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Als Compositiones bzw. Compositiones medicamentorum wird die Mitte des 1. Jahrhunderts verfasste umfangreiche Sammlung medizinischer (pharmakotherapeutischer) Rezepte des römischen Arztes Scribonius Largus in lateinischer Sprache bezeichnet.

Quellen und Gliederung des Textes

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Stellung der Compositiones im zeitlichen Kontext

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Die Rezeptzusammenstellungen des Scribonius Largus wurden ungefähr zwischen 43 und 48 n. Chr.[1] geschrieben. Sie liegen damit zeitlich zwischen den ebenfalls lateinisch geschriebenen Werken 'De medicina' von Celsus und 'Naturalis historia' des Plinius. Es gibt in den 3 Büchern zahlreiche Überschneidungen, möglicherweise wurden die gleichen Quellen benutzt. Viele von Scribonius Largus genannte Pflanzen finden sich auch bei Plinius, speziell im Band XX 'Medizin und Pharmakologie' und bei Celsus im Buch V 'Pharmakologie...'.

Allerdings stellt sich Scribonius Largus selbst als Praktiker dar, der weniger in Texten Informationen sucht, sondern sich mit seinen Kollegen austauscht. Er zitiert über 20 Ärzte, darunter auch den an anderer Stelle genannten Zopyros. Die Ärzte tragen häufig griechische Namen, auch die Krankheiten und die Heilmittel sind häufig griechisch oder lateinisch mit griechischem Synonym bezeichnet.

Gesamtaufbau des Buches

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Das Buch gliedert sich in ein Grußwort, 271 Rezepte und eine kurze Schlussbemerkung. Die Rezepte sind in Gruppen von 1 bis 5 Rezepten zu einer Krankheit oder einem Symptomenkreis zusammengefasst. In den ersten 162 Rezepten werden die Krankheiten des Menschen nach dem Schema „von Kopf bis Fuß“ beginnend mit Kopfschmerz und endend mit Fußgicht abgehandelt. Die Rezepte 163 bis 178 enthalten Mittel gegen Schlangengift und Antidote, 179 bis 200 gegen schädliche Stoffe wie Pilze oder Bilsenkraut. Danach legt Scribonius Largus in einem kurzen Zwischenabschnitt dar, dass sich die bisherigen Rezepte hauptsächlich mit der diaetetia beschäftigt hätten und die folgenden an den chirurgos richten. Ganz ist das nicht durchgehalten, viele der folgenden Rezepte haben aber in der Form von Pflastern (emplastra) einen Bezug zu Verwundungen und krankhaften Hautveränderungen.

Aufbau der einzelnen Rezepte

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Die Rezepte sind unterschiedlich lang, meistens für eine Erkrankung, manchmal auch für mehrere. Ab und an sind mehrere Rezepte in einem zusammengefasst, oder es sind Kommentare eingefügt. Sehr häufig ist aber der Aufbau: zu behandelnde Erkrankung, Auflistung der Ingredienzien mit genauen Mengenangaben, Beschreibung der Zubereitung, Angaben zur Verabreichung. Als Beispiel composition LXXXVII:

„…, gegen den Husten, der mit Speichelfluß verbunden ist: 1 Unze Safran, 1/6 Pfund Myrrhe, 1/4 Pfund Opium. Der Safran wird zerstoßen und gründlich durchgesiebt. …, werden Pillen von Erbsengröße angefertigt; je 3 oder 4 werden zur Nacht gereicht“[2]

Die Widmung

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Scribonius Largus beginnt seine Rezeptsammlung mit einem Gruß an den einflussreichen Freigelassenen Gaius Iulius Callistus.[3] Engagiert verficht er hier die Verwendung der Heilstoffe im Rahmen der ärztlichen Kunst zum Wohle des Patienten. Er beruft sich auf Hippokrates und nimmt Stellung zu einem damals ausgetragenen Streit um den bekannten Arzt Asklepiades.

Scribonius Largus in seinen Rezepten

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Scribonius Largus stellt sich in seinen Compositiones selbstbewusst als erfolgreich praktizierenden Arzt dar. Mehrfach verwendet er die Verbform: 'probo' = habe ich verwendet und für gut gefunden. Im Rezept CXVIII schreibt er gar: 'hoc ego iam stercus per os eicientem, quod signum mortiferum est, sanavi …'[4] 'Dadurch habe ich …, der schon Kot durch den Mund auswarf – ein totverkündendes Anzeichen – geheilt.'[2].

