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Abgeordneter

[8] Abgeordneter oder Deputirter wird vorzugsweise der nach der Verfassung constitutionneller Staaten erwählte Vertreter seiner Mitbürger in der Ständeversammlung genannt. Die Vollmacht solcher Abgeordneten geht dahin, daß sie durch dieselbe berechtigt und verpflichtet sind, allen Landtagssitzungen beizuwohnen. Im Übrigen ist der Abgeordnete an nichts, als an seine Überzeugung gebunden. Er darf von Denjenigen, die ihn wählten, keine besondern Instructionen annehmen, welche seine Stimmfreiheit beschränken und ihm auferlegen könnten, gegen seine Überzeugung zu stimmen. Dagegen darf und muß er Aufträge zu Bitten und Vorstellungen an die Ständeversammlung annehmen und besorgen. Auch hat er keine besondere Verpflichtung gegen Diejenigen, die ihn erwählt haben, sodaß er etwa blos der Abgeordnete eines besondern Standes oder Kreises, der Vertreter einer einzelnen Kaste wäre; zwar bringt jeder Deputirte die Kenntnisse seines Standes mit in die Versammlung, aber er erscheint nicht als Priester, Rechtsgelehrter, Künstler oder Handwerker in derselben, sondern als ein aufgeklärter Freund seines Vaterlandes. Daher darf er auch, wenn er stimmt, nicht das besondere Interesse seines Standes oder seiner Gemeinde, sondern nur das allgemeine Wohl im Auge haben. Für die Meinungen, welche er während der Sitzungen äußert, ist er übrigens nicht verantwortlich, obschon er niemals die Regeln des Anstandes verletzen und der Würde vergessen soll, die seine Sendung ihm gibt. Während der Dauer seines Berufs genießt der Abgeordnete Unverletzlichkeit seiner Person, sodaß nur in dringenden Fällen mit Einwilligung des Landtags auf dem Wege Rechtens gegen ihn verfahren werden darf. – Es braucht wohl keiner weitern Auseinandersetzung, daß ein constitutionneller Staat nur dann seinen Endzweck erreicht, wenn die Bürger zu ihren Vertretern sachkundige Männer erwählen, die des Volkes Leben und Weben, sein Dichten und Trachten, seine Freuden und Leiden kennen, und die mit Männerstolz und Freisinn des Vaterlandes Ehre und Recht vertheidigen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 8.
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