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Lemma von Zorn

eine zum Auswahlaxiom äquivalente Aussage: jede Halbordnung, in der jede Kette eine obere Schranke hat, enthält mindestens ein maximales Element

Das Lemma von Zorn, auch bekannt als Lemma von Kuratowski-Zorn oder Zornsches Lemma, ist ein Theorem der Mengenlehre, genauer gesagt, der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre, die das Auswahlaxiom einbezieht. Es besagt, dass jede induktiv geordnete Menge mindestens ein maximales Element besitzt.

Das Lemma ist benannt nach dem deutsch-amerikanischen Mathematiker Max Zorn, der es 1933 entdeckte[1][2] (unabhängig von der Entdeckung durch Kuratowski 1922[3]) und verwandt mit Hausdorffs Maximalkettensatz von 1914.[4]

Die Zuschreibung an Zorn erfolgte schon in der Ausgabe der Mengenlehre von Bourbaki (als Theorem von Zorn, verfasst von Claude Chevalley, der Zorn aus seiner Zeit bei Emil Artin in Hamburg Anfang der 1930er Jahre kannte) von 1939, die Bezeichnung Lemma erfolgte in einer Veröffentlichung von John W. Tukey (1940).[5] Es gab noch verschiedene andere Autoren (neben den erwähnten Hausdorff und Kuratowski), die Maximum-Prinzipien veröffentlichten, die aus dem Auswahlaxiom oder dem Wohlordnungssatz folgten (wie Salomon Bochner 1928,[6] R. L. Moore 1932[7]). Zorn vermutete aber zuerst (in seiner Arbeit von 1935), dass Auswahlaxiom, Wohlordnungssatz und Zornsches Lemma (das er Maximum-Prinzip nannte) äquivalent sind, und kündigte einen Beweis in einer Folgearbeit an, die nie erschien.

Das Lemma von Zorn besagt:

Eine halbgeordnete Menge, in der jede Kette eine obere Schranke hat, enthält mindestens ein maximales Element.

Erläuterung:

  • Gegeben sei eine halbgeordnete Menge  . Dies bedeutet, dass die Relation   transitiv, reflexiv und antisymmetrisch sein muss.
  • Man betrachtet nun spezielle Teilmengen   von  , welche folgende Eigenschaft besitzen: Für alle   gilt stets   oder  . Solche Teilmengen werden als Ketten oder totalgeordnet bezeichnet.
  • Für diese speziellen Teilmengen (und nur für diese) wird nun zusätzlich gefordert, dass sie eine obere Schranke in   besitzen müssen. Dies bedeutet: Für jede Kette   von   existiert ein  , sodass   für alle   gilt. Man beachte, dass   nicht in   liegen muss.
  • Die Aussage des Lemmas von Zorn lautet nun: Die Menge   besitzt ein maximales Element. Dies bedeutet: Es existiert ein Element  , für welches es kein größeres Element in   gibt. Aus   folgt also stets  .

Bemerkungen:

  • Für die leere halbgeordnete Menge besitzt die leere Kette kein Element als obere Schranke.
  • Für eine nicht leere halbgeordnete Menge besitzt die leere Kette jedes Element als obere Schranke.

Das Besondere am Lemma von Zorn ist also, dass man aus verhältnismäßig schwachen Aussagen über sehr spezielle Teilmengen   von   zu einer recht starken Aussage über die Menge   selbst kommt.

Verwendung

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Wie auch der Wohlordnungssatz ist Zorns Lemma äquivalent zum Auswahlaxiom, d. h., man kann mit einem dieser drei Sätze zusammen mit der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre die beiden anderen beweisen. Zorns Lemma wird in vielen wichtigen Beweisen benutzt, zum Beispiel für

Ein Beispiel der Anwendung

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Wir beweisen als typische Anwendung des Lemmas von Zorn, dass jeder Ring mit Eins, der nicht der Nullring ist, ein maximales Ideal hat. Die Menge   besteht hier aus allen (beidseitigen) Idealen in  , die die Eins nicht enthalten. Diese Menge ist nicht leer (sie enthält das [Nullideal], da   vorausgesetzt ist) und bezüglich der Mengeninklusion halbgeordnet. Wenn wir ein maximales Element dieser Menge finden können, dann sind wir fertig, denn das ist ein echt in   enthaltenes Ideal und jedes größere Ideal liegt nicht in  , enthält also die Eins und damit als Ideal auch jedes Element   von  , d. h., es gibt kein größeres echt in   enthaltenes Ideal.

Um Zorns Lemma anwenden zu können, nehmen wir eine nichtleere totalgeordnete Teilmenge   von   und müssen zeigen, dass sie eine obere Schranke hat, also ein Ideal   in   existiert, das alle Ideale in   enthält, aber ungleich   ist (sonst wäre es nicht in  ). Wir wählen   als die Vereinigung aller Elemente von  . Dann ist   nicht leer, denn   enthält mindestens ein Ideal als Element, das wiederum in   als Teilmenge enthalten ist.   ist ein Ideal, denn sind   und   Elemente von  , dann gibt es Ideale   in  , so dass   in   und   in   liegt. Da   totalgeordnet ist, liegt eins der beiden Ideale im anderen, wir können ohne Einschränkung annehmen, dass   in   enthalten ist. Dann sind   und   beide in  , also liegen   und für jedes   in   auch   und   in   und damit in  . Somit ist also   tatsächlich ein Ideal von  . Da keines der in   liegenden Ideale die Eins enthält, enthält auch   die Eins nicht, also liegt   in  . Somit ist   eine in   liegende obere Schranke von  .