Scribonius Largus bezieht sich auf etwa 20 noch lebende oder bereits verstorbene Arztkollegen, von denen er Rezepte übernimmt, mit denen er aber auch dissente Ansichten ausficht. Er erwähnt auch häufig Angehörige aus dem Umkreis der Kaisers Claudius (zum Beispiel CCLXXI: 'acopum, quo fere Augusta et Antonia usae sunt...'), um so seine Bedeutung und Nähe zu den Mächtigen der Welt darzustellen.

Die Krankheiten und Symptome

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Es werden circa 150 Gründe zur Anwendung einer Composition genannt. Dabei handelt es sich nicht um Krankheiten im Sinne des ICD[5], sondern um Symptome[5], Symptomkomplexe, mehr oder minder klare Krankheitsbilder und schädliche Substanzen. Eine genaue Zahl kann aus Abgrenzungsgründen schwer ermittelt werden: soll man 'Husten', 'Husten mit Auswurf', 'alten Husten' getrennt zählen? Ist 'harte Leber' zusammen mit 'Leberleidende' zu betrachten?

Es werden eine Reihe offensichtlicher Symptome körperlicher Beeinträchtigungen behandelt, wie Schmerz in verschiedenen Körperteilen, Fieber, der Komplex Husten/Schnupfen/Heiserkeit, Verdauungsprobleme mit Verstopfung, Schmerz und Durchfall, Vergiftungen, Verwundungen. Die Symptome werden genau beobachtet und beschrieben. Es wird zum Beispiel einem Rezept für Schwellung und Schmerz der Harnblase (CXLVI) ein Rezept mit dem weiteren Symptom 'die schwer Urin lassen können' (CXLVII) zur Seite gestellt. Die genaue Beschreibung in Rezept CI: …deren Kinnmuskel unter heftigen Schmerzen so stark gespannt sind, daß sie auf keine Weise den Mund öffnen können: die Griechen nennen diese Krankheit τέτανος findet sich im heutigen Krankheitsbild Tetanus/Wundstarrkrampf[5] wieder. Scribonius Largus geht aber auch auf die Krankheitsdefinitionen seiner Zeit ein. Er hat Compositionen für Milzkranke (lienosos) oder Magenkranke (stomachios), meistens werden aber die Symptome beschrieben.

Die Heilmittel

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Die Rezepturen basieren gemäß Christian Schulze auf 242 Pflanzen, 36 Mineralien und 27 tierischen Drogen[6]; eigene Zählung führt hingegen zu 194 Pflanzen, 31 Mineralien und 39 tierischen Drogen. Eine genaue Bestimmung ist kaum möglich, weil die Abgrenzung schwierig ist. So ist es Ermessensfrage, ob die verschiedenen Weinsorten als verschiedene Heilmittel beachten werden, ob man adeps = Fett gleichsetzt mit pinguis = Fett. Die folgenden Zahlen sind daher als Annäherungen zu betrachten. Die am häufigsten angeführten Stoffe sind Honig (50), Öl (40), Wein (50) und Essig (40). Sie dienen oft der Galenik und werden im Folgenden ausgeklammert.

Pflanzliche Stoffe

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Die pflanzlichen Stoffe reichen von in Italien heimischen Pflanzen, wie Kohl, Feige, Brenn-Nessel bis zu Pflanzen aus dem östlichen Mittelmeer und Asien, wie galbanum (Harz einer doldentragenden Pflanze aus Syrien[7]), Myrrhe, zingiber = Ingwer. Viele werden nur wenige male genannt. Die am häufigsten genannten Pflanzen oder Pflanzenprodukte sind Safran (40), Myrrhe (40), opium (30) und Pfeffer (30). Die meisten Pflanzen werden in der heutigen Medizin und Naturheilkunde nicht mehr verwendet. Opium allerdings, das wegen der in XXII beschriebenen Gewinnung sicher mit 'papaver somniferum' gleichgesetzt werden kann, wird damals wie heute gegen Schmerz und hartnäckigen Hustenreiz (XC – XCIII) eingesetzt. Auch andere Parallelen finden sich: Aloe in CXXXV genutzt zum 'Erweichen des Darms' wird auch jetzt noch als Laxans betrachtet[5].

Tierische Stoff

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Es wird das Fett (Henne, Schwein, Stier, …) und die Milch (Schaf, Esel, …) verschiedener Tiere eingesetzt, ob als Heilstoff oder zur Galenik bleibt unklar. Auch Frauenmilch wird genannt.

