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Papierwerd

Insel in Zürich, seit der Aufschüttung 1953 zur linksufrigen Stadt gehörig

Die Papierwerd oder manchmal auch Papierwerd-Insel war bis 1950 eine Insel in der Limmat in der Stadt Zürich.

Papierwerdinsel 1792 auf dem Stadtmodell von Hans Langmack

Werd geht auf das althochdeutsche Wort werid beziehungsweise das mittelhochdeutsche wert zurück, das «Insel, Flussinsel; Niederung zwischen Flüssen und Seen» bedeutete.[1][2][3] Der Name Papierwerd verweist auf die Zürcher Papiermühle, die jahrhundertelang auf der Insel stand.

Geschichte

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Am 15. Mai 1320 wird erstmals der «Werdsteg» urkundlich erwähnt, der als niederer Mühlesteg das rechte Limmatufer (Limmatquai) mit den ehemaligen fünf Mühlen auf der Flussinsel verband. Auf dieser waren unter anderem auch Pulver- und Papiermühlen angesiedelt, wie bereits auf dem Murerplan (1576) von Jos Murer zu erkennen ist.[4] Die Mühlen in Limmat und Sihl gehörten im Mittelalter zum umfangreichen Grundbesitz der Fraumünsterabtei.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte Christoph Froschauer die Pacht der städtischen Papiermühle auf der Papierwerd inne. Als ab 1642 bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts die dritte Stadtbefestigung erbaut wurde, bezog man beim Schanzengraben die Papierwerd in die Befestigung mit ein.

 
Papierwerd und das gedeckte Brüggli um 1780
 
Ansicht von Zürich um 1863 auf einem Kupferstich von Charles Fichot. Die Papierwerd liegt direkt hinter dem Bahnhof, erkennbar am geschwungenen gedeckten Brüggli.
 
Limmatraum zwischen Urania, Bahnhof und Central um 1910. In der Bildmitte deutlich sichtbar die Magazine zum Globus auf der und die Bahnhofbrücke rittlings über die Papierwerd, darunter gegen das Central die Mühlen des unteren Mühlesteges. Ballonaufnahme von Eduard Spelterini.
 
Der Neubau der Bahnhofbrücke in den 1950er-Jahren. Die neue Brücke ist zwischen Werdinsel und Central fertiggestellt. Der Limmatarm links der Werdinsel wird durch die Motorfahrzeugunterführung ersetzt. Es sind noch die Bögen der alten Brücke zu sehen.
 
Das ehemalige Globusprovisorium, Ansicht vom Mühlesteg, am linken Bildrand ist das «Du Pont» zu erkennen.

Am 29. August 1865 verpflichtete sich die «Aktiengesellschaft der mechanischen Papierfabrik an der Sihl» gegenüber der Stadtgemeinde Zürich vertraglich «... das Stück Gartenland, zum Papierwerd genannt, abzutreten, damit dort eine öffentliche Promenade errichtet werden kann. Auf diesem Areal sollen keinerlei Hochbauten errichtet werden ...»[5]

1882 baute Josef Weber auf der Papierwerd den «Bazar ohne Grenzen», aus dem später das Warenhaus Globus wurde.

Am 12. September 1948 nahmen die Stimmbürger der Stadt den Kredit für die Neugestaltung von Bahnhofplatz, Bahnhofbrücke und Leonhardplatz, dem späteren Central, an. Dem Kredit über 10,65 Mio. Franken[6] wurde mit einem Mehr von 68 % zugestimmt.[7]

1950 wurden das Warenhaus und das gedeckte Brüggli beim Restaurant «Du Pont» abgebrochen sowie der trockengelegte Limmatarm zur Strassenunterführung umgebaut; die Papierwerd war damit keine Insel mehr. Diese Arbeiten waren Voraussetzung für den Neubau der Bahnhofbrücke Zürich.

1951 wurde ein geplanter Neubau des Globus-Warenhaues, um einen freien Limmatraum zu gewinnen, in einer Volksabstimmung abgelehnt. Stattdessen erfolgte der Bau eines Provisoriums, um dem Warenhaus an seinem neuen Standort einen Neubau zu ermöglichen.

