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Dehli [2]

[586] Dehli (Delhi), 1) Hauptstadt der britisch-ind. Division D. (s. oben) und des Distrikts D. (3305 qkm mit [1891] 638,689 Einw.), am rechten Ufer der Dschamna, 252 m ü. M., hat (1901) 208,385 Einw. (über die Hälfte Hindu, etwa 80,000 Mohammedaner). Die auf dem hohen, aufgemauerten Ufer der Dschamna gelegene Stadt ist auf den übrigen drei Seiten von einer hohen, starken, 9 km langen Mauer nebst Graben und Glacis umgeben. Die enge, schmutzige Südwesthälfte der Stadt wird von den Eingebornen bewohnt, die andre Hälfte dagegen enthält einige der schönsten Bauwerke Indiens, darunter den kaiserlichen Palast, ein mächtiges mauerumsäumtes Gebäude am Flußufer, von 1000 m Länge und 500 m Breite. Zwei prächtige Tore aus rotem Sandstein führen in ein mächtiges Gewölbe, dann in den [586] Diwan-i-Khas, einen Pavillon aus weißem Marmor mit vier vergoldeten Marmorkuppeln und Mosaiken aus edlen Steinen. Gegenüber die kleine Perlmoschee (Moti Masdschid) aus weißem Marmor, mit drei vergoldeten Kuppeln. Jetzt ist der Palast in Kasernen, Arsenal und Festung verwandelt. Außerhalb liegt das imposanteste Gebäude Dehlis, die Dschama Masdschid, die größte Moschee der Welt. Sie erhebt sich auf einem 9,5 m hohen, 140 m breiten und langen Viereck von roten Sandsteinquadern und ist aus weißem Marmor erbaut, der mosaikartig mit rotem Sandstein abwechselt. Den Haupteingang bildet eine prächtige Freitreppe, die Decke drei weiße Marmorkuppeln mit schwarzen Streifen, an jedem Ende der Front ein 45,6 m hohes Minaret. Südlich vom Fort liegen eine Kaserne, vier Kirchen, der Palast des Gouverneurs, das Institut mit Museum und Bibliothek. Eine in der Blütezeit Dehlis errichtete, nachmals verwahrloste Wasserleitung wurde von der englischen Regierung wiederhergestellt. D. besitzt viele Schulen, 13 Druckereien und ebenso viele Zeitungen. Die Industrie ist nicht bedeutend; berühmt sind aber die Gold- und Silberarbeiten, Musselin- und Schalweberei und Schnitzerei. Die Bedeutung von D. beruht gegenwärtig auf der Größe des Handels (Indigo, Baumwolle, Seide, Korn, Ölsaaten, Metalle, Salz, Hörner, Häute, Tabak, Zucker, Ole, Gold- und Silberwaren), den die schiffbare Dschamna und drei Eisenbahnlinien (nach N., SO., SW.) fördern. Die Umgebung ist meilenweit bedeckt mit den Ruinen des alten D. oder Indraprastha, inmitten derer bereits wieder eine Reihe von Dörfern entstanden ist. Unter den vielen zerstörten Palästen, Moscheen und Grabmälern ist am berühmtesten der 14 km östlich der Stadt gelegene Kutab Minar, das kolossale, 76 m hohe Minaret einer unvollendeten Moschee. – D. nimmt geschichtlich den ersten Rang unter den Städten Indiens ein; als Indraprastha (griech. Indabara) kommt es schon im »Mahâbhârata« (s.d.) vor. Der Name stammt von einem Fürsten Dilu, der im 1. Jahrh. v. Chr. 10 km stromabwärts der heutigen Stadt einen Burgbau ausführte. Nach wechselnden Schicksalen unter einheimischen Fürsten, wobei D. so gründlich verwüstet wurde, daß es 1052 durch Anang Pal II. neu bevölkert werden mußte, wurde es 1011 n. Chr. von dem Ghasnawidensultan Mahmud erobert, geplündert und das Land zu einer Provinz des Ghasnawidenreichs unter eignen Radschas gemacht. 1193 eroberte Kutub ed-din Eibek, Feldherr des Ghoriden Moizz ed-din, die Stadt. Kutub, zum Statthalter eingesetzt, machte sich 1206 als Beherrscher Hindostans unabhängig und begründete damit die »Sklaven«-Dynastie (1206–90), die in ihrer Hauptstadt D. großen Glanz entfaltete. 1290 folgten die tatarischen Dynastien Khildschi und Toghluq, bis 18. Dez. 1398 der Mongole Timur D. eroberte, ausplünderte und niederbrannte. Als die Stadt sich allmählich wieder erholt hatte, kam sie 1451 unter die afghanische Dynastie des Bahlul Lodhi; diese stürzte 21. April 1526 ein Nachkomme Timurs, Baber, der sich zum Großmogul erklärte. 1739 eroberte Nadir Schah von Persien die Stadt und ließ an einem Tage 30,000 (nach andern Nachrichten sogar 225,000) Hindu töten; nach zwei Monaten zog er heim mit einer Beute von mehr als 400 Mill. (nach andern fast 3 Milliarden) Mk. Am 30. Dez. 1803 wurde D. an die Engländer abgetreten. Im Mai 1857 versuchten die fanatisierten Muslims (Sepoys) die Herrschaft der Briten abzuwerfen, vertrieben und ermordeten die Europäer. Am 20. Sept. 1857 wurde die Stadt von den englischen Truppen gestürmt und der letzte Scheingroßmogul Mohammed Bahadur Schah II. nach Rangun verbannt. Über die zahlreichen Baudenkmäler in D. vgl. »Archaeological Survey of India«, Bd. 1 u. 4 (Kalkutta 1871–74); E. Schlagintweit, Indien in Wort und Bild (2. Aufl., Leipz. 1889); Panshawe, D., past and present (Lond. 1902); »D. 1857; the siege, assault, and capture as given in diary and correspondence of late Col. Keith Young« (das. 1902).

2) Portug. Besitzung auf Timor, s. Deli 2).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 586-587.
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