Louis Kuhne (Architekt)

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Louis Kuhne (* 14. Oktober 1814 in Bortfeld; † 10. November 1896 in Braunschweig; vollständiger Name: Emil Ludwig Georg Kuhne) war ein deutscher Architekt und herzoglich braunschweigischer Baubeamter. Von 1846 bis 1854 war er als Lehrbeauftragter für Architektur am Collegium Carolinum in Braunschweig tätig.

Louis Kuhne war ein Sohn des Bortfelder Pfarrers Johann Friedrich Sylvester Kuhne (1777–1819) und dessen Ehefrau Sophie Henriette Elisabeth Kuhne geborene Steinbrück. Er wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters als Halbwaise in Braunschweig auf.[1] Dort besuchte er von Michaelis 1832 bis Ende März 1834 das Collegium Carolinum zum Studium der Bauwissenschaft.[2] Zu dieser Zeit nahm er bereits unter Anleitung des Hofbaurats Carl Theodor Ottmer am Neubau des 1830 abgebrannten Residenzschlosses teil.[3] 1839 bestand er die Elevenprüfung und wurde dann offiziell dem Hofbaurat als Baueleve zugeteilt. Anfang 1842 übernahm er im Zeichen-Institut des neu gegründeten Braunschweiger Gewerbevereins nebenberuflich den Sonntagnachmittagsunterricht im „Plan- und Risse-Zeichnen“. Einige Jahre später unterrichtete er noch zusätzlich sonnabends das „Geometrische- und Maschinen-Zeichnen“.[4] Nach bestandener Prüfung zum Baukondukteur im Juni 1842 wurde er ein Jahr später dem Kreisbaumeister Heinrich Blumenstengel als Gehilfe bei den Hochbauten der damals im Bau befindlichen Eisenbahnstrecke Wolfenbüttel – Oschersleben zur Seite gestellt.[5] Nach Ottmers Tod im August 1843 sah Kuhne es als seine Aufgabe an, den von Ottmer geplanten und bereits begonnenen Bau des zweiten Braunschweiger Hauptbahnhofs, der den ersten Bau aus dem Jahr 1838 ersetzen sollte, zu Ende zu führen.[6]

Kurz vor Weihnachten 1844 bewilligte ihm das braunschweigische Staatsministerium eine unbezahlte Freistellung für eine zweijährige Studienreise auf Staatskosten, die er alsbald antrat und die ihn durch den größten Teil Deutschlands, durch ganz Italien und Sizilien, durch Spanien, Frankreich, Belgien, England und Schottland führte.[7] Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde er zum Assessor und stimmführenden (d. h. stimmberechtigten) Mitglied der Herzoglichen Baudirektion bestellt. Neben Entwurf und Ausführung der staatlichen und kirchlichen Gebäude wurde ihm auch die Prüfung der Pläne für private Villen an den Wallpromenaden übertragen. Er sollte auf eine würdige und anspruchsvolle Bebauung achten.[8] Zudem fand er noch im gleichen Jahr eine Anstellung als Lehrbeauftragter für Architektur am Collegium Carolinum im Fach Schöne Baukunst.[9]

Im Sommer 1851 besuchte Kuhne die erste internationale technische und kunsthandwerkliche Leistungsschau in London.[10]

Im Dezember 1853 wurde er zum Baurat ernannt.[11] Die Lehrtätigkeit am Collegium Carolinum gab er kurz danach auf, um sich ausschließlich den Aufgaben der Baudirektion zu widmen.[12] Den stundenweisen Unterricht im Zeicheninstitut des Gewerbevereins führte er jedoch bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1877 fort.[13]

  • 1840 fertigte Kuhne einen Entwurf zum Bau einer Villa für den Hof-Wagenfabrikanten Christian Gille in einer attraktiven Lage an der Promenade am Steintor Assekuranz № 3036 (heute Steintorwall 1). Der Bau ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in mehreren Bauabschnitten in Richtung Oker erweitert worden. Weitgehend unverändert blieb der straßenseitige Gebäudeteil. Seine Fassade ist bestimmt von einem mittig angelegten eingeschossigen dreiseitigen Erker – heute allerdings ohne Zinnenabschluss – und den auf dem Gurtgesims sitzenden, symmetrisch angeordneten, rechteckigen Fenstern unter einem Überschlaggesims.[14][15]
Die Neue Kanzlei in Wolfenbüttel
Im Hintergrund das Zentralgebäude der 1865 fertiggestellten Herzoglichen Heil- und Pflegeanstalt Königslutter
  • 1857 entwarf Kuhne eine heute nicht mehr erhaltene Husaren-Kaserne mit Treppengiebel im neogotischen Stil. Sie wurde auf dem Gelände des ehemaligen Fürstlichen Gartens des Dehn´schen Palais´ zwischen Ritterstraße und Löwenwall errichtet und später als Kavallerie-Kaserne am Magnitor oder einfach nur als Magnitor-Kaserne bezeichnet. In den Stallungen konnten bis zu 130 Reitpferde eingestellt werden.[22][23][24] Auf dem Gelände befindet sich jetzt die Gaußschule.[25]
  • 1861 legten Oberbürgermeister Heinrich Caspari zusammen mit Kuhne und Medizinalrat David Mansfeld der Braunschweigischen Landesversammlung einen Antrag zum Neubau einer Landesirrenanstalt vor. Das bis dahin genutzte Alexius-Pflegehaus in der Stadt Braunschweig war baufällig geworden und zudem überbelegt. Für den Neubau wurde ein Ort außerhalb Braunschweigs, der Benediktiner-Stiftshof in Königslutter in unmittelbarer Nähe zum Kaiserdom gewählt. An der Konzeption der Herzoglichen Heil- und Pflegeanstalt waren aus der Baudirektion anfänglich Baurat Wolf und später Baurat Kuhne beteiligt.[26] Das Haupthaus wurde im Dezember 1865 zum Gebrauch übergeben.[27]
  • Norman-Mathias Pingel: Kuhne, Emil Ludwig (Louis) Georg Kuhne. In: Luitgard Camerer, Manfred Garzmann (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Ergänzungsband. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1996, ISBN 3-926701-30-7, S. 84.

