Begebenheit benannt war. Rom behalf sich lange mit Tiberwasser, bis durch Wasserleitungen Quellwasser nach der Stadt geführt u. in Kästen u. B. (Puteus) aufbewahrt wurde. Zur Kaiserzeit hatte fast jedes Haus seinen B. od. wenigstens Wasserbehälter, die durch Kunst auch schon zu Springbrunnen gebildet wurden. Aufseher über die öffentlichen B. waren die Aquileges. In Deutschland ist die B-baukunst schwerlich so alt, als die mit –brunn endenden Ortsnamen, welche wohl blos das Dasein von Quellen anzeigen; wahrscheinlich trug die Sitte, Burgen auf Höhen anzulegen, wo Wasser nöthig war, viel zur Ausbildung des B-grabens bei. Auch die Mönche legten viele B. an. 2) Das Wasser aus mineralischen Quellen, s. Gesundbrunnen; 3) (Kriegsw.), so v.w. Minenbrunnen; 4) (Brunnenäscher), hölzernes, mit Kalkwasser gefülltes Gefäß, bei der Pergamentfabrikation zum Erweichen des Kalbleders dienend.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 372-373.
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