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Noesis (auch Noësis, Noese; altgriechisch νόησις nóēsis „das Wahrnehmen, Verstehen, Begreifen, Denken“, zu νοεῖν noeín „wahrnehmen, denken“) ist ein Begriff aus der klassischen Erkenntnistheorie; siehe dazu den Artikel Nous. Noësis stellt den sinnverleihenden Akt oder Vorgang dar, durch den der Mensch eine Sache zu seinem eigenen Mikrokosmos, das heißt innenpsychologisch in Beziehung zu sich, bringt.[1]:(a), (b)

Phänomenologie

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In der von Edmund Husserl (1859–1938) konzipierten Phänomenologie bezeichnet Noësis den Vorgang eines einzelnen Denkakts. Solche Akte sind generell seit Aristoteles und der Scholastik als zeitlich begrenzte und qualitativ bestimmbare, vom Gefühl gesteuerte Teilvorgänge im Strom des Erlebens aufzufassen.[1]:(c) Die Begrifflichkeit des „Akts“ eignet sich heute noch als nachvollziehbar zur Deskription des Werdens und der Entwicklung – und im speziellen Zusammenhang – vor allem im Reifen von Gedanken und Entschlüssen.[2] In funktioneller Hinsicht ist der Vorgang der Noësis als „sinnverleihender Akt“ zu bezeichnen.

Der nach Franz Brentano (1838–1917), dem Lehrer Husserls, als „intentionales Erlebnis“ zu bezeichnende Akt ist zu unterscheiden vom in ihm „vermeinten“ Inhalt, seiner so „konstituierten“ (erzielten) Bedeutung bzw. seinem Sinngehalt, dem Noëma (altgriechisch νόημα nóēma „Gedanke, Sinn, Gesinnung, Sinnesart, Vorhaben, Entschluss, Denkkraft“). Dieser Sinngehalt kann auch als Korrelat anderer Akte verstanden werden, eventuell auch der Akte anderer Subjekte.[3] Noësis und Noëma stehen in strenger Korrelation zueinander. So entspricht jedem Urteilsakt ein Urteil als dessen Noëma. Aber dasselbe Urteil kann auch in einem anderen Urteilsakt gefällt und als solches von anderen Subjekten verstanden werden.

Aktpsychologie

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Die Urteilsbildung ist wesentlicher Gesichtspunkt der Aktpsychologie. Das Verhältnis von Noësis und Noëma ist Gegenstand der transzendentalen Phänomenologie.[4][5]

Der sinnverleihende Akt (Noësis) und die dadurch „konstituierte“ Sinneinheit (Noëma) ergeben jeweils eine Abschattung des intendierten Gegenstandes, z. B. bei einer bestimmten Wahrnehmung.[1]:(d), (e) Dieser „Gegenstand“ stellt jedoch einen mentalen Zustand dar und nicht einen realen Gegenstand.

Deskriptive Psychologie

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Deskriptive Psychologie ist hier als besondere Methode der Aktpsychologie zu verstehen. Bereits bei Brentano und seiner Schule ist die allgemeine Bedeutung der Phänomenologie eng mit der deskriptiven Psychologie verbunden.[1]:(f) In den „Logischen Untersuchungen“ Husserls stellt die deskriptive Psychologie der intentionalen Akte eine wichtige Methode dar.[4]

Literatur

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  • Hans Wagner: Philosophie u. Reflexion. 1959.
  • Edmund Husserl: Logische Untersuchungen. 2 Bde., Halle, 1900 f.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Heinrich Schmidt: Philosophisches Wörterbuch (= Kröners Taschenausgabe. 13). 21. Auflage, neu bearbeitet von Georgi Schischkoff. Alfred Kröner, Stuttgart 1982, ISBN 3-520-01321-5:
    (a) S. 494 zu Lemma „Noësis und Noëma“;
    (b) S. 639 zu Lemma „Sinngehalt“;
    (c) S. 10 zu Lemma „Akt“;
    (d) S. 494 zu Lemma „Noësis und Noëma“ wie (a);
    (e) S. 3 zu Lemma „Abschattung“;
    (f) S. 527 zu Lemma „Phänomenologie“.
  2. Hermann Krings u. a. (Hrsg.): Handbuch philosophischer Grundbegriffe. Eine Selbstdarstellung der gegenwärtigen Philosophie in 150 Stichworten. Band 1, Kösel, München 1973, ISBN 3-466-40055-4; S. 28 f. zu Kap. 1 „ontologisch-metaphysische Bedeutung des Begriffspaares Akt-Potenz nach Aristoteles“.
  3. Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Phänomenologie … Band I, § 85 (Husserliana III/1), S. 194; § 87 f., S. 200 ff.
  4. a b Wilhelm Karl Arnold et al. (Hrsg.): Lexikon der Psychologie. 3 Bände, Bechtermünz, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-508-8; Sp. 50 zu Lemma „Aktpsychologie“, Stichwort „Noësis“.
  5. Hans Köchler: Die Subjekt-Objekt-Dialektik in der transzendentalen Phänomenologie. Das Seinsproblem zwischen Idealismus und Realismus. Anton Hain, Meisenheim a. G., 1974.
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Wiktionary: Noesis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen