Nietzscheanischer Zionismus

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Der Nietzscheanische Zionismus entstand unter dem Einfluss, den einige Begriffe und philosophische Konzepte in den Werken Friedrich Nietzsches auf Vertreter des politischen Zionismus ausübten, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand und 1948 zur Gründung des Staates Israel führte.

Nietzsche hatte eine ambivalente Beziehung zum Thema Juden und Judentum. In Jenseits von Gut und Böse kritisiert er einerseits die Juden als Begründer eines Sklaven-Aufstands in der Moral, die sich dann auf das Christentum übertragen habe.[1] Andererseits schreibt er im selben Werk:

„Die Juden sind aber ohne allen Zweifel die stärkste, zäheste und reinste Rasse, die jetzt in Europa lebt; sie verstehen es, selbst noch unter den schlimmsten Bedingungen sich durchzusetzen...“[2]

Für die frühen Vertreter der verschiedenen Richtungen des Zionismus spielten diese Erwägungen Nietzsches allerdings keine entscheidende Rolle. Prägenden Einfluss auf sie hatte zunächst vielmehr Nietzsches Konzeption des Übermenschen, wie sie in Also sprach Zarathustra formuliert wird.

Theodor Herzl schrieb 1894 ein Drama Das neue Ghetto. Hier tritt ein „Dr. Jacob Samuel“ auf, der sich ähnlich wie Nietzsches Zarathustra gegen die Herdenmentalität stellt und in dem der lebensbejahende Wille zur Macht zum Ausdruck kommt.[3] Herzl selbst sowie sein Freund Max Nordau waren allerdings gegenüber Nietzsches Persönlichkeit durchaus kritisch eingestellt. Herzl bezeichnete den deutschen Philosophen im Hinblick auf seinen geistigen Zusammenbruch beiläufig als „Verrückten“, und auch Nordau wandte sich in seiner Schrift Entartung deutlich gegen ihn. Martin Buber war zunächst von Nietzsches Konzept des Übermenschen, der sich von der Masse abwendet und die Sklavenmoral verabscheut, ebenfalls fasziniert, wandte sich dann aber später selbst gegen den deutschen Philosophen.

Die Jugendbewegung Hashomer Hatzair, die 1916 in Wien gegründet wurde, war zu Beginn ebenfalls von Ideen Nietzsches tief beeinflusst. Ihre Zielvorstellung war eine geistig und sexuell befreite Jugend im Kampf gegen die überlieferten Werte der Bourgeoisie, die sie in Kollektivsiedlungen (Kibbuzim) in Palästina, dem späteren Staat Israel, zu verwirklichen suchten.[4] Ab 1926 wandte sich der Hashomer Hatzair allerdings dem Marxismus zu, doch die Bedeutung der individuellen Freiheit, wie sie in Nietzsches Schriften zum Ausdruck kommt, blieb in der sozialistisch-zionistischen Jugendbewegung stets in Geltung.

  • Steven E. Aschheim: The Nietzsche legacy in Germany, 1890–1990. Berkeley, University of California Press, 1994. ISBN 978-0-520-07805-5.
  • Jacob Golomb: Thus Spoke Herzl: Nietzsche's Presence in Theodor Herzl's Life and Work. In: Nietzsche and Zion, Cornell University Press, 2004.
  • Artur Abramovych: Entartete Espritjuden und heroische Zionisten. Jüdischer Nietzscheanismus in der Auseinandersetzung zwischen Theodor Lessing und Thomas Mann, Gerhard Hess Verlag, Uhingen 2022, ISBN / EAN: 9783873367418

Einzelnachweise

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  1. Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Fünftes Hauptstück, Zur Naturgeschichte der Moral. Nr. 195.
  2. Jenseits von Gut und Böse. Achtes Hauptstück: Völker und Vaterländer. Nr. 251.
  3. Jacob Golomb: Nietzsche and Zion. Cornell University Press, 2004. JSTOR:10.7591/j.ctv5qdjn7.6
  4. Aschheim, S. 105