Naumachie
Als Naumachie bzw. Naumachia (altgriechisch ναυμαχία naumachía, deutsch ‚Seeschlacht‘ aus ναῦς náus, deutsch ‚Schiff‘, und μᾰ́χη máchē, deutsch ‚Kampf, Schlacht, Gefecht‘, lateinisch naumachia oder navale proelium, navalia proelia) wurden in der Antike sowohl nachgestellte Seeschlachten als auch die Anlagen, in denen diese Schauspiele stattfanden, bezeichnet.[1] Die dort teilnehmenden Naumachiarier[2] (lat. naumachiārius, „Schiffskämpfer“[3]) waren Kämpfer, Gefangene oder Verbrecher.[4] Es handelt sich auch um ein gartenkünstlerisches Gestaltungselement.
Geschichte
Die erste Naumachie wurde 46 v. Chr. von Gaius Iulius Caesar veranstaltet, der eigens zu diesem Zweck einen künstlichen See auf dem Marsfeld anlegen ließ. Bei diesem Spektakel wurde eine Schlacht zwischen phönizischen und ägyptischen Schiffen dargestellt. An diesem Gefecht sollen viertausend Ruderer und zweitausend Decksoldaten teilgenommen haben, so dass nach Schätzungen des Historikers Fik Meijer insgesamt 22 Schiffe beteiligt waren. Der Andrang der Zuschauer war dabei so groß, dass von außerhalb Roms anreisende Zuschauer auf den Straßen kampieren mussten.
Augustus ließ 2 v. Chr. die erste permanente Naumachie errichten, die daher später als vetus naumachia (dt. „alte Naumachie“) bezeichnet wurde und ein Ausmaß von 540 mal 350 Meter hatte, siehe: Naumachia Augusti.
Die größte Naumachie ließ Claudius im Jahre 52 auf dem Fuciner See, dem einst größten Binnengewässer Mittelitaliens, ausrichten. In der Mitte des Sees hatte er einen mechanischen Tritonen aufbauen lassen, der mit einer Fanfare den Beginn der Schlacht einläutete. Auf beiden Seiten kämpften dabei je 9500 Sklaven auf je 50 Schiffen. Vor dieser Naumachie grüßten die Kämpfenden den römischen Kaiser mit dem Ruf:
Dieser Gruß wird im Allgemeinen mit Gladiatoren und Julius Caesar assoziiert und z. B. in Lehrbüchern tradiert. Es ist jedoch nicht belegt, dass jemals ein Gladiatorenkampf stattfand, bei dem die Gladiatoren auf diese Weise den römischen Kaiser ansprachen. Die in dieser Naumachie auf dem Fuciner See kämpfenden Sträflinge – also gerade keine Gladiatoren – versuchten mit diesen Worten wahrscheinlich, das Mitleid des Kaisers zu wecken.[6] Nero, der es bevorzugte, Naumachien in Amphitheatern auszurichten, ließ dafür „Fische und andere Meereskreaturen (wie Krokodile)“[7] im Wasser umherschwimmen, um die Spannung zu erhöhen; auch im Kolosseum fanden Naumachien statt – zum Beispiel bei seiner feierlichen Einweihung im Jahre 80, als der Arenaboden des Kolosseums noch rein auf einem hölzernen Stützensystem ruhte und das schnelle Fluten und Ablassen des Wassers in der Arena ermöglichte.[7]
Auch Domitian ließ Naumachien ausrichten, z. B. im Jahre 95 in der naumachia Augusti.[8] Seit den von Aurelian nach dem Sieg über Zenobia im Jahr 272 n. Chr. veranstalteten Naumachien scheinen sie aus der Mode gekommen zu sein.[9] Aufgrund des großen Aufwandes waren Naumachien deutlich seltener als Gladiatorenkämpfe.
Wie die Gladiatoren waren die Naumachiarii meist Sklaven, Kriegsgefangene oder zum Tode Verurteilte; durch eine gute Darbietung konnten diese die Freiheit erlangen.
In der Barockzeit wurden die Naumachien zur Belustigung der höfischen Gesellschaft wiederbelebt. So wurden etwa auf dem (heute trockengelegten) Brandenburger See in Bayreuth Seeschlachten ausgetragen, ebenso vor einer künstlichen maritimen Kulisse um den Leuchtturm Moritzburg (Sachsen). Eine der antiken Form nachgebildete Naumachie befand sich im Parc Monceau (Paris). Auch „Schlachten“ mit ferngesteuerten Modellschiffen können zu den Naumachien gezählt werden.
Literatur
Es gibt wenig Literatur, die sich spezifisch mit Naumachien beschäftigt. In der Literatur, die sich mit dem Gladiatorenwesen im römischen Reich auseinandersetzen, widmet man sich auch diesem vor allem für Rom typischen Schaukampf.
- Julius Jung: Grundriss der Geographie von Italien und dem Orbis Romanus (= Handbuch der Altertumswissenschaft. 3. Abteilung, Band 3,1). 2. umgearbeitete und vermehrte Auflage. C.H. Beck, München 1897; Erwähnung von Naumachien auf den S. 55, 231, 258–259, 270, 274, 276–277 (Digitalisat).
- Marcus Junkelmann: Das Spiel mit dem Tod – So kämpften Roms Gladiatoren. Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2563-0 (Antike Welt, Sonderheft; Zaberns Bildbände zur Archäologie).
- Eckart Köhne (Hrsg.): Gladiatoren und Caesaren. die Macht der Unterhaltung im antiken Rom. Von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2614-9.
- Alan Baker: Gladiatoren – Kampfspiele auf Leben und Tod. Goldmann, München 2002, ISBN 3-442-15157-0.
- Fik Meijer: Gladiatoren. Das Spiel um Leben und Tod. Artemis und Winkler, Düsseldorf u. a. 2004, ISBN 3-7608-2303-3.
- Patrick Eyres: British naumachias: The performance of triumph and memorial. In: Dumbarton Oaks Colloqium on the history of landscape architecture. Band 27, 2003, Seite 171–192.
- Marin Buovac: Die Entstehung und Entwicklung der Naumachien auf dem Gebiet des Römischen Reiches. Zusammenfassung, in: Histria Antiqua, Band 21, 2012, Seite 393.
Einzelnachweise
- ↑ Zeno: Lexikoneintrag zu »Naumachie«. Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. ... Abgerufen am 27. Januar 2023.
- ↑ Zeno: Lexikoneintrag zu »Naumachiārĭer«. Meyers Großes Konversations-Lexikon, ... Abgerufen am 27. Januar 2023.
- ↑ Zeno: Wörterbucheintrag Latein-Deutsch zu »naumachiarius«. Karl Ernst Georges: ... Abgerufen am 27. Januar 2023.
- ↑ Zeno: Lexikoneintrag zu »Naumachie«. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig ... Abgerufen am 27. Januar 2023.
- ↑ Sueton: Vita Divi Claudii 21 (online auf thelatinlibrary.com, Zugriff am 6. August 2017)
- ↑ Donald G. Kyle: Spectacles of Death in Ancient Rome. Routledge, London 1998, S. 94.
- ↑ a b Seeschlacht in der Arena: „Ave Caesar, die Todgeweihten grüßen dich!“ - WELT. Abgerufen am 27. Januar 2023.
- ↑ Statius, silvae 4,4,6–7.
- ↑ Zeno: Lexikoneintrag zu »Naumachĭa«. Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg ... Abgerufen am 27. Januar 2023.