Tabea Blumenschein
Tabea Blumenschein (* 11. August 1952 in Konstanz; † 2. März 2020[1][2] in Berlin)[3] war eine deutsche Schauspielerin, Regisseurin und Autorin.
Leben
BearbeitenIn den 1970er- und 80er-Jahren zählte Tabea Blumenschein als Schauspielerin, Regisseurin, Kostümbildnerin, Autorin und Künstlerin zur Kunst- und Kulturszene im damaligen West-Berlin. Tabea Blumenschein hat Filme, Maske und Kostüme für Ulrike Ottinger, Herbert Achternbusch sowie Walter Bockmayer gefertigt und Mode für Claudia Skoda entworfen. Mit dem Film Bildnis einer Trinkerin von Ottinger wurde sie 1979 bekannt. Die beiden waren eine Zeitlang ein Paar und haben bis zum Tod von Blumenschein immer wieder Kontakt gehabt.[4]
Befreundet war sie mit der Krimiautorin Patricia Highsmith, dem Schauspieler Udo Kier und der Tänzerin Valeska Gert, mit der sie auch in dem Film Die Betörung der blauen Matrosen (1975) spielte. Im Jahr 1976 wirkte sie als Backroundtänzerin in Rosa von Praunheims Kurzfilmporträt über Marianne Rosenberg mit, im selben Jahr war sie Mitwirkende im Happening Regen von Wolf Vostell. 1980 spielte Blumenschein bei „Liebesgier“, einer Berliner Avantgarde-Band mit Frieder Butzmann und Bettina Köster. Wolfgang Müller beauftragte sie mit der Illustration des 1982 erschienenen Merve-Buchs Geniale Dilletanten.
Von 1980 bis zur Auflösung 1987 gehörte Blumenschein zum Musik- und Künstlerkollektiv Die Tödliche Doris und trat mit diesem in New York, Hamburg, Berlin und Helgoland auf. Für die Band schneiderte sie auch Kostüme, schrieb Texte und Musik.[5]
1985 war sie mit ihrer damaligen Freundin Isabell Weiß unter der Schlagzeile Frauen die Frauen lieben auf dem Titelbild der Illustrierten Stern zu sehen. Nach ihrem auf Super-8 von Christoph Dreher gedrehten Fernsehspiel Zagarbata (eine Koproduktion mit dem ZDF, 1985) zog sie sich zurück und widmete sich der Malerei und dem Zeichnen.
Für Wolfgang Müllers Künstlerbuch Die Tödliche Doris – Kostüme (2018) rekonstruierte sie ihre Kostüme aus den 1980er Jahren in Form von Zeichnungen. 2019 erschien das Album Reenactment (I) Das typische Ding von Die Tödliche Doris mit 31 Titeln von 31 Vibratoren; die LP-Box enthält eine Künstlermappe mit 31 von Blumenschein gezeichneten Vibratormodellen.[6]
Anfang der 1990er-Jahre zog sich Blumenschein aus dem Kulturbetrieb zurück, zeitweise lebte sie in einem Obdachlosenheim.[7]
Im März 2020 wurde sie im Alter von 67 Jahren tot in ihrer Wohnung aufgefunden.[4] Ihr Grab befindet sich auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin.
Filmografie
Bearbeiten- Laokoon & Söhne (Ulrike Ottinger und Tabea Blumenschein 1975)
- Die Betörung der blauen Matrosen (Ulrike Ottinger und Tabea Blumenschein 1975)
- Filmportrait über Marianne Rosenberg (Rosa von Praunheim, 1976)
- Madame X – Eine absolute Herrscherin (Ulrike Ottinger und Tabea Blumenschein 1978)
- Bildnis einer Trinkerin (Ulrike Ottinger 1979)
- Taxi zum Klo (Frank Ripploh, 1980)
- Das Graupelberhuhn (Die Tödliche Doris, 1982)
- Sportliche Schatten – Kunst in Krisenzeiten (s/w, S-8, mit Udo Kier; Regie und Buch: Tabea Blumenschein 1982)
- Uliisses (Werner Nekes, 1982)
- Bei uns in Hoena (Ades Zabel), 1983
- Alice und das Meer (Wolfgang Müller 1983)
- Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (Ulrike Ottinger 1984)
- Zagarbata (Regie und Buch: Tabea Blumenschein 1985)
- Glow (Regie: Daniel Baur), Dokumentation, CH 2017[8]
Schriften
Bearbeiten- Das Kreuz der Erfahrung. Martin Schmitz, Kassel 1991, ISBN 3-927795-06-2.
- Die Bartfrau Florette. In: Wolfgang Müller (Hrsg.): Hormone des Mannes. Ein deutsches Lesebuch. Martin Schmitz, Kassel 1994, ISBN 3-927795-15-1.
- Die Knochenband. (Die tödliche Doris). Hybriden, Berlin 2018.
- zus. mit Wolfgang Müller: Die Tödliche Doris. Kostüme & Kulissen. Hybriden, Berlin 2018.
- zus. mit Wolfgang Müller: Ein letztes Interview. Hybriden, Berlin 2021.
- zus. mit Annelie Lütgens: Tabea Blumenschein – Zeichnungen. Hatje Cantz, Berlin 2022, ISBN 978-3-7757-5243-5.
