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Galilei

Galilei

[134] Galilēi (Galileo), der vorzüglichste Begründer der neuern streng wissenschaftlichen Naturwissenschaften, war geb. 1564 zu Pisa, der Sohn eines florent.

Edelmannes, Vincenzo Galilei. Trefflich vorbereitet, ging er 1581 auf die Universität zu Pisa und studirte daselbst Arzneiwissenschaft und Aristotelische Philosophie. Mit scharfer Beobachtungsgabe von der Natur beschenkt, mit einem freien gebildeten Geiste, der sich weder durch Misverständnisse falscher Religiosität noch durch herkömmliche Schulweisheit befangen und irre leiten ließ, machte er bald die glänzendsten Entdeckungen. So soll er schon als Jüngling von 19 Jahren durch die Schwingungen einer von der Decke herabhangenden Lampe im Dom zu Pisa auf die Bemerkung geführt worden sein, daß die Schwingungen eines freischwingenden Körpers fortwährend in gleichen Zeiten sich vollenden, eine Entdeckung, auf welcher die Lehre vom Pendel und alle die unzähligen Anwendungen dieses wichtigen Instrumentes beruhen. Nächst den Naturwissenschaften zog ihn am meisten die Mathematik an, und so große Fortschritte machte er in dieser Wissenschaft, daß er schon 1589 das Amt eines Professors der Physik zu Pisa bekleidete. Um diese Zeit machte er auch die Entdeckung, daß alle Körper gleich schnell fallen, welches auch ihre natürliche Beschaffenheit sein mag (s. Fall), und stellte vor einer großen Menge von Zuschauern diese Entdeckung bestätigende Versuche an, welche um so größeres Aufsehen machte, da sie mit der täglichen Erfahrung scheinbar im völligen Widerspruche stand. Die Anhänger der alten Gelehrsamkeit verfolgten G. für seine großen Entdeckungen mit solchem Eifer, daß er sich genöthigt sah, seine Professur schon nach zwei Jahren niederzulegen Er fand indeß schon 1592 eine neue Anstellung als Lehrer der Mathematik zu Padua. Neue Entdeckungen verbreiteten seinen Ruf bald über die ganze gebildete Welt und zogen aus allen Gegenden Schüler zu ihm. Er entdeckte auch die übrigen Gesetze des freien Falls, den Proportionalcirkel, nach Einigen auch den Thermometer, machte magnetische Beobachtungen und construirte nach unbestimmten An. gaben das Fernrohr (s.d.) in der Einrichtung, welche noch jetzt nach ihm den Namen trägt. Mit diesem beobachtete er den Himmel und fand reiche Gelegenheit zu den geistvollsten Bemerkungen. Er sah die Unebenheit der Mondoberfläche, entdeckte die Monde des Jupiter (7. Jan. 1610), den Ring des Saturn, die Flecken und die Umdrehung der Sonne u.s.w. Da berief Herzog Cosmus II. 1610 G. als ersten Professor der Mathematik nach Pisa, mit der Erlaubniß, so oft er wolle, auch an einem andern Orte seinen Wohnsitz nehmen zu dürfen. G. entdeckte nun, daß die Planeten Mercur und Venus ähnliche Lichtwechsel wie der Mond zeigten, woraus auf das Unfehlbarste die Richtigkeit des Kopernicanischen [134] Weltsystems (s. Kopernicus) sich ergab. Bekanntlich lehrt dieses, daß die Sonne stillstehe, die Erde wie die übrigen Planeten dagegen sich um dieselbe herum bewege. Diese Lehre stand scheinbar im Widerspruche mit dem Anrufe Josua's: »Sonne steh still«, von dem die Bibel erzählt (Jos. X, 12), und diesen Umstand benutzten die Feinde G.'s, ihn zu verketzern, als habe er es mit seiner Lehre auf Umsturz der christlichen Religion abgesehen. G. mußte sich in Rom vertheidigen und zuletzt versprechen, weder in Worten noch Schriften seine Lehre weiter zu verbreiten. Durch eine literarische Streitigkeit lud G. auch noch den Haß der Jesuiten auf sich. Er hatte ein Werk geschrieben, in dem drei Personen sprechend auftreten, von denen die eine das alte (Ptolemäische), die andere das neue (Kopernicanische) Sonnensystem vertheidigt, während die dritte, ein einfältiger Mensch, Simplicio, das Urtheil spricht, – und begab sich selbst nach Rom, vom Papste Urban VIII., der ihn sehr hoch schätzte, die Erlaubniß zum Druck zu erlangen. Er erhielt sie und 1632 erschien das Buch in Florenz. Alle Feinde des G. fielen über dasselbe her und brachten auch den Papst auf ihre Seite, indem sie ihn beredeten, G. habe sich über ihn selbst, der den Druck eines so gefährlichen Werkes erlaubt, lustig gemacht, indem er ihn in der Person des Simplicio dargestellt. G. wurde 1633 vor das Inquisitionsgericht nach Rom berufen, mußte mehre Monate im Gefängniß schmachten und dann knieend, die Hand auf das Evangelium gelegt, die von ihm wissenschaftlich erkannte und bewiesene Wahrheit abschwören. Aber so groß soll die Gewißheit der Wahrheit und der Unwille über die eben ausgesprochene Unwahrheit in ihm gewesen sein, daß er nach dem Schwure sich erhebend, mit dem Fuße aufgestampft und gesagt haben soll: »Und doch bewegt sie sich« (die Erde). Er sollte noch auf unbestimmte Zeit im Kerker der Inquisition bleiben, erhielt jedoch bald die Erlaubniß, im bischöflichen Palast zu Siena und dann im Kirchspiel Arceti bei Florenz sich aufzuhalten. Er hörte im Greisenalter nicht auf zu forschen und zu sinnen, machte noch mehre großartige Entdeckungen und schrieb zwei ewig denkwürdige Werke über die Bewegung. Zuletzt wurde er blind, taub, litt an Schlaflosigkeit und Gliederschmerz und starb endlich am 8. Jan. 1642, worauf er in der Kirche Sta.-Croce zu Florenz beigesetzt wurde. Sein Grab schmückt jetzt ein herrliches Denkmal.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 134-135.
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