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William Stewart Halsted

US-amerikanischer Chirurg

William Stewart Halsted (* 23. September 1852 in New York City; † 7. September 1922 in Baltimore, Maryland) war ein US-amerikanischer Chirurg. Er entwickelte die Leitungsanästhesie und führte in den USA das Tragen von Gummihandschuhen bei chirurgischen Operationen ein.

William Stewart Halsted

Leben und Werdegang

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William Halsted studierte ab 1870 Medizin am Yale College und ab 1874 am College of Physicians an Surgeons in New York, wo er 1877 graduierte. Anschließend hielt er sich von 1878 bis 1880 als Studienreisender in Europa (insbesondere Österreich und Deutschland) auf. Ab 1880 war er in New York als Chirurg an verschiedenen Krankenhäusern tätig und litt spätestens 1884 an einer Kokainsucht.[1] Ab 1886 oder 1890 arbeitete er an der Johns Hopkins Medical School in Baltimore und wurde dort 1892 Professor für Chirurgie. 1901 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1917 in die National Academy of Sciences.

In etwa zeitgleich mit Paul Friedrich (1867–1925) in Deutschland[2][3] führte Halsted 1890[4] in Nordamerika die Verwendung von sterilen[5] Gummihandschuhen bei Operationen ein und wandte im Selbstversuch erprobte Kokain-Injektionen[6] zur Lokalanästhesie an. 1885 wandte er erstmals Kokain in der Zahnmedizin an. Nach ersten Tierversuchen wandte er das mit seinem Assistenten Richard L. Hall entwickelte und auch zu Operationen am Unterarm angewendete[7] Verfahren zur Lokalanästhesie des Nervus mandibularis als Leitungsanästhesie zur Betäubung des Unterkiefers an und gilt damit als Begründer der über einfache Lokalanästhesien hinausgehenden Nervenblockaden[8] und gehört damit mit Maximilian Oberst zu den Begründern der Leitungsanästhesie.[9] Weiterhin hatte Halsted großen Einfluss auf die medizinische Ausbildung in den USA und führte, spezialisiert auf Krebserkrankungen, die erste radikale Mastektomie (unter anderem mit Entfernung des Musculus pectoralis major und der Lymphknoten der Achselhöhle)[10] zur Behandlung von Brustkrebs durch, womit er seit 1894 als Wegbereiter der modernen chirurgischen Krebstherapie[11] gelten kann.

The Knick

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William Halsted ist die lose Grundlage für Dr. John Thackery aus der US-amerikanischen Krankenhausserie The Knick.

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Practical comments on the use and abuse of cocaine. In: New York Medical Journal. Band 42, 1885, S. 294 ff.
  • The radical cure of hernia. In: Johns Hopkins Hospital Bulletin. Band 1, 1889, S. 12 f. und 112.
  • The Results of Operations for the Cure of Cancer of the Breast Performed at the Johns Hopkins Hospital from June, 1889, to January, 1894. In: Ann. Surg. Band 20, 1894, S. 497 ff.
  • A clinical and histological study of certain adeno-carcinomata of the breast. In: Ann. Surg. November 1897.
  • Surgical Papers. 2 Bände, The Johns Hopkins University Press, Baltimore 1924.

Literatur

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  • Ralf Bröer, Wolfgang U. Eckart: Die Behandlung des Brustkrebses – Aspekte der Therapiegeschichte von der Antike bis ins 20. Jahrhundert. In: Manfred Kaufmann (Hrsg.): Ein Jahrhundert endokrine Therapie des Mamma-Karzinoms. Von Beatson bis heute. Springer, Heidelberg / Berlin / New York 1996, S. 81–93.
  • Ralf Bröer: Radikaltherapie oder Verstümmelung? Zur Geschichte der Mastektomie. In: MTA Spektrum. unabhängige Fachzeitschrift für technische Assistenzberufe in der Medizin. 15, Frankfurt am Main 2000, S. 449–451.
  • W. U. Eckart, C. Gradmann: Ärzte Lexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Springer-Verlag, 2006, ISBN 3-540-29584-4.
  • Gerald Imber: Genius on the Edge. The Bizarre Life of Dr. William Stewart Halsted. Kaplan, New York City 2011, ISBN 978-1-60714-627-8.
  • Howard Markel: An Anatomy of Addiction. Sigmund Freud, William Halsted, and the Miracle Drug Cocaine. Pantheon, New York City 2011, ISBN 978-0-375-42330-7.
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Commons: William Stewart Halsted – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Barbara I. Tshisuaka: Halsted, William Stewart. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 530.
  2. Wolfgang U. Eckart: Illustrierte Geschichte der Medizin. Von der französischen Revolution bis zur Gegenwart. 2. Auflage. Springer, Heidelberg / Berlin / New York 2011, S. 119. doi:10.1007/978-3-642-12610-9
  3. Andreas W. Friedrich: Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Paul Leopold Friedrich zu seinem 100. Geburtstag am 26. Januar 1964. u. a. die Erfindung des OP-Handschuhs aus dünnem Gummi, Integrales TaiJiQuan, QiGong, abgerufen am 15. April 2017.
  4. Friedrich Wilhelm Gierhake: Asepsis. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 33–42, hier: S. 40.
  5. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 51.
  6. William Stewart Halsted: Practical comments on the use and abuse of cocaine, suggested by its invariably successful employment in more than thousand minor surgical operations. In: New York medical Journal. Band 42, 1885, S. 294 f.
  7. Vgl. H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 19.
  8. Christoph Weißer: Anästhesie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 54.
  9. Wolfgang U. Eckart: Geschichte der Medizin. Springer, Berlin/Heidelberg / New York 1990; 3., überarbeitete Auflage ebenda 1998, S. 292.
  10. J. Kraus: Brustdrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 192–199, hier: S. 194 f.
  11. Florian G. Mildenberger zu Siddhartha Mukherjee: Der König aller Krankheiten. Krebs – eine Biografie. Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Mit einem Vorwort von Fritz Pleitgen. DuMont, Köln 2012, ISBN 978-3-8321-9644-8. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/2013 (2014), S. 575–578, hier: S. 576 f.