[go: up one dir, main page]

Hans Schüchlin (geboren um 1430/40 in Ulm; † 1505 in Ulm) war ein bedeutender spätgotischer Maler, der der sogenannten Ulmer Schule zugerechnet wird.

 
1479, Bildnis eines Ehepaars, München, Bayerisches Nationalmuseum
 
Hochaltar der St.-Magdalena-Kirche in Tiefenbronn (1469)

Man vermutet, dass Schüchlin „der Sohn eines aus Nördlingen zugewanderten Zimmermanns“ gewesen sei.[1] Sein Geburtsjahr in Ulm kann nur in die Jahre um 1430/40 geschätzt werden. Es ist wahrscheinlich, dass er seine erste Ausbildung in der Ulmer Werkstatt des Meisters des Sterzinger Altares erhielt, die mit Hans Multscher in Verbindung stand.

Anschließend ging Schüchlin auf eine Gesellenreise, um seinen Horizont auch überregional zu erweitern. Er erhielt in dieser Phase wichtige künstlerische Impulse in der Nürnberger Werkstatt des Hans Pleydenwurff, bevor er kurz vor 1469 in die Reichsstadt Ulm zurückzog und hier eine eigene Werkstatt einrichtete.[2][1] Schüchlin wird erstmals kurz vor der Schaffung des Tiefenbronner Hochaltars in Ulm aktenkundig. Dieser Altar ist das einzige Werk, das ihm eindeutig durch seine Signatur zuzuweisen ist. Die Urkunden belegen aber, dass seine Werkstatt in Ulm außerordentlich florierte. Er erreichte einen steilen sozialen Aufstieg: Spitalpfleger, Münsterpfleger, 1496 und 1497 im Stadtrat, Zunftmeister der Lukasgilde. Der Ulmer Maler Bartholomäus Zeitblom war sein Schwiegersohn, mit dem er zusammen arbeitete, und in seiner Werkstatt malte auch der junge Bernhard Strigel.

Eine Kontinuität der um 1455/60 in Ulm tätigen Werkstatt, die die Sterzinger Altarflügel schuf, über Schüchlin zu seinem Schwiegersohn Zeitblom wird auch nahegelegt durch die Verwendung derselben Hilfsmittel, zum Beispiel der Mode zur Aufbringung von Preßbrokat.

Das Fehlen von sicher Schüchlin zuschreibbaren Bildern wird dadurch erklärt, dass er angesichts seiner politischen Ämter die praktische Arbeit häufig seinen Mitarbeitern überließ. Man kann annehmen, dass viele Bilder der Ulmer Schule, die zurzeit keinem konkreten Maler zuzuordnen sind, durch ihn und seine Werkstatt entstanden sind.

 
Weltgericht im Ulmer Münster (1471)
  • Zuschreibung wird diskutiert:
    • Entwurf für die geschnitzten Teile des Tiefenbronner Hochaltars (Gropp)[3]
    • 1474 Riss des Ulmer Hochaltars, WLM (Zuschreibung: Gropp)[4]
    • 1488 Hausener Retabel, WLM (Zuschreibung: Pfeil)
    • Da seine Werkstatt die führende in Ulm war, liegt nahe, dass sie 1471 das große Wandbild des Weltgerichts am Triumphbogen des Münsters ausführte. Das Werk ist aber so stark übermalt, dass diese Vermutung nicht sicher beurteilt werden kann.
    • Werkstattkooperation für die gemalten Teile des Hochaltars im Kloster Blaubeuren (um 1490–1493/1494) zusammen mit Bartholomäus Zeitblom und Bernhard Strigel.[5]
  • Verlorene Werke:
    • Hochaltar der Stadtkirche in Rottenburg von 1474 als Auftrag der Mechthild von der Pfalz (im 17. Jahrhundert zerstört)

Literatur

Bearbeiten
  • David Gropp: Der Ulmer Hochaltar, in: Michel Erhart & Jörg Syrlin d. Ä. Spätgotik in Ulm. Katalog zur Ausstellung Spätgotik in Ulm, Stuttgart 2002, S. 66–75.
  • Friedrich Haack: Hans Schüchlin, der Schöpfer des Tiefenbronner Hochaltars, (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 62), Straßburg 1905.
  • Anna Moraht-Fromm: Kloster Blaubeuren. Der Chor und sein Hochaltar, Stuttgart 2002, ISBN 3-9806664-6-8, S. 205ff.
  • Peter Morsbach: Oberschwaben und Schwäbische Alb. Kunst, Kultur und Landschaft zwischen Mittlerem Neckar und Iller, DuMont Buchverlag, Köln 1999, ISBN 3-7701-4701-4, S. 31–39.
  • Daniela Gräfin von Pfeil: Die Stellung Hans Schüchlins in der Ulmer Malerei. In: Meisterwerke Massenhaft. Die Bildhauerwerkstatt des Nikolaus Weckmann und die Malerei in Ulm um 1500, Stuttgart 1993, S. 161–167.
  • Thomas Richter: Das „Weltgericht“ am Chorbogen des Ulmer Münsters. Beobachtungen zu Ikonographie und Stil der Malerei sowie zu ihrer Zuschreibung an die Werkstatt Hans Schüchlins, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg 35 (1998), S. 7–42.
  • Alfred Stange: Deutsche Malerei der Gotik, Bd. 8, München, Berlin 1957, S. 4, 14-16.
  • Ramona Thiede-Seyderhelm: Der Tiefenbronner Hochaltar von Hans Schüchlin 1469. Dokumentation seiner Restaurierungsgeschichte, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 7 (1993), S. 323–342.
  • WintterlinSchüchlin, Hans. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 32, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 641–643.
  • Daniela Gräfin von Pfeil: Schüchlin, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 628 f. (Digitalisat).
  • Norbert Werner: Schüchlin (Schuelin), Hans. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 1046.
Bearbeiten
Commons: Hans Schüchlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Manuel Teget-Welz: Bartholomäus Zeitblom, Jörg Stocker und die Ulmer Kunstproduktion um 1500. In: Eva Leistenschneider (Hrsg.): Jerusalem in Ulm. Der Flügelaltar aus St. Michael zu den Wengen. Herausgegeben als Ausstellungskatalog anlässlich der Ausstellung Jerusalem in Ulm – Der Flügelaltar aus St. Michael zu den Wengen, Ulmer Museum, 8. März bis 12. Juli 2015. Hrsg.: Stadt Ulm, Ulmer Museum, Süddeutsche Verlags-Gesellschaft im Thorbecke-Verlag, Ulm 2015, ISBN 978-3-88294-465-5, S. 11.
  2. Stefan Roller: Zwei Arbeiten aus der Werkstatt Hans Pleydenwurffs in der Nationalgalerie in Prag. In: Bulletin of the National Gallery in Prague. Teil 1: 10 (2000), S. 6-17; Teil 2: 11 (2001), S. 20–37;
    Robert Suckale: Die Erneuerung der Malkunst vor Dürer. 2 Bände. Petersberg 2009.
  3. David Gropp 2002.
  4. David Gropp 2002.
  5. Anna Mohrat-Fromm: Die konzertierte Aktion zur Tafelmalerei. In: Anna Moraht-Fromm, Wolfgang Schürle (Hrsg.): Kloster Blaubeuren. Der Chor und sein Hochaltar. Theiss, Stuttgart 2002, S. 168–217.