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Münzverschlechterung

[273] Münzverschlechterung, im Unterschiede von Münzfälschung auf dem Wege privaten Verbrechens und von der heimlich geübten oder gestalteten Prägung schlechter Münzen (vgl. Heckmünzen) unter angemaßter Obrigkeit die von der Staatsgewalt selbst betriebene Massenprägung mit Verletzung des gültigen Münzfußes. Selten aus Habgier der Regierenden unternommen, sondern fast immer ein Erzeugnis bitterer Verlegenheit, wenn weder Steuererhöhungen noch Anleihen Geld genug zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse beschaffen konnten, bringt M. allemal durch die Wertverminderung der allgemein anerkannten Zahlungsmittel eine Verwirrung in den Preisen und damit zunächst im Handel, bald aber im gesamten Volksvermögen hervor, schlimmer als der Aufschub staatlicher Zahlungsverpflichtungen gegen Anweisung auf einen spätern Termin. Die alten vollwichtigen Münzen verschwinden aus dem Verkehr trotz der härtesten Strafandrohungen, zahlreiche Rechtsstreitigkeiten brechen aus, der Kredit im Auslande wird unterbunden und den Landesangehörigen nur noch zu drückenden Bedingungen gewährt, das verarmende Land verliert die Fähigkeit zu Kulturverbesserungen, und am Ende pflegt unter einmaligen großen Opfern einzig der Übergang zu einem geringern Münzfuße Rettung zu bringen. Eine besonders in Frankreich vor der Revolution üblich gewesene M. mittels äußerster Ausnutzung des gesetzlichen Remediums der Einzelstücke für die gesamte Münzauslieferung verschleiert zwar längere Zeit die Verletzung des Münzfußes, wird jedoch verderblich, wenn die Einziehung und Umprägung gar zu leicht gewordener Stücke unterbleibt; während des Mittelalters hat die Aussaigerung der am schwersten geratenen Stücke noch in der Münzstube für durchaus statthaft gegolten. Eine gröbere und deshalb für Geldhändler, die sich daran bereichern, leicht erkennbare M. besteht in Verminderung des Feingehaltes bei gleichem Rauhgewicht und vergrößerter Dicke oder (in stark legierten Sorten) bei wenig veränderter Gestalt und vermindertem Gewicht; zur republikanischen Zeit Roms sah man Zahlungen an Fremde mit übersilberten Münzen aus kupfernem Kern (numi subaerati) als erlaubte List an. Vielleicht noch häufiger ist massenhafte Ausprägung der Scheidemünzen, die bloß zur Ausgleichung von Teilbeträgen bestimmt sind, mit zwar gesetzlichem, jedoch unterhalb des Münzfußes für Kurant (engl. legal tender) belassenem Schrot und Korn; wo dieses Hilfsmittel zur Anwendung kommt, was namentlich in Südamerika Regel geworden war, stellt sich meistens einfache Papierwährung ein. In Deutschland und Italien, weniger in Frankreich, hat im spätern Mittelalter und in den folgenden Jahrhunderten eine unvernünftige Verleihung der Münzgerechtigkeit an zahllose Gebietsherren und Städte wesentlich zur M. beigetragen, indem der Vertrieb minderhaltiger Silbermünzen aus den benachbarten in das eigne Gebiet dessen vollwichtige Münzen verscheuchte und dadurch sogar rechtlich gesinnte Münzherren bewog, ihre Prägung ebenfalls zu verschlechtern. Andre Beweggründe zur M. gaben die häufige Beschränkung der Gültigkeit von Münzen auf die Dauer eines Jahres und die Verpachtung der Münzgerechtigkeit an Unternehmer, die der Münzherr lieber als sich selbst der Verachtung preisgab. Das bekannteste Beispiel der M. liefert die Geschichte der römischen Imperatorenzeit; läßt man die Goldmünzen wegen des veränderlichen Wertverhältnisses zum Silber beiseite, so bleibt zu erwähnen, daß aus einer Libra reinen oder doch wider Willen mit Beimischung versehenen Silbers statt 84 oder seit Nero 96 Denarii von Trajan ab ihrer 120 geprägt wurden, im J. 193 eine Legierung mit 2/3 und bald nachher unter Septimius Severus mit 1/2 oder weniger, unter Alexander Severus mit 1/3 und unter Jordanus III. mit 1/5 Silber bei Festhaltung des Gewichtes eintrat. Gallienus ging zur Versilberung von Kupferdenaren mit 50, Claudius Gothicus mit 25, Aurelianus mit 20 Tausendteilen über, und dessen Nachfolger verzinnten sie bloß, bis Diokletian den Silberdenar Trajans wieder herstellte. Während solche in Handel und Wandel tief eingreifende Verletzungen des Gesetzes hauptsächlich dem eignen Volke verderblich wurden, betrachtete Friedrich d. Gr. im Siebenjährigen Krieg es als erlaubte Feindseligkeit gegen Kurfürsten und Volk von Sachsen, daß er mit erbeuteten Stempeln in Leipzig sehr geringhaltige Münzen (Ephraimiten) anfertigen ließ. Das üble Beispiel der Fälschung hat danach mehrere Fürsten veranlaßt, mit preußischen Münzpächtern geheime Abreden über die Fälschung der eignen Landesmünzen zu treffen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 273.
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