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Baseler Konzil

[422] Baseler Konzil, die letzte der großen Kirchenversammlungen des 15. Jahrh., auf der reformatorische Tendenzen mit Kraft und Nachdruck geltend gemacht wurden, 23. Juli 1431 im Namen des Papstes Cugen IV. eröffnet. Auch die Böhmen wurden zur Teilnahme an den Verhandlungen berufen, um sie vermittelst friedlicher Besprechung in den Schoß der Kirche zurückzuführen. Erst 14. Dez. fand die erste Session statt, in welcher Ausrottung der Ketzereien, Vereinigung aller christlichen Völker in der allgemeinen katholischen Kirche, Beilegung der Kriege zwischen christlichen Fürsten und eine Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern als Zweck der Versammlung beschlossen wurden. Diese Tendenzen erfüllten den Papst mit solchen Besorgnissen, daß er schon 18. Dez. unter nichtigen Vorwänden das Konzil auflöste und nach anderthalb Jahren nach Bologna berief. Allein von Fürsten und Bischöfen ermutigt, widerstanden die Väter des Konzils allen Drohungen und Strafdekreten des Papstes und erklärten in der zweiten Sitzung (15. Febr. 1432) ausdrücklich, daß eine rechtmäßige Kirchenversammlung von niemand, auch nicht vom Papst aufgelöst werden dürfe. In der dritten Sitzung (29. April 1432) erging eine Ladung an den Papst, die Auflösung zurückzunehmen und binnen 3 Monaten vor dem Konzil sich zu stellen. Vergeblich protestierten die päpstlichen Gesandten, als das Konzil die Rechte der Versammlung immer mehr erweiterte und sicherte, sogar in der achten Sitzung (18. Dez. 1432) eine letzte Frist stellte, nach welcher der Absetzungsprozeß eröffnet werden sollte. Eugen, zugleich von den Römern bedrängt, mußte nachgeben. Inzwischen hatte sich das Konzil eine neue, zweckmäßige Geschäftsordnung gegeben. Es sollte nicht wieder, wie in Konstanz, nach Nationen abgestimmt werden, sondern aus allen Nationen und Rangstufen wurden vier Deputationen (für Glaubensangelegenheiten, Friedensangelegenheiten, Kirchenreform, Konziliengeschäfte) gebildet, welche die Beschlüsse der Generalversammlung vorzubereiten hatten. Die Aussöhnung mit den Böhmen betrieb das Konzil mit großem und erfolgreichem Eifer. Auf eine zweite milde Einladung erschienen endlich Anfang Januar 1433 böhmische Abgeordnete, durch einen Geleitsbrief des Konzils gesichert, zu Basel. Aber trotz monatelanger Disputationen kam eine Vereinigung noch nicht zustande; die Böhmen verließen Basel wieder, und erst 30. Nov. 1433 wurden durch Abgesandte des Konzils die Prager Kompaktaten (auch Baseler Kompaktaten genannt) mit den Kalixtinern, der gemäßigtsten und zahlreichsten Partei der Hussiten (s. d.), abgeschlossen.

