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Bach

Bach

[163] Bach (Joh. Sebastian), einer der größten deutschen Componisten, Orgel- und Claviervirtuosen des vorigen Jahrh., geb. 21. März 1685 in Eisenach, war ein Sohn des Hof- und Rathsmusikus Joh. Ambrosius B., welcher der Religion wegen aus Ungarn auswanderte.

B. verlor frühzeitig [163] seine Ältern und kam zu seinem ältern Bruder, Joh. Christoph, Organisten in Ohrdruff, wo er den ersten Clavierunterricht erhielt und die Musik so lieb gewann, daß er sich ihr mit dem größten Eifer hingab. So erzählt man, daß er ein Notenbuch, welches er durch keine Bitten von seinem Bruder erhalten konnte, entwendete, um es beim Mondschein abzuschreiben. Nach seines Bruders Tode kam B. auf das Gymnasium nach Lüneburg, wo er unermüdlich Musik trieb und die Gelegenheit benutzte, den berühmten Organisten Reinke im nahen Hamburg zu hören. Achtzehn Jahre alt, ging er als Hofmusikus nach Weimar und im nächsten Jahre als Organist nach Arnstadt. Hier war es, wo er durch eigne Kraft und das Studium der Werke ausgezeichneter Meister sich zum großen Componisten und vollendeten Organisten ausbildete. Im J. 1707 wurde er Organist in Mühlhausen, im Jahre darauf Hoforganist zu Weimar, wo ein großer Theil seiner Orgelcompositionen entstand, und 1714 Concertmeister. Als er um diese Zeit in Dresden den berühmtesten franz. Organisten, Marchand, hörte, bot er demselben einen Wettstreit an, der im Hause eines Ministers vor sich gehen sollte. Die zahlreich dazu versammelte Gesellschaft hörte aber nur B.'s kunstreiches Spiel, denn der Franzose hatte es vorgezogen, schnell abzureisen. Dem Rufe als Kapellmeister des Fürsten von Anhalt-Köthen folgte B. 1717 und besuchte als solcher noch einmal den beinahe 100jährigen Reinke in Hamburg, wo er sich in der Katharinenkirche hören ließ. Reinke feierte B.'s Meisterschaft mit den Worten: »Ich glaubte, diese Kunst wäre gestorben, allein ich sehe, daß sie in Ihnen noch lebt.« Im J. 1723 nahm er die Stelle als Cantor und Musikdirector an der Thomasschule in Leipzig an, wo er bald nachher vom damaligen Herzoge von Weißenfels den Titel als Kapellmeister und 1736 von seinem Landesherrn den eines Hofcomponisten erhielt. Als er 1747 in Potsdam Gelegenheit hatte, sich vor Friedrich dem Großen hören zu lassen, gab ihm der König selbst das Thema zur Fuge, und verlangte nach dessen vortrefflicher Ausführung noch eine sechsstimmige Fuge von ihm, welchen Wunsch B. auf der Stelle nach einem selbstgewählten Thema mit seiner ganzen Meisterschaft erfüllte. In Fugenmelodien war er überhaupt am Originellsten und entwickelte aus wenig Noten die herrlichsten Sätze. Bald nach seiner Rückkehr nach Leipzig wurde er sehr leidend, eine an den Augen vorgenommene Cur und Operation mislang, und völlig erblindet beschloß er am 28. Jul. 1750 sein Leben. Er gehört zu den seltenen Menschen, welche Epoche in der Geschichte einer Kunst oder Wissenschaft machen. Durch ihn und seinen Zeitgenossen Händel ist die Glanzbahn Mozart's vorbereitet worden. B. war Meister und Muster im großen Kirchenstyl; seine Compositionen enthalten einen unerschöpflichen Schatz musikalischer Kunst, sind aber außerordentlich schwierig. Das Verzeichniß seiner Werke ist sehr groß, allein viele sind jetzt selten geworden. Für die Orgel ist vielleicht nie mit mehr Kunsteinsicht geschrieben worden, wie durch ihn. Beim Clavierspiel wendete er zuerst den Daumen regelmäßig an; bis dahin hatte man sich meist mit vier Fingern beholfen. Auf der Orgel kam ihm Niemand an Virtuosität gleich; er führte mit den Füßen aus, was den Händen mancher geübten Spieler zu schaffen machte. – Zweimal verheirathet, hinterließ B. neun Töchter und 11 Söhne, von denen sich vier, Karl Philipp Emanuel, Joh. Christoph Friedr., Wilh. Friedemann und Joh. Christian als Componisten und Virtuosen auszeichneten, sowie überhaupt die ganze Familie B. von jeher an musikalischem Talent außerordentlich reich war.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 163-164.
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