Haberbusch i Schiele

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Werbung aus dem Jahr 1936
Das Warschauer Betriebsgelände der abgerissenen Brauerei im Jahr 2014

Die Warschauer Brauerei Haberbusch i Schiele S.A. (genauer: Społka Akcyjna Zjednoczonych Browarów Haberbusch i Schiele, auf Deutsch: Aktiengesellschaft Vereinigte Brauereien Haberbusch und Schiele) war in der Zwischenkriegszeit eine der bedeutendsten Brauereien Polens[1] und gehörte zu den größten Unternehmen der Art in Europa. Die letzte in Warschau noch produzierende Brauerei existiert heute nicht mehr.

Konstanty Schiele (1817–1886), Sohn des deutschstämmigen Burghardt Schiele, kaufte gemeinsam mit seinem Schwager Błażej Haberbusch (1806–1878) im Jahr 1846 eine Brauereianlage im Warschauer Stadtteil Wola. Verkäufer der aus der Konkursmasse des Unternehmens Schöffer i Glimpf stammenden und auf die Herstellung von Porter-Bier spezialisierten Brauerei war die Bank Polski. Unter Beteiligung des gemeinsamen Schwiegervaters der beiden Jungunternehmer, Henryk Klawe (1790–1868), wurde die Brauerei Haberbusch, Schiele i Klawe gegründet, die zunächst 20 Arbeiter beschäftigte. Die Produktpalette wurde um Pilsener, „Kulmbacher“ und „bairisches Bier“ (auch: „Bairischbier“)[2][3] ergänzt. 1850 konnte eine weitere, kleine Warschauer Brauerei übernommen und in das Unternehmen integriert werden.

Nach dem Ausscheiden des Gründungsgesellschafters Klawe firmierte die Brauerei ab 1865 nur noch unter Haberbusch i Schiele. 1880 wurde mit der Einrichtung einer Abfüllanlage in Kiew der Export in die Ukraine begonnen. Nun wurde neben dem Weichselland die Ukraine ein wichtiger Absatzmarkt. 1898 firmierte das Unternehmen als Towarzystwo Akcyjne Browaru Parowego i Fabryki Sztucznego Lodu p.f. Haberbusch i Schiele mit Sitz in der ul. Krochmalna 59. Das Stammkapital der Aktiengesellschaft betrug 1.500.000 Rubel. Die hohe Qualität der erzeugten Biere wurde durch zahlreiche Auszeichnungen auf Messen dokumentiert. So erhielt das Unternehmen 1885 eine Silbermedaille auf der Agrar- und Industrieausstellung (Wystawy Rolniczo-Przemysłowej) in Warschau, 1896 eine weitere Silbermedaille bei der Allrussischen Industrie- und Handwerksausstellung in Nischni Nowgorod, ein Diplom bei einer Hygieneausstellung 1896 in Warschau sowie eine Goldmedaille 1910 in Odessa. 1914 waren in der Brauerei bereits rund 250 Arbeiter angestellt.

Erster Weltkrieg

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Der Erste Weltkrieg führte zu Plünderungen zunächst seitens abrückender russischer Einheiten, nachfolgend durch die deutsche Besatzungsmacht. In der Besatzungszeit wurde die Produktion der üblichen Biersorten untersagt, so dass nur ein Dünnbier mit einem geringeren Alkoholgehalt unter der von den deutschen Behörden genehmigten Marke „Amata“ hergestellt und vertrieben werden konnte.

Zwischenkriegszeit

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Zwei Söhne des Gründers, Feliks und Kazimierz Schiele (1860–1931) folgten als Nachfolger in der Betriebsleitung.[4] Im Jahr 1921 fusionierte das Unternehmen mit vier weiteren, durch den Krieg wirtschaftlich angeschlagenen Warschauer Brauereien (Edward Reych i Synowie, Karol Machlejd, Seweryn Jung sowie Korona) zur Społka Akcyjna Zjednoczonych Browarów Haberbusch i Schiele. Die Eigentümer der zusammengeschlossenen Brauereien erhielten Aktien im Verhältnis der eingebrachten Werte. Dieses Brauereikonglomerat beschäftigte rund 500 Mitarbeiter und besaß verschiedene Betriebsgrundstücke in Warschau, die sich vorwiegend im Bereich der Straßen ul. Grzybowska, ul. Wronia, ul. Chłodnia und ul. Żelazna im Stadtteil Wola befanden. Daneben wurden Immobilien in Białystok, Kalisz und Łódź unterhalten. Zum Fuhrpark gehörten 30 Eisenbahnkühlwagen, 25 LKW sowie rund 100 Kutschpferde. Neben Bier (Helles, Dunkles, Export sowie Porter) wurden auch gashaltige Getränke, Limonaden, Liköre (wie der „Cherry Brandy“ mit 40 Alkohol-Volumenprozent) und Wodka produziert. Das Logo des Unternehmens beinhaltete die Darstellung einer Sphinx. Die Brauerei betrieb in Warschau mehrere Biergärten und Lokale, darunter die „Artistenbar“.[5] Mitarbeitern wurden viele soziale Leistungen zuteil. So wurde für sie eine Unfall- und Arbeitslosigkeitsversicherung abgeschlossen und eine Ambulanz mit Apotheke, ein Bad, ein Kindergarten, eine Vorschule sowie eine Ferienanlage in der nahe Warschau gelegenen Ortschaft Jabłonna unterhalten.