Die tierischen Stoffe stehen häufig der Volksmedizin oder magischen Vorstellungen nahe: Hoden des Krokodils (XIV), Haut der Sterneidechse (CLXIIII), Gehirn der Nachteule (XLIII).

Mineralische Stoffe

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Diese Stoffe stammen meist aus dem Bereich der Metallverarbeitung, wie zum Beispiel cadmia = grauer Hüttenrauch[7], aes = Erz, Kupfer, Bronze[7], aes ustum (gebranntes Kupfer[8]), flos aeris (Grünspan, d. h. Kupferazetat[9]). Interessant ist ein Komplex von Rezepten zur Versorgung von Wunden und Blutstillung (CCI – CCXIX). Einer zähen Masse aus Pflanzenpech und Wachs werden verschiedene mineralische Stoffe zugesetzt. Meist ist 'spuma argentae' = Silberschaum (Argentum nitricum = Silbernitrat wird auch jetzt als Antiseptikum verwendet[5]) und Alaun (ein Adstringens[5]) dabei.

Volksmedizin und Aberglaube

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Die lateinische Volksmedizin findet wenig Beachtung in dem Werk. Eine Ausnahme sind die bereits in 2.4.2 erwähnten tierischen Stoffe. Interessant ist das Rezept LXX: die Asche von Schwalbenjungen gegen Angina; das Gleiche findet sich auch bei Celsus (Buch IV,7). Astronomische Bezüge werden in XVI (Beginn der Medikamentennahme bei abnehmendem Mond) und CCII (Zubereitung bei Aufgang des Hundssterns) genannt.

Besondere Rezepte

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Die überwiegende Menge der Rezepte bringen den in 1.3 beschriebenen Aufbau immer ähnlicher Angaben zu Symptomen, Heilmittel, Zubereitung. Einige Rezepte heben sich davon ab und verdienen besondere Beachtung.

XVII: Nam sunt et … item ex iecinore gladiatoris iugulati particulam aliquam novies datam consumat. quaeque eiusdem generis sunt, extra medicinae professionem cadent, quamvis profuisse quibusdam visa sint[4]. Dann gibt es Leute …, die ein Stück der Leber eines abgeschlachteten Gladiators neun Tage lang verzehren. Obwohl das außerhalb der ärztlichen Professionalität steht, hat man doch gelegentlich gesehen, dass es wirkt (eigene Übersetzung).

Scribonius Largus kann sich von dieser zweifelhaften Praxis nicht völlig distanzieren.

LXIIII: Scribonius Largus nimmt hier zu einer, anscheinend engagiert geführten Kontroverse Stellung: soll bei einer stark blutenden Verletzung der äußeren Gliedmaßen eine Art Druckverband aufgelegt, oder das betroffene Glied abgebunden werden. Scribonius Largus schlägt sich auf die Seite des Druckverbandes und sieht sich dabei im Einklang mit der Autorität Asklepiades.

Die compositiones enthalten auch zwei Rezepte zur Zubereitung von Theriak.[10] Die Arznei Theriak, die eine ungeheure Rezeptionsgeschichte bis in die Neuzeit erfuhr, wirkt Scribonius zufolge als „Mittel gegen Tiergift […] bei Bissen, Stichen und beim Anhauch aller Schlangen wunderbar […] Gleichfalls bei aus beliebigem Grunde eingetretenen Quetschungen und bei Verzerrungen der inneren Teile und der Seiten und bei Brustschmerzen.“[11]

Die Rezeptur des von Scribonius theriace prima[12] genannten Rezeptes enthält folgende Zutaten:

Vitis albae radicis pondo octo, trifolii acuti seminis, quod et ipsum in extremo aculeum habet, vel eiusdem radicis p. III, panacis Ӿ p. IIII, terrae mali Ӿ p. V, roris marini radicis Ӿ p. IIII, laseris Ӿ p. IIII, zingiberis Ӿ p. IIII, rutae silvaticae Ӿ p. VI, cumini Thebaici Ӿ p. III, myrrhae Ӿ p. III, cumini Aethiopici Ӿ p. V, castorei Ӿ p. III, eryngii radicis Ӿ p. III, serpulli Ӿ p. III, ervi albi seminis moliti Ӿ p. XII. Chio vino consperguntur contusa ac trita; fiunt pastilli pondere Ӿ unius aut victoriati. Dantur ex vino mervo vetere vel ex mixto vel ex aqua: quae si non fuerint, per se commanducandus erit pastillus et devorandus.[13]