Im Herbst 1967 verliess Globus das Provisorium auf der Papierwerd und die seit den 1950er Jahren bestehende Idee eines Jugendhauses auf den Bahnhofbrücke kam wieder ins Gespräch. Am einer Vollversammlung am Wochenende vom 14. und 15. Juni 1968 forderte die Fortschrittliche Arbeiter und Studentenschaft (FASS) von der Stadt, die leerstehende Liegenschaft «Globusprovisorium» oder ein vergleichbares Gebäude bis zum 1. Juli 1968 als Jugendzentrum zur Verfügung zu stellen. Kurz zuvor, am 13. Juni, hatte der Stadtrat bekannt gegeben, dass das Globusprovisorium der ETH und dem Lebensmittelverein Zürich (LVZ, seit 1969 Coop) vermietet wird. Da der Stadtrat den Vertrag nicht mehr auflösen wollte, kam es am Samstag, 29. Juni zu einer Kundgebung, die schliesslich im sogenannten Globuskrawall mündete, dem Höhepunkt der Zürcher 68er-Unruhen.[8]

Direkt oberhalb der Papierwerd wurde 1982 mit dem neuen Mühlesteg die Verbindung geschlossen, welche seit dem im gleichen Zusammenhang («freie Limmat») erfolgten Abbruch des oberen (1943) und unteren (1949) Mühlestegs gefehlt hatte.[9][10][11][12]

Projekte

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Unzählige Projekte zur Nutzung, Umnutzung und Neunutzung der Papierwerd wurden in den vergangenen hundert Jahren lanciert.

  • Eine «Hausbrücke» zwischen der Bahnhofbrücke und einer neuen Beatenbrücke etwa in der Lage des heutigen Mühlestegs wurde von Bischoff und Weideli 1915/18 im Auftrag von Stadt und Kanton projektiert.[13]
  • Stadtbaumeister Friedrich Wilhelm Fissler und Prof. R. Rittmeyer griffen diese Idee in den Jahren 1943/45 unabhängig voneinander wieder auf. Fissler vertrat im Schweizer Baublatt die Meinung, mit einem Querbau als Neubau für den Globus könne das Raumbild gewahrt bleiben.[14]
  • Weitere Projekte stammen etwa von Dolf Schnebli, Ralph Baenziger, Claudia Bersin, Esther und Rudolf Guyer (alle 1979).[15] Zwei neuere Nutzungsvorschläge beispielsweise von der ETH Zürich sind die Projektideen Art & Shopping Papierwerd-Areal und Pairi-daeza: Tür, Tor, Schwelle.[16][17]

Verwirklicht wurde bisher nichts davon, und noch immer steht das Globus-Provisorium auf der Papierwerd. «… Alle Anläufe für eine Aufwertung des Papierwerd-Areals sind nicht an den architektonischen Visionen gescheitert, sondern es fehlte ein überzeugendes, tragfähiges Nutzungskonzept …»[18]

Aktuelle Entwicklung

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Eine am 16. Januar 2008 vom Gemeinderat (Legislative) der Stadt Zürich dem Stadtrat (Exekutive) vorgelegte Motion forderte:

„... Der Stadtrat soll einen Prozess anstossen, der zur Projektierung einer Anlage führt, die dem zentralen Ort gerecht wird und eine dem Ort entsprechende Nutzung hat[19]

Die Motion wurde vom Stadtrat zwar abgelehnt, dieser führt aber in seiner Stellungnahme vom 18. Juni 2008 an den Gemeinderat aus:

