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Griechenland (Moden)

[43] Griechenland (Moden). (Moden.) Moden in dem Sinne, wie wir dieß Wort gebrauchen, d. h. der rasche Wechsel, in Form und Stoff, finden sich bei den Völkern der Vorzeit nur selten, und obgleich, vorzüglich der feingebildete Grieche, gern die einfachen Gewohnheiten seiner Vorfahren gegen die Pracht der von ihm besiegten Orientalen vertauschte, so beschränkte sich dieß doch meistens nur auf Luxus in den Wohnungen und auf köstlichere Stoffe für die Kleidung, ohne diese selbst ihrer Form nach, bedeutend zu ändern. Weite, faltige Gewänder, die den Gliedern die freieste und folglich die bequemste Bewegung erlauben, sind noch heut das Erforderniß wärmerer Gegenden und die Reisenden begegnen ihnen[43] überall, wo die glühendere Sonne eine leichte, so wenig wie möglich anliegende Bedeckung zum Gesetz macht. Auch Griechenlands fast immer wolkenloser Himmel bedingte dieß zur Tracht der Bewohner des einst so blühenden Landes, und nöthigte sie ihre natürliche Schönheit nur wenig zu verhüllen. Göttergestalten, ähnlich den Statuen von Bronze und Marmor, die wir als Modelle der Kunst einer längst entschwundenen Zeit in unsern kalten Schausälen anstaunen, wandelten ehemals vielleicht lebensfroh und warm in den säulen- und tempelreichen Städten von Hellas, oder am Ufer seiner jetzt mit ihrem Ruhme versiegten Flüsse; denn der griechische Künstler arbeitete nach dem Leben und seine Bildwerke zeigen uns klar, wie herrlich die Natur den Heros und die Charis schuf und wie der gute Geschmack die lustigen Hüllen der vollkommenen Körper ordnete. Ein reich gefaltetes Untergewand Chiton bestehend aus zwei länglich viereckigen Blättern, die nach dem Saume zu breiter wurden und von da an bis an den Gürtel zusammengenäht waren, bildete das erste Kleidungsstück der Frauen, und zierliche Hefte oder Agraffen hielten es beliebig auf den Achseln fest. Selten füllten Aermel die Oeffnungen für die Arme, und war es der Fall, so waren diese sehr kurz oder der Länge nach offen und in bestimmten Zwischenräumen von Knöpfchen u. dergl. gehalten, damit das Nackende durchscheine. Dieser Umstand so wie die Länge des Gewandes, welches die Statuen zuweilen auch bauschig über den Gürtel herabfallend zeigen, blieb wahrscheinlich dem Willen und Geschmacke einer Jeden überlassen, und etwas Aehnliches geschah wohl ebenfalls mit der kleinen auf die Hüften tiefer, als nach vorn herabhängenden, einem weiten Kamisole ohne Aermel gleichenden Mantille, die man an Jenen mitunter über einer Art Rock sieht. Die Antiope auf Basreliefs der Villen Borghese und Albani, erscheint so bekleidet und die in der Villa Medicis aufgestellten Töchter der Niobe, unterscheiden sich wiederum, indem die Eine ein bis auf die Füße herabhängendes Untergewand ohne[44] Aermel, das vorn über der Brust ausgeschnitten ist, und die Andere ein ganz zusammengenähtes und um den Hals befestigtes mit Aermeln trägt. An einer Pallas ebendaselbst, sieht man eine dritte Art des Chiton, welches in ungewöhnlicher Weite über die Schultern fallt und den Oberarm deckt, während die übrigen Falten auf den Gürtel sinken. Vielfach sehen wir auch Göttinnen und Nymphen mit dem über die rechte Schulter gesunkenen, die Brust entblößenden Untergewande, doch mag dieß sicher nicht durchgängig Gebrauch gewesen, sondern nur bei gewissen Klassen, z. B. den Amazonen, Sitte gewesen sein. Den spartanischen Mädchen, deren Erziehung bekanntlich eine sehr freie, fast männliche war, gebot die Sitte