8 Pfund Zaunrübenwurzel, 3 Pfund vom Samen des Asphaltklees, der gleichfalls am Ende einen Sporn hat, oder von der Wurzel derselben Pflanze, 4 Drachmen Allheilkraut, 5 Drachmen Erdapfel, 4 Drachmen Rosmarinwurzel, 4 Drachmen Laser; 4 Drachmen Ingwer, 6 Drachmen wilder Raute, 3 Drachmen thebaischen Kümmels, 3 Drachmen Myrrhe, 5 Drachmen äthiopischen Kümmels, 3 Drachmen Bibergeil, 3 Drachmen von der Wurzel des Männertreu, 3 Drachmen Quendel, 12 Drachmen vom gemahlenen Samen der weißen Erve. Die Bestandteile werden zerstoßen, gerieben und mit Chioswein übergossen; es werden Pastillen zu 1 oder ½ Drachme angefertigt. Sie werden mit lauterem, altem Wein oder mit vermischtem oder mit Wasser gereicht; ist dies nicht vorhanden, so wird man die Pastillen für sich allein zerkauen und hinunterschlucken müssen.[14]

Eine eindeutige Zuordnung der antiken Pflanzennamen aus dem Theriak-Rezept des Scribonius Largus zu den modernen botanischen Artenbezeichnungen ist nur teilweise zweifelsfrei möglich. Somit lässt sich nicht immer sagen, welche Zutaten von Scribonius jeweils genau gemeint waren. Dies lässt sich anhand einzelner ausgewählter Bestandteile des Theriak-Rezeptes verdeutlichen:

Trifolium acutum

Das trifolium acutum ist eine näher spezifizierende Bezeichnung des trifolium. Es wird üblicherweise der Art Psoralea bituminosa L. zugeordnet,[15][16] wobei diese in der botanischen Nomenklatur heute Bituminaria bituminosa (L.) C. H. Stirton genannt wird.[17] Auch das asphaltion in Plin. nat. XXI 54 wird mit der Art Psoralea bituminosa L. gleichgesetzt,[18][16] obwohl in lateinischen Primärquellen kein Nachweis für eine damalige synonyme Handhabung der Begriffe zu finden ist.

Ros marinum

Das ros marinum bzw. der ros marinus wird von den Editoren der Compositiones-Ausgaben üblicherweise mit der botanischen Art Rosmarinus officinalis L. gleichgesetzt.[19][20] Plinius allerdings beschreibt eine Pflanze namens libanotis, die auch rosmarinus genannt wird.[21] Libanotis selbst wird als Cachrys libanotis L. identifiziert.[22][23] Plinius differenziert libanotis bzw. rosmarinus jedoch in zwei Unterarten: die als Rosmarinus officinalis L. bestimmbare Art und eine unfruchtbare,[24] die heute nicht mehr identifizierbar ist.[23][25] Hierin stimmt er mit Dioscorideslibanotis überein, der auch auf die Verwendung der Bezeichnung rosmarinus bei den Römern hinweist.[26] In diesem Kontext ist eine monoseme Zuordnung zu Rosmarinus officinalis L. bei Scribonius Largus fraglich. Indessen lesen sich die Fähigkeiten von libanotis bei Plinius fast wie ein „Wunderheilmittel“, für das die Wurzel, der Strauch und der Samen Verwendung fanden.[27] Auch Scribonius Largus nutzte Blätter[28] und Wurzel[29] des ros marinum. Während ein Bezug auf Celtis australis L. oder Stachys officinalis L.[23] aufgrund der sprachlichen und medizinhistorischen Anknüpfungspunkte eher unwahrscheinlich ist, muss zur Identifizierung neben Cachrys libanotis L. und Rosmarinus officinalis L. auch die heute unbekannte Art der „unfruchtbaren libanotis“ in Betracht gezogen werden.