Diskografie
Bearbeiten- White Christmas, Liebesgier, Marat rec. 1980
- Tabea und Doris dürfen doch wohl noch Apache tanzen, Kassettenkombinat 1982 und 2004 auf Vinyl on Demand, Friedrichshafen
- Chöre und Soli, Die Tödliche Doris, Pure Freude und Gelbe MUSIK, Düsseldorf, Berlin.
- Unser Debut, Die Tödliche Doris, Düsseldorf: Atatak 1984
- REENACTMENT (I), Die Tödliche Doris, Leipzig: Major-Label, 2019
Ausstellungen
Bearbeiten- 2020: Matriarchat Marzahn, Conceptstore Townes im Rahmen des Berliner Gallery Weekends[9]
- 2022: ZusammenSpiel (mit Ulrike Ottinger) Berlinische Galerie[10]
- 2023: Gruppenausstellung mit Hilka Nordhausen, Rabe perplexum und Komplizen aus dem Jetzt, Lothringer 13 Halle, München / Galerie Nord/Kunstverein Tiergarten, Berlin / Kunsthaus Hamburg[11]
Literatur
Bearbeiten- Christian Borngräber (Hrsg.): Tabea Blumenschein, Zeichnungen, Comic-Strips, Modeentwürfe, Filmstills, Plattencover. in: Kunstforum international, Möbel, Mode, Kunst und Kunstgewerbe. Band 82, Dez. 1985 – Febr. 1986, S. 162–181.
- Karl-Heinz Meyer: Schein oder nicht sein … Interview mit der Berliner Künstlerin Tabea Blumenschein. in: Art Position, Bd. 2 (1991), 11, S. 12–13.
- Barbara Nolte: Nette Leute treffe ich hier an der Tanke. In: tagesspiegel.de. 9. Juni 2014, abgerufen am 5. November 2023.
- Philipp Meinert: Glamour im Plattenbau: Interview mit Tabea Blumenschein. 15. Juni 2018, abgerufen am 5. November 2023.
- Annelie Lütgens, Ulrike Ottinger, Katharina Sykora: ZUSAMMENSPIEL. Tabea Blumenschein – Ulrike Ottinger. Hrsg.: Berlinische Galerie / Ulrike Ottinger. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2022, ISBN 978-3-7757-5243-5.
- Exzentrische 80er: Tabea Blumenschein, Hilka Nordhausen, Rabe perplexum und Kompliz·innen aus dem Jetzt, Dogramaci, Burcu / Mareike Schwarz / Ergül Cengiz / Philipp Gufler / Angela Stiegler (Hrsg.), Leipzig 2022
Weblinks
Bearbeiten- Tabea Blumenschein bei IMDb
- Literatur von und über Tabea Blumenschein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tabea Blumenschein bei Galerie K Strich
- Eintrag über Tabea Blumenschein auf ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
- tip Berlin: Abschied von Tabea Blumenschein
- Ulrike Ottinger: Wider alle Konventionen: Wer war Tabea Blumenschein? In: Berliner Zeitung. 18. Januar 2023, abgerufen am 20. Januar 2023 (gekürzte Version des Originalbeitrags aus: Ulrike Ottinger (Hrsg.), „ZusammenSpiel, Tabea Blumenschein – Ulrike Ottinger“, Hatje-Cantz-Verlag, Ostfildern 2022).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Philipp Meinert im Gespräch mit Gesa Ufer: Zum Tod von Tabea Blumenschein: Die Pionierin der Riot Grrrls., Nachruf Deutschlandfunk Kultur vom 4. März 2020. Abgerufen am 5. Februar 2021.
- ↑ Philipp Meinert: Zum Tod einer queeren Punk-Ikone: Tabea Blumenschein, siegessaeule.de, 3. März 2020, zuletzt abgerufen am 6. März 2020.
- ↑ Andrian Kreye: Zum Tod von Tabea Blumenschein: Berliner Ikone. In: Süddeutsche Zeitung. 5. März 2020, abgerufen am 6. März 2020.
- ↑ a b „Aus Städten und Dörfern sind Leute aufgebrochen, um uns in Berlin zu treffen“. 17. Juli 2022, abgerufen am 24. Juni 2023.
- ↑ Mira Nass: Ausstellung zur „Tödlichen Doris“. Kein echtes Leder im falschen, taz vom 15. Februar 2020
- ↑ Wenn das Sex-Spielzeug surrt und klopft. Spiegel online, 14. März 2019
- ↑ Wolfgang Müller: bücher für randgruppen: Russische Tattoos. In: Die Tageszeitung: taz. 21. Mai 2005, ISSN 0931-9085, S. 1006 (taz.de [abgerufen am 24. Juni 2023]).
- ↑ GLOW The Film. Abgerufen am 12. April 2020.
- ↑ Oliver Koerner von Gustorf: Austellung über Tabea Blumenschein: Frau ohne Eigenschaften. In: Die Tageszeitung: taz. 8. September 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 24. Juni 2023]).
- ↑ ZusammenSpiel. 15. Juli 2022, abgerufen am 24. Juni 2023.
- ↑ Exzentrische 80er: Tabea Blumenschein, Hilka Nordhausen, Rabe perplexum und Kompliz*innen aus dem Jetzt. Abgerufen am 24. Juni 2023.
Personendaten | |
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NAME | Blumenschein, Tabea |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schauspielerin, Regisseurin und Autorin |
GEBURTSDATUM | 11. August 1952 |
GEBURTSORT | Konstanz |
STERBEDATUM | 2. März 2020 |
STERBEORT | Berlin |