Mittlerer Schulabschluss

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Der Mittlere Schulabschluss (in den meisten Bundesländern als Realschulabschluss bezeichnet, in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen als Fachoberschulreife, in Mecklenburg-Vorpommern als Mittlere Reife, in Rheinland-Pfalz als Qualifizierter Sekundarabschluss I, im Saarland als Mittlerer Bildungsabschluss)[1] ist im Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland ein Bildungsabschluss, der üblicherweise am Ende der 10. Klasse der allgemeinbildenden Schule erworben werden kann.

Länderspezifische Bezeichnungen

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Die Bezeichnungen für den mittleren Schulabschluss sind in den Bundesländern unterschiedlich:

Ab 1832 wurden Abschlüsse der Realschule in Preußen als Zugangsberechtigung zu mittleren Laufbahnen anerkannt. Die mittlere Reife hieß auch das Einjährige, weil junge Männer mit diesem Bildungsabschluss statt des normalen dreijährigen Wehrdienstes auf freiwilliger Basis (wenn sie die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Uniform, Kaltwaffe und bei reitenden Einheiten auch Pferd selbst trugen) nur ein Jahr dienen mussten. Diese nannte man Einjährig-Freiwillige und die mittlere Reife hieß „wissenschaftliche Befähigung für den Einjährig-Freiwilligen Militärdienst“.

Zeugnis Mittlerer Schulabschluss 1893

Im Jahr 1970 wurden die Begriffe Realschulabschluss und mittlere Reife weitgehend synonym verwendet. Im Gymnasium wurde keine mittlere Reife erworben. Gymnasiasten, die die Abiturprüfung nicht bestanden oder das Gymnasium vorher verließen, hatten demzufolge keinen Schulabschluss.

Der Deutsche Bildungsrat legte 1970 mit dem Strukturplan für das Bildungswesen eine langfristige Perspektive für das bundesdeutsche Bildungssystem vor. Es war für alle Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien ein neuer Abschluss vorgesehen, der der bisherigen mittleren Reife ähnelte. Dieser sollte als Arbeitstitel „Abitur I“ genannt werden. Das „Reifezeugnis“ nach Abschluss des Gymnasiums wäre demnach das „Abitur II“ geworden.[22]

Es dauerte jedoch noch lange, bis dies umgesetzt wurde. So gab es etwa 2002 in Thüringen, im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern, an Gymnasien keine Prüfungen oder automatische Zuerkennung der mittleren Reife nach der 10. Klasse. Das Thüringer Schulgesetz wurde erst nach dem Amoklauf von Erfurt entsprechend geändert, als ein 18 Jahre alter, der Schule verwiesener Zehntklässler 16 Menschen und anschließend sich selbst erschossen hatte.[23]

Der früher einheitliche Begriff „mittlere Reife“ und „Realschulabschluss“ ist inzwischen in sieben verschiedene Bezeichnungen aufgesplittert (siehe Abschnitt Länderspezifische Bezeichnungen), da sich die Bildungspolitiker der einzelnen Länder gegenwärtig nicht auf einen gemeinsamen Namen verständigen können.

Der mittlere Schulabschluss ist die Voraussetzung zum Besuch von Schulformen der Sekundarstufe II (Fachoberschulen (FOS), Berufsoberschulen (BOS), Berufskollegs (BK), Gymnasien usw.). Je nach Bundesland und Schulart ist die Aufnahme an einer weiterführenden Schule jedoch außerdem an einen bestimmten Notendurchschnitt gebunden. In einigen Bundesländern wird auch zwischen einem Abschlusszeugnis des 10. Schuljahrs mit und ohne Qualifikationsvermerk unterschieden. Ein „qualifizierter“ Abschluss, zum Beispiel ein Erweiterter Sekundarabschluss I, berechtigt dann zum Besuch einer gymnasialen Oberstufe.

Voraussetzungen

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Da Bildungspolitik Ländersache ist, regeln in den einzelnen Bundesländern die jeweiligen Schulgesetze, Richtlinien und Erlasse, an welchen Schularten die mittlere Reife/Fachoberschulreife erreicht werden kann.

