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Wetzlar

[575] Wetzlar, Kreisstadt im preuß. Regbez. Koblenz, am Nordrande des Taunus und am Einfluß der Dill in die Lahn, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Köln-Deutz-Gießen und Koblenz-Gießen, 145 m ü. M., hat besonders in der hügeligen Altstadt noch alte Straßen und Plätze mit mittelalterlichen Giebelhäusern, 4 evangelische, eine kath. Kirche und eine Synagoge. Zu den erstern vier gehört der merkwürdige, reichgegliederte, aus den verschiedensten Bauperioden (12.–15. Jahrh.) stammende Dom, der die Entwickelung des romanischen und gotischen Stils bis zur[575] Vollendung darstellt und seit 1904 restauriert wird. Das Schiff dient evangelischem, das Chor katholischem Gottesdienst. Die Stadt hat ein Gymnasium, ein evangelisches Schullehrerseminar, eine Präparandenanstalt, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Bergvor- und Steigerschule, ein Staatsarchiv, ein Amtsgericht, 2 Oberförstereien, ein Bergrevier, 2 Spezialkommissionen, eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle, bedeutende Eisenwerke (Buderus) mit 3 Hochöfen (2200 Arbeiter), ein Walzwerk, Maschinen-, Zement-, Riemen- und Handschuhfabrikation, 3 optische Institute zur Herstellung von Mikroskopen, Fanggläsern und photographischen Apparaten, Wollspinnerei, mechanische Werkstätten, Marmor- und Kalkwerke, Eisenerzgruben, Gerberei, Bierbrauerei, Garten- und Obstbau etc. und (1905) 12,276 Einw., davon 1984 Katholiken und 166 Juden.

Wappen von Wetzlar.
Wappen von Wetzlar.

In der Nähe die Ruine Kalsmunt, ehemals Sitz des kaiserlichen Vogtes, das malerisch gelegene Kloster Altenberg mit dem Grabmal der heil. Gertrudis, Tochter der heil. Elisabeth, sowie der Stoppelberg (402 m) mit Aussichtsturm. Durch die Erlebnisse Goethes in W. im Sommer 1772 (»Wertherbrunnen« vor dem Wildbacher Tor, Lottes Vaterhaus in der Pfaffengasse [jetzt mit dem Werther-Museum]) und in den nahen Dörfern Garbenheim (Goethes Wahlheim) und Volpertshausen ward dessen »Werther« hervorgerufen. – W. wurde im 12. Jahrh. Reichsstadt, kam später unter die Schutzvogtei von Nassau und 1636 unter die von Hessen-Darmstadt. 1693 wurde das Reichskammergericht (s. d.) von Speyer hierher verlegt und blieb daselbst bis zur Auflösung des Deutschen Reiches 1806. Durch den Reichsdeputationshauptschluß der Reichsfreiheit beraubt, fiel W. an den Fürsten Dalberg, kam 1810 an das Großherzogtum Frankfurt, 1815 an Preußen und wurde der Rheinprovinz zugeteilt. Am 15. Juni 1796 kämpften bei W. Österreicher und Sachsen unter Erzherzog Karl mit den Franzosen unter Jourdan, worauf sich letztere bei Neuwied über den Rhein zurückzogen. An diesen Sieg erinnert ein auf dem Schlachtfeld 1846 errichtetes Monument. In W. dichtete Goethe 1772 die »Leiden des jungen Werther«. Vgl. »Der Kreis W., historisch, statistisch und topographisch dargestellt« (Wetzlar 1836–37, 3 Bde.); Berr, W. und seine Umgebungen (das. 1882); Riemann, Beschreibung des Bergreviers W. (Bonn 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 575-576.
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