Da die Voraussetzungen für Zorns Lemma erfüllt sind, erhalten wir die Existenz eines maximalen Elements in  , und das ist ein maximales Ideal von  .

Dieser Beweis benötigt die Voraussetzung, dass der Ring eine Eins hat. Ohne die wäre er nicht durchführbar und tatsächlich wäre die Behauptung falsch. Ein Beispiel für einen Ring ohne maximales Ideal (und ohne Eins) ist   mit der Multiplikation   für alle  . Ideale sind in diesem Ring identisch mit (additiven) Untergruppen und für jede echte Untergruppe   ist die Faktorgruppe   ebenso wie die Ausgangsgruppe teilbar, folglich nicht endlich erzeugt, hat dadurch eine nicht-triviale echte (z. B. zyklische) Untergruppe, und diese liefert als Urbild ein   enthaltendes, echtes Ideal.

Äquivalenz von Auswahlaxiom und Lemma von Zorn

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Zuletzt skizzieren wir noch die Äquivalenz zwischen dem Lemma von Zorn und dem Auswahlaxiom.

Folgerung von Zorns Lemma aus dem Auswahlaxiom

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Angenommen, das Lemma wäre falsch. Dann gäbe es eine halbgeordnete Menge  , in der jede total geordnete Teilmenge eine obere Schranke hätte, aber trotzdem jedes Element ein echt größeres hätte (es gäbe kein maximales Element in  ). Für jede total geordnete Teilmenge   definieren wir nun ein Element  , das größer ist als jedes Element in  , indem wir eine obere Schranke von   nehmen und   auf ein Element setzen, das noch größer ist als diese Schranke. Um   hierdurch als Funktion definieren zu können, benötigen wir das Auswahlaxiom (denn wir sagen nicht, welche obere Schranke und welches größere Element wir nehmen).

Mit dieser Funktion   bestimmen wir dann Elemente   in  . Diese Folge wird wirklich lang: Die Indizes sind nicht nur alle natürlichen Zahlen, sondern alle Ordinalzahlen. Diese Folge ist zu lang für die Menge  , denn es gibt mehr Ordinalzahlen, als Elemente in irgendeiner Menge enthalten sein können, und so erhalten wir einen Widerspruch.

Die   definieren wir durch transfinite Induktion: Für jede Ordinalzahl   setzen wir

 

Das geht, da die   durch diese Konstruktion totalgeordnet sind.

Folgerung des Auswahlaxioms aus Zorns Lemma

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Sei   eine beliebige Menge nichtleerer Mengen. Dann soll es eine Auswahlfunktion   geben, d. h. eine Funktion, die jeder Menge   ein Element von   zuordnet (es gilt also   für alle  ).

Nun betrachtet man jene Funktionen, welche eine Auswahlfunktion einer (endlichen) Teilmenge von   sind. Die Menge   dieser partiellen Auswahlfunktionen ist halbgeordnet:

Für   gilt   genau dann, wenn   und   auf dem Definitionsbereich von   gleich sind und dieser im Definitionsbereich von   enthalten ist.

Durch diese Halbordnung entstehen auch Ketten in  . Vereinigt man alle Definitionsbereiche der Funktionen in einer Kette  , so kann man eine Funktion   auf dieser Vereinigung konstruieren mit   für ein beliebiges  , das auf   definiert ist. Dieses   ist eine obere Schranke von  , also hat   nach Zorns Lemma mindestens ein maximales Element  .

Wäre   auf einem   nicht definiert, so ließe sich ein   konstruieren, das die Eigenschaften von   hat und gleichzeitig   auf ein beliebiges Element von   abbildet. Dann wäre aber   nicht maximal, ein Widerspruch.

Also muss   auf ganz   definiert sein und ist damit eine Auswahlfunktion von  .

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Zorn, zitiert in Paul J. Campbell, The origin of Zorn’s lemma, Historia Mathematica, Band 5, 1978, S. 77–89
  2. Die erste Veröffentlichung durch Zorn erfolgte 1935: Zorn, A remark on method in transfinite algebra, Bulletin AMS, Band 41, 1935, S. 667–670, Project Euclid.
  3. Kuratowski, Une méthode d’élimination des nombres transfinis des raisonnements mathématiques, Fundamenta Mathematicae, Band 3, 1922, S. 76–108
  4. Hausdorff, Grundzüge der Mengenlehre, 1914
  5. Tukey, Convergence and uniformity in topology, Annals of Mathematical Studies 2, Princeton University Press 1940
  6. Bochner, Fortsetzung Riemannscher Flächen, Mathematische Annalen, Band 98, 1928, S. 406–421
  7. Moore, Foundations of point set theory, American Mathematical Society 1932