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Gottesdienst

[174] Gottesdienst, gewöhnlich soviel wie Kultus (s. d.). Da die Religion (s. d.) auf einer praktischen Nötigung des persönlichen Geisteslebens beruht, ist es natürlich, daß auch die Lösung des praktisch empfundenen Gegensatzes von Freiheit und Notwendigkeit zunächst auf dem praktischen Wege des Opfers erfolgt, in dem der Mensch sein kleines dem großen göttlichen Leben unterwirft und dienstbar macht. So ist aller Kultus zunächst G., es soll dadurch auf Gott eingewirkt, die Gegenleistung göttlicher Vergebung oder Belohnung erzielt werden. So ist es noch im Katholizismus, wo der Kultus als die in Praxis umgesetzte Lehre von der Rechtfertigung aus Verdienst der Werke erscheint und die Kirche daher als Heilsanstalt durch geweihte Organe einen verdienstlichen G. zugunsten einer Versammlung feiert, die nur passiv zur Kirche gehört. Dagegen ist das Wort G. eigentlich nicht mehr am Platz für den protestantischen Kultus, in dem eine gläubige Gemeinde ohne priesterliche Vermittelung vor Gott hintritt, nach Luther: um Befriedigung für ihre religiösen Bedürfnisse zu finden, nach Zwingli: um ihre [174] Frömmigkeit zu betätigen, nach gemeinsamem Grundsatz der Reformatoren: um durch Gottes Wort, das in der Predigt erschallt, belehrt und erzogen zu werden, so daß der Kultus hier um des Menschen, nicht mehr um Gottes Willen da ist, also jenem, nicht diesem damit ein Dienst geschieht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 174-175.
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