[go: up one dir, main page]

Wirmighausen

Ortsteil von Diemelsee (Gemeinde)

Wirmighausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Diemelsee im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Der Ort hat eine über 900-jährige Ortsgeschichte.

Wirmighausen
Gemeinde Diemelsee
Koordinaten: 51° 21′ N, 8° 50′ OKoordinaten: 51° 20′ 48″ N, 8° 49′ 34″ O
Höhe: 407 (300–500) m ü. NHN
Fläche: 14,45 km²[1]
Einwohner: 371 (1. Juni 2020)[2]
Bevölkerungsdichte: 26 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 34519
Vorwahl: 05633
Karte
Lage von Wirmighausen in Nordhessen
Blick auf Wirmighausen
Blick auf Wirmighausen
Straße in Wirmighausen

Geographie

Bearbeiten

Geographische Lage

Bearbeiten

Wirmighausen liegt an der Ostgrenze des Naturparks Diemelsee und wird vom Rhene-Zufluss Wirme durchflossen. Die Gemarkung des Orts grenzt im Norden an Adorf, im Nordosten an Vasbeck, im Osten an Gembeck (Gemeinde Twistetal), im Süden an Flechtdorf und im Westen an Benkhausen. Der Ort liegt zwischen Dortmund und Kassel südlich von Paderborn, ungefähr in der Mitte eines Dreiecks mit den Eckpunkten Korbach, Brilon und Marsberg. Die dem Ort zugerechnete Gemarkungsgröße beträgt 1.445 Hektar.[1][3]

Naturräumliche Gliederung

Bearbeiten

Naturräumlich ist der Ort der Region „332 Ostsauerländer Gebirgsrand“ und darin dem Vorupländer Hügelland (332.61) zugeordnet.[4]

Geschichte

Bearbeiten

Ur- und Frühgeschichte

Bearbeiten

Die früheste Anwesenheit von Menschen in der Wirmighäuser Region ist durch jungsteinzeitliche Streufunde belegt. Im Bestand des Wolfgang-Bonhage-Museum Korbach sind entsprechende Fundstücke aus dieser Zeit und nachfolgenden Perioden. Streufunde Funde zur keltischen Besiedlung in der Region werden ab dem 5. Jahrhundert datiert. Der Latènezeit folgte Besiedlung durch Germanen. Die Bereiche von germanischen Stämmen haben sich in der Region mehrfach verschoben. Anfänglich gibt es in der Region Cherusker und Chatten. Später finden sich Sugambrer und Marser in der Region. Römische Besiedlung um Wirmighausen ist nicht bekannt; die nächsten Nachweise zu Römern finden sich im heutigen Gebiet von Ostwestfalen-Lippe. Für die Zeit von etwa 100 bis etwa 500 ist kaum etwas zur regionalen Geschichte bekannt.[5]

Besiedlung

Bearbeiten

Die Besiedlung des Ortes begann schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung. Um das Jahr 800 soll Karl der Große, auf einer Heerstraße, die durch die heutige Gemarkung führte, nach Norden gezogen sein. Die Einwohner wurden gezwungen, den christlichen Glauben anzunehmen. Eine frühe Ortsbezeichnung war Wennemaringhusen, eventuell nach dem Gründer Wennemar benannt. Vermutlich war der Gründer ein Sachse vom Teilstamm der Engern. Die Namen der von Engern gegründeten Orte enden oft mit -ingsen oder -inghusen, und diese Endung wird mit "Nachkomme des" gedeutet.

Mittelalter

Bearbeiten

Wirmighausen befand sich in Grenzbereichen der sächsischen und fränkischen Gebiete. Ab etwa 690 war Wirmighausen im Einflussbereich der Angrivarier (auch als Angrevarier, Angarier, Engern, lateinisch: Angrivarii, Angarii bekannt). Der Missionierung der Chatten folgend, setzte auch im Bereich von Wirmighausen die Christianisierung ein. Wirmighausen war zunächst im Einflussbereich der Eresburg (im heutigen Marsberg) und wurde von dort missioniert. Später lag Wirmighausen im frühmittelalterlichen Gau Nithersi der später auch als Itergowe, Pago Itherga und Grafschaft Itter bekannt war.[5]

 
Lage von Wirmighausen, Karte von 1572

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Wirmighausenerfolgte unter dem Namen Winemarinchus 1101/1102. Wirmighausen gehörte zur Gründungsausstattung des Klosters Flechtdorf.[1]

Die bekannten urkundlichen Zeugnisse finden sich in folgender Übersicht:[1]

