[go: up one dir, main page]

Viktor Kraemer senior

deutscher Verleger in Heilbronn

Viktor Kraemer senior (auch Victor August Kraemer, * 1. Juni 1840 in Rudersberg; † 4. November 1911 in Heilbronn[1]) war ein Verleger in Heilbronn.

Viktor Kraemer

Kraemer entstammte einer kinderreichen Müllersfamilie. Wie mehrere seiner Schwestern wollte er in jungen Jahren nach Amerika auswandern, entschied sich dann aber doch in letzter Minute für eine kaufmännische Lehre im Betrieb eines Schwagers in Stuttgart. 1870 kam er nach Heilbronn. In der sich im 19. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Industriestädte im Südwesten entwickelnden Stadt gründete er zusammen mit seinem Schwager Ernst Wilhelm Flammer senior[2] die Harzproduktenfabrik Kraemer & Flammer. 1876 heiratete er Lina Frank, die Tochter eines Brauereibesitzers. 1885 schied Kraemer aus der Harzproduktenfabrik aus. Diese erlangte später als Flammer Seifenwerke mit Seife und Waschpulver überregionale Bekanntheit.[3]

Kraemer plante 1885 zunächst die Übernahme der Stuttgarter Firma eines verunglückten weiteren Schwagers, blieb dann aber doch in Heilbronn und trat als Teilhaber in die von Carl Schell gegründete Druckerei[4] ein, die seit 1861 die Neckar-Zeitung herausgab. Kraemer widmete sich dort insbesondere dem Verlagsgeschäft. 1887 erwarben Kraemer und Schell den Heilbronner General-Anzeiger. 1898 erwarb Kraemer für knapp eine Million Mark den gesamten Verlag. Schon 1899 ließ er die Verlagsgebäude bedeutend erweitern. 1901 erwarb er auch die Weinsberger Zeitung.

1902 berief Kraemer, der der Deutschen Partei angehörte,[5] den erst 27-jährigen Ernst Jäckh zum Chefredakteur der Neckar-Zeitung. Die Zeitung bezeichnete sich selbst als „parteifrei“, setzte sich aber für nationalsoziale und liberal-demokratische Ziele ein.[6] Mit Chefredakteur Jäckh gestaltete Kraemer die Zeitung zu einer überregional beachteten, politischen Tageszeitung um, deren Auflage von 1902 bis 1912 von 14.000 auf 20.000 Exemplare anwuchs. Kraemer zählte außerdem zu den größten Darlehensgebern für den 1911 bis 1913 erfolgten Bau des ersten Heilbronner Stadttheaters.

Viktor Kraemer war verheiratet mit Lina, geb. Frank (1857–1914), mit der er sieben Kinder hatte. 1880 erwarb er als Familiensitz ein Anwesen mit 13 Zimmern und 21 Ar Gartengrund in der Bismarckstraße 22.[7] Bereits 1890 ließ er das Haus mit einer elektrischen Klingel, 1900 mit Telefonanschluss und 1905 mit elektrischer Beleuchtung ausrüsten.

Nachdem Kraemer im Jahr 1902 einen Schlaganfall erlitten hatte, trat sein gleichnamiger Sohn Viktor Kraemer junior (1881–1937) in die Verlagsleitung ein. Nach dem Tod des älteren Viktor Kraemer 1911 gehörte auch dessen Witwe Lina bis zu ihrem Unfalltod 1914 der Verlagsleitung an.

Würdigung

Bearbeiten

1985 benannte die Stadt Heilbronn die Kraemerstraße nach Viktor Kraemer senior und seinem Sohn, dem blinden Gelehrten Rudolf Kraemer (1885–1945).[1]

Einzelnachweise und Anmerkungen

Bearbeiten
  1. a b Jahr der Straßenbenennung und Geburts- und Sterbedaten sowie -orte nach Gerhard Schwinghammer und Reiner Makowski: Die Heilbronner Straßennamen. Hrsg. von der Stadt Heilbronn. 1. Auflage. Silberburg-Verlag, Tübingen 2005. S. 130
  2. Nicht zu verwechseln mit dessen gleichnamigem Sohn Ernst Wilhelm Flammer (1872–1940).
  3. Die Seifenwerke Flammer beim Stadtarchiv Heilbronn
  4. Ursprünglich reine Buchdruckerei. Später von Moritz Schell († 1870), seit 1864 von Herrmann Schell geleitet, der seit 27. April 1864 einen Placat-Anzeiger für Heilbronn herausgab. Mit der Übernahme durch Kraemer firmierte sie als Schell’sche Buchdruckerei Viktor Kraemer.
  5. Friedrich Dürr: Chronik der Stadt Heilbronn. Band 2: 1896–1921. Unveränderter Nachdruck der Erstausgabe von 1922. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 1986, ISBN 3-928990-13-6 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn. Bd. 28). S. 152
  6. Ernst Jäckh (1875–1959) beim Stadtarchiv Heilbronn
  7. Gegenüber wurde 1899 die Friedenskirche erbaut.

Literatur

Bearbeiten
  • Christhard Schrenk: Anwalt der deutschen Blinden: Rudolf Kraemer (1885–1945). In: horus. Marburger Beiträge zur Integration Blinder und Sehbehinderter. Nr. 1, 2001, ISSN 0724-7389 (online)
  • Uwe Jacobi: 250 Jahre Heilbronner Presse. Geschichte der Medien im Unterland und in Hohenlohe 1744–1994. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn am Neckar 1993, ISBN 3-921923-11-5 (Heilbronner Stimme. Buchreihe. 5)