Kernlokalisierungssignal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Kernlokalisierungssignal (auch Kernlokalisationssignal oder Kernlokalisierungssequenz, englisch nuclear localization signal, abgekürzt NLS) ist eine aus wenigen Aminosäuren bestehende Signalsequenz, die Proteine tragen, die in den Zellkern eingeschleust werden sollen.

Zellen höherer Lebewesen (Eukaryoten) besitzen einen Zellkern, dessen Kernmembran das Innere des Kerns (Karyoplasma) vom Zytoplasma trennt. Da alle Proteine im Zytoplasma hergestellt werden, müssen Proteine, die im Zellkern benötigt werden, in diesen eingeschleust werden. Dies geschieht durch Poren in der Kernmembran, so genannte Kernporen. Kleine Proteine bis etwa 40 kDa können durch die Poren passiv hindurchdiffundieren, während größere Proteine aktiv in den Kern transportiert werden müssen. Dies geschieht mit Helferproteinen, den sogenannten Importinen. Importine erkennen Kernlokalisationssignale, binden die entsprechenden Proteine und transportieren sie durch die Pore in den Zellkern. Die Energie für diesen Vorgang wird durch die Hydrolyse von GTP freigesetzt.

Das Signal selbst besteht aus einer einfachen bzw. zweifachen kurzen Sequenz, die zumeist positiv geladene Aminosäuren wie Lysin und Arginin enthält. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Typen, das klassische NLS und das atypische NLS.

Die klassische Kernlokalisierungssignalsequenz (PKKKRKV) wurde erstmals für das große T-Antigen des SV40 Virus beschrieben.[1] Klassische NLS werden weiter in einteilige und zweiteilige NLS unterteilt. Das zweiteilige NLS (z. B. beim Nucleoplasmin die Sequenz KR[PAATKKAGQA]KKKK) besteht aus zwei durch etwa 10 Aminosäuren getrennten Bereichen basischer Aminosäuren,[2] wobei auch neutrale und saure Aminosäuren die Aufnahme verbessern können.[3] Beide Arten der klassischen NLS werden durch Bindung an Importin α und dessen anschließende Bindung an Importin β an den Kernporenkomplex gebunden.

Die atypischen NLS werden meistens direkt von Importin β gebunden.[4] Hierzu gehören z. B. die M9-Domäne des hnRNP A1, der Repressor der Transkription in Hefen Matα2 (Sequenz KIPIK) und bei U snRNPs. Ribosomale Proteine besitzen eine eigene NLS,[5][6] über welches sie in den Kern importiert werden.[7] Die Gruppe der PY-NLS enthält eine charakteristische Prolin-Tyrosin-Sequenz und bindet an Importin β2 (synonym Transportin oder Karyopherin).[8]

Die Replikation vieler Viren ist von Transportprozessen abhängig, die durch Kernlokalisierungssignale vermittelt werden. Nach der Infektion einer Zelle muss das virale Erbgut meist in den Zellkern transportiert werden. Nur hier befinden sich die Enzyme der Wirtszelle, die die Gene des Virus replizieren und transkribieren können. Die Virus-DNA ist deshalb an virale Proteine mit einem Kernlokalisierungssignal gebunden und wird auf diese Weise mit in den Zellkern importiert.

Es gibt auch einen Gegenspieler, den Kernexport.[9] Das nukleäre Exportsignal (NES) ist eine kurze hydrophobe Leucin-reiche Aminosäuresequenz.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Kalderon, D. et al. (1984): A short amino acid sequence able to specify nuclear location. In: Cell. 39 (3 Pt 2): 499–509. PMID 6096007 doi:10.1016/0092-8674(84)90457-4
  2. Dingwall C, Robbins J, Dilworth SM, Roberts B, Richardson WD: The nucleoplasmin nuclear location sequence is larger and more complex than that of SV-40 large T antigen. In: J Cell Biol. 107. Jahrgang, Nr. 3, September 1988, S. 841–9, doi:10.1083/jcb.107.3.841, PMID 3417784, PMC 2115281 (freier Volltext).
  3. Makkerh JP, Dingwall C, Laskey RA: Comparative mutagenesis of nuclear localisation signals reveals the importance of neutral and acidic amino acids. In: Curr Biol. 6. Jahrgang, Nr. 8, August 1996, S. 1025–7, doi:10.1016/S0960-9822(02)00648-6, PMID 8805337 (elsevier.com).
  4. Mattaj IW, Englmeier L: Nucleocytoplasmic transport: the soluble phase. In: Annu Rev Biochem. 67. Jahrgang, Nr. 1, 1998, S. 265–306, doi:10.1146/annurev.biochem.67.1.265, PMID 9759490.
  5. Timmers AC, Stuger R, Schaap PJ, van 't Riet J, Raué HA: Nuclear and nucleolar localisation of Saccharomyces cerevisiae ribosomal proteins S22 and S25. In: FEBS Lett. 452. Jahrgang, Nr. 3, Juni 1999, S. 335–40, doi:10.1016/S0014-5793(99)00669-9, PMID 10386617 (elsevier.com).
  6. Garrett RA, Douthwate SR, Matheson AT, Moore PB, Noller HF: The Ribosome: Structure, Function, Antibiotics, and Cellular Interactions. ASM Press, 2000, ISBN 978-1-55581-184-6.
  7. Rout MP, Blobel G, Aitchison JD: A distinct nuclear import pathway used by ribosomal proteins. In: Cell. 89. Jahrgang, Nr. 5, Mai 1997, S. 715–25, doi:10.1016/S0092-8674(00)80254-8, PMID 9182759 (elsevier.com).
  8. Lee BJ, Cansizoglu AE, Süel KE, Louis TH, Zhang Z, Chook YM: Rules for nuclear localisation sequence recognition by karyopherin beta 2. In: Cell. 126. Jahrgang, Nr. 3, August 2006, S. 543–58, doi:10.1016/j.cell.2006.05.049, PMID 16901787 (elsevier.com).
  9. Yoshiyuki Matsuura: Mechanistic Insights from Structural Analyses of Ran-GTPase-Driven Nuclear Export of Proteins and RNAs. In: Journal of Molecular Biology. 2015, doi:10.1016/j.jmb.2015.09.025.