Durch die bisherigen Erfolge ermutigt, schritt die Versammlung zu der seit langer Zeit sehnlichst begehrten durchgreifenden Kirchenreformation. In der 20. Sitzung (22. Jan. 1435) wurde das eigentliche Reformationswerk damit begonnen, daß strenge Verfügungen gegen das Konkubinat der Kleriker, gegen vorschnelle Verhängung des Interdikts und gegen leichtsinnige Appellationen erlassen wurden. In der 21. Sitzung (9. Juni) wurden die Annaten (s. d.) unter Androhung der auf die Simonie gesetzten Strafen verboten. In der 23. Sitzung (25. März 1436) schritt die Versammlung zur Reformation des päpstlichen Stuhles, des Kardinalkollegiums und ihrer Gerechtsame. Dieses rücksichtslose Vorgehen rief aber im Konzil selbst eine römische Partei hervor, indem die Prälaten durch das Übergewicht der demokratischen (französischen) Partei unter dem Kardinal Louis d'Allemand ihre eigne Stellung gefährdet sahen. Der Zwiespalt zwischen Papst und Konzilsvätern brach aus, als die Griechen die Vereinigung mit der römischen Kirche zur Sprache brachten und der Papst Ferrara, die Konzilspartei aber Basel oder Avignon zum Verhandlungsort forderte. Das Konzil beschied in der 26. Sitzung (31. Juli 1437) Eugen IV. zur Verantwortung vor, und in der 28. Sitzung (1. Okt.) nahm der Prozeß gegen denselben seinen Anfang. Der Papst aber hatte unterdessen das Konzil von Basel nach Ferrara verlegt und ließ seine Synode 8. Jan. 1438 hier eröffnen. Die Folge dieses Schrittes war, daß das[422] B. K. in der 31. Sitzung (24. Jan.) den Papst von seinem Amt suspendierte. Dies war zugleich die letzte Sitzung, in der noch einige reformatorische Beschlüsse gefaßt wurden. Von jetzt an wurde die Tätigkeit der Versammlung ausschließlich von den Streitigkeiten mit dem Papst in Anspruch genommen. Im Interesse der weltlichen Fürsten lag es, ihren Landeskirchen die Baseler Reformationsbeschlüsse zu sichern, zugleich aber das drohende Schisma abzuwenden. König Karl VII. von Frankreich ließ demnach durch die Pragmatische Sanktion (s. d.) von Bourges die reformatorischen Beschlüsse des Konzils von der französischen Kirche annehmen. In Deutschland kamen trotz der vom Reich zwischen Papst und Konzil beobachteten Neutralität durch eine 26. März 1439 von Kaiser und Reich zu Mainz vollzogene Akzeptationsurkunde die von den Baselern erkämpften Vorteile mit wenigen Einschränkungen ebenfalls zur Geltung. Das Konzil aber schritt auf der betretenen Bahn entschlossen vor, sprach in der 34. Sitzung (25. Juni 1439) nach heftigen Debatten über Eugen IV. das Absetzungsurteil aus und ließ durch ein von ihm zusammengesetztes Konklave einen neuen Papst, Herzog Amadeus von Savoyen, als Felix V. wählen (5. Nov. 1439). Dieser fand nur von seiten der Schweiz Anerkennung. Selbst das Konzil geriet mit dem neuen Papst in heftigen Streit, da beide Teile sich in ihren gegenseitigen Erwartungen getäuscht sahen. Die schnell zur Ohnmacht herabgesunkene Versammlung hielt 16. Mai 1443 ihre 45. und letzte Sitzung, worin Lyon zum Versammlungsort eines neuen, binnen 3 Jahren zu berufenden Konzils bestimmt, für jetzt aber die Versammlung zu ihrer größern Sicherheit nach Lausanne verlegt wurde. Aber nur wenige von den in Basel versammelt gewesenen Vätern hielten noch eine Zeitlang in Lausanne aus. Die Spaltung endete 1449 mit der Annahme der von Nikolaus V, dargebotenen Friedensbulle und der freiwilligen Auflösung der Versammlung. Felix V. legte seine Würde 1449 nieder und wurde Kardinal. Den Konzilsvätern ließ der heilige Vater Verzeihung angedeihen. So endigte auch der letzte Versuch, die alte Kirche auf ihren bisherigen Grundlagen zu reformieren. Das wenige, was gewonnen war, wußte ein sein angelegtes Ränkespiel durch das Wiener Konkordat 1448 der deutschen Nation von neuem zu entziehen. Vgl. v. Wessenberg, Die großen Kirchenversammlungen, Bd. 2 (Konst. 1845); Hefele, Konziliengeschichte, Bd. 7 (Freiburg 1869); Voigt, Enea Silvio de' Piccolomini als Papst Pius II. und sein Zeitalter, Bd. 1 (Berl. 1856); Abert, Papst Eugen IV. (Mainz 1885); »Concilium Basiliense. Studien und Quellen zur Geschichte des Konzils von Basel«, hrsg. von Haller (Bas. 1896–1900, Bd. 1–3).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 422-423.
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