eine noch mehr enthüllende Tracht, indem sie ihr Chiton vom Saume bis zu den Husten an beiden Seiten offen tragen mußten, auch kannte man damals schon unsere Falbeln, die demnach eine der ältesten Garnituren sind. Das Unterkleid schloß sich vermittelst eines Gürtels, Zona, der unter der Brust angelegt und gemeiniglich zusammengebunden wurde, an den Körper. Das Strophium war eine zweite Binde, die man unter der Kleidung trug, und welche zum Stützen der Taille diente, ungefähr wie unsere Corsets und Mieder. In der Antikensammlung zu Dresden befindet sich eine Venus, die einen sehr dünnen Schleier, gleich diesem Strophium um den sonst ganz unbedeckten Oberkörper geschlagen hat. Bei einer Tochter der Niobe dient dagegen ein Band, das hinter dem Halse angelegt, sich vorwärts ziehend, unter beiden Armen herunterfällt und dadurch den obern Theil des Gewandes, der sonst seines weiten Ausschnittes halber die Brust ganz offen lassen würde, fesselt, zum Gürtel und es ergiebt sich aus alledem, daß den schönen Griechinnen doch auch einiger Wechsel, um nicht zu sagen Mode, im Anbringen ihrer Toilettenstücke gefallen habe. Noch andere Figuren zeigen uns einen zweiten um den Unterleib angebrachten Gürtel, der indeß gewöhnlich nur solchen eigen ist, die bloß mit dem Untergewande, das er fester an dem Körper halt[45] bekleidet sind und dieß konnte damit nach Gefallen aufgeschürzt werden. Hebe, die flinke Göttermundschenkin, und die jagdlustige Diana sehen wir fast immer so vorgestellt, indem ihnen das ernste, die lebhafte Bewegung erschwerende Pallium fehlt. Dieser den Anzug vervollständigende Mantel war das eigentliche Unterscheidungsgewand der Griechen und die gelehrtesten Archäologen haben schon viel gestritten, von welcher Gestalt er eigentlich gewesen sei; dennoch geht aus dem Zeugniß der alten Schriftsteller selbst hervor, daß er aus einem mehr oder minder großen, länglichen Viereck mit abgerundeten Ecken an denen Eicheln oder Quästchen hingen, bestand. Die Art das Pallium zu tragen, und seine unzähligen Falten gebührlich zu ordnen, galt in Griechenland, und später auch zu Rom, für sehr wichtig und die Eleganten von Corinth und Athen übten sich dieß gewiß eben so sorglich ein, wie noch vor wenig Jahren die modernen Zierlinge sich abquälten die Faltenmasse ihrer Carbonarimäntel auf gut italienisch zu tragen und graziös damit einher zu stolziren. Die Shawls um 1800 erregten denselben Eifer unter Frankreichs Frauen und ihren Nachahmerinnen: schwerlich möchte es aber irgend einer neuen Mode gelingen die Kunst der Alten in der Draperie zu erreichen. Wer es für möglich hält, der sehe die Herculanerinnen im Antikencabinet zu Dresden und lege die Siegespalme zu ihren Füßen. Das Pallium war wie das Chiton beiden Geschlechtern gemein, doch besaßen die Männer noch ausserdem die später adoptirte Chlamys, den Kriegs- auch Königsmantel, und die Frauen das Peplum, einen schleierartigen Ueberwurf, der öfters mit einer Agraffe befestigt wurde. Es war aus feineren Stoffe als das Pallium und darf doch auch wieder nicht mit dem wirklichen Schleier, den die Antiken jedoch nur höchst selten und dann flatternd, nicht einhüllend zeigen, verwechselt werden. Zu den Hochzeitsgebräuchen gehörte allerdings das Verschleiern der Bräute, wie man auf dem unter der Beziehung so berühmten Wandgemälde zu Rom deutlich sieht; denn eine dünne, weiße [46] Hülle, nicht das Flammeum der Römerbraut, daß wie schon sein Name besagt, feuerfarben war, umfließt dort die Neuvermählte. Auf demselben Bilde nimmt man