Zingiber

In der lateinischen Ausgabe Sconocchias wird die Pflanze mit zingiber wiedergegeben, in der Erstausgabe Ruelles wurde sie mit gingiber überliefert.[30] Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine sprachliche Alternativform. Der zingiber ist eindeutig der Art Zingiber officinale Rosc. zuzuordnen,[31] wie auch der zingiber von Scribonius Largus' Zeitgenossen Plinius in Plin. nat. XII 28.[32]

Cuminum Thebaicum

Plinius nennt cuminum silvestre und cuminum rusticum als Synonyme des cuminum Thebaïcum und hält fest, dass dies eine andere Art der ansonsten lediglich cuminum genannten Pflanze ist.[33] Der Kommentar aus der Sammlung Tusculum ordnet den thebaischen Kümmel lediglich als nicht näher bestimmbar in die Gattung Umbelliferae-Apiacae ein.[34] Möglicherweise lässt sich jedoch der „wilde“ Kümmel Plinius‘ mit Lagoecia cuminoides L. gleichsetzen[35] und sich auch auf Scribonius Largus‘ Rezeptsammlung anwenden. Scribonius Largus selbst trägt wenig zur Klärung bei, da er neben dem cuminum Thebaicum an anderer Stelle auch einen cuminum silvaticum verwendet.[36] Unklar ist daher, falls er mit cuminum silvaticum wirklich den cuminum silvestre Plinius‘ meint, ob für ihn cuminum Thebaicum und cuminum silvaticum Synonyme darstellen oder es sich für ihn um unterschiedliche Arten handelt. Fraglich ist daher auch der Analogieschluss zu Lagoecia cuminoides L.

Cuminum Aethiopicum

Das cuminum Aethiopicum erwähnt auch Plinius, der die Qualitäten verschiedener Kümmel-Sorten gegeneinander abwägt, darunter auch die des cuminum Aethiopicum.[37] Zudem berichtet er uns darüber, dass unter seinen Zeitgenossen eine Unklarheit darüber bestand, ob eine weitere, ami genannte Pflanze dem cuminum Aethiopicum lediglich ähnlich ist oder ihm gleichzusetzen sei.[38] Darin stimmt er mit Dioscorides überein,[39] wobei sowohl bei Plinius als auch bei Dioscorides die klare Tendenz zu erkennen ist, ami gegenüber dem cuminum Aethiopicum als eigenständige Art zu definieren. Man muss jedoch in jedem Falle von einer damaligen latenten Verwechslung beider Arten ausgehen, der auch Scribonius Largus erlegen gewesen sein könnte. Im medizinhistorischen Kontext wurden sowohl der äthiopische Kümmel als auch ami zur Behandlung von Schlangenbissen bzw. Bissen wilder Tiere empfohlen.[40] Eine Zuordnung des cuminum Aethiopicum ist zu der Art Carum copticum (L.) Benth et Hook bzw. Trachyspermum ammi (L.) Sprague möglich,[41][42] über die Interpretation als ami ist auch eine Identifizierung als Ammi maius L. denkbar.[43]

Nach einer anderen Lesart ist an der betreffenden Stelle nicht cuminum Athiopicum gemeint, sondern cummi Aethiopicum.[44] Das commi Aethiopicum weist einen mehrfachen Bezug zu antiken Autoren auf. Auch Scribonius Largus selbst erwähnt es als olivae Aethiopicae commi, welches bei den Griechen elaeas Aethiopices dacryon genannt wurde.[45] Hier zitiert Scribonius Largus aus dem Werk Dioscorides‘,[46] wobei dessen äthiopischer Ölbaum auch bei Plinius zu finden ist.[47] Dieser Baum ist nicht sicher zu bestimmen.[48]

Textausgaben

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  • Johannes Ruellius (Hrsg.): Scribonii Largi de Compositionibus medicamentorum Liber unus, antehac nusquam excusus. Simon Silvius, Paris 1528 (Digitalisat biusanté).
  • Johann Michael Bernhold (Hrsg.) Scribonii Largi Compositiones medicamentorum. Amandus König, Straßburg 1786.
  • Scribonius Largus: Compositiones. Edidit Sergio Sconocchia, BSG B.G. Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig, 1983

