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Farben [5]

[611] Farben , keramische. Die eigentliche Tonsubstanz, bestehend aus kieselsaurem Aluminiumoxyd mit zwei Molekülen Wasser, Al2O3 2SiO2 2H2O, nimmt im Feuer eine reinweiße Farbe an, wobei die Stärke des Brandes (Brenntemperatur) ohne Einfluß ist; sie ist jedoch meistens durch Beimengung verschiedener Oxyde und andrer Verbindungen verunreinigt, die eine andre Färbung der Tone im Feuer hervorbringen. Es sind namentlich die Oxyde des Eisens und Mangans die Begleiter der Tone in der Natur. Je nach der Menge dieser Oxyde, der Menge und Art der in den Tonen enthaltenen andern Verunreinigungen kann die Farbe der gebrannten Ware eine verschiedene fein; außerdem ist dieselbe aber noch von der Höhe des Brenngrades sowie von der Beschaffenheit des Feuers, dem sie ausgesetzt war, abhängig.

Um eine bestimmte Brandsache zu erhalten, die dem Tone von Natur aus nicht zukommt, setzt man demselben die bezüglichen Oxyde in geeignetem Verhältnis zu. Für die gewöhnliche [611] Ziegel- und Tonwarenfabrikation geschieht dies dadurch, daß man zwei oder mehrere Tone, von denen der eine zu viel, der andre zu wenig des färbenden Oxydes enthält, zusammenmischt. Für bessere Waren werden färbende Oxyde selbst zugesetzt, wenn der Scherben in der ganzen Stärke oder doch in der obersten, zur Ansicht und Abnutzung kommenden Schicht gefärbt sein muß, wie dies z.B. bei der Fabrikation der Mettlacher Platten der Fall ist; auch legt man auf den Scherben eine anders gefärbte. Schicht auf oder stellt die Färbung lediglich durch Bemalen her, wie dies bei den reichdekorierten Porzellanwaren geschieht. Durch das Auflegen anders gefärbter Schichten auf den rohen oder gebrannten Scherben (s. Engobe und Glasuren) wird die Farbenmenge, die zur Erzielung einer bestimmten Brandsache nötig ist, erheblich vermindert und damit also auch der Aufwand für die Fabrikation.

An Farben für keramische Waren, die im Feuer selbst erzeugt, nicht etwa später aufgemalt werden sollen, wie dies bei den Siderolithwaren und ähnlichen der Fall ist, finden in erster Linie Metalloxyde Verwendung; hierbei ist aber zu beachten, daß nur sehr wenige Oxyde eine hohe Temperatur aushalten, ohne ihre Farbe zu verändern; die meisten zersetzen sich in hohen Temperaturen und geben dann ganz andre Farben als dieselben Oxyde bei niederen Temperaturen.

Die aufzumalenden, im Feuer aufzubrennenden Farben müssen folgende Eigenschaften haben: sie müssen fest auf dem Gegenstand haften, auf den sie aufgetragen werden, dürfen weder vom Wasser noch der Luft, noch den in der Luft enthaltenen Gasen angegriffen werden, müssen ferner durch Zusatz von Flußmitteln so zusammengesetzt sein, daß sie bei einer bestimmten Temperatur schmelzen und hierbei die gewünschte Farbe erhalten, sie müssen endlich sich beim Erhitzen und Erkalten in demselben Verhältnis ausdehnen und zusammenziehen wie die Masse, auf die sie aufgetragen sind.

Je nach den Hitzegraden, die zur Entwicklung einer bestimmten Farbe erforderlich sind, unterscheidet man weiche oder Muffelfarben, harte oder Ofenfarben und Gut- oder Scharffeuerfarben. Die beiden ersten können nur auf der Glasur angewendet werden, während die Scharffeuerfarben auch unter der Glasur zur Anwendung gelangen. Letztere geben meist nicht so lebhafte und intensive Töne wie die Muffelfarben, die bei einer viel niedrigeren Temperatur aufgebrannt werden; diese sind daher als die eigentlichen Dekorationsfarben für das Porzellan zu betrachten.