„... Der Stadtrat schlägt deshalb vor, einen Prozess zu starten, der zu einem überzeugenden Nutzungskonzept an diesem zentralen Ort führt. In einem zweiten Schritt kann darauf die entsprechende Projektierung erfolgen. In diesem Sinn wird der Stadtrat den Gemeinderat im Postulatsbericht über ein Nutzungskonzept, planerische und rechtliche Randbedingungen, eine städtebaulich-architektonische Machbarkeitsstudie sowie die dazugehörige Kostenschätzung orientieren. Damit diesmal der Anlauf für ein neues Projekt an diesem Ort gelingt, soll der komplexe Prozess sorgfältig angegangen werden. Wie die Erfahrung zeigt, wird das mehr als zwei Jahre dauern. Ein Nutzungs- und Projektvorschlag kann bis Ende 2011 erarbeitet werden. Falls der Gemeinderat den Bericht zustimmend zur Kenntnis nimmt, wird der Stadtrat in einem zweiten Schritt einen allfällig notwendigen Projektierungskredit beantragen[18]

2022 führte der Stadtrat eine Onlineumfrage durch, um die zukünftige Nutzung des Geländes auszuloten.[20]

Literatur

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Commons: Papierwerd – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Werd. In: Schweizerisches Idiotikon, Band XVI, Spalte 1299 f.
  2. Werder. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 28: Weh–Wendunmut – (XIV, 1. Abteilung, Teil 1). S. Hirzel, Leipzig 1955 (woerterbuchnetz.de).
  3. Stephan Bopp: Worth, Werth, Werd und Werder, Canoonet
  4. Gang dur alt-Züri: Der untere Mühlesteg mit Holzbrücke, abgerufen am 12. November 2008
  5. Urkunde I.B. 103.:15@1@2Vorlage:Toter Link/www4.stzh.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Stadtarchiv Zürich; abgerufen am 12. November 2008
  6. Neugestaltung von Bahnhofplatz und Leonhardsplatz in Zürich. In: Schweizerische Bauzeitung. 1948, doi:10.5169/seals-56796.
  7. Abstimmungsdatum: 12.09.1948. In: Abstimmungsdatenbank. Präsidialamt der Stadt Zürich, abgerufen am 26. August 2019.
  8. Dominique Wisler: Drei Gruppen der Neuen Linken auf der Suche nach der Revolution. Seismo-Verlag, Zürich 1996, ISBN 3-908239-25-7, S. 68.
  9. Rudolf Schilling: Ideen für Zürich.
  10. Hallocity: Mühlesteg@1@2Vorlage:Toter Link/www.hallocity.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  11. Alfred Cattani: Ein Zürcher Provisorium von Dauer: Der Irrweg des Projektes «Freie Limmat». In: NZZ, 24./25. Februar 2001
  12. Freie Limmat – ausgeräumt und ausgeträumt. (Memento des Originals vom 5. September 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kajia.ch Mit zeitgenössischen Fotos. abgerufen am 5. September 2018
  13. Rudolf Schilling: Ideen für Zürich. S. 92.
  14. Rudolf Schilling: Ideen für Zürich. S. 93.
  15. Rudolf Schilling: Ideen für Zürich. S. 94–97.
  16. Art & Shopping Papierwerd - Areal. (Memento des Originals vom 7. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sik.arch.ethz.ch ETH Zürich, Departement Architektur, Professur Miroslav Sik, Wintersemester 2001–2002; abgerufen am 12. November 2008
  17. Tür, Tor, Schwelle (Pairi-daeza). (Memento des Originals vom 27. Oktober 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vogt.arch.ethz.ch ETH Zürich, Institut für Landschaftsarchitektur, Professur Günther Vogt; abgerufen am 12. November 2008
  18. a b Antwort des Stadtrats auf die Motion vom 16. Januar 2008 (PDF; 48 kB), abgerufen am 12. November 2008
  19. Gemeinderat der Stadt Zürich: Motion GR-Nr. 2008/15 vom 16. Januar 2008, abgerufen am 12. November 2008
  20. Luca Fuchs: Globus-Provisorium in Zürich. Das wohl älteste Provisorium der Schweiz steht vor einer Wende. In: srf.ch. 22. November 2022, abgerufen am 20. Februar 2023.

Koordinaten: 47° 22′ 35,1″ N, 8° 32′ 32,1″ O; CH1903: 683347 / 247872