Sie ist im Regelfall der Abschluss an einer Realschule, einer Oberschule (in Brandenburg), einer Berufsfachschule (zum Beispiel in Baden-Württemberg), im Mittlere-Reife-Zug (der Begriff als solcher ist lediglich in Bayern üblich, der Sache nach gibt es ihn aber auch in anderen Bundesländern) einer Hauptschule (in Baden-Württemberg Werkrealschule), an einer Wirtschaftsschule in Bayern oder an einer Gesamtschule bzw. an einem Gymnasium nach Klasse 10.

Das Erwerben des mittleren Schulabschlusses ist mittlerweile in allen Bundesländern mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz an zentrale Prüfungen gebunden. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fanden diese Prüfungen erstmals am Ende des Schuljahres 2006/2007 statt, in Schleswig-Holstein im Mai 2009,[24] in den übrigen Ländern waren sie bereits eingeführt bzw. sind niemals abgeschafft worden, wie zum Beispiel in Thüringen. In etlichen Bundesländern sind Gymnasiasten davon ausgenommen, aber durchaus nicht in allen (so beispielsweise nicht in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg).

Die Realschule führt nach der 10. Klasse im Allgemeinen zur mittleren Reife. In manchen Bundesländern ist es auch möglich, die Realschule nach der 10. Klasse nur mit erweitertem Hauptschulabschluss zu verlassen, wenn die Prüfungen für den mittleren Schulabschluss nicht bestanden wurden, das Klassenziel jedoch erreicht wurde.

Im Land Brandenburg wurden zum Schuljahr 2005/2006 die Realschulen und Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe in Oberschulen umgewandelt. Der Abschluss richtet sich nach dem Notendurchschnitt und anderen Kriterien. Nach den Abschlussprüfungen am Ende der 10. Klasse können demnach die erweiterte Berufsbildungsreife (entspricht dem erweiterten Hauptschulabschluss), die Fachoberschulreife (FOR; vormals Realschulabschluss) sowie die Fachoberschulreife mit Berechtigungen zum Besuch der gymnasialen Oberstufe (FORQ) erworben werden. Der Wechsel von einer Oberschule an ein Gymnasium kann spätestens nach der 9. Klasse erfolgen, da das Abitur bereits nach 12 Schuljahren abgelegt wird.

Mittelschule (ehemals Hauptschule)

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An einer Mittelschule kann die mittlere Reife unter bestimmten Voraussetzungen erreicht werden:

An einer Gesamtschule kann die mittlere Reife (in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg „Fachoberschulreife“ genannt) mit dem Abschluss der 10. Klasse erreicht werden. Dabei wird unterschieden zwischen einem Abschluss mit oder ohne Zugangsberechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe (in Nordrhein-Westfalen bzw. Brandenburg: Fachoberschulreife (FOR) oder Fachoberschulreife mit Qualifikation für die Einführungsphase (FORQ-E) oder die Qualifikationsphase (FORQ-Q) der gymnasialen Oberstufe).

Am Gymnasium werden je nach Bundesland nach der 10. Schulklasse entweder Prüfungen zum Erwerb des mittleren Schulabschlusses durchgeführt, oder es reicht das Versetzungszeugnis in die Jahrgangsstufe 11 als Nachweis der mittleren Reife.

Der erfolgreiche Abschluss einer Berufsausbildung (Lehre) kann unter bestimmten Umständen ebenfalls zur mittleren Reife führen, wenn weitere allgemeinbildende Unterrichtsfächer an der Berufsschule belegt werden und ein bestimmter Notendurchschnitt erreicht wird (Modell 9+3).

Wirtschaftsschule

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Die Wirtschaftsschule in Bayern führt zwei- bis vierstufig (je nach Voraussetzungen) zum mittleren Bildungsabschluss.[25]

Zweiter Bildungsweg

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Daneben gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten über den zweiten Bildungsweg, beispielsweise per Fernunterricht, über die Abendrealschule oder über Sonderschulformen an beruflichen Schulen (zum Beispiel Berufskolleg). Voraussetzung hierfür ist der Hauptschulabschluss.

Polytechnische Oberschule in der DDR

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Ein vergleichbares Zeugnis wurde in der DDR nach Abschluss der 10. Klasse der polytechnischen Oberschule erreicht (Zehnklassenabschluss). Es ist heute dem eines Realschulabschlusses gleichgesetzt. Am Ende der 10. Klasse fanden DDR-weite zentrale Prüfungen statt. Diese bestanden aus

  • schriftlichen Prüfungen in Russisch, Deutsch, Mathematik sowie Biologie, Physik oder Chemie,
  • mindestens zwei und höchstens fünf mündlichen Prüfungen,
  • einer Prüfung in Sport – Leichtathletik und Turnen.