Als Farbe, die unter Glasur auch auf diejenigen Porzellanwaren, welche die höchsten Temperaturen zum Garbrand erfordern, angewendet werden kann, ist in erster Linie das Kobaltoxyd zu nennen, das eine licht- bis dunkelblaue Farbe gibt, die unter gewissen Modifikationen bis in Dunkelgrau übergeht. Außer dieser blauen Farbe sind die Oxyde des Antimons, Chroms, Mangans und Urans unter Glasur zu verwenden, obschon letztere nicht die vielseitige Anwendung finden wie das Kobaltoxyd. Die Beschränkung der Palette für die Scharffeuerfarben hat dazu geführt, Porzellanmassen zusammenzusetzen, die bei niederer Temperatur glasiert werden können (japanisches Porzellan, Weichporzellan von Sèvres, Seger-Porzellan von Berlin u. dergl.); s. Tonwaren (Porzellan).

Die in der Keramik hauptsächlich zur Anwendung gelangenden Farben sind: Chromoxyd grün; Eisenoxyd gelb, rot, braun, schwarz, grau; Uranoxyd gelb, schwarz; Manganoxyd violett, braun, schwarz; Antimonoxyd und antimonsaures Kali gelb; Kobaltoxyd und kohlensaures Kobaltoxyd blau, grauschwarz; Kupferoxydul rot; Kupferoxyd grün; Titanoxyd gelb; chromsaures Eisenoxydul braun bis schwarz; chromsaures Bleioxyd und chromsaurer Baryt gelb, Zinnoxyd weiß; außerdem werden noch schwefelsaures Eisenoxydul, Tonerdehydrat, Umbra, Sepia, Siena, gelber und roter Ocker sowie verschiedene andre Stoffe als Farben verwendet. Zinkoxyd und andre Zinkverbindungen, die an und für sich farblose Gläser geben, werden zum Beleben von grünen, gelben und blauen Farben angewendet. – Die durch die Metalloxyde hervorzubringenden Farbentöne variieren oft sehr, je nach der Ofenatmosphäre, der das zu färbende Stück während des Brennens ausgesetzt war (s. Flamme, oxydierende und reduzierende); so gibt z.B. Chromoxyd, in einer reduzierenden Flamme gebrannt, Lichtblau, in einer neutralen Chromgrün und in einer oxydierenden Grün, das bei Abendlicht einen Purpurschimmer zeigt. Uranoxyd gibt gelbe, dunkelgrüne und braunrote Farben in den entsprechenden Flammen. – Als chemisch reine Verbindungen werden die vorstehend genannten Oxyde nur zur Dekoration für Porzellan und seines Steingut verwendet; zum Bemalen des gewöhnlichen Töpfergeschirrs nimmt man auch weniger reine Materialien, z.B. statt des Eisenoxydes Ocker, statt des Manganoxydes Braunstein, statt des Kupferoxydes Kupferasche u.s.w. – Außer den Oxyden finden die reinen Edelmetalle, Gold, Platin und Silber als Farben zur Verzierung von Tonwaren Verwendung. Man benutzt hierzu entweder die reinen Metalle in feinst verteiltem Zustande, welchem Pulver geringe Mengen von Flußmitteln zugegeben werden, um das Haften an der zu dekorierenden Ware zu ermöglichen oder man wendet Metallsalze an, die im Feuer unter Zurücklassung der reinen Metalle sich zersetzen. Die erstere Art der Vergoldung, Versilberung u.s.w. ist die solidere und sollte für alle solche Waren, die einem stärkeren Gebrauch unterworfen sind, ausschließlich angewendet werden; die Dekorierung unter Benutzung von Metallsalzen (Glanzgold, -platin, -silber) ist insofern für Gebrauchsgeschirre nicht zu empfehlen, als die deckende Metallschicht an und für sich nur sehr schwach ist und schon aus diesem Grunde leicht abgerieben wird, außerdem aber aus Anlaß des Entweichens der Säuren die einzelnen Moleküle selbst nicht so fest aneinander gelagert sind (s. Keramik und Tonwaren).


Literatur: Sprechsaal, Coburg 1868 u. folg. Jahrgänge; Deutsche Töpfer- u. Zieglerztg. 1870 u.ff.; Langenbeck, Karl, The Chemistry of Pottery, Easton, Pa., 1895.

Dümmler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 611-612.
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