Katja Lange-Müller

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Katja Lange-Müller (2011)
Katja Lange-Müller am 6. September 2016 im Literaturhaus Köln

Katja Lange-Müller (geboren 13. Februar 1951 in Berlin-Lichtenberg) ist eine deutsche Schriftstellerin.

Katja Lange-Müller ist die Tochter von Inge Lange (1927–2013), die eine führende Politikerin in der DDR war. Nachdem sie mit 16 Jahren wegen „unsozialistischen Verhaltens“ von der Schule verwiesen worden war, machte sie eine Lehre als Schriftsetzerin und arbeitete anschließend als Bildredakteurin bei der Berliner Zeitung. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Requisiteurin beim DDR-Fernsehen war sie mehrere Jahre Hilfsschwester auf geschlossenen psychiatrischen Stationen der Berliner Charité und des Krankenhauses für Neurologie und Psychiatrie Berlin-Herzberge.

Ab 1979 studierte sie am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Ihr Mann Wolfgang Müller hatte ohne ihr Zutun Bewerbungsunterlagen für sie eingereicht.[1] 1982 folgten ein einjähriger Studienaufenthalt in der Mongolei und Arbeit in der „Teppichfabrik Wilhelm Pieck“ in Ulan-Bator. Nach der Rückkehr in die DDR war sie 1983 Lektorin im Altberliner Verlag. 1984 reiste sie aus der DDR nach West-Berlin aus. Sie lebt bis heute in Berlin und neuerdings auch in der Schweiz.

Lange-Müller ist seit 2000 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, seit 2002 der Akademie der Künste (Berlin). Sie war Mitglied des PEN Zentrum Deutschland, ehe sie aus Protest gegen die Umstände der Vereinigung mit dem ostdeutschen PEN-Zentrum gemeinsam mit Ingrid Bachér, Marcel Reich-Ranicki u. a. austrat.[2] Im Juni 2022 war Lange-Müller Mitgründerin des PEN Berlin.[3]

Sie war kurzzeitig mit dem Schriftsteller Wolfgang Müller (1941–2013), dem jüngeren Bruder des Schriftstellers Heiner Müller, verheiratet.[4]

Politisches Engagement

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Im April 2022 unterzeichnete Lange-Müller den von Alice Schwarzer initiierten „Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz“, der sich aus Sorge vor einem Weltkrieg als Folge des Russischen Überfalls auf die Ukraine 2022 unter anderem gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausspricht. Doch nach einer Reise nach Estland bezeichnete sie ihre Unterschrift als Fehler, da die Unterzeichner des Offenen Briefs „die grund- und schuldlos Angegriffenen, nämlich die Ukraine, quasi zur Kapitulation auffordern“. Sie kritisierte, dass die Unterzeichner sich als „die moralisch Überlegenen, die Vernünftigen, die Friedliebenden“ gäben.[5]

Literarisches Werk

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Lange-Müllers Werk besteht aus Erzählungen und Romanen, in die auch Erfahrungen aus ihrem bewegten Leben einfließen. Obwohl es sich dabei oft um Geschichten über gesellschaftliche Außenseiter und Versager handelt, wird immer wieder die komische und groteske Seite von deren Schicksalen betont. Auch in der Auseinandersetzung mit der deutschen Teilung und den Zuständen in der DDR macht sich Lange-Müllers ausgeprägt satirische Ader bemerkbar.

„In ihren Werken nutze sie Komik als eine ‚Art Notwehr‘, so Lange-Müller. ‚Wenn ein großer Dicker einem kleinen schwächlichen Dünnen bedrohlich nahe kommt und ihm auf die Schnauze hauen will, hat der kleine Dünne nur eine Chance: Er muss den großen Dicken zum Lachen bringen. Dann haut er ihn nicht mehr.‘“

Katja Lange-Müller im Gespräch mit Maja Ellmenreich: Deutschlandfunk: Kultur heute, 2019[6]

Der Roman Unser Ole (2024) erzählt die Geschichte der 76-jährigen Ida, die sich von Männern aushalten ließ, aber im Alter mittellos geworden ist. Sie zieht in eine WG mit der Witwe Elvira, die ihren geistig zurückgebliebenen Enkel Ole betreut, und gerät in eine Konstellation aus Abhängigkeiten. Die Machtverhältnisse in dieser Gemeinschaft verschieben sich, als Elvira stirbt und der Verdacht auf Ole fällt. Manuela, Oles Mutter, interessiert sich hauptsächlich für das Erbe und demütigt Ida, während Ole sich als einziger aus den Abhängigkeiten befreit. Der Roman strebt einen psychologisch fundierten Realismus und einen schnoddrigen Erzählton an.[7]

