[685] Lolĭum L. (Lolch), Gattung der Gramineen, ein- oder mehrjährige Gräser mit mehrblütigen, senkrecht zur ungegliederten Spindel zusammengedrückten, einzeln auf den zahnartigen Ausschnitten der Spindel sitzenden Ährchen, bei denen die eine Hüllspelze von der Achse abgewendet ist, die andre fehlt und die Deckspelzen grannenlos oder unter der Spitze begrannt sind. Sechs Arten in Europa, Nordafrika und dem gemäßigten Asien, in andre Länder oft eingeschleppt. L. perenne L. (englisches Raigras, Wiesenlolch, s. Tafel »Gräser IV«, Fig. 8), ausdauernd, bildet einen geschlossenen Rasen, treibt bis 60 cm hohe, glatte Halme; die Hüllspelzen sind kürzer als die unbegrannten Ährchen, die Körner beschalt. Raigras wächst in allen Bodenarten, wenn sie nicht zu mager und zu dürr sind, fordert aber gute Düngung und dichten Stand, weil sonst die Halme zu stark und hart werden. Am besten gedeiht es in reichem, berieseltem Boden. Es ist sehr nahrhaft und eignet sich auch sehr gut zum Anlegen von Rasen; auf Wiesen bildet es vortreffliches Untergras und dient besonders als Schutzfrucht beim Anlegen von Wiesen. Auf Weiden mit tonigem Boden bildet es vorteilhaft den Hauptbestand. Die Engländer haben zuerst die Kultur dieser auch bei uns längst verbreiteten Art bevorzugt, daher der Name. Gebrauchswert des Samens 75 Proz. L. italicum Braun (italienisches Raigras), dem vorigen ähnlich, aber etwas höher, lebhafter gefärbt, hat breitere Blätter und treibt eine 24 cm lange Ähre mit zahlreichen reichblütigen Grasährchen, die zwei- bis dreimal so lang als ihre Hüllspelzen und stets begrannt sind; die Grannen sind kürzer als die Spelzen. Es i reibt gleichfalls seitliche Triebe und viele Halme, verlangt tragbares Land, gibt auf Äckern mehr Grasmasse als das vorige und hat weichere Halme. Auf Weiden von kurzer Dauer ist es vortrefflich, geht aber schon im dritten Jahr zurück. Man benutzt es auch als Schutzfrucht beim Anlegen von Wiesen und sät es wie das vorige mit Klee und andern Gräsern zusammen aus. In Gegenden, deren Boden und Klima sich weniger für Kleearten eignet, ist es von besonderer Wichtigkeit. Gebrauchswert des Samens 56 Proz. L. temulentum L. (Taumellolch, Schwindelkorn, Tollgerste, Twalch, Töberich, s. Tafel »Gräser IV«, Fig 5) ist einjährig, bildet keinen Nasen, die Halme sind nach oben scharf, die Hüllspelzen so lang und länger als die Ährchen; die äußern Deckspelzen haben gerade Grannen. Er findet sich überall in der Sommersaat, besonders nach feuchten Frühjahren. Seit den ältesten Zeiten hielt man seine Körner für nachteilig und leitete Krankheiten, die in Teurungsjahren bei großer Nässe ausbrachen, von der Gegenwart des Taumellolchs im Brotmehl ab. Die Früchte enthalten ein sirupartiges Alkaloid, Temulin C7H12N2O, das beim Menschen Kopfschmerz. Schwindel, Taumeln, Schlafsucht, Verwirrung der Sinnesgebiete, Erbrechen, Harndrang, Zittern der Extremitäten etc. hervorruft. In dem Samen des Taumellolchs wuchert ganz regelmäßig ein Pilzmycelium (bis 20 Proz. der Körner sind pilzfrei), das in andern Arten der Gattung nicht vorkommt. Der Pilz geht bei der Keimung in die junge Pflanze über, ohne sie in ihrer Entwickelung zu hemmen. Er bildet niemals Sporen. Auch in Loliumsamen aus 4000 Jahre alten ägyptischen Gräbern wurde der Pilz gefunden. Vielleicht ist der giftige Stoff des Taumellolchs ein Produkt dieses Pilzes.