Aufständische beim Einsacken von Gerste in einem Getreidelager der Brauerei in der damaligen ul. Ceglana 4/6 im August 1944
Der lebensgefährliche Transport der Haberbusch i Schiele-Getreidesäcke unter dem Beschuss deutscher Einheiten
Charakteristische Pfandflasche der Brauerei aus den 1940er Jahren
Heute nicht mehr existierende Ruinen (Nachkriegsbauten) der Brauerei im Jahr 2008

Zweiter Weltkrieg

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Beim Angriff der deutschen Truppen im September 1939 kam es mehrfach zu Bombardierungen der Fabrik, bei denen vor allem das Heizkraftwerk beschädigt wurde. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Warschau wurde die bisherige Geschäftsleitung des Unternehmens um einen von den Besatzern eingesetzten Kommissar ergänzt. Es kam zu Reglementierungen (Gehälter und Abgabepreise) sowie einer Beschränkung des Vertriebs in Warschau zugunsten eines erweiterten Verkaufs im Generalgouvernement. In den folgenden Kriegsjahren wurden unter Anfertigung falscher Ausweispapiere in der Brauerei von der Besatzungsmacht gesuchte Widerstandskämpfer beschäftigt. Der Schmuggel von Lebensmitteln in das an das Werksgelände angrenzende jüdische Ghetto wurde ebenfalls von der (polnischen) Unternehmensleitung geduldet. Im Oktober 1943 kam es dann zur Verhaftung von Betriebsdirektor Aleksander Schiele (1890–1976) und dessen 19-jährigen Sohn Jerzy durch die Gestapo. Die beiden wurden im Warschauer Pawiak-Gefängnis inhaftiert und unter Gewaltanwendung verhört. Konstanty Schiele wurde aus der Haft entlassen, sein Sohn wegen Aktivitäten in der Heimatarmee auf Anweisung Heinrich Himmlers erschossen.

Im Warschauer Aufstand lieferten die enormen[6] Getreidelager (Weizen und Gerste)[7] der Brauerei Nahrungsmittel für die hungernden Bewohner der eingeschlossenen Warschauer Altstadt, deren Ernährungslage durch Flüchtlinge aus anderen Stadtteilen zusätzlich verschärft wurde.[8] Freiwillige Träger des Getreides wurden aufgrund der Gefahr einer Entdeckung mit einem Verdienst von zwei Kilogramm je zehn Kilogramm an die Quartiermeisterei geliefertes Getreide für den Eigenbedarf entlohnt.[9] Später dienten Gebäudekeller der umkämpften Fabrik als Hauptquartier der zur Heimatarmee gehörenden II. Region des III. Subdistrikts in Wola (polnisch: II Rejon, Obwód III Wola) unter Hauptmann Wacław Stykowski (1912–1981, Pseudonym „Hal“).[10][11]

Nach Kriegsende baute Aleksander Schiele die zerstörte Brauerei in der ul. Grzybowska teilweise wieder auf, konnte mit ihr jedoch nicht mehr an die Erfolge der Vorkriegszeit anknüpfen. Am 28. April 1949 verstaatlicht, wurde das in Warszawskie Zakłady Piwowarskie umfirmierte Unternehmen in der Folge dennoch bis zu dessen Pensionierung weiter von Schiele als Geschäftsführer geleitet, der daneben außerdem im Warschauer Büro für den Wiederaufbau der Hauptstadt tätig war.

Das bekannteste in der Brauerei produzierte Bier war dabei das „Królewskie“,[12] das in Warschau in Flaschen und in der umliegenden Woiwodschaft Warschau in Fässern verkauft wurde. Am 19. Juli 1972 liefen in der Brauerei außerdem die ersten in Polen abgefüllten Flaschen Coca-Cola vom Band, die anschließend in den Warschauer Supermärkten Supersam und Sezam verkauft wurden.[13][14]

