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Poschinger

[200] Poschinger, Heinrich, Edler Ritter von, Schriftsteller, geb. 31. Aug. 1845 in München, studierte Philosophie und Rechte, trat in den bayrischen Staatsverwaltungsdienst, ging 1876 in den Reichsdienst über und wurde ständiger Hilfsarbeiter im Reichskanzleramt, dem spätern Reichsamt des Innern. Besonders bekannt geworden ist P. durch seine Veröffentlichung von Akten über Bismarcks politische Wirksamkeit. Letzterer hatte ihn nach seiner Entlassung zum Privatsekretär in Aussicht genommen, stand aber davon ab, da Minister v. Bötticher P. auch fernerhin die Benutzung der Staatsakten gestattete. Caprivi entzog ihm jedoch bald diese Erlaubnis, dafür aber unterstützte Bismarck P. bei seinen weitern Veröffentlichungen wesentlich; ja er hat die Mehrzahl der betreffenden Manuskripte geprüft und genehmigt. Nach Bismarcks Tode schied P. als kaiserlicher Geheimer Regierungsrat aus dem Reichsdienste, ließ sich in Nizza nieder und gründete dort die einzige in Frankreich erscheinende deutsche Tageszeitung, das »Riviera-Tageblatt«. Er veröffentlichte: »Die Lehre von der Befugnis zur Ausstellung von Inhaberpapieren« (Münch. 1870); »Das Eigentum am Kirchenvermögen« (das. 1871); »Die Banken im Deutschen Reich etc.« (nur Bd. 1: »Bankgeschichte des Königreichs Bayern«, Erlangen 1874–76, 4 Tle., und Bd. 2: »Das Königreich Sachsen«, das. 1877); »Bankwesen und Bankpolitik in Preußen« (Berl. 1878–79, 3 Bde.); »Lassalles Leiden« (anonym, 4. Aufl., das. 1889); »Ein Achtundvierziger. Lothar Buchers Leben und Werke« (das. 1890–94, 3 Bde.); »Erinnerungen aus dem Leben von Hans Viktor von Unruh« (Stuttg. 1895); »Die Kriegstagebücher des Grafen Fred Frankenberg von 1866 und 1870/71« (das. 1896, 3. Ausg. 1897); »G. Kinkels sechsmonatige Haft im Zuchthause zu Naugard« (Hamb. 1901); »Unter Friedrich Wilhelm IV. Denkwürdigkeiten des Ministerpräsidenten Otto Freiherrn von Manteuffel 1848–1882« (Berl. 1901, 3 Bde.) und »Preußens auswärtige Politik 1850–1858. Unveröffentlichte Dokumente aus dem Nachlaß des Ministerpräsidenten Otto Freih. von Manteuffel« (das. 1902, 3 Bde.); »Aus allen Welten. Diplomatische Streiflichter, Interviews und Erinnerungen« (das. 1904). – Über Bismarcks politisches Wirken handeln folgende Darstellungen und Aktenpublikationen: »Preußen im Bundestag 1851–1859« (2. Aufl., Leipz. 1882–85, 4 Bde.); »Fürst Bismarck als Volkswirt« (Berl. 1889–91, 3 Bde.); »Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck«, 1862–1884 (das. 1890–91, 2 Tle.); »Die wirtschaftlichen Verträge Deutschlands« (das. 1892–1893, 3 Bde.); »Fürst Bismarck und die Parlamentarier« (Bresl. 1894–96, 3 Bde.), wovon Bd. 1 (2. vermehrte Aufl. 1894) die »Tischgespräche des Reichskanzlers« enthält; »Neue Tischgespräche und Interviews« (Stuttg. 1895–98, 2 Bde.); »Ansprachen des Fürsten Bismarck, 1848–1897« (das. 1895 bis 1899, 2 Bde.); »Fürst Bismarck und der Bundesrat« (das. 1897–1901, 5 Bde.); »Bismarck-Portefeuille« (das. 1898–1900, 5 Bde.); »Fürst Bismarck und die Diplomaten, 1852–1890« (Hamb. 1900); John Booth' »Persönliche Erinnerungen an den Fürsten Bismarck« (das. 1899); »Bei Robert von Keudell, ein Bismarckinterview« (Berl. 1902); »Fürst Bismarck und seine Hamburger Freunde« (Hamb. 1903); »Bausteine zur Bismarck-Pyramide. Neue Briefe und Konversationen« (Berl. 1904); »Aus großer Zeit, Erinnerungen an den Fürsten Bismarck« (das. 1905); »Bismarck und der Bundestag. Neue Berichte aus Frankfurt a. M., 1851–1859« (das. 1906). Das im Verein mit Fritz Schik verfaßte Schauspiel »Bei Fürst Bismarck« (Berl. 1905) wurde in Berlin von der Theaterzensur verboten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 200.
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