Kabinett Herriot I

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Kabinett Herriot (Eclaireur de l'est, 18. Juni 1924)

Das erste Kabinett Herriot war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 14. Juni 1924 von Premierminister (Président du Conseil) Édouard Herriot gebildet und löste das Kabinett François-Marsal ab. Es blieb bis zum 10. April 1925 im Amt und wurde vom Kabinett Painlevé II abgelöst.

Dem Kabinett gehörten Minister des Cartel des gauches an: Parti républicain, radical et radical-socialiste (PRRRS), Parti républicain-socialiste (PRS) und Radicaux indépendants (RI) sowie Abweichler der Parti républicain démocratique et social (PRDS). Die Section française de l’Internationale ouvrière stützte die Regierung, beteiligte sich aber nicht.

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Unterstaatssekretäre

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Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

Historische Einordnung

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Am 13. Juni 1924 wurde mit Gaston Doumergue ein neuer Staatspräsident gewählt, der mit Herriot den Vertreter des Cartel des gauches als Ratsvorsitzenden berief. Édouard Herriot stellt den Abgeordneten sein Programm vor: Einhaltung des Achtstundengesetzes und der Gewerkschaftsrechte, Einführung von Sozialversicherungen und Maßnahmen zur Förderung des Zugangs zu weiterführenden Schulen, Stärkung des Laizismus. Das Kartell versucht vergeblich, die laizistischen Gesetze auf Elsass-Lothringen auszudehnen und die Einhaltung der Kongregationsgesetze durchzusetzen.[12]

Die Asche von Jean Jaurès wird in das Panthéon überführt.

Ein Rundschreiben vom 25. September 1924 des Innenministers Camille Chautemps an die Präfekten erkannte de facto die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes an.[13] Am 23. November wurde die Asche von Jean Jaurès in das Panthéon überführt.

Am 16. Januar 1925 wurde das Dekret über die Gründung des Wirtschafts- und Sozialrats[A 1] (Conseil économique, social et environnemental)verabschiedet.[13] Die Regierung Herriot ließ eine Reihe von Sozialmaßnahmen verabschieden. Die Kammer stimmte für die Ausweitung des Acht-Stunden-Gesetzes und erweiterte die kostenlose Aufnahme von Schülern in Gymnasien und Collèges mit freien Plätzen. Außerdem wurde ein Steuergesetz zur Einführung der Ausbildungssteuer verabschiedet.[14]

Die Regierung von Herriot stürzte im April infolge der Währungskrise. Die Obergrenze der Vorschüsse der Banque de France an den Staat wurde überschritten. Herriot erwog eine Kapitalsteuer, scheiterte aber an den Banken, und im April zeigte die Bilanz der Banque de France, die die Situation bis dahin verschleiert hatte, dass die gesetzliche Obergrenze für die Vorschüsse an die Staatskasse überschritten war. Im Senat überstimmt, trat Herriot zurück.[14]

Die Londoner Konferenz von Juli und August 1924 und der daraus folgende Dawes-Plan regelte die deutschen Reparationszahlungen neu. Dies führte zum 1. September zum Rückzug französischer Truppen aus dem Ruhrgebiet. Im Oktober 1924 erkannte Frankreich die Sowjetunion diplomatisch an.[15]

Frankreich und das Vereinigte Königreich initiierten 1924 mit dem Genfer Protokoll im Völkerbund ein Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten, das allerdings in der Folge von britischen Regierung nicht ratifiziert wurde.[16]

  1. Der Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat (CESE) ist eine französische Verfassungsversammlung, die sich aus sozialen Vertretern (Arbeitgeber, Gewerkschaften, Verbände) zusammensetzt. Der CESE hat eine beratende Funktion, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens optional oder obligatorisch ist. Diese Versammlung ermöglicht die Vertretung der Berufsverbände auf nationaler Ebene und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren der Wirtschaft. Das Kabinett Herriot schuf eine Vorläuferin der heutigen Organisation. Siehe weiterführend fr:Conseil économique, social et environnemental in der französischsprachigen Wikipédia.

Einzelnachweise

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  1. Jacques-Louis Dumesnil. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  2. François Albert dit François-Albert. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  3. Victor Peytral. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  4. Eugène, Jean-Jacques Raynaldy. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  5. Justin Godart. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  6. Ministre des Pensions
  7. Edouard, Amédée Bovier-Lapierre. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  8. Victor Dalbiez. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  9. Commissaire général à la Guerre (Éducation physique)
  10. Paul Bénazet. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  11. Pierre, Claude Robert dit Pierre-Robert. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  12. Pierre Milza, Odile Gaultier-Voituriez, Carole Giry-Gautier: Sources de la France du XXe siècle : De 1918 à nos jours. Larousse, 1997, ISBN 978-2-03-592101-7 (google.de).
  13. a b René Mouriaux: L’année sociale. Éditions de l’Atelier, 1999, ISBN 978-2-7082-3421-5 (google.de).
  14. a b Edouard Herriot (Biographie Jean Jolly). In: Assemblée nationale. Abgerufen am 3. Januar 2024 (französisch).
  15. Frédéric Dessberg: Enjeux internationaux. Le triangle impossible. Band 2. Peter Lang, 2009, ISBN 978-90-5201-466-1, S. 32, 58, 289 (google.de).
  16. Edouard Herriot. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 7. Juli 2023 (französisch).