  • Winemarinchus, in (1101/1102) [Regesta historiae Westfaliae 1, Nr. 1303, Schwersmann, Benediktinerkloster Flechtdorf, S. 327 mit Anm. 696]
  • Wynnemarinkusen (1194) [Kop. 14. Jahrhundert Regesten der Erzbischöfe von Köln 2, S. 299, Nr. 1488]
  • Winemarinchusen, in (1194) [Kop. 14. Jahrhundert Regesten der Erzbischöfe von Köln 2, S. 297–298, Nr. 1482]
  • Wynemarinchusen (1219) [Westfälisches Urkundenbuch 4.1, S. 53–54, Nr. 78]
  • Winemarchusen (1248) [Schwersmann, Benediktinerkloster Flechtdorf, S. 327 mit Anm. 701]
  • Winemarinchusen, in (1263) [Schwersmann, Benediktinerkloster Flechtdorf, S. 328 mit Anm. 703]
  • Wynemarenchůsen (1326) [Urkunden Kloster Bredelar, S. 146–147, Nr. 225]
  • Weinmichusen, tho (1394) [Kopiar 1537 HStAM Bestand 133 f Nr. Flechtdorf 7/40: 1394 Mai 13]
  • Wermchusen (1457–1480) [Schwersmann, Benediktinerkloster Flechtdorf, S. 329 mit Anm. 713]
  • Wermerinckhusen (1482) [Abschrift Urkunden der Propstei Marsberg, S. 205, Nr. 401]
  • Wermickhusen (1537) [HStAM Bestand 127 Nr. 3]
  • Wirminghausen (1733) [HStAD Bestand P 23 Nr. 56]

In den Jahren 1155–1170 hatte Abt Uffo des Klosters Flechtdorf Güter im Ort. 1194 wurde der Ort mit dem Namen Wymarinchusen erwähnt, als das Kloster Flechtdorf dort weiteren Besitz erlangte und dies zu Streitigkeiten mit den Padbergern führte. 1293 verpfändete Graf Otto I. von Waldeck seine Zehntrechte an die Herren von Padberg. 1344 verkaufte Herrmann von Adorf ein Gut an das Kloster Flechtdorf. 1526 schenkten die Brüder von Scarpenberg ihr Gut dem Kloster Bredelar. Von 1537 bis 1578 war der größte Teil des Ortes im Besitz des Klosters Flechtdorf, einige wenige Besitzungen gehörten zum Kloster Bredelar. Lehnsmannen des Klosters Flechtdorf im Ort waren die Herren von Ditmerkhusen, die Gogrebe und die Herren von Eppe. Um 1600 wurde der Ort dann Wirmighausen genannt. In der Zeit von 1816 bis 1866 gehörte Wirmighausen zum Oberamt der Twiste.

Zollhaus

Bearbeiten

Auf einem Hochplateau außerhalb des Ortes befindet sich eine Gehöftgruppe mit der Bezeichnung Zollhaus.[6] Hier hatten die Grafen von Waldeck eine Zollstation zum nahen Westfalen errichtet. Bis in die 1920er Jahre stand dort noch ein großer Stall für bis zu 60 Pferde. In der Nähe wird eine Burg zum Schutz der Handelsstraße erwähnt, von der heute nur noch der Grundriss, ein Wall und ein Graben erkennbar sind.[7]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Bearbeiten

Zum 31. Dezember 1971 entstand im Zuge der Gebietsreform in Hessen durch den freiwilligen Zusammenschluss der bis dahin selbständigen Gemeinden Adorf, Benkhausen, Deisfeld, Flechtdorf, Giebringhausen, Heringhausen, Ottlar, Rhenegge, Schweinsbühl, Stormbruch, Sudeck, Vasbeck und Wirmighausen die neue Gemeinde Diemelsee.[8] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Adorf. Für die ehemals selbständigen Gemeinden von Diemelsee wurden gemäß Hauptsatzung Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher errichtet. Die Grenzen der Ortsbezirke folgen grundsätzlich den Gemarkungsgrenzen.[9]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Staaten bzw. Herrschaftsgebiete und deren untergeordnete Verwaltungseinheiten, in denen Wirmighausen lag:[1][10]

Bevölkerung

Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011

Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Wirmighausen 393 Einwohner. Darunter waren 3 (0,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 57 Einwohner unter 18 Jahren, 165 waren zwischen 18 und 49, 66 zwischen 50 und 64 und 105 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 144 Haushalten. Davon waren 30 Singlehaushalte, 42 Paare ohne Kinder und 54 Paare mit Kindern, sowie 18 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 33 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 66 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[11]