Literatur

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Anmerkungen

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  1. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus den medizinischen Schriften der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 177.
  2. a b Wilhelm Schonack: Scribonius Largus, Deutsche Übersetzung
  3. Deutsche Übersetzung in: Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus den medizinischen Schriften der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 45–49: Scribonius Largus, Rezeptzusammenstellungen (aus dem Vorwort): Scribonius Largus an seinen Freund Callistus.
  4. a b Scribonius Largus, Sergio Sconocchia
  5. a b c d e f Pschyrembel
  6. Christian Schulze, Rom, Scribonius Largus
  7. a b c Georges
  8. Petrus Uffenbach (Hrsg.): Pedacii Dioscoridis Anazarbaei Kraeuterbuch […]. (ins Deutsche übersetzt von Johannes Danzius), Frankfurt am Main (bei Johann Bringern) 1610, S. 385 f.
  9. Dieter Lehmann: Zwei wundärztliche Rezeptbücher des 15. Jahrhunderts vom Oberrhein. Teil I: Text und Glossar. Horst Wellm, Pattensen/Han. 1985, jetzt bei Königshausen & Neumann, Würzburg (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 34), ISBN 3-921456-63-0, S. 176.
  10. Scrib. Larg. 165 f.
  11. Scrib. Larg. 165. Schonack 1913, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  12. Scrib. Larg. 164.
  13. Scrib. Larg. 165, Sconocchia 1983.
  14. Scrib. Larg. 165. Schonack 1913, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  15. Scribonius Largus: Ricette mediche. Hrsg.: Loredana Mantovanelli. S.A.R.G.O.N. Editrice e Libreria, Padova 2012, ISBN 978-88-95672-27-4, elenco delle piante e dei loro derivati, S. CXXVI, s.v. Trifolium acutum.
  16. a b Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 264, s.v. Trifolium.
  17. J. McNeill, E. Ann Odell, Laurie L. Consaul, Deborah S. Katz: American code and later lectotypifications of Linnaean generic names dating from 1753. A case study of discrepancies. In: Taxon. Band 36, Nr. 2. Bureau, Vienna 1987, S. 350–401, hier S. 381, doi:10.2307/1221430, JSTOR:1221430.
  18. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. 2., erw. und bearb. Auflage. Band 21/22. Artemis & Winkler, Düsseldorf 1999, ISBN 3-7608-1704-1, Erläuterungen zu XXI 54, S. 268.
  19. Scribonius Largus: Das Receptbuch des Scribonius Largus. Hrsg.: Felix Rinne. Halle 1896, die wichtigsten bei Scribonius Largus erwähnten Arzneimittel, S. 70, s.v. Rosmarini folia.
  20. Scrib. Larg. 165 (Mantovanelli 2012), Fußnote 295.
  21. Plin. nat. XIX 187.
  22. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. Band 19. Zürich 1996, ISBN 3-7608-1599-5, Erläuterungen zu XIX 187, S. 172 f.
  23. a b c Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 219, s.v. ros marinum.
  24. Plin. nat. XXIV 99.
  25. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. Band 24. München 1993, ISBN 3-7608-1604-5, Erläuterungen, S. 153, XXIV 99.
  26. Diosk. mat. med. III 79 (87).
  27. Plin. nat. XXIV 99.
  28. Scrib. Larg. 268.
  29. Scrib. Larg. 165.
  30. Scrib. Larg. 165 (Ruelle 1528), zitiert nach: Scrib. Larg. 165 (Sconocchia 1983), Fußnote zu Zeile 7.
  31. Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 110 und S. 279, s.v. gingiber und s.v. zingiber.
  32. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. Band 12/13. München 1977, ISBN 3-7765-2144-9, Erläuterungen zu XII 28, S. 202.
  33. Plin. nat. XIX 161.
  34. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. Band 19. Zürich 1996, Erläuterungen zu XIX 161, S. 164.
  35. Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 81, s.v. cuminum.
  36. Scrib. Larg. 119.
  37. Plin. nat. XIX 161.
  38. Plin. nat. XX 163.
  39. Diosk. mat. med. III 63 (70).
  40. Plin. nat. XX 163 und Diosk. mat. med. III 61 (68).
  41. Plinius Secundus, Gaius: Naturkunde. Hrsg.: Roderich König. Band 20. München 1979, Erläuterungen zu XX 163, S. 253.
  42. Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 81, s.v. cuminum.
  43. Jacques André: Les noms de plantes dans la Rome antique. Soc. d'Ed. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-32856-4, S. 14, s.v. ami.
  44. Scrib. Larg. 165 (Codex Toletanus Capit. 98, 12). Zitiert nach: Scrib. Larg. 165 (Sconocchia 1983), Fußnote zu Zeilen 8 und 9.
  45. Scrib. Larg. 252.
  46. Diosk. mat. med. I 141.
  47. Plin. nat. XII 77 und XXIII 72.
  48. Diosk. mat. med. I 141 (Berendes 1902), Anm. S. 125 und Plin. nat. XXIII 72 (König 1993), Erläuterungen S. 130.