Im Rahmen der Privatisierungswellen nach der politischen Wende in Polen wurde die Brauerei in den 1990er Jahren zwei weitere Male umbenannt, zunächst in Browary Warszawskie S.A. (1992), dann in Browary Warszawskie „Królewskie“ S.A. (1997), bis sie schließlich im Jahr 2000 von dem österreichischen Konzern Brau Union übernommen und im Rahmen der Neustrukturierung der Aktivitäten des Heineken-Konzerns in Polen[15][16] 2004 abermals weiterverkauft wurde. Der neue Eigentümer allerdings verlegte die Produktion anschließend nach Warka, da deren Fortführung in der zentralen Stadtlage Warschaus[17] inzwischen zu hohe Kosten verursacht habe. So wurde die Einstellung der Produktionsaktivitäten in Warschau mit einem kumulierten Verlust von rund 100 Millionen Złoty in den Jahren 2001 bis 2003 begründet.[16] 250 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit.[16] Das ehemalige Betriebsgelände wurde im Jahr 2006 an die spanische Immobilienentwicklungsgesellschaft Grupo Prasa verkauft, die hier die Errichtung eines Gebäudekomplexes zu Büro- und Wohnzwecken plant. Dazu sollen auch drei rund 120 Meter hohe Hochhäuser (Entwurf der Architektenbüros JEMS und MWH) gehören. Die teilweise noch vorhandenen Kelleranlagen der alten Brauerei sollen in die neue Anlage integriert werden.[12] Die Nachkriegsgebäude auf dem Gelände waren großenteils im Jahr 2007 abgerissen worden;[1] zwei Vorkriegsobjekte sowie ein Teil der Kelleranlagen stehen unter Denkmalschutz. Heutiger Eigentümer der Namensrechte der aufgelösten Brauerei ist die Grupa Żywiec S.A.

Einzelnachweise

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  1. a b Jerzy S. Majewski, Dariusz Bartoszewicz und Tomasz Urzykowski, Spacerownik Warszawski, Agora SA, ISBN 978-83-60225-96-7, Warschau 2007, S. 89
  2. Warschauer Zeitung, Ausgaben 148–298, Verlag Hindemith, Ausgabe vom 14. Juli 1860, Inserate (Restaurantanzeigen)
  3. Warschauer Zeitung, Ausgaben 148–298, Verlag Hindemith, Ausgabe vom 11. November 1860, Inserate (Restaurantanzeigen)
  4. Anna Domanska, Andreas Lawaty und Wieslaw Mincer, Deutsch-polnische Beziehungen in Geschichte und Gegenwart: Bibliographie 1900–1998; Band 14 der Veröffentlichungen des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt, Deutsches Polen-Institut, ISBN 978-3-447-04243-7, Otto Harrassowitz Verlag, 2000, Fußnote 5714, S. 417
  5. Bericht des Westpreussischen botanisch-zoologischen Vereins, Danzig, Bände 31–33, Westpreussischer Landtag (Hrsg.), 1909, S. 18
  6. Gesellschaft zur Förderung der West-Östlichen Begegnung in Europa (Hrsg.), Europäische Begegnung, Band 3, R. Robbins, 1963, S. 452
  7. Joanna K. M. Hanson, The Civilian Population and the Warsaw Uprising of 1944, ISBN 978-0-521-53119-1, Cambridge University Press, 2004, S. 226
  8. Bernd Martin und Stanisława Lewandowska, Der Warschauer Aufstand 1944, ISBN 978-83-86653-09-6, Deutsch-Polnischer Verlag, 1999 S. 185
  9. Janusz Piekałkiewicz, Kampf um Warschau, 2. Auflage, Herbig, 1994, S. 160
  10. Barbara Engelking, Barbara Engelking-Boni und Helga Hirsch, Unbequeme Wahrheiten: Polen und sein Verhältnis zu den Juden, Band 2561 der Edition Suhrkamp, ISBN 978-3-518-12561-8, Suhrkamp Verlag, 2008, S. 67
  11. The Saturday Evening Post, Band 226, Curtis Publishing Company, 1953, S. 151
  12. a b Information zur Grupo Prasa (Memento des Originals vom 4. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/wiezowce.waw.pl auf der Website Wieżowce Warszawy (abgerufen am 20. März 2014; in Englisch)
  13. History of Coca-Cola’s presence in Poland (Memento des Originals vom 22. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/en.coca-colahellenic.pl auf der Website von Coco-Cola Hellenic Polen (abgerufen am 21. März 2014; in Polnisch)
  14. Tylko naturalne aromaty i bez dodatku konserwantów. Od 1886r. (Memento des Originals vom 22. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cocacola.com.pl auf der Website von Coca-Cola Polen (abgerufen am 21. März 2014; in Polnisch)
  15. Heineken N.V. konsolidierte die Brauereigruppe Grupy Żywiec S. A. sowie die aus der Übernahme der Brau Union zufallende Brau Union Polska
  16. a b c Agnieszka Domańska, Pożegnanie Haberbusha@1@2Vorlage:Toter Link/www.bractwopiwne.pl (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Website von Bractwo Piwne, vmtl. aus: Życie Warszawy (abgerufen am 21. März 2014, in Polnisch)
  17. In unmittelbarer Umgebung befinden sich Hochhäuser wie das Hotel Hilton Warschau, der Warsaw Trade Tower oder das Warsaw Spire
  • Zofia Jurkowlaniec und Roland Borchers, Polacy z wyboru: Rodziny pochodzenia niemieckiego w Warszawie w XIX i XX wieku/Polen aus freier Wahl: Deutschstämmige Familien in Warschau im 19. und 20. Jahrhundert, ISBN 978-83-62020-46-1, Fundacja Wspołpracy Polsko-Niemieckiej/Dom Spotkań z Historią, Warschau 2012, S. 193–197
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Koordinaten: 52° 14′ 9,1″ N, 20° 59′ 14″ O