Autograph von Lange-Müller
  • Wehleid – wie im Leben: Erzählungen. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-596-22347-4.
  • Kasper Mauser – die Freiheit vorm Freund. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1988, ISBN 3-462-01895-7.
  • Verfrühte Tierliebe. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1995, ISBN 3-462-02445-0.
  • Die Letzten: Aufzeichnungen aus Udo Posbichs Druckerei. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, ISBN 3-462-02929-0.
  • Preußens letzte Pioniere. Kurt-Tucholsky-Gedenkstätte Schloss Rheinsberg, Rheinsberg 2001.
  • Biotopische Zustände: von Fauna und Flora in der Stadt. Berliner Handpresse, Berlin 2001.
  • mit Hans Scheib und Volker Henze: Stille Post. Ed. Rothes Haus, Schwetzingen 2001, ISBN 3-933495-05-9.
  • mit Jonas Maron und Monika Maron: Was weiß die Katze vom Sonntag? Fotografien. Nicolai, Berlin 2002, ISBN 3-87584-193-X.
  • mit Ingrid Jörg: Der süße Käfer und der saure Käfer. Berliner Handpresse, Berlin 2002.
  • Die Enten, die Frauen und die Wahrheit: Erzählungen und Miniaturen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, ISBN 3-462-03215-1.
  • Der Nicaraguanische Hund. Berliner Handpresse, Berlin 2003, DNB 968893236.
  • Stabile Seitenlage: Zwei Erzählungen. Keicher, Warmbronn 2005, ISBN 3-938743-01-8.
  • Die Grube ruft. Berliner Handpresse, Berlin 2005.
  • Böse Schafe. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03914-6.
  • mit Patrick Braatz und Verena Kämpf: Werkstattgespräch mit Katja Lange-Müller: Klimmzüge am Rand des eigenen Horizonts. Frühwerk-Verlag, Oldenburg 2008, ISBN 978-3-941295-03-2.
  • Kateryna Stetsevych (Hrsg.): Verschiedene Wörter. In Lost Words – Lost Worlds: eine europäische Sprachreise. Edition fotoTAPETA, Berlin 2013, ISBN 978-3-940524-20-1.
  • Drehtür. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, ISBN 978-3-462-04934-3.
  • mit Dea Loher: Pause, Schweigen, Stille: Laudatio. Akademie der Wissenschaft und der Literatur, Mainz 2018, ISBN 978-3-9818662-2-3.
  • Das Problem als Katalysator: Frankfurter Poetikvorlesungen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018, ISBN 978-3-462-05090-5.
  • Unser Ole. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2024, ISBN 978-3-462-05017-2.
Herausgeberschaft
  • Bahnhof Berlin: Erzählungen, Berichte, Reden, Briefe und Gedichte; fünfunddreißig Autorinnen und Autoren erzählen von ihrem Berlin. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997, ISBN 3-423-08392-1.
  • Vom Fisch bespuckt: Neue Erzählungen von 37 deutschsprachigen Autorinnen und Autoren. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, ISBN 3-462-03073-6.
  • Günter Grass: Du. Ja Du. Liebesgedichte. Steidl Verlag, Göttingen 2018, ISBN 978-3-95829-520-9.[8]
  • Herlinde Koelbl: Katja Lange-Müller. In: Im Schreiben zu Haus – Wie Schriftsteller zu Werke gehen –;Fotografien und Gespräche. München: Knesebeck Verlag 1998. S. 58–63, ISBN 3-89660-041-9. Fotodokumentation Lange-Müllers, die die Autorin an ihrem Arbeitsplatz und im persönlichen Umfeld porträtiert und im Interview sowohl Grundlage ihrer Berufung als auch Rahmenbedingungen und individuelle Vorgehensweise bei der Entstehung ihrer Werke darstellt.
  • Linda Karlsson Hammarfelt: Praktiken im Zwischenraum. Transitorisches Schreiben bei Katja Lange-Müller. München: Iudicium 2012, ISBN 978-3-86205-313-1.
  • Daniel Sich: Aus der Staatsgegnerschaft entlassen. Katja Lange-Müller und das Problem humoristischer Schreibweisen in der ostdeutschen Literatur der neunziger Jahre. Frankfurt am Main [u. a.]: Lang 2003, ISBN 3-631-51405-0.
  • Markus Symmank: Karnevaleske Konfigurationen in der deutschen Gegenwartsliteratur. Untersuchungen anhand ausgewählter Texte von Wolfgang Hilbig, Stephan Krawczyk, Katja Lange-Müller, Ingo Schulze und Stefan Schütz. Würzburg: Königshausen und Neumann 2002, ISBN 3-8260-2146-0.
Commons: Katja Lange-Müller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interviews