Einwohnerentwicklung

Bearbeiten

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

  • 1541: 28 Häuser
  • 1620: 43 Häuser
  • 1650: 20 Häuser
  • 1738: 46 Häuser
  • 1770: 58 Häuser, 340 Einwohner
Wirmighausen: Einwohnerzahlen von 1770 bis 2020
Jahr  Einwohner
1770
  
340
1800
  
?
1834
  
497
1840
  
519
1846
  
498
1852
  
507
1858
  
489
1864
  
496
1871
  
492
1875
  
487
1885
  
531
1895
  
522
1905
  
509
1910
  
498
1925
  
455
1939
  
463
1946
  
581
1950
  
616
1956
  
527
1961
  
470
1967
  
469
1980
  
?
1990
  
?
2001
  
432
2011
  
393
2015
  
388
2020
  
371
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Diemelsee;[12] Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit

Bearbeiten
• 1885: 517 evangelische (= 99,04 %) kein katholischer, fünf anderes christliche-konfessionelle (= 0,96 %) Einwohner[1]
• 1961: 442 evangelische (= 94,04 %), 27 katholische (= 5,74 %) Einwohner[1]
 
Kirche in Wirmighausen

Um 1200 gehörte der Ort zum Archidiakonat Adorf. Nach dessen Auflösung wurde Wirmighausen dem Archidiakonat Horhusen (heute Niedermarsberg) zugewiesen. Erst in den Jahren 1457–1480 wurde mit Unterstützung des Flechtdorfer Abts Herrmann von Frowyn eine Kapelle errichtet; sie war der heiligen Katharina geweiht. Sie wurde um 1700 renoviert und 1907 abgerissen. Die heutige Kirche entstand neben der abgerissenen Kapelle in der Zeit von 1906 bis 1908 nach Plänen des für das Fürstentum Waldeck zuständigen Regierungsbaumeisters Wilhelm Müller.

Naturschutzgebiet Auf der Buchenlied bei Wirmighausen

Bearbeiten

Östlich von Wirmighausen befindet sich das Naturschutzgebiet Auf der Buchenlied bei Wirmighausen. Es hat eine Größe von 19,26 ha und wurde 1990 wegen seines besonderen Artenreichtums an Pflanzen ausgewiesen. Das Gebiet ist auch als FFH-Gebiet ausgewiesen.[13]

Nördlich von Wirmighausen an der Straße "Hinterm Gürenberg" befinden sich die Wirmetalhalle mit circa 700 Plätzen und ein Sportplatz. Beide sind unter anderem Austragungsort des jährlich stattfindenden Crosslaufes der LG Diemelsee, in den 2016 die Hessischen Crosslaufmeisterschaften integriert waren.[14]

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Wirmighausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz (Kreisgericht Korbach) und Verwaltung.
  2. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Gemeinde Diemelsee.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Sudeck, Landkreis Waldeck-Frankenberg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen & Fakten der Gemeinde Diemelsee. In: Webauftritt. Gemeinde Diemelsee, abgerufen im Juni 2021.
  3. Stand: 30.06.2016 in „Zahlen und Fakten“ im Internetauftritt der Gemeinde Diemelsee (Memento vom 12. August 2016 im Internet Archive).
  4. Land Hessen: Die Naturräume Hessens und ihre Haupteinheiten (Memento vom 27. März 2019 im Internet Archive)
  5. a b Alfred Emde: Adorf Die Geschichte eines waldeckischen Dorfes, 1. Ausgabe 1992, Seiten 15 ff. (eingesehen am 24. Mai 2019).
  6. „Zollhaus, Landkreis Waldeck-Frankenberg“. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  7. Die Geschichte Wirmighausens (Memento vom 11. Oktober 2007 im Internet Archive)
  8. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 01, S. 5, Punkt 8; Abs. 10. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).
  9. Hauptsatzung. (PDF; 149 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Diemelsee, abgerufen im Mai 2021.
  10. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 44 und 100, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  12. Zahlen und Fakten (Memento vom 23. Mai 2001 im Internet Archive) und (Memento vom 25. Oktober 2015 im Internet Archive) In: Webauftritt der Gemeinde Diemelsee.
  13. Wolfgang Lübcke, Achim Frede: Naturschutzgebiete in Hessen. Band 4: Landkreis Waldeck-Frankenberg mit Nationalpark Kellerwald-Edersee. Cognitio, Niedenstein, 2007, ISBN 978-3-932583-23-0, S. 119–121
  14. Ausschreibung Hessische Meisterschaften im Crosslauf 2016 (Memento vom 27. Februar 2016 im Internet Archive), abgerufen im Februar 2016.