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Auge

[122] Auge, das Sehorgan. Es besteht beim Menschen aus dem in der knöchernen Augenhöhle gelegenen rundlichen Augapfel und verschiedenen Schutzorganen desselben. Der Augapfel wird von den Augenmuskeln bewegt und vorn mit Ausschluß der Hornhaut von der auch die Innenseite der Augenlider überziehenden, zarten, durchscheinenden Augenbindehaut überzogen. Die Augenlider stellen eine Falte der äußern Haut dar, welcher ein halbmondförmiger flacher Augenlidknorpel ihre Gestalt gibt, während ihr freier Rand durch die Augenwimperhaare gegen mechan. Berührung und durch die fettige Hautschmiere absondernden Augenbutterdrüsen gegen das Austrocknen und Aufspringen der Haut geschützt wird. Außerdem sind die Augenbrauen und der vorspringende Rand der Augenhöhle noch Schutzorgane des A. Der von der Lederhaut (harten Haut, dem Weißen, Sclera, Sclerotĭca) umschlossene Augapfel selbst enthält die eigentlichen Sehorgane; vorn geht die Lederhaut in die uhrglasförmige, durchsichtige Hornhaut (Cornĕa), durch welche die Lichtstrahlen eindringen, über, hinter dieser liegt die ringförmige, grau, blau oder braun gefärbte Regenbogenfarbenhaut oder Iris, welche, durch Muskelfasern zusammengezogen oder erweitert, das in ihrem Mittelpunkt befindliche Sehloch, die Pupille, kleiner oder größer macht. Der Raum zwischen Hornhaut und Iris heißt die vordere Augenkammer und ist mit wässeriger Flüssigkeit erfüllt, welche sich auch hinter der Iris, zwischen dieser und der Vorderfläche der Linse, in der hintern Augenkammer, befindet. Hinter der Iris liegt die durchsichtige Augenlinse, welche gleich einem Brennglas die Lichtstrahlen bricht, auf eine kleine Fläche sammelt und durch den hinter ihr gelegenen durchsichtigen Glaskörper nach der hinter diesem gelegenen Netzhaut wirft. Im Hintergrund des A. tritt der aus dem Gehirn kommende Sehnerv durch die Lederhaut in den Augapfel ein und breitet sich an der innern hintern Fläche als Netzhaut (Retĭna) oder Nervenhaut aus. Diese besitzt neun Schichten, von denen die äußerste, das lichtempfindliche Organ, von feinen Stäbchen und Zapfen gebildet wird. Zwischen Lederhaut und Netzhaut befindet sich noch die weiche, gefäßreiche Aderhaut (Chorioidĕa), welche den Augapfel ernährt. Nach oben und außen liegt über dem Augapfel in der Augenhöhle die Tränendrüse, welche beständig eine salzhaltige Flüssigkeit, die Tränen, in geringer Menge, bei einem mechan. Reiz der Bindehaut sowie bei heftiger Gemütsbewegung in größerer Menge, absondert. Das Sehen kommt so zustande, daß auf der Netzhaut ein umgekehrtes Bild von den Gegenständen entsteht, welches die Nervenendigungen des Sehnerven reizt, der Reiz wird zum Gehirn geleitet, und dort, im Sehzentrum, welches im Hinterlappen des Großgehirns liegt, wird der Reiz in die Gesichtsvorstellung umgesetzt. Das gleichscharfe Sehen in der Nähe wie in der Ferne wird durch die Akkommodation (s. Akkommodationsvermögen) ermöglicht. Infolge des Baues des A. ist es möglich, auch Gegenstände, welche sich seitwärts befinden, zu sehen; die schärfsten Bilder erhält man aber von denen, welche gerade vor dem A. liegen und deren Bilder in der Gegend des gelben Flecks, der empfindlichsten Stelle der Netzhaut, entstehen. Durch einen verwickelten Apparat werden die Augäpfel so gestellt, daß in beiden von den Lichtstrahlen stets die gleichen Stellen getroffen werden. Bei Störungen hierin entstehen Doppelbilder. Die Eintrittsstelle des Sehnerven (Papille) ist unempfindlich für Lichteindrücke (blinder Fleck). Die Folge des Sehens mit zwei A. (des binokularen Sehens) ist, daß wir die Gegenstände als Körper und nicht als Flächen sehen, wie das z.B. bei Photographien der Fall ist. – Vgl. Leuckart, »Organologie des A.« (1875); Helmholz, »Physiol. Optik« (2. Aufl. 1896).

Die A. der Tiere sind entweder einfach, d.h. ähnlich wie das menschliche A. gebaut (auf dem Prinzip der Camera obscura beruhend), oder zusammengesetzt (Facetten-A., Netz-A.), d.h. aus zahlreichen kegel- bis pyramidenförmigen, durch Pigmentschichten getrennten Stäbchen bestehend, an die die Sehnervenfasern herantreten. Das zusammengesetzte A. vermittelt Musivisches Sehen (s.d.)

Ein künstliches A., gefertigt aus Glas, Email, Zelluloid, bietet äußern Ersatz für ein verlorenes A. und Schutz für einen Augenstumpf. – Vgl. Klaunig (1883).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 122.
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