Einzelnachweise

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  1. Ulrike Petzold: Katja Lange-Müller. In: Nordwestradio-Sendung „Gesprächszeit“. 21. August 2012, archiviert vom Original am 19. November 2012; abgerufen am 11. Januar 2023 (Archiv-Version aufrufbar, aber nicht abspielbar).
  2. PEN-Zentrum West verliert Prominente. In: taz.de. 6. Dezember 1996, abgerufen am 9. Juli 2022.
  3. Liste der 370 Mitgründer:innen. In: penberlin.de. Archiviert vom Original am 18. Juli 2022; abgerufen am 9. Juli 2022.
  4. David Ensikat: Nachruf auf Wolfgang Müller (Geb. 1941): Der kleine Bruder. In: tagesspiegel.de. 10. Januar 2014, abgerufen am 11. Januar 2023.
    Julia Encke: Roman über das Helfersyndrom: Ich hatte nichts zu verlieren. In: faz.net. 9. August 2016, archiviert vom Original am 30. Juli 2021; abgerufen am 30. Juli 2021: „Wolfgang Müller, mit dem ich verheiratet war, das war der Bruder von Heiner, hat in meinen Sachen gewühlt und das Manuskript gefunden. Wahrscheinlich wollte er vor Heiner mit seiner neuen Freundin angeben. Wolfgang und ich haben uns nicht besonders gut verstanden. Wir hatten nur geheiratet, um uns dann wieder scheiden lassen zu können.“
  5. Katja Lange-Müller: Offener Brief an Scholz: Es war ein Fehler. In: sueddeutsche.de. 4. Mai 2022, archiviert vom Original am 5. November 2022; abgerufen am 11. Januar 2023.
  6. Maja Ellmenreich: Katja Lange-Müller über Probleme als Antrieb – Schriftstellerin mit links: Katja Lange-Müller im Gespräch. In: Deutschlandfunk-Sendung „Kultur heute“. 30. Juli 2019, abgerufen am 11. Januar 2023: „In der Schule durfte Katja Lange-Müller nicht mit der linken Hand schreiben. ‚Entweder man vermeidet das Schreiben, oder man nimmt die Herausforderung an‘, sagte sie im Dlf. ‚Ich habe mir gesagt: Jetzt erst recht!‘ Ein Gespräch über Probleme als Wendepunkte, Humor und widerwillige Romanfiguren.“
    Maja Ellmenreich: Katja Lange-Müller über Probleme als Antrieb – Schriftstellerin mit links: Katja Lange-Müller im Gespräch. (mp3-Audio; 9,5 MB; 10:235 Minuten) In: Deutschlandfunk-Sendung „Kultur heute“. 30. Juli 2019, abgerufen am 11. Januar 2023.
  7. Carsten Otte: Neuer Roman von Katja Lange-Müller: Ungeliebte Kinder. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Oktober 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 21. Oktober 2024]).
  8. Du. Ja Du. Liebesgedichte – Günter Grass. In: Steidl.de. Abgerufen am 11. Januar 2023.
  9. Lotto Brandenburg Kunstpreis: Preisträger 2007. In: lotto-brandenburg.de. Abgerufen am 11. Januar 2023.
  10. Ehemalige Stipendien: Villa Massimo 2012. In: villamassimo.de. Abgerufen am 11. Januar 2023.
  11. Auszeichnung: Katja Lange-Müller erhält Kleist-Preis. In: rundschau-online.de. 17. Mai 2013, archiviert vom Original am 27. September 2013; abgerufen am 11. Januar 2023.
  12. Nadine Dietrich: Katja Lange-Müller erhält Günter-Grass-Preis. In: NDR.de. Archiviert vom Original am 14. Januar 2017; abgerufen am 11. Januar 2023.