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Freist: Die Pastoren der Braunschweigischen evangelisch-lutherischen Landeskirche seit Einführung der Reformation. Landeskirchenamt, Wolfenbüttel 1974, S. 173.
  2. Peter Düsterdieck: Die Matrikel des Collegium Carolinum und der Technischen Hochschule Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, 1745–1900. Braunschweig 1983, ISBN 3-7848-2115-4, S. 54. Matrikelnummer 2318.
  3. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 3.
  4. Claudia bei der Wieden: 50 Jahre HBK Braunschweig. Geschichte einer Kunsthochschule und ihrer Vorgängereinrichtungen. Braunschweig 2013, ISBN 978-3-88895-082-7, S. 63 f.
  5. Theodor Müller: Lehrkräfte am Collegium Carolinum zu Braunschweig zwischen 1814 und 1862. Braunschweigischer Hochschulbund e. V., Braunschweig 1973, DNB 730505804, S. 84.
  6. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 96.
  7. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII:3210, S. 103.
  8. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 44f.
  9. Theodor Müller: Lehrkräfte am Collegium Carolinum zu Braunschweig zwischen 1814 und 1862. Braunschweigischer Hochschulbund e. V., Braunschweig 1973, S. 85.
  10. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 79.
  11. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A: 3210, S. 56.
  12. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 58.
  13. Kuhne. Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:3210, S. 65.
  14. Eva-Maria Willemsen: Ottmers „gothischer Styl“. In: Gerd Biegel, Angela Klein (Hrsg.): Carl Theodor Ottmer 1800–1843. Braunschweigischer Hofbaumeister, europäischer Architekt. Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig 2000, ISBN 3-927939-48-X, S. 127 f.
  15. Peter Giesau: Carl Theodor Ottmer (1800–1843). Braunschweiger Hofbaurat zwischen Klassizismus und Historismus. Deutscher Kunstverlag, München 1997, ISBN 3-422-06217-3, S. 67 f.
  16. Gemälde der Herzoglichen Kanzlei in Wolfenbüttel vor dem Umbau durch L. Kuhne, auf regionalWolfenbüttel.de, abgerufen am 4. August 2019.
  17. Hans-Henning Grote: Baudenkmal Wolfenbüttel. Die Bauentwicklung und Bauten der Stadt Wolfenbüttel von 1754 bis 1918. Wolfenbüttel 2016, S. 23 f.
  18. Foto der Buchler-Villa am Petritorwall vor 1945, auf Bildindex der Kunst & Architektur, abgerufen am 4. August 2019.
  19. Walther P. Buchler: Buchler-Villa. In: Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Ergänzungsband. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1996, ISBN 3-926701-30-7, S. 32.
  20. Mathias Haenchen: Zu den Neubauentwürfen für das Herzogliche Hoftheater in Braunschweig. In: 300 Jahre Theater in Braunschweig 1690–1990. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1990, ISBN 3-926701-11-0, S. 43.
  21. Hans-Henning Grote: Theater- und Städtebau in und um Braunschweig. Ein Gang durch die Ausstellung. In: 300 Jahre Theater in Braunschweig 1690–1990. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1990, ISBN 3-926701-11-0, S. 90.
  22. Nachlass Ludwig Kuhne, im Stadtarchiv Braunschweig, G XII 13:50, G XII 13:51 und G XII 13:52. Einzelblätter zu: Entwurf zu dem Neubau einer Husarenkaserne und zu den Stallungen für 200 Stück Pferde nebst Zubehör zu Braunschweig.
  23. Monika Lemke-Kokkelink: Kasernen. In: Gerd Biegel, Angela Klein (Hrsg.): Carl Theodor Ottmer 1800–1843. Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig 2000, ISBN 3-927939-48-X, S. 232 f.
  24. Bericht über die Städtische Fortbildungs- und Gewerbeschule zu Braunschweig 1901 - 1906. Joh. Heinr. Meyer, Braunschweig 1906 (Digitalisat auf https://publikationsserver.tu-braunschweig.de/ [PDF; abgerufen am 5. Dezember 2020] Die Ansicht der Husarenkaserne nach dem Um- und Neubau in eine städtische Gewerbeschule nach Plänen des Stadtbaumeisters Max Osterloh befindet sich auf Seite 32).
  25. Richard Moderhack: Braunschweig. Das Bild der Stadt in 900 Jahren. Geschichte und Ansichten. Städtisches Museum, Braunschweig 1985, S. 83.
  26. Einrichtung einer Landes Heil- und Pflegeanstalt in Königslutter. Stadtarchiv Braunschweig, G IV 02:588
  27. Rudolf Blasius: Braunschweig im Jahre MDCCCXCVII. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1897, S. 232.