auch noch, und zwar an der niedlichen, so oft kopirten Citherspielerin, wahr, daß die Griechinnen schon ihr Haar, wie bei uns die Kinder, in farbige Netze, gleich der spanischen Redesilla, bargen; allein gewöhnlich wanden sie es in den bekannten, so mühselig und karikirt von Pariser Haarkünstlern kürzlich zurückgerufenen Knoten am Hinterkopfe zusammen. Locken, anders als die Natur sie in leichten der Flechte entschlüpften Ringen um Schläfe und Nacken kräuselt, kannte man nicht, sondern ein zierlicher, fast immer wellenartig geordneter Scheitel rahmte die edlen Gesichtsformen ein. Nur alte Frauen trugen eine seltsam gefaltete Haube Mitra, die man aber auch wunderlich genug an einigen Heldenstatuen sieht (beim Herkules mit Omphale leicht erklärlich), doch blieb die bloße Haarbedeckung immer die Allgemeine. Bei festlichen Gelegenheiten, Opfern und Mahlzeiten schmückten sich Männer und Frauen gern mit Kränzen um Stirn und Brust. Rosen und Epheu wählte man besonders dazu und der Ueberbringer einer frohen Neuigkeit war mit einem großen Kranze geziert, was man Blumenhüte tragen nannte. Farbige, vorzüglich purpurrothe Bänder band man oft um das Haupt und aus ihnen entstand die königliche Binde, welche sich bei den Frauen zunächst durch eine kleine über der Stirn emporragende Spitze zum Diadem gestaltete. Goldene Reise waren das Zeichen hoher Würde und Kronen von Palmblättern setzte man beim Isisdienste auf. Die Damen Athens pflegten übrigens einst goldene Heuschrecken als Putz in die Haare zu stecken und nur Freien, ursprünglich Landeseingebornen war dieß vergönnt. Des thessalischen Huts, dem der Quäker und amerikanischen Pflanzer ziemlich ähnlich, bediente man sich nur auf Reisen, auch ließen die Mädchen der Hauptstadt bei feierlichen Umgängen Sonnenschirme, beinahe wie die unsern über sich tragen. Goldner Schmuck in jenen Zeiten[47] äußerst selten, beschränkte sich zunächst auf Ringe in die man schön geschnittene Steine faßte, Halse und Armbänder. Bei Gestaltung der beiden Letztern zeigt sich die Schlangenform als eine besonders beliebte und Perlen wie Edelsteine erhöheten ihren Werth. Fußbänder, die hier und da auf alten Gemälden zu sehen sind, waren gemeiniglich nur Binden um die Knöchel, so wie auch Ohrgehänge nicht zu häufig erschienen. Ihre Formen, Ringe mit Pendetaques und dergleichen, ähneln denen unserer Tage vollkommen. Der Fuß der Griechin ward nie auf chinesisch-französische Art von Kindheit an in enge Schuhe gepreßt; aber es blieb ihm deßhalb auch die reine Naturform, welche sich unbekleidet auf der leichten, bandumschnürten Sohle (siehe Fußbekleidung) zeigen durfte. – Zu den Kleiderstoffen verwanden die alten Griechen ebenfalls schon Wolle, Flachs und Baumwolle und wenn die Seide äußerst theuer und selten war, so ersetzte sie in etwas das glänzende Kameelhaar. Aus Baumwolle wurden die feinsten Gewebe gefertigt, welche noch weißer als Leinwand gewesen sein sollen und zu alledem kam noch der köstliche Byblus oder Byssus, den man gewöhnlich für den allerzartesten Flachs hält, der demnach Battist gegeben haben dürfte. Im Farben und Verarbeiten der Materialien war man äußerst geschickt, doch galt Purpur stets für die vornehmste Farbe. Durchwirkte, mit Gold gestickte, selbst bemalte und farbig gefütterte Gewänder, trugen meistens nur Acteurs und leichtfertige Mädchen, doch waren sie auch als hochzeitliche und priesterliche Kleidung üblich.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 43-48.
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