Die Abschlussprüfung wurde mit einem Prädikat abgeschlossen, das sich aus dem Durchschnitt aller Zensuren aus dem Zeugnis ergab:

  • mit Auszeichnung (überwiegend Einsen, maximal 2 Zweien)
  • sehr gut (Note 1)
  • gut (Note 2)
  • befriedigend (Note 3)
  • genügend (Note 4)
  • ungenügend (Note 5)
Portal: Bildung – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bildung
Wiktionary: Mittlere Reife – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 3. Dezember 1993 in der Fassung vom 26. März 2020, Ziffer 5.2, S. 09–10. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/1993/1993-12-03-VB-Sek-1.pdf, abgerufen am 11. April 2022.
  2. Der mittlere Schulabschluss in Bayern, Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, abgerufen am 7. Januar 2015.
  3. Prüfungen und Abschlüsse. Berlin.de: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, abgerufen am 12. Januar 2020.
  4. Mittlerer Schulabschluss (Memento vom 10. November 2014 im Internet Archive), Bildungsserver Berlin-Brandenburg, abgerufen am 7. Januar 2015.
  5. Abschlüsse & Prüfungen, Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft, Bremen, abgerufen am 7. Januar 2015.
  6. Mittlerer Schulabschluss, Hamburg.de, abgerufen am 26. November 2015.
  7. Mittlerer Schulabschluss, Thema Zentrale Abschlüsse, Portal Bildung Schleswig-Holstein, abgerufen am 7. Januar 2015.
  8. Abschlüsse. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen – Bildungsportal, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Februar 2015; abgerufen am 25. November 2019.
  9. Mittlerer Bildungsabschluss, Bildungsserver, Saarland, abgerufen am 7. Januar 2015.
  10. Mittlerer Abschluss, Hessisches Kultusministerium, abgerufen am 7. Januar 2015.
  11. Prüfungen und Abschlüsse, Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Regierungsportal, abgerufen am 7. Januar 2015.
  12. Abschlüsse (Memento vom 27. Februar 2015 im Internet Archive), Bildungsserver Mecklenburg-Vorpommern, abgerufen am 7. Januar 2015.
  13. Mittlere Reife, Service-BW, Baden-Württemberg, abgerufen am 7. Januar 2015.
  14. Individuelle Wahlmöglichkeit des Schulabschlusses, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Baden-Württemberg, abgerufen am 7. Januar 2015.
  15. Oberschule, Schule.Sachsen.de, abgerufen am 28. Mai 2021.
  16. Gemäß § 5 der Verordnung über die Abschlüsse in der Sekundarstufe I (Abschluss-VO Sek I) vom 9. Juli 2012, Der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt (Memento vom 8. Januar 2015 im Internet Archive), Bildungsserver Sachsen-Anhalt, abgerufen am 7. Januar 2015.
  17. Das Thüringer Schulsystem, Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Thueringen.de, abgerufen am 7. Januar 2015.
  18. Abschlüsse im Sekundarbereich I, Niedersächsisches Kultusministerium, abgerufen am 7. Januar 2015.
  19. Einführung der Oberschule im Land Brandenburg – Durchlässigkeit und Anschlussmöglichkeiten (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Land Brandenburg, abgerufen am 7. Januar 2015.
  20. Bildungsgänge (Memento vom 28. Februar 2015 im Internet Archive), Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Land Brandenburg, abgerufen am 7. Januar 2015.
  21. Bildungswege in Rheinland-Pfalz. Informationsschrift. 5. Aufl., Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur, Rheinland-Pfalz, September 2010. Online, abgerufen am 7. Januar 2015.
  22. Abitur auch für Schlosser? In: Der Spiegel 19/1969
  23. 15 Jahre nach dem Schulmassaker – Was seit dem Amoklauf von Erfurt anders ist, n-tv.de, 26. April 2017
  24. Ministerium für Bildung und Kultur Schleswig-Holstein (Memento vom 6. Juli 2010 im Internet Archive)
  25. Verband Bayerischer Privatschulen e. V.: Dein Weg zum Mittleren Schulabschluss, aufgerufen am 21. Dezember 2018